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QED sammelt Hinweise kritischer Bürgerinnen und Bürger zu öffentlichen Informationen und Meinungen. Jeder kann mitmachen und seine Kommentare-Meinungen-Analysen zu verschiedenen Themen der Cloppenburger Politik posten. Die Hinweise werden redaktionell zusammengefasst und veröffentlicht. Die Hinweise sind weiterhin per Mail zu richten an:

hermann-f-bergmann@freenet.de 


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Armut: Zweifelhafte Statistik?

Kommentar redet die heile Welt herbei

HFB-17-03-03

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Der Armutsbericht sei eine zweifelhafte Statistik des paritätischen Wohlfahrtsverbandes, so die sinngemäße Aussage des Kommentars von Herrn Lammert in der Münsterländischen Tageszeitung. Er zweifelt an der Definition des Armseins. Das darf er durchaus. Ob er das aus seiner offenbar wohlhabenden Lebenssituation auch alles richtig sieht, ist eine andere Frage! Er hätte besser weitere Statistiken zur Rate ziehen sollen. Dann wäre schnell klar geworden, dass es mit dem Wohlstand in Deutschland doch nicht so rosig aussieht, wie in der Presse des Öfteren zu lesen ist.

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Lammerts Kritik ist am Beispiel der Studenten festgezurrt. Armut von Studenten scheint für ihn nicht infrage zu kommen. Gründe dazu erfährt der Leser nicht. Meint Lammert etwa, dass Studenten deswegen gar nicht arm sein können, weil sie überwiegend mit einer großzügigen Unterstützung der Elternhäuser rechnen dürfen? Hat er vergessen, dass viele der Studierenden auf BAFöG angewiesen sind, einem Kredit, den sie nach Abschluss ihres Studiums zurückzahlen müssen? Das funktioniert nur, wenn sie einen gut bezahlten Beruf finden. Aber schon der Berufseinstieg wird den Absolventen zunehmend schwieriger gemacht. Häufig sind erst unbezahlte Praktika angesagt. Oft mehrere hintereinander, als eine Art Lohndumpingmodell, bevor sich eine realistische Chance auf einen finanziell abgesicherten Berufseinstieg ergibt. 

Einmal abgesehen von den Studenten: Warum eigentlich thematisiert der Kommentar den Zweifel am Armutsbericht und geht erst gar nicht auf die tatsächliche Armut in Deutschland ein? Unabhängig davon, um wie viele Betroffene es sich genau handelt! Es gibt zu viele davon. Armut existiert unbestritten. Steht doch der Raum Cloppenburg/Vechta im Zentrum der prekären Beschäftigung überhaupt. Schlecht bezahlte Leiharbeiter und Erntehelfer aus anderen Ländern werden erst gar nicht erwähnt und sind statistisch selten oder gar nicht erfasst.

Dass der Import ausländischer Arbeitskräfte, die für sehr niedrige Löhne arbeiten müssen, Arbeitslosigkeit und damit Armut an anderer Stelle bewirkt, scheint dem Kommentator nicht der Rede wert zu sein. Unerwähnt bleiben z. B. auch die Arbeitsverdichtungen bei Briefzustellern, bei Beschäftigten im Pflegedienst der Krankenhäuser oder bei dem Reinigungspersonal öffentlicher Gebäude und Schulen. Von den Lohnkürzungen ganz zu schweigen. Und so ist es kein Wunder, dass ältere Arbeitnehmer diesen Aufgaben gesundheitlich nicht mehr gewachsen sind und in der Arbeitslosenstatik mehr oder weniger offen als Arbeitssuchende geführt werden. Prekäre Erwerbsbiografien führen zu prekären Renteneinkünften. Das alles unterschlägt der Kommentar. Wird hier etwa versucht, die heile Welt herbei zu reden?

Armut gibt es mitten unter uns. Genauso wie Reichtum. Letzteres sehr auffällig im Oldenburger Münsterland. Und ist es nicht schon immer so gewesen, dass Reichtum deutlich zur Schau gestellt wird und die entwürdigende Armut eben nicht? Auch das scheint dem Kommentator nicht bekannt zu sein. Leben wir doch in einem der reichsten Länder der Welt, in dem die Wirtschaft angeblich boomt wie nie zuvor. In einem Land -und das ist der große Widerspruch-, in dem sowohl Reichtum als auch Armut zu extrem auseinanderdriftenden Polen geworden sind. Am Ende erzeugen diese Pole so große Spannungen, dass sie nicht mehr in den Griff zu bekommen sind.

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Quelle: MT, Kommentar, Zweifelhafte Statistik, 3.03.2017