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Erosion der politischen Klasse

 

Der Fall Ortac (s)

im Kontext

fragwürdiger Rechtsauffassungen

HFB 19-03-18

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Nun ist es gesprochen. Das Urteil gegen den Cloppenburger Ex-SPD-Fraktionsvorsitzen Ortac. Vorläufig! Zwei Jahre auf Bewährung mit 200 Stunden Sozialarbeit und genau zwei Jahren Berufsverbot, das mit der Prozessdauer nun abgegolten ist. Verurteilt wegen Steuerhinterziehung und Betrug in Verbindung mit einem vom Gericht ausgesprochenen Berufsverbot, das Ortac nachweislich ignoriert hat. Ortac war in erster Linie angeklagt, weil er gefälschte Aufenthaltsbescheinigungen an Migranten verkauft habe soll. Für die damit verbundenen Urkundenfälschungen gab es nicht alle Beweise. „Der Vorwurf (…) wurde jedoch fallengelassen“, so ein Hinweis in der NWZ. (1)

 

Bei allem Respekt vor möglichen Geschädigten oder Opfern steht es nur dem demokratischen Rechtstaat zu, Urteile zu fällen und diese auch zu vollstrecken. Dies ist nicht Aufgabe lautstark plappernder Möchtegerndemokraten und ihrer penetranten Claqueure. Das Gefühl aus dem hohlen Bauch heraus kann keinesfalls zu einem demokratischen Urteil führen, welches im Falle eines Falles einem Vorurteil gleichkäme. Doch den aufmerksamen Lesern der Cloppenburger Lokalpresse wird seit Monaten den Eindruck vermittelt, dass dem Vorurteil ein größeres Gewicht zugemessen wurde als dem nun gesprochenen Gerichtsurteil. Ein Armutszeugnis für die, die die Gerüchteküche geschürt haben. Ein Armutszeugnis für alle Cloppenburger SPD-Ritter des Gerechtigkeitsordens. Ein Armutszeugnis für die Presse, die immer wieder bereitwillig und perfide mitgespielt hat.

CLP-Ortac-Kollage-19-01d

(2)

Auffällig die Berichterstattungen, die den Angeklagten Ortac ein besonders schlechtes Licht rücken (sollen). Und das über die massiven Vorwürfe und den aktuellen Richterspruch hinaus. Im Hintergrund scheinen handfeste personelle und politische Interessen mitzuspielen. Über die einflussreichen Souffleure aber herrscht Stillschweigen. Eine ausgewogene und unabhängige Berichterstattung sieht anders aus. Oder war etwa zu lesen, dass das aktuelle Urteil des Landgerichts Oldenburg noch gar nicht rechtskräftig ist?

Schlagzeilen machte der Fall Ortac zunächst in der überregionalen Presse. Nach detaillierten Hinweisen von „Whistleblowern“ aus den eigenen Reihen der SPD in Cloppenburg. Unter Federführung des Unterbezirksvorsitzenden, des Ortsvereinsvorsitzenden und einer ehemaligen Landtagsabgeordneten. Zu hören im NDR-Fernsehen.

Kommentar (Christina Gerlach/NDR): „Niemals haben wir Ortac so etwas zugetraut. Sie sind bitter enttäuscht. Er galt ja auch als Hoffnungsträger der SPD. Jung, eloquent. Er war schon mit 33 Kandidat für die Landtagswahl in Niedersachsen und er ist einstimmig gewählt worden 2014 zum Fraktionsvorsitzenden der SPD in Cloppenburg. Und es ist erstaunlich, dass in diesem kleinen Ort niemand etwas gemerkt hat, keinen Wind bekommen hat von den Ermittlungen. Denn die laufen bereits seit Ende des vergangenen Jahres gegen den Rechtsanwalt. Und es gibt auch ein vorläufiges Berufsverbot, was das Amtsgericht verhängt hat und dafür –das kann man sagen- müssen die Indizien, die Beweise, die bei der Durchsuchung gefunden worden sind, schon sehr, sehr erdrückend sein“ (3).

MT-Ortac-SPD-Landtagskandidat-12-02

Einn Bild aus besseren Zeiten (4): Adem Ortac wird zum SPD Landtagskandidat des Wahlkreises 67 gewählt. Hierzu gehören die Gemeinden Moldergen, Lindern, Lastrup, Essen, Emstek und Cappeln sowie die Städte Cloppenburg und Löningen. Ortac trat gegen Clemens gr. Macke (CDU) an und konnte mehrheitlich 18 (40% (sic!))  von 45 Stimmen auf sich vereinen, wobei drei Kandidaten den Kürzeren zogen. Adem Ortac galt von nun an als ernstzunehmender Konkurrent, mit dem eine politische Rechnung offen war!

Um es noch einmal klar zu stellen: Zu Beginn war ausschließlich die Anschuldigung der Staatsanwaltschaft bekannt, Ortac habe im Zusammenhang mit Urkundenfälschungen an Flüchtlingen Geld verdient. Bekannt war kein Betrugsvorwurf in Einheit mit dem später erfolgten Berufsverbot.

Der SPD war es naturgemäß sehr unangenehm, dass einer ihrer Leute, der bedeutende Parteiämter innehatte, mit schwerwiegenden Tatvorwürfen konfrontiert wird. So etwas lässt sich in einer Partei nicht einfach wegstecken.

Doch es gilt: Nur ein Tatvorwurf ist noch kein Richterspruch. Daher ist eine Vorverurteilung nicht zulässig. Unabhängig von einer konkreten Person.

Dass in diesem Falle Zurückhaltung zu den grundlegenden Gepflogenheiten gehören sollte, wollten einige führende Genossen nicht einsehen. Sie schafften es schließlich nicht, ihre Emotionen unter Kontrolle zu halten. Eine konsequente Analyse der Faktenlage hätte ihr Ansehen geschont. Nichts davon! Das Urteil war blindlings gefällt: Schuldig!

Voreilig, öffentlich und lautstark bekundeten die ehemaligen Parteifreunde nun ihre Absicht, sich von Ortac distanzieren wollen. Aber es war unklar, wie dieses umzusetzen sei. Das Tatgeschehen der Urkundenfälschung stand zwar noch nicht fest, geschweige denn galt vor Gericht als nachgewiesen, dennoch folgten federführende SPD-Hardliner einer triebhaften Ideologie. Nämlich der, der instinktiven Unvernunft. Die Divise hieß „Vorverurteilung“ bei gleichzeitigem Abstreiten derselben! Schließlich standen politische Interessen und persönliche Karrieren im Fadenkreuz ihres ungezügelten Hasses. Somit sollte sich nach Meinung der Getriebenen ein Grund für Ortacs Rausschmiss finden lassen. Und das in kürzester Zeit.

Unerwartet schnell kam ein Zufall zur Hilfe. Ortac war mit seinen SPD Mitgliedsbeiträgen 12 Euro im Rückstand. Genau das war dann auch die Begründung für seinen Rausschmiss aus der der SPD. “Er ist einer von uns, jetzt war er einer von uns!” Beschlossen durch eine befangene Schiedskommission, die die Vorverurteilung bereits weit vorangetrieben hatte (5). Die rechtsverbindliche Unschuldsvermutung schien es nicht zu geben!

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In der sozialdemokratischen Schiedskommission selbst aber hatte es bisher niemanden interessiert, dass SPD-Mitglieder mit ihren Beitragszahlungen Jahre im Rückstand waren oder dass SPD-Mandatsträger mehrere tausend Euro Mandatsabgaben nicht gezahlt hatten. Intern wurde darüber zwar heftig geschimpft, aber ernsthafte Konsequenzen gab es nie. Im Fall Ortacs wurde nunmehr nach dem Prinzip der Beliebigkeit entschieden! Die erste Entscheidung in einem Streitfall überhaupt, die in der Cloppenburger SPD-Geschichte getroffen wurde. Ohne Respekt vor den parteiinternen Statuten und rechtsstaatlichen Prinzipen. Eine Blamage, die deutlicher nicht ausfallen konnte.

Nein, die Person Ortac wurde einer Sonderbehandlung ausgesetzt. Einer Tortur, die schließlich von den führenden Genossen selbst exekutiert wurde. Unter Missachtung der Menschenwürde und demokratischer Grundsätze. Von allen guten Geistern verlassen. Öffentlich schmackhaft verkauft von einer Lokalpresse, die sich mit der Rolle von Fraktionssprechern infiziert haben musste. Eng verfilzt mit Teilen der Cloppenburger SPD.

Demnach verbreiteten Ortacs ehemalige Parteifreunde öffentlich eine derart aufgewühlte Stimmung, dass von einer mutwilligen Vorverurteilung ersten Grades auszugehen war. Dass die Lokalpresse willig mitspielte, war kein Wunder: Es liegt nicht fern, einen Verstoß gegen den Pressekodex mit der Ziffer 1 vermuten: „Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse“ (6).

Ein solch rüder Umgang mit Ortac gefiel natürlich nicht allen Fraktionsmitgliedern. Einigen wenigen war demnach ein Rest von Sozialdemokratischem Anstand geblieben. Es kam zum Streit in der zehnköpfigen SPD-Stadtratsfraktion. Zwei Mitglieder, die nicht in Tarnanzug des Gutmenschgedudels geschlüpft waren, traten im Laufe der öffentlich ausgetragenen Zwistigkeiten aus der SPD-Fraktion aus. Ein zutiefst unwürdiges Schauspiel in der Arena der Cloppenburger Politszene. U.a. ging es um die angeblich ungültige Wahl des Kandidaten Höffmann zum SPD-Fraktionsvorsitzenden im Rat der Stadt Cloppenburg.

Der SPD-Unterbezirksvorsitzende, der Vorsitzende der SPD-LINKS-Fraktion im Cloppenburger Stadtrat und der damalige SPD-Ortsvereinsvorsitzende von Cloppenburg sahen sich nicht in der Lage, den immer heftiger werdenden Konflikt zur Causa Ortac in den Griff zu bekommen. Bereits sie selbst hatten ein angespanntes Verhältnis zu Ortac. Letztendlich waren aber sie dafür verantwortlich, die Gerüchteküche ohne Plan weiter anheizt zu haben. Das u.a. durch die maßlose Veröffentlichung vieler Details, die eigentlich hätten vertraulich behandelt werden müssen. Oft mit Hilfe von Schattenberichterstattern, die auf eigenen Wunsch in der Presse überhaupt nicht erwähnt wurden. Mittlerweile war die alttestamentliche Maxime: „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ wieder zum Leben erweckt worden. Auf die naheliegende Idee, ein klärendes Gespräch zu arrangieren, kamen die Herren aus dem Sozialdemokratischen Haus erst gar nicht! Die Getriebenen wollten es auch nicht! Nun hieß es, alle Rechnungen im Rundumschlag zu begleichen.

Somit war Streit ohne Ende angesagt. Unter Einbeziehung der besagten SPD-Schiedskommission, die sich nicht schon wieder dem Spott der Öffentlichkeit aussetzen wollte. Ergebnis: An der umstrittenen Wahl des neuen SPD-Fraktionsvorsitzenden gebe es nichts auszusetzen, so die Kommission. Folge: Am Ende schrumpfte die Fraktion auf nur sieben Mitglieder. Nachteil: Somit war der Wahlerfolg von 2016 Schall und Rauch.

Das aber störte vor allem den neu angetretenen Fraktionschef Höffmann nicht. Unter dem Motto „Die Karriere winkt“ und „Ohne eigenes Programm kann man auch punkten“ begann der Schmusekurs mit der CDU-Fraktion im Cloppenburger Stadtrat. Doch Undank war der Mühe Lohn. Die Zusammenarbeit wurde von der CDU einseitig gekündigt. Das in verklausulierter Form, dessen Tragweite der wenig erfahrene SPD-Fraktionsvorsitzende bis heute nicht verstanden hat. (7).

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Nunmehr war der Fall Ortac für eine geraume Zeit aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit verschwunden. Das änderte sich mit dem Prozessbeginn vor dem Landgericht Oldenburg. Die zuvor verbreitete Vorverurteilung Ortacs entfaltete nunmehr ihre volle Wirkung. Unter Vermittlung der Presse. Mit Zitaten eines angeblich Geschädigten „Ich will mein Geld zurück“ oder die mittelbaren Hinweise auf Ortacs angeblich “üppige Anwaltshonorare“, wurde das miserable Meinungsbild über Ortac weiter angefüttert. Das ohne Verweise darauf, dass Ortacs Honorare, im Vergleich zu den sonst üblichen, eher niedrig als zu hoch waren.

Nach Erfassung aller spitzfindigen Suggestionen erübrigte sich der Hinweis auf das kodifizierte Rechtsempfinden der Berichterstattung: Ausgewogenheit war schlichtweg nicht vorhanden. Über die Dauer des Prozesses. Zum Vorteil der Genossen, die sich politisch profilieren konnten. Passiv und ohne ein transparentes Parteiprogramm. Ausschließlich durch aufdringlichstes Modeling in der Arena des Cloppenburger Rathauses. Szenisch aufgemotzt durch ein Gebaren der demonstrativen Reinwaschung vor dem Übertritt ins unverdorbene Nirvana. Hart aufgeschlagen nach der einseitigen Kündigung der politischen Zusammenarbeit durch die CDU. Kritische Berichterstattung über diese Niederlage? Die suchte man vergeblich!

Nun hat Ortac sein vorläufiges Urteil bekommen. Doch bei genauer Betrachtung dürfte klar werden, dass Ortac zwei Urteile zugedacht wurden. Zum einen das denunzierende Vorurteil durch die ehemaligen Genossen aus Sozialdemokratischem Haus mit fragwürdiger Unterstützung einer angeblich unabhängigen Lokalpresse und zum anderen ein rechtstaatliches Urteil durch ein ordentliches Gericht der Bundesrepublik Deutschland.

Es ist gut, dass es Rechtsstaatlichkeit gibt. Es ist nicht gut, dass es Sozialdemokratische Volksvertreter sind, die diese durch einen ungezügelten Geltungsdrang

Ortac-nicht-zur-Sitzung-erschienen-19-01

nach Belieben aushebeln und auch im Nachhinein ihr Vorgehen mit vernebelten Belehrungen verteidigen müssen. Immer wieder mit Hilfe der Lokalpresse (8). Dass es nicht um irgendwelche moralischen Ansprüche geht, dürfte auf der Hand liegen. Vielmehr werden handfeste politische Interessen öffentlich eingefordert.

Es sei der Presse grundsätzlich nicht verboten, detailliert zu berichten. Doch die Absicht, alles zu tun, um ein möglichst miserables Erscheinungsbild Ortacs zu zeichnen, ist in seiner Häufung unverkennbar (9).

Ortac-Verkehrsdelikt-19-01

Damit nicht genug: Das miserable Erscheinungsbild hat seinen Ursprung in der Vorverurteilung. Selbst in der Redaktion der MT schreckte man nicht davor zurück, die Vorverurteilung öffentlich zu machen. Zunächst über Facebook (2018) mit dem Hinweis auf den „dringenden Tatverdacht“ (unten), der für das Vor-Urteil bereits reichte. Noch Monate zuvor hatte derselbe Journalist das „Debatten verlagern“ über Facebook heftig kritisiert (oben). Kann man das noch als ausgewogenen und ernstzunehmenden Journalismus bezeichnen? (10) (11)

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Es gibt nichts zu beschönigen an den erwiesenen Vorwürfen. Taten, die Ortac möglicherweise begangen hat. Das könnte eine Revision bestätigen oder nicht. Doch egal! Es wäre an der Zeit, den Tatvorwurf und das aktuelle Strafmaß in einen Gesamtzusammenhang zu stellen. Ein rechtsstaatliches Urteil, wie immer es auch ausfällt, ist eins, welches sich mit vielen bisher gesprochenen Urteilen messen lassen muss. Die Urteile müssen untereinander stimmig sein. Das allein schon fordert das öffentliche Rechtsempfinden ein. Aber auch „offene“ Urteile, die nicht gesprochen werden können, weil es keine Kläger und damit auch keine Richter  gibt, haben Einfluss auf das öffentliche Rechtsempfinden.

Nun wären die Volksvertreter gefragt. Vor allem die Genossen der SPD. Denn sie verteidigen immer noch das Prinzip der Weisungsgebundenheit von Staatsanwälten, also von Anklägern. Dass hierdurch jeder Tatvorwurf „von Oben“, womöglich auch nach Belieben, unterbunden werden kann, dürfte klar sein. Die SPD zumindest hat sich Gerechtigkeit ganz dick auf die Fahnen geschrieben. Aber Taten bleiben aus. Ein Zeichen für fragwürdige Rechtsaufassungen. Nicht nur durch so etwas ist das öffentliche Rechtsempfinden massiv gestört. Einige wenige Beispiele mögen das belegen.

Naheliegend ist, auf den  Skandal im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge aufmerksam zu machen (12). Ohne ins Detail zu gehen, bleibt doch die Frage, welche  mitwirkenden Täter bereits zur Rechenschaft gezogen wurden. Haben nicht Scharen von Rechtsanwälten und Ãœbersetzer bestens daran verdient? Ob legal oder illegal, wurde vom Rechtsstaat bisher nicht konsequent aufgearbeitet. Eine Prüfung, geschweige denn ein Anklage hat es nie gegeben. Scheinbar reichte es, die Leiterin der Außenstelle, Ulrike B. zu entlassen (13). Später wurde der Skandal medial heruntergespielt. Zu Recht oder Unrecht ist der Öffentlichkeit bis heute nicht klar vermittelt.

Weiter sei der Abgas- bzw. Dieselskandal genannt (14). In vielen Deutschen Autos wurde eine „Betrugssoftware“ eingebaut! Somit konnten auf dem Prüfstand die gesetzlich vorgegebene Abgaswerte eingehalten werden, auf der Straße dann nicht mehr. Anstatt die Deutsche Autoindustrie konsequent zur Rechenschaft zu ziehen, werden die Geschädigten weiter hingehalten. Versprochen sind Nachrüstsysteme. Mehr nicht! Eine politisch gewollte Klage ist nicht in Sicht!

Mehr noch: Die Stickoxidgrenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Stickstoffdioxid. Anstelle einer verbindlichen Hardwarenachrüstung, die die „Betrüger“ hätten bezahlen müssen, tritt nun eine schwammige Gesetzeslage, die den Grenzwert der europäischen Union aushebelt, und die 50 Mikrogramm-Stufe pro Kubikmeter Stickstoffdioxid zur absoluten Grenze befördert. Damit werden die Betrüger mit Hilfe der SPD-Fraktion im Bundestag quasi freigesprochen und die öffentlichen Rechtsempfindungen mit Füssen getreten.

Wo bleibt denn da die Gerechtigkeit, die in den USA vorbildlich praktiziert wird? Dort wird Ex-VW-Chef Winterkorn per Haftbefehl gesucht (15). Ein weiteres führendes Mitglied der VW-Branche ist dort bereits zu 7 Jahren Haft verurteilt (16). Warum wird dem Betrug in den USA nachgegangen und in Deutschland nicht?

Zu erwähnen ist auch die Steuerhinterziehung in einem größeren Zusammenhang. Diese war bis zur Lüftung des Schweizer Bankgeheimnisses noch eine Art Sport. Danach aber kamen besonders prominente Persönlichkeiten in existentielle Not. Herausragend der Fall Hoeneß (17). Es ging um mehrere Millionen Euro, die Hoeneß dem Staat schuldetet. Am Ende erhielt Hoeneß das Strafmaß 3 Jahre und 6 Monate. Doch schon bald konnte er sich als Freigänger betätigen. Vergleicht man die Beträge, für die Hoeneß seine Strafe erhalten hat und die, die Ortac (anteilig) erhalten hat, so dürfte Ortacs vergehen wohl als „Peanuts“ gelten. Wo bleibt da die Gerechtigkeit, die die Genossen immerwährend hochhalten? Doch auch hier widerspricht der Vergleich dem öffentlichen Rechtsempfinden.

Zu nennen sind ebenfalls die Cum-Ex- und Cum-Cum-Vergehen. Hierbei wurden in Einzelfällen mehrfach Steuererstattungen beantragt und auch ausgezahlt (18). Völlig legal? Möglich, da angebliche „Gesetzeslücken“ genutzt wurden. Aber hat bis heute eine nennenswerte Aufarbeitung stattgefunden? Sind die „Betrüger“ verurteilt worden? Ist die Politik zur Verantwortung gezogen worden? Wo bleibt der Sozialdemokratische Gerechtigkeitssinn? Wo bleibt die rechtliche Aufarbeitung?

Mit dem Stichwort Steuerfahnder-Affäre (19) sei auf die grobe Missachtung der Steuergerechtigkeit verwiesen. Steuerfahnder in Hessen waren so erfolgreich, dass sie 1999 Ihres Amtes enthoben wurden. Unter der CDU Regierung des Ministerpräsidenten Roland Koch! Um u.a. die möglicherweise Bevorteilten zu schützen, erklärte man die suspendierten Finanzbeamten mit einem Falschgutachen kurzum für psychisch krank. Abgesehen davon, dass die möglichen Steuervergehen unter den Teppich gekehrt wurden, mussten die „Gutachter“ im Jahre 2015 226.000 Euro Schadensersatz an die vier Opfer zahlen.

Bereits diese Auswahl der wenigen Beispiele zeigt, dass das öffentliche Rechtsempfinden–u.a. in puncto Steuerrecht- derbe aus dem Lot gekommen ist. Anstatt diesen Missständen konsequent nachzugehen, hackt man lieber auf Leute wie Ortac herum. Ist das etwa gerecht? Können die politisch Verantwortlichen mit dieser Bilanz beweisen, dass sie fähige Verfechter der Gerechtigkeit sind?

Die öffentliche Meinung sagt NEIN! Für die, die nicht einmal über den eigenen Tellerrand schauen, bleibt die Weitsicht versperrt. Besonders dort, wo der Echoraum zum bequemen Zuhause geworden ist. Nur zu exemplarisch demonstriert von den Cloppenburger Genossen. Aufgrund ihrer erstarrten Sichtweisen wissen sie nicht wirklich, was unter Rechtsstaatlichkeit zu verstehen ist. Die Vorverurteilung Ortacs konnte das nicht deutlicher zeigen. Getragen von einer lokalen Presse, die ausschließlich die positiven Seiten der heimischen Täter konstruiert. Zugleich werden die Leser für dumm verkauft.

Nicht umsonst sind die Umfragewerte der SPD weit unter 20 Prozent. Die Wahlen zum Europäischen Parlament (26. Mai 2019) und die Anstehen den Landtagswahlen in Bremen (26. Mai 2019), Brandenburg (1. September 2019), Sachsen (1. September 2019) und Thüringen (27. Oktober 2019) deuten auf das Desaster hin, welches der SPD ins Haus steht. Verantwortlich hierfür auch so mancher SPD-Ortsverein, der auf Vernetzung und Karieren sowie die aktive Zerstörung dieser setzt. Der Personenkult steht im Mittelpunkt, während politische Inhalte hinten anstehen müssen. Auch wenn immer wieder das Gegenteil behauptet wird.

Was letztendlich die verantwortliche politische Führungsriege in Berlin betrifft: Sie wird zumindest in Kürze mangels Einsicht ausgedient haben. Denn dieser fehlt politisches Kalkül, Einfühlungsvermögen und Sinn für Gerechtigkeit! Die Erosion der politischen Klasse, aber auch der Presse, schreitet voran. Hier gibt es so gut wie keine anerkannten Autoritäten und Vorbilder mehr. Mit der Folge, dass die Vernunft der Beliebigkeit gewichen ist. Dabei gibt es in der zweiten und dritten Reihe Personal, welches vieles besser machen könnte als das jetzige. Ob auf Bundes- oder Landes- oder Lokalebene. Doch die eitlen Personalstrukturen sind so gefestigt, dass der Untergang nicht mehr aufzuhalten ist.

Nunmehr wird den Bürgern die stets hochtönig verbreitete Demokratie immer suspekter. So sehen sie sich zunehmend mit fragwürdigen Rechtsauffassungen konfrontiert. Dem Rechtsempfinden widersprechend. Das aktuelle Urteil jedenfalls, welches gegen Ortac gesprochen wurde, sollte zu denken geben.

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Quellen

1.     NWZ Online, 14. März 2019.

2.    MT, NWZ, Auszüge und Kollage der Headlines.

3.    NDR Aktuell, [Gesprächsnotiz], 23.03.2017, 21:45 Uhr.

4.    MT, 16.04.2012.

5.    NWZ, 15.03.2019.

6.    Deutscher Presserat, https://www.presserat.de/pressekodex/pressekodex/#panel-ziffer_1____wahrhaftigkeit_und_achtung_der_menschenwuerde .

7.    NWZ, 16.02.2019.

8.    MT-Online vom 14.03.2019.

9.    NWZ, 15.03.2019.

10.   MT, 15.09.2015.

11.   Facebook.

12.   Bild Online, https://www.bild.de/politik/inland/betrug/so-lief-der-asyl-betrug-von-bremen-55462972.bild.html.

13.   Weser Kurier, https://www.weser-kurier.de/bamf-skandal_artikel,-ulrike-b-wehrt-sich-gegen-vorwuerfe-_arid,1760249.html.

14.   Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Abgasskandal.

15.   Tagesschau, ARD, https://www.tagesschau.de/ausland/winterkorn-us-haftbefehl-101.html.

16.   Süddeutsche, https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/diesel-skandal-vw-manager-in-den-usa-zu-sieben-jahren-haft-verurteilt-1.3780800.

17.   SPON, http://www.spiegel.de/wirtschaft/uli-hoeness-schriftliches-urteil-liegt-vor-details-zu-konten-a-1000236.html.

18.   Zeit Online, https://www.zeit.de/2018/43/cum-ex-steuerbetrug-aktiengeschaeft-europa-finanzpolitik.

19.   Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Steuerfahnder-Affäre.

 

 

 

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