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Barßeler SPD hat Chance verpasst
Nils Anhuth kein CDU-Mitglied
Andere sollten sich schämen
HFB-21-04-10
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„Schämen Sie sich nicht?“ So war es in der Presse als Anmoderation eines Interviews mit dem Barßeler Bürgermeister, Nils Anhuth, zu lesen. (01) Abgesehen davon, dass der Startschuss der Anmoderation völlig daneben ist, scheint es hier nach dem Austritt Anhuths aus der SPD wohl um einen zweiten Paukenschlag zu gehen, mit dem wiederum niemand gerechnet hat. Konkret angesprochen wird das ehemalige SPD-Mitglied, Nils Anhuth, der im Jahr 2014 von der Barßeler SPD erfolgreich als Bürgermeisterkandidat ins Rennen geschickt wurde. Vor der Kommunalwahl 2021 erhält er plötzlich Unterstützung von der CDU-Fraktion im Rat der Gemeinde Barßel. Diese möchte ihn auch weiterhin als Bürgermeister sehen, während ihn die Barßeler SPD wohl erst gar nicht gefragt hat oder es auch nicht wollte. Muss sich Anhuth für seinen Austritt aus der SPD und die überraschende Unterstützung durch die CDU nun wirklich schämen?
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Selbst wenn Anhuth die SPD nunmehr doch „nur“ aus taktischen Gründen verlassen haben sollte und bereits lange zuvor mit der Unterstützung der CDU rechnen konnte, muss das nicht verwerflich sein. In der Politik gelten andere Werte als im privaten Bereich. Anhuths Markenzeichen ist, dass er erst gar nicht in die CDU eingetreten ist! Das hätte ihm auch gar nicht gut gestanden. Denn wodurch unterscheiden sich CDU und SPD voneinander? Beiden tragen zwar ihre eigenen Schuhe, aber in der politischen Mitte treten sie sich –wie auch ein großer Teil der übrigen Parteien- nur noch gegenseitig auf die Füße. In diesem Sinne dürfte es wohl egal sein, ob Anhuth von der SPD oder CDU unterstützt wird.
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(07)
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Die Frage, „Schämen Sie sich nicht?“,ist an sich zwar nicht falsch gestellt, aber falsch adressiert. Zutreffender wäre die Frage gewesen, wer sich eigentlich schämen sollte. Nämlich für das, was in der Kommunalpolitik, aber auch in der übergeordneten Politik der Bundesrepublik Deutschland Tag für Tag über die Bühne geht, für die Anhuth eigentlich nicht verantwortlich sein kann. In der Öffentlichkeit wird es mittlerweile nur noch von wenigen bestritten, dass es mit der Politik nicht rund läuft. Gleichzeitig zeichnet sich ab, dass es um das Ansehen vieler Politiker nicht gut bestellt ist! Gemeint sind besonders diejenigen, die die Öffentlichkeit mit ihren penetranten Statements –von der Presse meist unwidersprochen- rund um die Uhr zumüllen. Quer durch die Talkshows der Republik verehrt das mediale Establishment diese für ihre vermeintlich so alternativlose Performance in Wirtschaft und Gesellschaft. Vor dem Hintergrund der überhitzten Scheinheilig der Akteure und ihrer abgehobenen Volksferne wächst die Politikverdrossenheit exponentiell. Unerfahrene und karriereorientierte Flachbretteinsteiger treiben die Erosion des politischen Vertrauens kräftig voran. Der Berufspolitiker Anhuth passte nie in diese Kategorie!
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Hier –wie nicht anders zu erwarten- die übliche Soße zum Austritt Anhuths aus der SPD. Instrumentalisiert für das Cloppenburger Familienunternehmen SPD. Wer sind denn nun genau die, die durch Anhuths Austritt enttäuscht wurden? Ist es nur der SPD-Unterbezirksvorsitzende, Detlef Kolde, von dem man ansonsten nichts bis gar nichts hört? Gibt es eigentlich keine Enttäuschung darüber, was die Bundes-SPD in Berlin fabriziert, wobei die Sozialdemokraten ihrem Abgrund gefährlich nahe kommen? Ist das eigentliche Kernproblem verkannt? Muss Anhuth nicht auch über die Ignoranz seines unmittelbaren Umfeldes bitter enttäuscht sein? Warum wird nicht auch das journalistisch aufgearbeitet?
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Anhuth ist aus der SPD aufgetreten und nennt hierzu Gründe. „Ich vollziehe diesen Austritt (…) nach der (…) fatalen Entscheidung (…), erneut in ein Regierungsbündnis der Beliebigkeit einzusteigen. Die SPD (…) ist beliebig geworden, ohne erkennbare Haltung, klare Linie und schon gar nicht mit einer klaren Alternative zu den anderen Parteien – vor allem zur Union.“ (09) Was zum Schämen ist eigentlich nachvollziehbar daran, dass sein Parteiaustritt das Ergebnis einer „wohlüberlegten Abstimmung zwischen meinen politischen Werten und der Entwicklung meiner Partei in den vergangenen Jahren “ sei? (10)
Anhuths Austrittsbegründung sollte eigentlich nachvollziehbar sein. Dennoch beschreibt sie nur das Symptom einer falschen Weichenstellung. Letztere wurde bereits etliche Jahre zuvor festgezurrt und wird bis heute in treuer Ergebenheit und ohne nennenswerte Kritik aus den Reihen der SPD-Mitglieder –zumeist in Unkenntnis über die Ursachen der fatalen Auswirkungen- geduldet.
Wiederholt sei an die Agenda 2010 (11) erinnert, welche in den Jahren 2003 und 2005 von der Rot-Grünen-Bundesregierung ohne Rücksicht auf Verluste vorangetrieben wurde. Hierbei ging es u.a. um die „Reform“ des deutschen Sozialsystems und Arbeitsmarktes. Konkret wurden die Löhne gekürzt, wobei von SPD-Kanzler, Helmut Schröder, u.a. der größte Niedriglohnsektor Europas entstand. Gekürzt wurden Arbeitslosengelder und Renten. Für letztere galt ab dem Jahr 2005 die Besteuerung, wobei die maximale Rente sich zusätzlich nach 40 Arbeitsjahren schrittweise reduzieren sollte. Obendrein wurde das Renteneintrittsalter von 65 auf 67 Jahre angehoben. Doch immer weniger Menschen erreichen mit diesem Alter das Ende ihres Berufslebens. Die Erfahrung zeigt, dass viele Menschen nur einen Teil des gesetzlichen Rentenanspruches erreichen. Das liegt u.a. an den derzeit üblichen Teilzeitbeschäftigungen, an den Erziehungszeiten, an den sozialabgabenfreien 450-Euro-Jobs (12) oder an ihrer mangelnden Gesundheit, die in vielen Berufen nicht bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter vorhält.
Die Kluft zwischen Arm und Reich bleibt groß
(13)
Die Folgen sind die fortschreitende Verarmung von Teilen der Gesellschaft. Damit einher geht die wachsende Altersarmut, da die Rentenansprüche aufgrund der Erwerbsbiografien deutlich geringer ausfallen. Die aktuellen Corona-Maßnahmen werden das Problem weiter verschärfen. Da nutzt auch kein Gesundbeten der aktuellen Arbeitsmarktlage. Sobald die finanziellen Ãœberbrückungshilfen in Form des Kurzarbeitergeldes auslaufen, wird sich das wahre Ausmaß der Lage zeigen. Die Arbeitslosenzahlen werden –auch nach korrigierter Zählweise- sprunghaft steigen und sobald nicht wieder sinken.
Die bitteren Folgen der Agenda 2010
(14)
Das sich anbahnende Desaster kommt also nicht aus dem Nichts. Es wurde von Rot/Grün im Jahr 2003 mit der Agenda 2010 initiiert und von der Schwarz-Roten-Regierung fortgeführt, wobei die Folgen nun aufgrund des Corona-Lockdowns wie ein Hammerschlag zu Geltung kommen. Es hilft nur vorübergehend, wenn ungedeckte Steuergelder für Hilfsfonds verwendet werden, die zwar schnell an große Unternehmen (15) fließen, aber keine Firmen oder Selbstständige –wenn überhaupt- nur verspätet erreichen. (16) Von der mitwirkenden SPD im Bund ist keine kritische Haltung zu erwarten, auch wenn SPD-Arbeitsminister, Hubertus Heil, immer wieder Verbesserung sozialer Schieflagen einfordert. Die gesetzlichen Maßnahmen (17),die hierzu auf den Weg gebracht werden, sind in der Regel nur unzureichend. Dass diese nur den Tropfen auf den heißen Stein darstellen, wollen die sozialpolitischen Marktschreier dann doch nicht wissen.
SPD: Der Absturz einer Volkspartei
(18)
Für die, die einen Kurswechsel der SPD gewartet hatten, war das Ende der Fahnenstange bereits vor dem Jahr 2019 erreicht. Nach der Urwahl der SPD-Vorsitzenden im selben Jahr (19) blieb nichts davon übrig, was die gewählten Kandidaten, Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans, großspurig versprochen hatten. Die mit SPD-Kanzler Schröder begonnen Talfahrt der SPD ging also ungeniert weiter und fand mit der Ernennung von Bundesfinanzminister, Olaf Scholz, zum SPD-Kanzlerkandidaten ihren vorläufigen Höhepunkt. (20)
Ohne die Maßnahmen zum Corona-Problem in Zweifel zu ziehen, muss im vorliegenden Zusammenhang auf den SPD-Gesundheitsexperten, Karl Lauterbach, eingegangen werden. Seine medial stets lautstark verbreiteten Extremhypothesen erwecken den Eindruck, Lauterbach ginge es ausschließlich um den Schutz des menschlichen Lebens, koste was es wolle. Das mag gut klingen. Ob er damit Recht behalten wird, sei dahingestellt. Aber wenn Lauterbach diese Botschaft suggeriert, so wäre dennoch ihre Glaubwürdigkeit zu hinterfragen. Diejenigen, die sich durch eben diese Botschaft beeindrucken lassen, sollten wissen, dass gerade der Berufspolitiker Lauterbach im Fahrwasser der Agenda 2010 entscheidend dazu beigetragen hat, das Gesundheitssystem der totalen Wirtschaftlichkeit unterzuordnen. Nunmehr galt die Wirtschaftlichkeit und nicht die Gesundheit als der zentrale Wert überhaupt.
Das Ende der „Barmherzigkeit der Intransparenz“
(21)
Lauterbach zählt zu den Vätern der Fallpauschalen nach dem Motto: Mehr Ärzte, weniger Pflegekräfte. Im konkreten Fall geht es seit 2003 darum, das Gesundheitssystem kostengünstiger zu gestalten. (22) Das aber hat sich inzwischen als Nachteil für Patient*innen erwiesen. (23) Vor allen hat die Agenda- Ökonomisierung zu massiven Krankenhausschließungen geführt. So werden auf dem Weg zur Schließung Krankenhausbetten, u.a. auf Intensivstationen, dann stillgelegt oder abgebaut, wenn sie nach den Maßstäben der Agenda 2010 wirtschaftlich nicht mehr rentabel sind.
In Deutschland wurden tausende von Intensivbetten stillgelegt, mehr als 10.000 Pflegekräfte sind „verloren gegangen“ und eine große Zahl an Krankenhäusern sind zumindest teilweise geschlossen worden. „Noch Ende Februar des vergangenen Jahres hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zu mehr Mut bei Krankenhausschließungen geraten. Der Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach (SPD), u.a. langjähriges Aufsichtsratsmitglied der Rhön-Kliniken, hielt 2019 einen Abbau der Kapazitäten grundsätzlich für richtig.“ (24) Diese Meinung hat Lauterbach bis heute nicht zurückgenommen. Deutlicher kann es nicht hervorstechen, dass es Lauterbach weniger um die Gesundheit der Menschen selbst als vielmehr um die Wirtschaftlichkeit des Gesundheitssystems geht. Die Priorisierung hat fatale Folgen, die verschiedene Kommunen demnach hart treffen können.
Krankenhaussterben:
Ein weiteres Symptom fehlgeleiteter Gesundheitspolitik
(25)
Was der SPD-Politiker, Karl Lauterbach für richtig hält, hätte Cloppenburg fast das Krankenhaus gekostet. Denn auch dieses ist dem Zwang der Wirtschaftlichkeit unterworfen. Ohne üppige Sonderzuschüsse in Millionenhöhe, sowohl von der Cloppenburger Politik (26), als auch vom Land Niedersachsen, wäre vieles finanziell nicht leistbar und hätte letztendlich zur Schließung der Einrichtung führen müssen. Besonders zum Nachteil der älteren Mitmenschen, die z.B. in Cloppenburger Seniorenheimen –wie St.Pius Stift, Cura Vitalis, Alloheim etc. – leben.
Warum werden Pflegekräfte so schlecht bezahlt?
(27)
Soweit so gut. Aber auf die Idee, mit den Zuschüssen die Forderungen nach einer besseren Bezahlung für das hart arbeitende Pflegepersonal insgesamt zu verbinden, kommt die Cloppenburger Politik erst gar nicht. Schon gar nicht diejenigen, die sich das Soziale besonders groß auf ihre Fahnen geschrieben haben. Warum es bequemer ist, kommunale Steuergelder der Bürger*innen als freiwillige Leistungen einfach so, ohne weitere Bedingungen, durchzuwinken, erschließt sich keinem wirklich überzeugten Sozialdemokraten. Das dürfte auch Anhuth nicht überzeugen.
Braucht die SPD eine neue Definition von sozialer Gerechtigkeit?
(28)
Aber erst wenn ein Skandal daraus wird -nicht weil sie diesen aufgedeckt haben, sondern andere- werden auch sie, die Fahnenträger des Sozialen, ins Konzert der Kritiker einsteigen. Erinnert sein an die Affäre zur Unterbringung von Werksvertragsarbeitern in Cloppenburg. Angezeigt hatte diesen Missstand die Beraterin der niedersächsischen Beratungsstelle für mobile Beschäftigte in Oldenburg, Daniela Reim. (29) Plötzlich schlossen sich auch die örtlichen Sprecher von SPD und GRÜNEN dieser Kritik an, wobei das Problem für Cloppenburg gar nicht neu sein konnte. Nunmehr mit dem heuchlerischen Anspruch auf das Urheberrecht dieser Kritik und einer penetranten Lautstärke, die unerträglich war. Danach wurde es wieder Still, obwohl es z.B. die Arbeitssituation im Krankenhaus zeigt, dass es zu jeder Zeit nötig wäre, Kritik an weiteren Missständen zu üben.
Gegenwärtig aber geht es den Volksvertretern mit sozialem Aushängeschild mehr um Politkarrieren und weniger um Menschen in Not. Aber weder der SPD-Bezirksvorsitzende, Detlef Kolde, noch die übrigen Vorsitzenden der SPD-Ortsvereine greifen diese Thematik aktiv auf. Sie habe sie verschlafen. Passiv wird sich das zwar in den Wahlprogrammen zur Kommunalwahl 2021 widerspiegeln. Nur wer soll den Sozialdemokraten den Ernst der Papierwerte abnehmen? Die Situation ist traurig und abstoßend zugleich. Was wollen sie ihren potenziellen Wählern am Ende eigentlich erzählen, wenn es um ihren aktiven Einsatz zum Thema soziale Gerechtigkeit geht? Aber wie das so ist: Eine Skandal-Thema wird sich vor der Wahl wohl noch finden lassen.
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Vielleicht wird es der gut funktionierende Personalskandal wie der von Adem Ortac im Jahr 2017, bei dem die Vorverurteilung medial zu Selbstdarstellungszwecken der sozialdemokratischen Provinzfürsten missbraucht wurde. (31) Ortac flog 2017 aus der SPD mit dem Vorwand, annähernd 3 Euro (!) Mitgliedbeiträge nicht bezahlt zu haben. Das rechtskräftige Gerichtsurteil wegen gewerbsmäßigen Betrugs wurde aber erst im Jahr 2019 gesprochen und fiel –den Erwartungen der Genossen zum Trotz- deutlich geringer als erhofft aus. Peinlich!
Vermutlich nicht rein zufällig übernahm dann Jan O. Höffmann den Vorsitz der Cloppenburger SPD-Fraktion, wobei zwei Mitglieder diese anschließend protestartig verließen. Die nunmehr gerupfte SPD-Fraktion unterstützte –unter Federführung ihres neuen Vorsitzenden- daraufhin die CDU. Die penetrante Art dieses spektakulären Polit-Gebarens wurde von Lokalpresse nicht weiter aufgegriffen! Zufall?
Aber der Rückstand einer gründlich misslungenen Oppositionsarbeit kann nachgeholt werden. Vielleicht bietet sich ein weiteres Polit-Mobbing a la „Elsen“ –ähnlich wie im Jahr 2014- an. (32) Wenn sich diese Chance zur Bürgermeisterwahl 2021 ankündigt, sind dem „politischen Kanalbau“ keine Grenzen gesetzt. Die sozialdemokratische Hoffnung stirbt zuletzt. Dann aber auf einem sehr unterirdischen Niveau.
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Erinnert sei ebenfalls an das SPD-Mobbing an SPD-Ex-Oberbürgermeister von Wilhelmshaven, Eberhard Menzel, dem Untreue in einem besonders schweren Fall vorgeworfen wurde. Wegen massivster Vorverurteilungen, auch durch die eigenen Genossen, ist er nach 47 Jahren aus der SPD ausgetreten. Zuvor war er 25 Jahre Oberbürgermeister. Im Gegensatz zur Ortac wurde Menzel in letzter Instanz freigesprochen. (34) Eine Blamage für die ehemals krackelenden Sozialdemokraten, von denen sich viele voreilig und mit großem Getöse von Menzel abgewendet hatten. Ortac und Menzel sind nur beispielhaft die triebhaften Markenzeichen, die typisch ist für die Sozialdemokraten sind. Es gibt weitere Fälle dieser Art, im Großen und im Kleinen, und die könnten Bücher füllen. Daraus gelernt haben die Sozialdemokraten bis heute nichts!
Wenn Nils Anhuth nach ständiger Reflexion darüber, ob die SPD die richtige Partei für ihn sein, also noch bis 2019 SPD-Mitglied war, dann war er in einem innere Zwiespalt gefangen. Den hat er mit seinem Austritt abgelegt. Wenn zudem sein Umfeld wenig bis gar nicht reflektiert über das, was sich eine Partei auf die Fahnen geschrieben hat, dann bleiben Missstände natürlich unentdeckt und die Kritik lässt sich anstandslos auf Anhuth projizieren.
Letztlich hilft rigide Ignoranz dabei, dass der innere Wert der Treue unantastbar wird. Gleichzeitig aber tut sich ein innerer Widerspruch, der in Fachkreisen als psychische Inkohärenz (35) bekannt ist. Kein Wunder, dass immer mehr Menschen mit diesem Problem belastet sind. Sie dürfen sich glücklich fühlen, wenn sie ihr Problem – der Unlogik der Zusammenhänge- selbst erkennen oder es mit fachärztlicher Hilfestellung bewältigen. Anhuth selbst wird eingesehen haben, dass diese Art der Treue, die stets mit einer fatalen Lüge einhergeht, vor allem politisch keinen Sinn macht und niemals die zermürbende Inkohärenz beseitigen kann, die auch die ganze SPD in den Abgrund zieht. "Ich bin und bleibe Sozialdemokrat – mag aber kein Mitglied dieser Partei mehr sein". (36) Also: Hut ab vor dem, der sich keinesfalls für seine demonstrative Offenheit schämen muss! Und erfindet Unterstützung durch weitere EX-Genossen (37), wobei sich eine lange Liste anschließen ließe.
Doch ein offener Widerspruch sollte nicht unter den Tisch fallen. Die CDU, bei der der Bürgermeisterkandidat, Nils Anhuth, nun die Unterstützung findet, ist der SPD mit ihrem Kurs der politischen Mitte nicht sonderlich verschieden. (38) Kurz: Das Etikett beider und weiterer Parteien hat nichts mehr mit den ausgewiesenen Grundwerten zu tun. Die SPD ist schon lange nicht mehr sozial, die CDU nicht mehr Christlich und die GRÜNEN nicht mehr grün. So kommt es, dass die immer noch treuen Wähler*innen der jeweiligen Parteien oft nur noch auf das zu wählende Personal fixiert sind. Aktuelle Beispiele sind die Wahlerfolge des grünen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, und der sozialdemokratischen Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Deyer.
Die suggerierten Etikettierungen der Parteien lassen sich nicht durch eine Personalisierung ersetzen. Die Unlogik der Zusammenhänge, nach denen die Wähler in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz agiert haben, ist zu offensichtlich. Die angebliche Pflicht zur Treue kann die innere Kohärenz nur aus dem Gleichgewicht bringen. Diese Wahlerfolge garantieren auf Dauer keine nachhaltigen Glücksgefühle!
Es bleibt also die Frage, warum orientiert sich Anhuth an einer Partei, der CDU, die inhaltlich nicht besser als die SPD aufgestellt ist? Im Interview mit Bürgermeister Nils Anhuth aber wurde dieser Widerspruch journalistisch nur oberflächlich thematisiert. Ist die Antwort nur mit Anhuths Hinweis abgetan, dass die CDU (…) mit 15 Mitgliedern die Mehrheit im Rat stellt“? (39) MT, Nils Anhuth: „Umgang mit Respekt geprägt“, 22.03.21. Kann es auch sein, dass die Barßeler SPD schon füh erkennen ließ, den aus der SPD ausgetretenen Bürgermeister bei der nächsten Wahl nicht wieder zu unterstützen? Oder unterstellt Anhuth der CDU, unter Einbeziehung ihrer Gallionsfigur, Hans Eveslage, dem ehemaligen Landrat des Landkreises Cloppenburg CDU, möglicherweise Werte wie Verlässlichkeit, Besonnenheit und Nachhaltigkeit, die Anhuth bei der SPD schon seit geraumer Zeit vermisst hatte? Der Leser erfährt nichts darüber. Die federführende Journalistin fragt erst gar nicht danach
Wer ist für diese journalistische Unprofessionalität verantwortlich und sollte sich dafür schämen? Antwort: Keiner, denn das wäre genauso übertrieben, wie es der misslungene Startschuss der Anmoderation ausdrückt! Kurzum: Anhuth hätte den Widerspruch locker entkräften können. Zumindest explizit mit dem Hinweis, dass er der CDU nicht beigetreten ist. Bekanntlich geht er als neutraler Kandidat ins Rennen.
Dennoch wird (quasi) zwischen den Zeilen der Wechsel Anhuths zur CDU suggeriert. Übertrieben? Nicht unbedingt! Und wie es die zuvor genannten Informationen zeigen, wäre ihm der Beweis sicher nicht schwer gefallen. Anhuths persönliche Entscheidung, die Unterstützungsangebot der CDU anzunehmen, ist alternativlos und lösungsorientiert zugleich. Da muss die Barßeler SPD wohl gepennt haben oder Anhuth hat so spät nicht mehr auf ein SPD-Angebot gewartet. Peinlich!
Fest steht: Die CDU war schneller, während die SPD eine eher ausgrenzende Abwehrhaltung gegenüber Anhuth bevorzugte. Die aber führte schließlich zu keiner Lösung. Fest steht auch: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Anhuth muss sich nicht schämen. Schämen sollten sich andere.
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Quellen
(01) MT, Nils Anhuth: „Umgang mit Respekt geprägt“, 22.03.21.
(02) MT, Headline, Nils Anhuth: „Umgang von Respekt geprägt“, 22.03.2021.
(03) MT, Auszug, Nils Anhuth: „Umgang von Respekt geprägt“, 22.03.2021.
(04) https://www.hermannbergmann.de/html/anhuth.html
(05) https://www.hermannbergmann.de/html/bgm-elsen_.html
(06) https://www.goettinger-tageblatt.de/Nachrichten/Panorama/CDU-in-Barssel-erneut-zur-Buergermeisterwahl-ohne-eigenen-Kandidaten
(07) MT, Headline, Bürgermeister Anhuth tritt aus der SPD aus, 01.06.2019.
(08) MT, Auszug, Julius Höffmann, MEINE MEINUNG, Fast alle sind enttäuscht, 01.06.2019.
(09) NWZ, Anhuth tritt aus der SPD aus, 01.06.2019.
(10) MT, Bürgermeister Anhuth tritt aus der SPD aus, 01.06.2019.
(11) https://de.wikipedia.org/wiki/Agenda_2010
(12) https://www.finanztip.de/minijobs/#:~:text=In%20einem%20Minijob%20darfst%20Du,von%20der%20Rentenversicherungspflicht%20befreien%20lassen.
(13) https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/schere-arm-reich-deutschland-studie-1.4891110
(14) https://www.berliner-zeitung.de/die-bitteren-folgen-der-agenda-2010-li.61052
(15) https://www.tagesschau.de/wirtschaft/lufthansa-rettungspaket-regierung-101.html
(16) https://rp-online.de/panorama/coronavirus/corona-ueberbrueckungshilfen-kommen-weiterhin-kaum-bei-unternehmen-an_aid-54420473
(17) https://www.hubertus-heil.de/2020/01/01/diese-gesetze-treten-ab-dem-1-1-2020-in-kraft/
(18) https://www.blaetter.de/ausgabe/2017/november/spd-der-absturz-einer-volkspartei
(19) https://taz.de/Rennen-um-SPD-Vorsitz/!5636978
(20) https://www.sueddeutsche.de/politik/prantls-blick-spd-existenzkrise-thierse-1.5227724
(21) https://www.aerzteblatt.de/archiv/34876/Fallpauschalen-im-Krankenhaus-Das-Ende-der-Barmherzigkeit-der-Intransparenz
(22) https://www.sueddeutsche.de/muenchen/personalmangel-spart-die-kliniken-nicht-kaputt-1.4564571
(23) https://www.tagesspiegel.de/politik/recherchen-von-ard-kontraste-zu-fallpauschalen-schwerkranke-kinder-koennten-wegen-personalmangels-sterben/25226472.html
(24) https://www.berliner-zeitung.de/gesundheit-oekologie/kliniken-werden-geschlossen-obwohl-das-gesundheitssystem-vor-dem-kollaps-steht-li.132283
(25) https://pflegeethik-initiative.de/2019/11/18/krankenhaussterben-ein-weiteres-symptom-fehlgeleiteter-gesundheitspolitik/
(26) https://www.nwzonline.de/plus-cloppenburg-kreis/cloppenburg-kreistag-gibt-fuenf-millionen-euro-extra-zuschuss-fuer-klinik-umbau-in-cloppenburg_a_50,7,3139704605.html
(27) https://www.spiegel.de/panorama/pflegenotstand-warum-werden-pflegekraefte-so-schlecht-bezahlt-a-e90679c7-a71d-4d7f-974b-63ab1b0c1d21
(28) https://www.deutschlandfunk.de/braucht-die-spd-eine-neue-definition-von-sozialer.694.de.html?dram:article_id=59016
(29) https://www.nwzonline.de/cloppenburg/wirtschaft/cloppenburg-werkvertragsarbeiter-unterkuenfte-in-cloppenburg-keine-transparenz-bei-unterbringung_a_50,4,47040045.html
(30) NWZ, Headline, SPD-Bezirk entzieht Ortac Mitgliedsrechte, 03.05.2017.
(31) https://hermannbergmann.de/html/fall_ortac1.html
(32) https://www.nwzonline.de/cloppenburg/politik/elsen-gibt-politische-aemter-auf-cdu-mann-schmeisst-nach-drohbrief-hin_a_15,0,520701262.html
(33) NWZ, Headline, Neue Hoffnung nachlangem Gang durchs tiefe Tal, 24.03.2021.
(34) https://www.nwzonline.de/plus-wilhelmshaven/wilhelmshaven-oldenburg-urteil-im-untreue-prozess-aufgehoben-warum-wilhelmshavens-ex-ob-menzel-wieder-an-den-rechtsstaat-glaubt_a_51,0,2414600161.html
(35) https://de.wikipedia.org/wiki/Kohärenz_(Psychologie)
(36) https://www.facebook.com/606099542869026/posts/ich-bin-und-bleibe-sozialdemokrat-mag-aber-kein-mitglied-dieser-partei-mehr-sein/1686331561512480/
(37) https://marco-buelow.de/austritt-aus-der-spd/
(38) https://www.news.at/a/politik-lexikon-7506218
(39) MT, Nils Anhuth: „Umgang mit Respekt geprägt“, 22.03.21.
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