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Rat beschließt Initiative Seebrücke

 

CDU setzt auf Zeitsprünge

 und

erklärt Brücke für überflüssig

 

HFB-18-10-03

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Am 29. Oktober 2018 befasste sich der Rat Cloppenburg mit dem Antrag SEEBRÜCKE, der von fünf der sechs Fraktionen unterstützt wurde. Der Antrag forderte den Bürgermeister auf, den im Mittelmeer in Seenot geratenen Flüchtlingen auch in Cloppenburg eine Bleibe bereitzustellen. Weiterhin, so der Text des Antrages, solle sich die Bundesregierung für die Bekämpfung der Fluchtursachen einsetzen.

Die CDU setzte dagegen. Das allerdings ohne überzeugende Argumente. Am Ende der Debatte konnte der Antrag mehrheitlich beschlossen werden. Ohne die Stimmen der CDU. Aufgrund anhaltender Kritik hat Fraktionssprecher Beeken “(…) das vollständige Statement der CDU-Stadtratsfraktion“ in FACEBOOK veröffentlicht und es steht HIER zum Nachlesen bereit (1).

MEV-Antrag-Seebruecke-18-01b

(2)

Während Beeken sein CDU-Statement gegen die SEEBRÃœCKE streng nach Textvorlage gestaltete, konnte den übrigen Ratsmitgliedern die ungewöhnliche Anspannung der CDU-Fraktion nicht verborgen bleiben. Galt es doch, den Konsens innerhalb der CDU-Fraktion zu wahren, auch wenn es so manches CDU-Fraktionsmitglied aufgrund seiner sozialdemokratischen Wurzeln besonders hart traf. Vorrangige Strategie war es, das Gestern und Morgen zu betonen, um dadurch gar nicht erst auf die Gegenwart, auf das Dort und Jetzt, und damit auf die erschütternde Realität, eingehen zu müssen (3). Frei nach dem Motto: Zeitsprünge machen eine Brücke überflüssig!

Stattdessen wurde sowohl der glorreichen Vergangenheit, dem Hier und Gestern, als auch dem Nirwana der Zukunft, dem Ãœbermorgen, dem Cloppenburger „Wir“ mit womöglich offenen Grenzen, größtmögliche Bedeutung zugemessen. Aussagen wie “Die Bundesregierung hat in der Vergangenheit (…) Leitlinien der Flüchtlingspolitik bestimmt (…). Wir werden (…) uns auch weiterhin (…) einsetzen“ (4), garnierten die pathetischen Ausführungen der athletischen Sprünge durch die Zeit, die Beeken seinen Zuhörern bot.

In diesen Zusammenhang passte durchaus die Danksagung (5), die in ihrer schwulstigen Aufmachung und durch ihren vor Selbstlob strotzenden Rückblick auf das Hier und Gestern nicht so recht passen wollte. Die Botschaften: Danke für die Zukunft. Es wird sich Hier und Morgen nichts ändern. Beekens Zeitsprünge ließen eines sehr deutlich hervortreten: Nämlich den Trugschluss, dass die übersprungene Gegenwart auf jeden Fall rosig ist, wenn Vergangenheit und Zukunft derselben Vergangenheit bereits als rosig eingestuft wurden. Wozu dann eine Brücke? Also: Alles in Ordnung!!?  

Auf dem Boden der Realität ergibt sich ein ganz anderes Bild. Zumindest was die jetzige Gegenwart zur aktuellen Lage Dort im Mittelmeer betrifft. Dort und Jetzt wird eine eklatante Fratze sichtbar. Diese ist alles andere als rosig. Sie ist menschenverachtend. Es wird sich nichts ändern, solange man die Realität der Gegenwart, das Dort und Jetzt, mit aller Vehemenz überspringt. Um genau diese Art von Verblendungen überzeugend zu bekämpfen, ist die Initiative SEEBRÃœCKE ins Leben gerufen worden. Sie soll das Startzeichen sein, die prekäre Lage im Mittelmeer endlich zu beenden. Wohl nicht auf der Zeitschiene Beekens von Gestern oder Morgen, sondern Jetzt sofort!  

Wer es nun wirklich wissen will, was im Mittelmeer, Dort und Jetzt, passiert, kann jederzeit erfahren, dass bis Juni 2018 mehr als 1.400 Tote zu verzeichnen sind (6). Im Jahr 2017 waren es annähernd 3.000 Menschen (7). Inzwischen wird es Nichtregierungsorganisationen (NGOs) sogar verboten, in Seenot geratene Menschen zu retten. In Malta und Italien gehen Staatsanwälte gegen die Seenotretter vor und legen ihre Schiffe an die Kette. Deutlicher kann sich die menschenverachtende Situation nicht zeigen.

Wenn in Europa immer wieder von Werten gesprochen wird, ist es nicht zu vermitteln, dass im vorliegenden Fall Artikel. 2, Absatz 2 des Grundgesetzes einfach ausgeblendet wird. Dort heißt es: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“. Wer sich für dieses Recht; Dort und Jetzt, wirklich einsetzen will, sollte nicht nur pathetische Reden schwingen, sondern Dort und Jetzt Taten folgen lassen. Aber mit letzterem hat sich Politik stets schwer getan und nur noch weitere Baustellen geschaffen.

Mit der Bekämpfung von Fluchtursachen verhält es sich ähnlich. Auch diese sollen laut Initiative SEEBRÃœCKE ehrlich thematisiert werden. Abgesehen von Kriegen, an denen die westliche Wertegemeinschaft so unsäglich beteiligt ist, wird es hierbei auch um die wirtschaftlichen Belange der Europäischen Union gehen müssen. Diese gehören auf den Prüfstand. Es kann nicht sein, dass EU-Produkte in afrikanischen Ländern zu günstigeren Preisen als die einheimischen angeboten werden. Es gibt ferner zu denken, wenn Menschen in Ländern, die reich an Bodenschätzen sind, nichts von den immensen Gewinnen abbekommen, der durch den Export dieser Bodenschätze entsteht. Den afrikanischen Staaten entgehen 175 Milliarden Euro an Steuernahmen, weil die allmächtige Europäische Union Sonderkonditionen mit abhängigen Staaten ausgehandelt hat. Ist das gerecht? Sind Handelsgesetze gerecht, die in Afrika angesiedelten europäischen Firmen das Monopol zur Produktion zubilligen, welches den Afrikanern selbst vorenthalten bleibt?

Wer permanent die Gegenwart überspringt, das Dort und Jetzt ausblendet, braucht sich über die verheerenden Auswirkungen nicht zu wundern. Er wird irgendwann danebentreten und selbst ins kalte Wasser fallen. Bedenkt man, dass in Metropolen wie in Shanghai, Peking und Karatschi fast so viele Einwohner gezählt werden, wie in der gesamten Bundesrepublik Deutschland zusammen, dem sollten allmählich die Alarmglocken läuten. Das um so mehr, wenn endlich zu Kenntnis genommen wird, dass die größten Flüchtlingslager der Welt, wie z.B. Dadaab im  Garissa County in Kenia, Camp Bidi Bidi im Norden Ugandas, Zaatori in Jordanien oder das geplante Flüchtlingslager in Bangladesch, mit mehr als über eine Millionen Menschen gefüllt sind. Zudem gehören Slums zu den Standards der großen Metropolen. Hierbei handelt es sich um nichts anderes als Flüchtlingslager, in denen zumeist die Verlierer der dritten Welt dahinvegetieren.

Auch nicht zu vergessen sind die mahnenden Hinweise der UNO-Flüchtlingshilfe: „Die Zahl der Flüchtlinge ist mit 25,4 Millionen höher als jemals zuvor“ (8). Genau diese Realität, das Dort und Jetzt, sollte der deutliche Hinweis dafür sein, dass es eine Sekunde vor Zwölf ist! Den großen Worten der Politik müssen endlich Taten folgen.

Als hätte es der CDU-Sprecher, Professor Dr. Beeken, am Ende seiner Rede doch noch geahnt: Die Argumentation hinkt, wenn die Gegenwart, das Dort und Jetzt, einfach übersprungen wird. Was Beeken dann aus dieser Einsicht machte, war ein regelrechter Eiertanz in Form des deutlichen Fingerzeigs in die Ferne, weg von Cloppenburg, weg von der CDU, hin zu den Verirrungen in unserer heutigen Gesellschaft.

Dafür herhalten mussten erwartungsgemäß abgedroschene Hohlphrasen, die üblichen Bösewichte also: „Wir als CDU-Fraktion distanzieren uns an dieser Stelle ganz klar von den propagandistischen ausländerfeindlichen, z.B. extrem rechten Positionen von AfD und Pegida“ (9). Ein solches Gefasel kann zwar eine Rede füllen, erklärt allerdings jedes Nachdenken darüber für vollkommen überflüssig. Auch das gehörte zur Strategie Beekens.

Am Ende wurde die CDU-Fraktion selbst übersprungen. Danach war sie überstimmt und fertig. Schluss mit den Argumenten gegen die Initiative SEEBRÜCKE. Sie mochten einfach nicht überzeugen. So vermutlich auch in den eigenen Reihen nicht, wobei der Fraktionszwang eine andere Meinung erst gar nicht zuließ.

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    Quellen:

      • (1) CDU-Textvorlage, FACEBOOK, Link, 29.10.2018.
      • (2) Cloppenburger Sonntagsblatt, 03.11.2018, S. 1.
      • (3) CDU-Textvorlage, FACEBOOK, Abschnitte 1, 3, 4, 5 und 7; 29.10.2018.
      • (4) CDU-Textvorlage, FACEBOOK, Abschnitt 5, 29.10.2018.
      • (5) CDU-Textvorlage, FACEBOOK, Abschnitt 2, 29.10.2018.
      • (6) Zeit-Online, Link, 03.07.2018.
      • (7) Frankfurter Rundschau, Link, 07.11.2017.
      • (8) Uno Flüchtlingshilfe, Zahlen und Fakten, Link.
      • (9) CDU-Textvorlage, FACEBOOK, Abschnitt 6, 29.10.2018.

 

 

 

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