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Leiste-H-01

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Cloppenburger Politik demonstriert Ignoranz

 

Aufwandsentschädigungen

und der

kategorische Imperativ

 

 

Viele Bürger sehnen sich nach politischen Alternativen

HFB-14-10-24

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Nun ist es Tatsache. SPD und CDU/FDP setzten in der vergangenen Ratssitzung ihren Antrag auf Anpassung der eigenen Aufwandsentschädigungen durch. Die Sitzungsgelder sollen um 67% angehoben werden. Die pauschalen Aufwandsentschädigungen für die Ratsmitglieder und Funktionsämter der Fraktionsvorsitzenden, stellvertretenden Bürgermeister um 20%. Der Ratsvorsitzende sowie die Ausschussvorsitzenden genehmigen sich einen Zuschlag um 100%. Sie sollen 120 Euro extra pro Jahr erhalten. Ein Nachweis über tatsächliche Aufwendungen müssen für alle genannten Positionen nicht erbracht werden. Was größtenteils zählt, ist Anwesenheit im Rathaus.

Mit ihrer Entscheidung demonstriert Cloppenburger Politik Ignoranz gegenüber den Bürgern. Was es bisher über diese Art und Weise der Selbstbedienung zu sagen gab, ist hier und hier zu lesen! Die Presse reagiert nur teilweise mit kritischer Berichterstattung . Die MT vermeidet sie vollkommen. Besonders deshalb, weil es die SPD-Fraktion im Rat der Stadt Cloppenburg hart treffen würde.

 

 

Das Missverhältnis wird ausgeblendet

Zurzeit erleben wir den organisierten Streik der Gewerkschaft der Lokomotivführer oder den Streik der Lufthansapiloten. Nicht nur durch ihre Streiks ernten beide Berufsgruppen viel Kritik der Mainstreampresse, sondern auch durch ihre tariflichen Forderungen. Die Lufthansapiloten fordern ausschließlich den Erhalt der Tarifstruktur. Sie wehren sich gegen Lohnkürzungen. Ginge es nach den Maßstäben der Cloppenburger Politik, so wären die Lokomotivführer und Lufthansapiloten als äußerst gemäßigt einzustufen. Ihre relativen Forderungen können vergleichsweise als Peanuts, also als Kleinigkeit, bezeichnet werden. Denn sie fordern, wie andere Gewerkschaften auch, nicht weit über 30% mehr, wie es die SPD und CDU/FDP im Rat der Stadt Cloppenburg am Ende durchgesetzt haben! Das Missverhältnis müsste den Entscheidungsträgern bekannt sein. Schließlich sitzen in den verantwortlichen Fraktionen auch Gewerkschafter. Alles das wird ausgeblendet.

 

Politikverdrossenheit erhält Schub aus dem Rathaus

 „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde“, scheint für die Mehrheit der Ratsvertreter keine Grundlage zu sein. Würden die Mitglieder der SPD- und CDU/FDP-Fraktionen die Maxime wirklich ernst nehmen, müssten sie ihren Antrag erweitern und z.B. den über 200 Mitarbeitern der Stadt Cloppenburg, Verwaltungsangestellten oder Angestellten, eine saftige Gehaltserhöhung in Aussicht stellen, die der Anpassung ihrer eigenen Aufwandsentschädigungen gleichkäme. Doch es tut sich nichts - außer Hohldudelei, ein Kratzen an der Oberfläche mit dem Gebaren eines Sachverständigen ohne Kenntnis über die eigentlichen Ursachen -, denn plötzlich zählt wieder der Grundsatz der strengen Ökonomie. Die politische Maxime der Antragsteller scheint zu lauten: Die eigene Tasche ist voll; was scheren mich die übrigen Menschen!

 

Nun mögen Kritiker aus Politikerkreisen intervenieren und vieles klarstellen wollen. Ihr gutes Recht. Dennoch sollten sie zur Kenntnis nehmen, dass politische Entscheidungen einen öffentlichen Eindruck hinterlassen. Bei Entscheidungen in eigener Sache, besonders dann wenn es um Geldzuwendungen geht, ist Fingerspitzengefühl angesagt. In der umstrittenen Angelegenheit scheinen die Antragsteller ein solches Gefühl nicht zu haben. Die gewählten Volksvertreter signalisieren gegenüber den Bürgern einfach nicht den nötigen Respekt. Sie erklären sich nicht einmal als befangen. So sollte sich keiner der Akteure wundern, dass die Politikverdrossenheit nun wieder einen derben Schub bekommen hat. Aus dem Rathaus selbst!

 

Lebensrealität nicht zur Kenntnis genommen

Cloppenburger Politik –besonders die, die sich das Soziale auf die Fahnen schreibt- hat vielleicht noch nicht zur Kenntnis genommen, dass viele Bürger in anderen Kategorien denken. Es gibt eine bittere Lebensrealität, die immer mehr Menschen in Deutschland - ebenso mehr in der EU - trifft: „Insgesamt bleiben die Löhne in Deutschland weit hinter dem zurück, was für eine gleichgewichtige Entwicklung der Volkswirtschaft erforderlich wäre. (…) Ursachen für den Rückgang sind u.a. die politische Förderung prekärer Beschäftigung, eine empfundene Wirkungslosigkeit gewerkschaftlicher Organisation und erhöhte Flexibilitätsansprüche der Unternehmen.(…) Die krisenhaften Ungleichgewichte [zwischen den europäischen Staaten] sind in erster Linie auf Lohndumping in Deutschland zurückzuführen“ (vgl. Alexander Ulrich, Lohnentwicklung in Deutschland). „30 % aller Haushalte haben gar kein Erspartes und 10 % sind sogar verschuldet. Die Mittelschicht spart bis zur Schmerzgrenze für das Abtragen ihrer Häuslekredite“  (vgl. Jens Berger, Wem gehört Deutschland?, S. 137). Sparen für die Altersvorsorge kommt für viele Haushalte nicht mehr in Frage. Davon sind besonders Menschen mit geringem Einkommen betroffen. Das Geld ist einfach zu knapp.

Gerade der hiesige Cloppenburger Raum ist ein Bereich, der prekäre Beschäftigungszahlen im höchsten Maße aufweist. Wer vermehrt beobachtet, welch große Zahl von Menschen zur Tafel in die Cloppenburger Kirchhofstraße kommt, wird feststellen, dass sich Armut auch in unserer Stadt nicht mehr verbergen lässt. Betroffen sind eben nicht nur osteuropäische Erntehelfer, sondern auch viele deutsche Mitbürger, die ihre Armut nicht offen zur Schau tragen möchten. Darüber hinaus werden sich viele Familien mit atypischen Beschäftigungsverhältnissen abfinden müssen. Zeitungsaustragen ohne Mindestlohn, Putzen in Bürogebäuden oder die Arbeit in Fast-Food-Ketten auf der Basis der 400 Euro-Jobs sind die existenzsichernden Mehrfachverdienste ohne geregelte Arbeitszeit von immer mehr Menschen. Prekäre Lohnzahlungen werden u.a. durch den Skandal belegt, dass diverse Leiharbeitsfirmen den deutschen Sozialkassen noch mehr als 220 Millionen Euro schulden. 2010 hatte das Bundesarbeitsgericht die prekären Tarifverträge von Zeitarbeitsfirmen und christlichen Gewerkschaften für ungültig erklärt. Hierdurch ergaben sich Nachzahlungsverpflichtungen.

Doch die verantwortliche Politik interessiert und korrigiert das nicht und bemüht heuchlerisch die Zahlen der Arbeitslosenstatistik von ca. 5-7% zu folgender Feststellung: CDU/FDP unterstellt die annähernde Vollbeschäftigung im OM, ohne z. B. die Zahlen der Aufstocker oder die der Menschen in Fortbildungsmaßnahmen zu erwähnen.

 

Die Armen, die Reichen und die Politik

In Deutschland sind die Löhne zwischen dem Jahr 2000 und 2012 durchschnittlich um 26% gestiegen. Doch im selben Zeitraum wurden Dienstleistungen und Waren um 23% teurer. Somit verblieb den Arbeitnehmern eine Kaufkraftsteigerung von 3% innerhalb von 12 Jahren. Das sind 0,25% pro Jahr und seit 2008 bis heute ca. 1,5% Reallohnzuwachs. Umgerechnet auf den Nominallohnzuwachs wäre das ca. 13%. Der Bundespolitik liegt es fern, nachhaltig für höhere Löhne einzutreten. Die Einführung der Mindestlöhne ist ein guter Ansatz, aber nicht wirklich ernst gemeint und vor allem nicht nachhaltig. Zu löchrig sind die politischen Vorgaben, wie es das Beispiel der Zeitungsausträger zeigt. Es liegt nahe, dass viele der betroffenen Arbeitnehmer mit der Politik abgeschlossen haben und wohl nicht mehr zur Wahl gehen werden. In vielen Gesprächen wurde mir diese Absicht bestätigt.

Das Argument, seit 2008 seien die die Aufwandsentschädigungen für Ratsmitglieder nicht mehr angepasst worden, um sich dann eine Anpassung weit über 30% zu genehmigen, ist unter Berücksichtigung der realen Lohnzuwächse realitätsfremd und dreist. Aber auch das interessiert die Mehrheit der Volksvertreter im Cloppenburger Rathaus herzlich wenig. Sie schmoren weiter im eigenen Saft und meinen, demnächst wieder mit relativen Zahlen punkten zu können. Doch diese Zahlen gaukeln faire Wahlergebnisse nur vor. Aussagekräftiger wären relative Zuordnungen, die sich an den Wahlberechtigten -und nicht an den Wahlbeteiligten- orientierten. Bei 48% Wahlbeteiligung in Cloppenburg haben die 52% der Nichtwähler immer noch die Mehrheit!

Dass sich die gesellschaftlichen Strukturen besonders durch realitätsfremde Politik der übergeordneten Ebene ändern, beschreibt Packer in seinem Buch „Die Abwicklung“. Der Autor gibt vor allen den wirtschaftlichen Entscheidungsträgern die Verantwortung für die Zerstörung der sozialen Absicherungen der US-amerikanischen Gesellschaft. Nicht verwunderlich ist eine abnehmende Wahlbeteiligung in den USA und auch in Deutschland, die ihre eigentliche Ursache im zunehmenden Vertrauensverlust zwischen Politik und Bürgern hat. Der Vertrauensverlust wird am Ende zum Demokratieverlust führen, wobei sich drei Gruppen immer weiter voneinander isolieren: Die Reichen, die Armen und die Politiker. Diese Isolation ist im Übrigen nicht nur verantwortlich für die Probleme der US-amerikanischen Gesellschaft, sondern auch für die vieler Drittweltstaaten: Eine nichtfunktionierende Politik, die korrupt mit den Reichen bändelt, um sich die Armen vom Leibe zu halten. Deutschland ist auf dem Weg dorthin. Kleinste Schritte, auch die der Cloppenburger Politik, bereiten den Weg in eben diese Richtung!

 

Politgrößen sind einem Wunschbild verfallen

Politik, die immer wieder demonstriert, dass sie mit dem grundlegenden Prinzip der Ethik (Kategorischer Imperativ) im Widerspruch steht, kommt bei den Menschen nicht gut an. Letztendlich wird das öffentliche Gerechtigkeitsgefühl verletzt. Mit dem Thema Gerechtigkeit kann die Politik schon lange nicht mehr überzeugen. Um so verständlicher ist es, dass sich immer mehr Menschen nach politischen Alternativen sehnen. Nach einer Politik, die den Geist des Vorbildes in sich trägt, die sich der Gerechtigkeit verpflichtet fühlt und die sich fortan an den wirklichen Bedürfnissen des öffentlichen Lebens orientiert.

 

Wenn einige Politgrößen der Cloppenburger Szene meinen, die Bürger seien vergesslich, so sind sie einem Wunschbild verfallen. Am Ende werden sich die Verantwortlichen für alle angesammelten Fragwürdigkeiten einer Ratsperiode verantworten müssen. Einfluss darauf haben dann auch Eindrücke , die die Bundes- und Landespolitik bei den Bürgern hinterlässt. Folglich nähern sich nun die Umfragewerte der FDP schneller als gedacht dem Zinsniveau der Europäischen Zentralbank von 0,1% . Die Cloppenburger SPD-Fraktion ist trotz einseitigster Presseberichte besonders dann nicht mehr glaubwürdig, wenn sie vorgibt, die sozial Schwachen in unserer Gesellschaft vertreten zu wollen. Bei Prognosen kommender Bundestagsahlen in etablierten Parteikreisen ist schon die Rede von „18 plus X“. Die Rolle der glaubwürdigeren Sozialvertretung fiele demnächst eher der Linkspartei zu. In dieser Rolle scheint sie deutlich überzeugender als die SPD zu wirken. Auf Bundes, Landes- und Kommunalebene! Weiter Federn wird die SPD-Fraktion der Kommune Cloppenburg deshalb lassen müssen, weil sie die kritisierte Anhebung ihrer Aufwandsentschädigungen ohne Rücksicht auf Glaubwürdigkeitsverlust allein mit den Stimmen der CDU/FDP durchgesetzt hat. Besonders die CDU wird sich schließlich der harten Konkurrenz der AfD stellen müssen, die bereits mit einer Menge aktiver Sympathisanten in den Startlöchern zur Cloppenburger Kommunalwahlwahl 2016 steht.

 

Nichts ist unmöglich

Die in der vergangenen Ratssitzung beschlossene Anpassung der Aufwandsentschädigungen in eigener Sache hat das Vertrauen der Bürger in die Politik wiederum hart belastet. Im Rathaus riecht es nach Selbstbedienung. Die Öffentlichkeit empfindet es als Skandal, dass Politiker selbst darüber entscheiden dürfen, wie viel Geld ihnen für ihre ehrenamtliche Tätigkeit gezahlt wird. Im Rathaus hätte man Fingerspitzengefühl zeigen können, indem man die Einkommensentwicklung der hart arbeitenden Menschen zum Maßstab genommen hätte. Doch die Mitglieder der SPD-Fraktion sowie die der CDU/FDP-Fraktion peitschten ihr Anliegen mit einer knappen Mehrheit durch. Und das wenig überzeugend. Ihre Beweggründe können nur vermutet werden. Diese hatten einen eher eigenwilligen Charakter.

Viele Bürger sehnen sich nach einer wirklich politischen Alternative. Doch die individuellen Denkstrukturen in der Politik bringen es mit sich, dass jeder der Antragsteller - SPD und CDU/FDP - für sich allein in Anspruch nimmt, diese Alternative auch zu verkörpern! Wenn es eine solche Alternative nun wirklich gäbe, müssten sich einige der etablierten Parteien in Cloppenburg warm anziehen und ihre individuellen Denkstrukturen bekämen einen derben Dämpfer. Besonders dann, wenn die zu erwartenden kommunalen Proteste kurz vor der Bundes- und Landtagswahl zu einer erfreulicheren Wahlbeteiligung von 50 plus X Prozent führen würden. Das Ergebnis der Bürgermeisterwahl hat den Cloppenburger Bürgern etwas gelehrt, was ohne gleichen ist: Nichts ist unmöglich!

 

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