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Schulz ist vielleicht nur eine Momentaufnahme

Reaktivierung „Alter SPD-Tugenden“ zweifelhaft

HFB-17-02-02

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Mit seinem Kommentar „Einheitsbrei der „GroKo“ lĂ€sst Julius Höffmann von der MĂŒnsterlĂ€ndischen Tageszeitung nur oberflĂ€chlich kein gutes Haar an dem neu gekĂŒrten SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz. Bei aller Kritik, die Höffmann seinen Lesern offenbart, scheint auch ein wenig Hoffnung im Spiel zu sein. Es könnte mit der SPD wieder bergauf gehen, wenn sie denn nur wollte. Höffmanns Botschaft lautet: FĂŒr den Wahlerfolg ist nicht der Kandidat entscheidend, sondern „handfeste Fakten“, die sich nur mit der Reaktivierung „alter SPD-Tugenden“ schaffen ließen.

Sollte Höffmann der SPD etwa nahe stehen? Wenn ja, so wĂ€re seine Sorge um die Partei unĂŒberhörbar. Andernfalls sollten die treuen Genossen die Anmerkungen Höffmanns durchaus ernst nehmen. „Die positiven Zahlen (…) sind keine große Überraschung, sondern die Resonanz eines gut platzierten Clous, vielleicht auch nur eine Momentaufnahme“ (1). Trotz der (z.T. gekĂŒnstelten) Euphorie um den soeben auferstandenen Kandidaten Schulz und der breiten Zustimmung ist die Sorge um die Sozialdemokratische-Partei Deutschlands durchaus berechtigt.

MT-Kommentar-Hoeffmann-SCHULZ-17-01b

Der bisherige Vorsitzende Sigmar Gabriel hat den Parteivorsitz ĂŒberraschend abgegeben, hat Schulz zum Kanzlerkandidaten gemacht und sich in das Amt des Außenministers katapultiert. Und das alles im Hoppla-Hopp-Stil. Mir nichts dir nichts, ohne  Parteibasis ĂŒberhaupt gefragt zu haben. Dabei sollte innerparteiliche Demokratie doch immer groß geschrieben werden.

Was bleibt den Genossen nun anderes ĂŒbrig, als miteinzustimmen in den von oben verordneten Jubel. Gleichzeitig wird ihnen bereits das Wahlkampfprogramm 2017 verord-net.

Das Programm ist nicht nur Schulz allein, sondern auch das altbekannte, was bisher Mainstream in der oberen Partei-Etage war. Schulz verkörpert diesen Mainstream in Form seiner Vergangenheit als EU-Politiker. Die „Rote Linie“ um CETA lĂ€sst grĂŒĂŸen.

Schulz hat sich als RatsprĂ€sident der EuropĂ€ischen Union Ă€ußerst stark fĂŒr das Freihandelsabkommen mit Kanada,  CETA, eingesetzt. Noch heute verteidigt er die Agenda 2010, die Deutschland einen nie dagewesenen Lohnniedrigsektor von durchaus prekĂ€ren Löhnen mit skrupelloser Ausdehnung der Leiharbeit verschafft hat. Wenn Schulz also behauptet, sich (nun endlich) fĂŒr soziale Gerechtigkeit stark machen zu wollen, widerspricht es den wesentlichen GrundzĂŒgen seines bisherigen Handelns und Denkens.

Diejenigen, die -wie Schulz- CETA mit allen Mitteln durchsetzen wollen, werden den Niedriglohnsektor nicht abbauen können. Freihandelsabkommen spekulieren stets auf WohlstandsgefĂ€lle zwischen Staaten mit verschiedenen Lohnstrukturen. Schließlich will man irgendwo auch billig produzieren lassen, die LohnstĂŒckkosten gering halten und die Waren mit enormen Preisvorteilen exportieren können. Mit der Verlagerung der Produktion in NiedriglohnlĂ€nder aber ist der Import des Niedriglohnes oder sogar der der Arbeitslosigkeit ins eigene Land verbunden.

Als RatsprĂ€sident der EuropĂ€ischen Union hatte sich Schulz bereits die Wut und den Hass von Menschen in Griechenland, Spanien, Italien, Frankreich und zuletzt Belgien eingefangen, weil die Menschen dort das auszubaden hatten, was in BrĂŒssel unter Verletzung der VertrĂ€ge von Maastricht beschlossen worden war. Was also redet Schulz von sozialer Gerechtigkeit (im eigenen Land), wenn er die sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Euroraums erst gar nicht Ă€ndern will? Offenbar hat er die wirtschaftlichen ZusammenhĂ€nge selbst noch nicht verstanden oder er spekuliert darauf, dass die WĂ€hler diese erst gar nicht erfassen.

Die Politik von Willy Brandt passt einfach nicht mit der von Gerhard Schröder zusammen. Doch Schulz behauptet, beide –Brandt und Schröder- hĂ€tten dem Land gut getan. Dabei dĂŒrfte es doch klar sein, dass Schröders Agenda 2010 der Wirtschaft, aber nicht dem Land gut getan hat und schon gar nicht zur sozialen Gerechtigkeit beigetragen hat. LohnkĂŒrzungen, RentenkĂŒrzungen, SteuerkĂŒrzungen, SozialkĂŒrzungen sollen allgemein gut getan haben? Dasselbe gilt fĂŒr die Abschaffung des sozialen Wohnungsbaus oder der Eigenheimzulage, vor allem fĂŒr die Leiharbeit, die sich von Jahr zu Jahr ausweitet, anstatt sie einzudĂ€mmen u.v.m.. In der GroKo hĂ€tte die SPD genug Gelegenheit dazu gehabt, ĂŒberzeugender gegen die MissstĂ€nde einzuschreiten. Doch es fehlte ihr der Wille. Zuletzt der Wille fĂŒr Gerechtigkeit. Noch Fragen?

Willy Brandt hatte mit der jetzigen Art von Sozial- und Wirtschaftspolitik ĂŒberhaupt nichts zu tun und wollte es auch gar nicht.  Inzwischen gehört die SPD selbst zu dem System, welches Brandt sich nie zu Eigen gemacht hĂ€tte. Die Gruppierung Brandt-Schröder ist zutiefst unsachlich. Brandt und Schröder namentlich auf ein und dieselbe Bewertungsebene zu stellen, zeugt davon, dass Schulz die WĂ€hler fĂŒr regelrecht dumm hĂ€lt.

Richtig ist, dass es die Willy Brandt-SPD seit der Umsetzung der Agenda 2010 nicht mehr gibt. Vielmehr sollte man von einer Gerhardt Schröder-SPD sprechen. Denn die Agenda 2010 ist weiterhin das Programm der fĂŒhrenden SPD-Politiker wie Schulz, Gabriel und Steinmeier. Wenn es nach der Parteispitze geht, soll sich auch nichts weiter daran Ă€ndern.

Somit wird es nach der Bundestagswahl 2017 auch keine Rot-Rot-GrĂŒne Koalition geben können. Alles deutet auf die Fortsetzung des „Einheitsbreis der GroKo“ hin, bei der die SPD-wiederum nur wieder Juniorpartner ohne „Lorbeerempfang“ sein dĂŒrfte.  Eine echte Regierungschance hĂ€tte die SPD nur dann, wenn sie ihre „alten Tugenden“ reaktivieren und eine wirkliche Alternative darstellen wĂŒrde. Genau darauf warten sehr viele Menschen, die dann nicht mehr der AfD nachlaufen mĂŒssten. Martin Schulz aber ist nicht der Kanzlerkandidat, von dem man genau diese Reaktivierung erwarten kann. Hat doch auch Schulzen Politikeinstellung dazu gefĂŒhrt, dass der zeitlose Friedens- und Sozialpolitiker Brandt ein fĂŒr alle Mal (programmatisch) entsorgt ist.

Solange die Parteibasis den Schröderschen Politikansatz durch das penetrante Hochhalten des Brandtschen Etiketts noch serviert bekommt und sich somit tĂ€uschen lĂ€sst, solange wird die SPD keinen Fuß auf deutschen Boden bekommen. Abgesehen von den aktuellen Sympathiewerten, die nur durch die Person Schulz begrĂŒndet sind und nicht durch eine Reaktivierung alter SPD-Tugenden, wird diese Partei am Ende ins Bodenlose stĂŒrzen. Und das ist nur eine Frage der Zeit.

 

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Quellen:

(1)   Höffmann, Einheitsbrei der „GroKo“ (Kommentar), MT, 31.01.2017

(2)    Höffmann, MT, 31.01.2017

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