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Kampf um Deutungshoheit

 

Bertelsmann und öffentliche Medien

gegen

Kultusminister

 

Armutszeugnis?

 

HFB-19-10-05

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In Deutschland fehlt eine hohe Zahl an Grundschullehrern. Das ist bereits bis zur Ã–ffentlichkeit vorgedrungen! Inzwischen ist klar geworden, dass das Defizit schon lange besteht. Und es wird in naher Zukunft nicht so einfach aus der Welt zu schaffen sein. 

 

Die Lage ist allarmierend, schlimm genug und hochaktuell, auch wenn Donald Trump, Recep Tayyip Erdogan, Jamal Ahmad Khashoggi und die Massenproteste in Honkong wieder die Headlines der Tagespresse bestimmen. Gilt es doch in den ersten Schuljahren die Begabungen eines jeden Kindes so optimal wie möglich zu fördern. Das Personal tut ihr Bestes.

Dagegen macht sich der Personalmangel besonders bemerkbar, wobei die pädagogischen Anforderungen gestiegen sind. Die Öffentlichkeit kann sich kaum vorstellen kann, wie schwierig die Arbeit ist. Die Ãœberlegung, das Gehalt der Grundschullehrer fundamental zu überdenken, kann, falls sie umgesetzt wird, nur der Tropfen auf den heißen Stein sein. Denn Geld wird nicht alles sein, um die Qualität des pädagogischen Einsatzes zu garantieren.

Was aber zu denken gibt, bleibt der öffentliche Streit um Zahlen. Während die Kultusministerkonferenz (KMK) bis zum Jahr 2026 einen bundesweiten Mangel von 15.300 Grundschullehrern sieht, toppt die Bertelsmann-Stiftung mit der größeren Zahl 26.300. Nun bleibt dem beflissenen Leser die Spucke weg und er muss sich fragen, ob diese Headlines von einer Versteigerung berichten. Sind die Kultusminister etwa diejenigen, die hinterm Mond leben und nun voll daneben liegen mit ihrer Weitsicht? Das Mehr der Bertelsmann-Stiftung verkauft sich doch deutlich besser! Oder?

Ohne die Angaben wirklich zu hinterfragen, zieht auch die Presse als Companero an der Seite des Comandante Bertelsmann mit. Auf Grundlage des Creadors Destatis, des Statistischen Bundesamtes. Hierbei rechnet die Kultusministerkonferenz (KMK) hoch, die Bertelsmann-Stiftung ab. Zuletzt schlägt sich die Presse auf die Seite von Bertelsmann und erklärt die Zahl 26.300 für die einzig wahre. Die Leser glauben das –wie so vieles mehr-, aber nur deshalb, weil sie nicht über alles informiert sind. Ein intelligenter Blick hinter die Kulissen verrät sofort, dass keiner von beiden, KMK und Bertelsmann, in der Lage sind, die Zukunft vorauszusehen. Demnach sollte sich die Presse eigentlich darum kümmern, wie die Zahlen, die sich zu widersprechen scheinen, zustande gekommen sind. Verlangt der Leser nicht Aufklärung darüber? So schwierig wird das wohl nicht sein, wie es die folgenden Ausführungen belegen sollen! Hierbei werden die die politische Rolle der KMK, die Interessen der Bertelsmann-Stiftung, und am Schluss die Aufgaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) ansatzweise beleuchtet. Das Thema Bertelsmann wird aufgrund der eigenartigen Konstruktion der privaten Stiftung und ihrer Aktivität als öffentlich meinungsbildendes Organ etwas länger ausfallen müssen.

 

Die Wahrheit hinter der Glaskugel

Der Hinweis, den der vorliegende Kommentar (1) macht, dass „(…) es auf die letzten 1000 [fehlenden Lehrerstellen] nicht mehr (…)“ ankommt und der „eigentliche Skandal“ offensichtlich ein anderer ist! Warum wurde der tatsächliche Lehrerbedarf angeblich falsch berechnet, so dass aktuell und die auch nächsten Jahre mehrere Tausend Lehrerstellen unbesetzt bleiben? Interessant sind auch die Zahlen aus den zwei Ressorts. Die Kultusministerkonferenz hat die Zahl 15.300 prognostiziert, während die Bertelmann–Stiftung von 26.300 Stellen spricht.

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Zuletzt aber stellt sich die Frage, welche der beiden Zahlen die zutreffende ist. Hierbei klingt es wie ein Hohn, wenn der Kommentar davon spricht, dass „die Ministerien in ihren Berechnungen von weit weniger Schülern ausgegangen [sind], als die Bildungsforscher es jetzt –seriös- berechneten“. Damit ist die Katze aus dem Sack. Seriös? Nunmehr heißt es, die Berechnungen der Bertelsmann-Stiftung seien näher an der Realität als die der Kultusministerkonferenz.

Und tatsächlich ist das errechnetet Ergebnis der Bertelsmann-Stiftung, 26.300, der angeblich „seriöse“ Wert, der sich durch alle Pressemeldungen zieht. Somit wird die Zahl, 15.300, zum Gegenteil deklariert. Der Leser dieser Botschaft muss sich allerdings fragen, mit welchen Fakten die eine Zahl als seriös, die andere, die kleinere, als unseriös belegt ist. Schwingt da nicht die Einschätzung mit, dass Politik lügt? Was veranlasst den Verfasser des Kommentars eigentlich, einen solchen Eindruck zu vermitteln? Woher nimmt er seine Informationen? Es mag durchaus sein, dass Zahlen immer etwas mit Schönfärberei zu haben, zumal das deutsche Bildungssystem unter akutem Finanzierungsmangel leidet. Das weiß die Politik, das weiß auch Bertelsmann und passt ihre Prognosen diesem Umstand stets an. Einerseits müssen die Protagonisten nicht unbedingt lügen, wenn sie hinter der Glaskugel etwas zu sehen glauben. Anderseits können sie nur das als „Mindeststandards“ verkaufen, was geht. Das aber vollziehen sie mit einer z.T. subtiler „Verkaufsstrategie“, die die Mehrheit der Bürger, ohne darüber aufgeklärt zu sein, nicht mehr durchblicken kann.

 

Bildungswesen im Sparzwang

Es sind einfach nicht genügend Finanzmittel vorhanden, um Bildung optimal zu gestalten. Das liegt an der Haushaltskonzeption der Bundes, der einzelnen Bundesländer und vor allem an der föderalistischen Struktur. Somit stehen die stets hochgehaltene „Schwarze Null“ und die nunmehr verschwiegene „Schuldenbremse“ für das, was an Investitionen so dringend in Deutschland fehlt. Parallel dazu betreibt die EZB eine Politik fatale Sparpolitik, die die Schere zwischen Arm und Reicher weiter öffnet. Die Kritik daran erfolgt von allen Seiten und wird immer lauter. (2) Was das Bildungswesen betrifft, so wären nach Schätzungen von Experten mehr als 100 Milliarden Euro zu investieren. Dringend! Doch investiert wird woanders, trotz hochgehaltener Sparpolitik. Da z. B. der Rüstungsbetrag des Bundes in den kommenden Jahren auf das 2-Prozent-Bruttoinlandsprodukt pro Haushaltsjahr steigen soll, werden die Mehrausgaben von mindestens 40 Milliarden Euro woanders fehlen. Für Bildung bleibt nicht das, was für allgemeinbildende, beruflich orientierte Schulen und mittlerweile überfüllte Universitäten nötig wäre. Ganz zu schweigen von den Beträgen, die weiteren Bildungseinrichtungen und vor allem Kitas bereits heute fehlen. All das könnte  trotz föderalistischer Struktur über Fördermittel beglichen werden. Als Beispiel sei der DigalPakt Schule genannt. Unterm Strich jedoch wird der Rotstift dominieren. Zum Nachteil für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.

In Deutschland ist damit zu rechnen , dass für Bildung immer weniger übrig bleibt. Schließlich soll das Schulwesen finanziell effizient funktionieren. Hierbei ist die „freiwillige“ Mitarbeit aller Lehrkräfte mit eingeplant. Oder es gilt die „finanziell effiziente“ Arbeitslosigkeit „(...) für angestellte Vertretungslehrer, die schon länger im Schuldienst sind. Selbst wenn sie für das folgende Schuljahr schon wieder eine Zusage haben, so entsteht doch oft für die Zeit der Sommerferien eine Lücke, die sie schließen müssen.“ (3)

 

KMK-Kein völlig anderes Bild

Vor dem Hintergrund der knappen Finanzmittel wagt die KMK eine Prognose, die „überwiegend“ auf Basis der 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung- erstellt wurde. Die Basisdaten selbst sind die aus dem Jahre 2016. Zwar existiert die 14. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, die mit ihren Basisdaten aus dem Jahr 2018 selbstverständlich aktueller ist. Aber „Im Vergleich zu früheren Projektionen ergibt sich kein völlig anderes Bild der demographischen Zukunft Deutschlands“. (4)

Die KMK bezieht sich –so wie es für eine statistische Prognose üblich ist- auf eine „Status-Quo-Rechnung“. Somit wird das hochgerechnet, was die vergangene Entwicklung bisher gezeigt hat. Zugrunde liegen die „tatsächlichen Schülerzahlen des Jahres 2016“. Als spezifische Gesichtspunkte gelten die Eintritts-, Ãœbertritts- und Abgangsquoten aller Schüler*innen an allgemein- und berufsbildenden Schulen. Dieser Ist-Datensatz wird für die Folgejahre fortgeschrieben. Die Basisdaten von 2016 lassen das zu, weil sich mit den neueren Daten –wie bereits erwähnt- kein völlig anderes Bild der Zukunft ergeben hat. Dennoch bestünden Unsicherheiten, denen aber mit ständigen Aktualisierungen in den jeweiligen Bundesländern entgegengewirkt werde, so die KMK.

Mögliche Veränderungen werden von den drei demographischen Komponenten Fertilität (Geburtenrate), Mortalität (Sterblichkeitsrate) und Migration (Zuwanderungsrate) bestimmt, wobei die KMK die Fertilität als wichtigste Komponente überhaupt betrachtet. Somit kommt die Prognose der KMK zu dem Ergebnis, dass im Jahr 2018 720 Tausend Einschulungen als Ist-Wert (?) zu verzeichnen waren und dass bis zum Jahr 2030 „geschätzte“ 588 Tausend Einschulungen zu erwarten seien, wobei Schwankungen nicht ausgeschlossen werden. Zu erwarten sind also sinkende Einschulungszahlen. Das aber erst ab dem Jahr 2024. Denn im Jahr 2020, so ergänzt das Papier der KMK, sei mit einer verstärkten Einschulung von Migrantenkindern zu rechnen! (5)

Mit dieser Prognose, die die zu erwartenden Einschulungszahlen an Grundschulen festlegt, lässt sich nach diversen Korrekturberechnungen das benötigte Lehrpersonal quantitativ erfassen. Hierbei bleibt der “Klassenteiler” unverändert. An Niedersächsischen Grundschulen beträgt er 24. Wenn mehr als 24 Kinder in einer Schulklasse sind, können zwei Klassen daraus gebildet werden. Somit ist von durchschnittlichen Klassengrößen zwischen 18 und 22 Kindern auszugehen.

Ob diese Quote pädagogisch sinnvoll ist, dürfte aufgrund der prognostizierten Migration anzuzweifeln sein. Allein die Sprachförderung müsste personell deutlich aufwändiger gestaltet werden. Das bedeutet: Es besteht ein weitaus höherer Bedarf an Schulpersonal, als es KMK und Bertelsmann prognostizieren. Bereits heute fehlt -neben einer ausreichenden Zahl an Lehrkräften- eine hohe Zahl sozialpädagogischer Mitarbeiter , ohne die eine sinnvolle Sprachförderung an Grundschulen nicht möglich wäre. Doch die Förderung in Kleingruppen, verlangt den Schulträgern deutlich mehr Investitionen für Räume und Ausstattung ab.

Aber wenn die Länder den heutigen Mehrbedarf finanziell nicht einmal decken und die nötigen Investitionen hierfür nicht einmal in Aussicht stellen, kann der ermittelte Personalbedarf –ob der von Bertelsmann oder der der KMK- nur der Notfallplan sein, der den Anspruch auf gute Bildung in der Bildungsrepublik Deutschland zur Farce werden lässt. Auch die freiwilligen finanziellen Ersatzleistungen der Kommunen können nicht darüber hinwegtäuschen. Es ist weder Aufgabe der Kommunen, Personalstellen im Primarbereich zu finanzieren, noch können sie dauerhaft hohe Lohnzahlungen in Aussicht stellen, für die die jeweiligen Bundesländer zuständig sind.

Wie angedeutet, muss die Politik den Sparzwängen Folge leisten, die der EZB, der Schwarzen Null und schließlich der Schuldenbremse, die ab dem Jahr 2020 vor allem die Bundesländer zu beachten haben, geschuldet sind. Auch die Bertelsmann-Studie berücksichtigt –wenn auch mit einem anderen Ansatz als die Studie der KMK- dieses Spardiktat. Wenn die EU-Finanzpolitik keinen Kurswechsel -allen voran die EZB- einleitet, bleiben notwendige Investitionen aus. Hinzu kommt, dass die öffentliche Daseinsfürsorge zusehends heruntergefahren wird, weil angeblich nötige Finanzmittel fehlen.

Angesichts dieser düsteren Aussichten darf die Frage erlaubt sein, für was der Begriff “Verschuldung” steht. Kann dieser sich nur auf die Finanzmittel beziehen, die als Kredite locker gemacht werden müssten, oder auf dringend nötige Maßnahmen, die nicht umgesetzt werden? Fest steht aber schon jetzt: Der Investitionsstau von heute wird zum Gau der Infrastruktur von morgen. Das kann in Zukunft sogar das Bildungswesen zum Erliegen bringen. Doch die Politik gibt sich gelassen. Gespart werde deshalb, um der nachfolgenden Generation nicht alle Chancen zu nehmen. Wo ist da die Logik?

 

Bertelsmann- Politorgan ohne Mandat

Erste Auswirkungen eines solchen Sparirrsinns zeigt bereits das Gesundheitswesen. Immer mehr ortsansässige Krankenhäuser müssen schließen und sich an gemeinsamen Orten zentralisieren. Das alles hat die Bertelsmann-Stiftung vorgedacht. Diese Stiftung ist der Thinkthank (6) des Deutschen Gesundheitswesens, des deutschen Bildungswesens, der deutschen Politik überhaupt. Dabei hat sie kein Mandat. Sie ist nicht demokratisch legitimiert. Patienten, junge und alte, sowie Schülerinnen und Schüler inklusiv aller Lehrer*innen und pädagogischen Mitarbeiter*innen haben das Nachsehen. Somit werden die Gehälter im Grundschulbereich wohl nie angehoben. Das Etikett A13 mit reduziertem Inhalt wird reichen müssen. Wenn nicht sofort, dann aber später.

Der ehemalige Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, wird zur Rolle der Bertelsmann-Stiftung schon deutlicher: „Bertelsmann betreibt Drehtüren zwischen ihrer Stiftung und Politik. Quer durch alle Parteien. Politik machte dieser Stiftung den Hof. Betreiben Meinungsbildung, eine Manipulation in Deutschland, ohne jede demokratische, ohne jede Pressekontrolle. Schon deshalb, weil die Stiftung bereits einen großen Teil der Medien in der Hand hat. Ohne jede Kontrolle ihrer Finanzausstattung. Die Bertelsmann-Stiftung ist zu 77 Prozent Anteilseigner der Bertelsmann-Medien-Aktie. Das ist qua Schenkung eines Tages in die Wege geleitet worden. Und die Stiftung ist weiterhin gemeinnützig. Die Steuerersparnis betrug somit zwei Milliarden Euro. Seit ca. 1977 haben sie aber, so betont die Stiftung, 800 Millionen für gemeinnützige Zwecke ausgegeben. Somit schuldet die Stiftung nach Meinung vieler Kritiker, dem Gemeinwesen 1,2 Milliarden Euro! (7)

 

Extremszenarien verzerren das Bild

Szenarien sind Gedankenkonstrukte, die auf Annahmen beruhen. Sie sind wissenschaftlich nicht belegbar und halten somit keiner wissenschaftlichen Prüfung stand. Hierbei handelt es sich in der Regel um abgestufte Zukunftsszenarien, die niederschwellig, mittel und extrem ausfallen. Aktuelle Beispiele sind die Szenarien zum Brexit. (8) 

In so mancher Tageszeitung war in den letzten Tagen immer wieder vom bevorstehenden Brexit zu lesen, verkauft als Extremszenario des „britischen Weltuntergangs“. Hierbei stand der Eindruck im Raum, dass das, was dieses Szenario widerspiegelt, die gesicherte Zukunft sei. Bereits im Jahr 2005 konnte dieselbe Masche erfolgreich verbucht werden. Damals ging es bekanntlich um Lohn- und Rentenkürzungen. Von den 11 Szenarien wurde nur das eine Szenario in der Mittelunkt gestellt, welches als Extremszenario ausgewiesen war. „Vordenker“ war die Bertelsmann-Stiftung. Bekannt geworden durch das Mantra „FORDERN UND FÖRDERN“. Mit dieser Strategie des Worst-Case-Szenarios hatte die Rot-Grüne Bundesregierung Erfolg. Die Agenda 2010 mit dem Arbeitstitel Lohn- und Rentenkürzung wurde Realität. Mit all den Folgen, die die SPD noch heute unaufhaltsam in den Abgrund stürzen.

Das Entwickeln von Szenarien dient allein dem Zweck, Handlungsmaßnahmen im Falle eines Falles zur Hand zu haben. Viele davon ruhen auch in den Schubladen der Bundesregierung. Es es handelt sich um Papiere, mit denen man viel Unruhe stiften könnte, wenn die meisten Bürger über den Sinn der Szenarien weiterhin im Unklaren blieben. Anscheinend gehört es zu den täglichen Umgangsformen der Medien, den Teufel an die Wand malen. Das aber ist schierer Populismus. Szenarien haben einen geringen Stellenwert für die Zukunft, denn es handelt sich niemals um wissenschaftlich fundamentierte Visionen.

 

Gemeinnützigkeit und Geschmäckle

Bertelsmann ist mit dem Beinamen Stiftung bekannt. Stiftungen sind gemeinnützige Vereinigungen. Hierbei werden Gelder in Projekte aus Überschussanteilen investiert, die der Allgemeinheit als Ganzes oder in Teilen nützlich sind. Unter dem Begriff Projekt sind Maßnahmen zu verstehen, die in vielen Bereichen, wie z.B. in sozialen, in infrastrukturellen oder in kulturellen Bereichen greifen können.

Stiftungen verfolgen Ziele, die bei der Gründung in den Präambeln der jeweiligen Institutionen vereinbart und notariell beglaubigt wurden. Dass es hierbei um handfeste Interessen geht, dürfte auch klar sein. Und es ist nicht immer klar, ob die nötige Neutralitätspflicht gewahrt bleibt. Was dem einen gefällt, kann dem anderen ein Dorn im Auge sein. "Es ist gut, da genauer hinzugucken und sich klar zu machen, dass das jetzt nicht ein neutrales Wissenschaftsinstitut ist, sondern, dass da ein bestimmtes politisches Interesse oder ein Weltbild dahinter steht“. (9)

So wird die Allgemeinnützlichkeit so mancher Stiftungen angezweifelt. Die Bertelsmann-Stiftung kam des Öfteren ins Visier von Kritikern. Die vielen gerichtlichen Klagen haben allerdings nicht zum Aus der Stiftung geführt. Ein gravierender Vorwurf lautet, dass die Bertelsmann-Stiftung zu viel Einfluss auf die Politik nimmt. Zweifelsohne schaltet sich Bertelsmann sehr häufig in das Tagesgeschehen ein, und übermittelt der Öffentlichkeit statistisch interpretierte Meinungsbilder, die einen erheblichen Einfluss auf Politik und Öffentlichkeit ausüben.

Ein besonderes Geschmäckle ist deshalb zu verzeichnen, weil hinter dem Management der Stiftung keine gewählten Vertreter des Volkes stehen. Sie sind niemals für irgendetwas gewählt worden, was mit dem Demokratieverständnis vereinbar wäre. Man darf sich daher fragen, mit welchem Recht der Bertelmann-Stiftung ein solch enormer Einfluss auf die Politik zugestanden wird. (10)

Bertelsmann ist aber zugleich ein Unternehmen, welches darauf aus ist, lukrativ zu arbeiten. Eine nicht unbedeutende Einnahmequelle sind die Datensätze, die die Stiftung an Unternehmen liefert. Eine Kommune, die umfangreiche Daten übermittelt, ist die Stadt Cloppenburg. Diese werden regelmäßig und kostenlos an den Verein „Familiengerechte Kommune e.V.“ überstellt. (11)

Dieser Verein ist mit Bertelsmann eng verbandelt. Egal wie gut oder schlecht die Kommune in Sachen Familienpolitik arbeitet, wichtig sind dem Verein ausschließlich die Daten, mit denen sich durch Verkauf derselben hohe Gewinne erzielen lassen. Sodann darf auch die Frage gestellt werden, wozu manche Kommunen –darunter die Kreisstadt Cloppenburg- in Wirklichkeit ausgezeichnet werden. Ist die Politik wirklich so toll, wie es regelmäßig bei der Preisverleihung ausgelobt wird, oder ist es das Ausloben der riesigen Datenmengen aus dem Cloppenburger Rathaus, mit denen sich das Unternehmen eine goldene Nase verdient?

Im Sinne des Datenschutzes wäre zudem von Interesse, ob eine solche exklusiven und wertvollen Informationen von einer steuerfinanzierten Kommune einfach so an die profitorientierte Privatwirtschaft „verschenkt“ werden dürfen, mit deren Daten anschließend lukrative Geschäfte gemacht werden. Es ist unglaublich, mit welcher Naivität Lokalmatadore ihre angeblich politischen Erfolge in der Presse exklusiv feiern lassen, obwohl sie genau das tun –sei es auch noch so vorbildlich- , wozu sie vom Wähler beauftragt wurden.

St-CLP-F-G-Kommune-19-01

(12)

Den Ausgelobten scheint nicht bekannt zu sein, dass Unternehmen wie Bertelsmann „(…) unsere Daten nicht nur für eigene Zwecke [sammeln], sondern diese oftmals auch zum Verkauf an [bieten]“. (13) ”Das Bertelsmann-Unternehmen AZ Direkt bietet von 30 Millionen Bundesbürgern Adressdaten an, die anhand 600 zusätzlicher Merkmale ausgewählt werden können”.(14)

Beim Sammeln der Daten tritt die Stiftung häufig aggressiv auf. Nicht ohne Grund wird über die „Datenkrake“ Bertelsmann gesprochen. (15) Diese Wahre ist heiß begehrt. Damit lässt sich viel Geld verdienen. Nicht zuletzt kann das exklusive Datenmaterial zu nichtprüfbaren Einflussgrößen geformt werden, mit denen eine allzu gutgläubige Politik fest in den Griff zu bekommen ist.

 

Politische Einmischung

So gilt die Bertelsmann-Stiftung als der „Ideengeber“ für die Agenda 2010. Mit eines von elf Szenarien unterstützte sie ein Schreckensszenario über die Zukunft von Deutschland. Die Schlussfolgerung lautete: Wenn nicht sofort die gesetzliche Rente privatisiert, das Renteneintrittsalter angehoben und das allgemeine Lohnniveau gesenkt würde, sei der Niedergang der deutschen Wirtschaft so gut wie sicher. Die ROT-GRÃœNE Regierung unter Kanzler Schröder (SPD) übernahm dieses Extremszenario, verkaufte es öffentlich als die gesicherte Erkenntnis überhaupt und änderte die Gesetze durch nötigen Beschlüsse im Bundestag und Bundesrat Von nun an galt die Divise „Fordern und Fördern“ sowie Harz 4 für alle diejenigen, die in die Arbeitslosigkeit –ob verschuldet oder nicht- abgeglitten sind. Das nunmehr nach mehr als einem Jahrzehnt die Folgen –Altersarmut, prekäre Beschäftigung, Dumpinglöhne, Renten unter dem Existenzminimum etc.- offensichtlich zu Tage treten, war bereits Jahre zuvor abzusehen. Das Erstarken der AfD kann durchaus mit dieser Entwicklung in einen Zusammenhang gebracht werden.

 

Gestalter der Wirtschaftsförderung

Unter dem Aspekt „Absicherung der deutschen Wirtschaft“ hat sich diese Stiftung einen Namen gemacht und hat aktuell –wie auch beider Offensive Agenda 2010- erheblichen Einfluss auf die politische Gestaltung der Bundesrepublik Deutschland. Heutzutage zeigt sich, dass sich die Bertelsmann-Stiftung medial und aggressiv in den Mittelpunkt stellt, wenn es um “problematische Politikfelder” geht. So ist es nicht verwunderlich, dass Bertelsmann anscheinend darüber entscheidet, dass Krankenhäuser fusionieren müssen, um das Gesundheitswesen kostengünstiger zu gestalten. Und das auch aufgrund einer Rendite orientierten Ausrichtung, wodurch Lohnstrukturen und Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter beeinflusst werden. (16)

Dass 26.000 Grundschullehrer mehr gebraucht werden, und nicht 15.300, klingt zunächst gut, sollte allerdings hinterfragt werden. Die Zahl 26.300 zeugt von einem gewaltigen Spielraum, da sie aus Szenarien abgeleitet ist. Wollte die Stiftung dem Fachkräftezuwanderungsgesetz und dem Migrationspakt zuspielen, so sollte sie nicht ganz verkehrt liegen. Nicht zufällig hat sich eine prekäre Flüchtlingssituation in Griechenland ergeben. Die EU hat der Türkei bis heute weder die vertraglich festgezurrten Gelder überwiesen, noch hat sie den Türkischen Staatsbürgern die vertraglich vereinbarte Visafreiheit zugestanden. Nun öffnet Präsident Recep Tayyip Erdogan die Grenzen und lässt den Flüchtlingsstrom ungehindert zu den griechischen Inseln Lebos, Samos oder Chios in der Ägäis ziehen. Als letzte Warnung an die EU, die Vertragsbedienungen endlich zu erfüllen. „Und es könnte noch schlimmer werden: Insgesamt kommen jetzt wieder mehr Migranten über Griechenland nach Europa als über jede andere Route.“ (17)

In dieser Hinsicht müsste sowohl im Bildungsbereich, als auch im KITA-Bereich -wie es Bertelsmann kürzlich über die Medien verbreiten ließ- personell massiv investiert werden. Und das unter dem Aspekt einer interessensabhängigen Ökonomisierung. Hinter beiden Gesetzesbeschlüssen -Fachkräftezuwanderungsgesetz und Migrationspakt- und der aktuellen Lage in der Ägäis verbirgt sich die Wunschvorstellung von einer starken deutschen Wirtschaft, die die Zuwanderung von zigtausend billigen Arbeitskräften voraussetzt.

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(18)

In diesem Zusammenhang ist auch der Hinweis von Bertelsmann zu verstehen, dass akuter Personalmangel im KITA-Bereich besteht. Wie gesagt, ein Extremszenario, sollte es wirklich zutreffen, eine Goldgrube für den Exportweltmeister Deutschland sein dürfte, wobei die sozialen Aspekt weiterhin hinten anstehen müssten. Richtig ist, dass die Zahl der Grundschulkinder in den nächsten Jahren bis 2030 steigen wird. Das aber nur in einem extremen Maße, wenn das zugrunde liegende Szenario auch wirklich eintritt.

Der Ursprung-Destatis

Unangefochtene Grundlagen der umstrittenen Berechnungen sind bei Destatis, dem Statistischen Bundesamt, zu finden. Hier laufen die Daten zusammen, die die Kommunen und sonstige Behörden liefern. Zugleich stellt Destatis Prognosen aus eigenen Datenbanken zusammen. Wenn auch nicht zu so speziellen Themen wie es Bertelsmann konkurrenzlos in einer Häufigkeit macht, die zu hinterfragen wäre. Denn immer wieder ist zu hören, „nach einer Studie von Bertelsmann (…)“!

Destatis jedoch befasst sich vorwiegend mit allgemeinen Entwicklungen. Von Interesse ist somit das Bevölkerungswachstum bis zu einem bestimmten Zeitpunkt. Auf Grundlage der 14. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung mit Basis 2018 (19) kommt das Institut zu dem Ergebnis, dass sich für die Bevölkerungszahl eine größere Bandbreite der künftigen Entwicklungen ergibt, wobei die Entwicklung der Lebenserwartung und Geburtenhäufigkeit zunächst steigen und ab dem Jahr 2040 zurückgehen wird.

Die Steigerungen werden z.B. mit einer dauerhaft hohen Nettozuwanderung begründet. So sei bezogen auf das Jahr 2060 in Deutschland mit einer Einwohnerzahl zwischen 74 und 84 Millionen Menschen zu rechnen. Die Steigerung der Nettozuwanderung und Geburtenhäufigkeit wird zu diesem späteren Zeitpunkt aber nicht zum Stillstand kommen. Offenbar hat auch Destatis die Einflussmöglichkeiten des Migrationspaktes und des Arbeitsnehmerzuwanderungsgesetzes mit berücksichtigt.

Destatis hat für seine Prognosen bis 2060 ein System aus insgesamt 30 Varianten und Modellrechnungen erstellt. Ihre Kernstücke bilden nach Aussagen von Destatis neun Hauptvarianten. Hierbei stehen wiederum drei Annahmen zur Geburtenhäufigkeit, Lebenserwartung und zu den Wanderungen im Mittelpunkt. Alles in allem wird eine enorme Spannbreite im Rahmen vieler Entwicklungsmöglichkeiten dargestellt. Dastitis erhebt nach eigenen Angaben –und das kann nicht häufig genug betont werden- keinen Anspruch darauf, die Zukunft vorauszusagen. Falls andere –vielleicht unerwartete- Ereignisse eintreten, würde die Entwicklung einen anderen Verlauf nehmen. Keiner weiß demnach genau, wie die Schülerzahlen in Zukunft aussehen werden. Das gilt für Bertelsmann und die KMK gleichermaßen. Die Presse stellt sich nunmehr selbst ein Armutszeugnis aus, wenn sie der KMK den Schwarzen Peter zuschustert.

Szenarien sind interpolierte Zukunftsvisionen auf Basis des aktuellen Wissenstandes, also den Daten, die Destatis erhoben hat. Man kann damit in verschiedenster Weise umgehen. Bei der Präsentation der Ergebnisse kann aber keiner behaupten, er läge richtiger mit seinen eigenen Annahmen als ein anderer. Der Interpretationsspielraum ist zu groß! Szenarien dienen einzig und allein dazu, im Fall eines Falles mögliche Handlungsoptionen parat zu haben.

 

Machen statt streiten

Szenarien hin oder her. Sie basieren auf politischen Zukunftsplanungen, die heute bereits durch gesetzliche Maßnahmen in die Wege geleitet sind. Die Planungen selbst orientieren sich an politischen Leitbildern.

Das deutsche Leitbild wird durch eine stark wirtschaftliche Ausrichtung bestimmt. Doch diese Ausrichtung ist stark umstritten, da ein nicht unerheblicher Anteil aller Bürger die soziale Komponente unterbelichtet sieht. Zudem benachteiligen die deutschen Außenwirtschaftsgesetze unbestritten die Drittweltstaaten. Trotz aller Versprechen, diese Defizite zu beheben, wird immer wieder am alten Leitbild festgehalten. Dass hierdurch Fluchtursachen begründet sind, wird nicht ernsthaft bedacht. Am politischen Leitbild ändert sich nichts. Vielmehr wird das Hauptaugenmerk auf die staatlichen bzw. europäischen  Außengrenzen gerichtet. Die Devise heißt, Flüchtlingen den Zugang nach Europa versperren. Koste, was es wolle. Auch Tote. So wie es in Kriegen üblich ist. Wobei die Zerstörungen in den betroffenen Ländern Handlungen nach sich ziehen, die den wirtschaftlichen Interessen der führenden Industrieländer genehm sind. Allein die deutschen Rüstungsexporte in Milliardenhöhe sprechen eine deutliche Sprache.

Wenn man diese negativen Seiten, die mit der Wirtschaftsstrategie der westlichen Welt verbunden sind, vermeiden wollte, müsste die Industriestaaten zwar auf einiges verzichten, könnten aber mit der Entstehung neuer Wirtschaftszweige rechnen, die bis heute in noch keinem Szenario berücksichtigt wurden. Anzufangen wäre z.B. mit der Umgestaltung von Bi- und multilaterale Wirtschaftsverträgen. Hierdurch könnte weniger wohlhabende Länder der Erde die Chance eröffnet werden, ihre Wirtschaftskraft nachhaltig zu steigern. Die Prognosen, die Destatis, Bertelsmann oder die KMK dann vorlegen würden, kämen dann zu ganz anderen Ergebnissen.

Vor allem hätten es diese Ergebnisse nicht mehr nötig, miteinander in Konkurrenz zu treten. Eine solche Welt wäre eine humanere. Eine großartige Vision für diejenigen, die quer denken wollen. Im Unisono einer zunehmenden Meinungsdiktatur wird dieses Ideal jedoch immer unwahrscheinlicher.

Es mag nur beruhigend klingen, dass es Menschen gibt, die sich für Alternativen einsetzen. Z.B. für den Global-Pact, zu Deutsch die bewusst missverständliche Bezeichnung „Agenda 2030“, einem Szenario zugunsten einer weltweit nachhaltigen Entwicklung. „Menschen wollen keine halben Sachen. Sie fordern einen Veränderungsprozess der fair und nachhaltig ist“, so lässt Antonio Guterres, der UN-Generalsekretär verkünden. Weiter fordert die UN ein „Dauerhaftes, inklusives und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle.“ (20) Der UN-Global-Pact ist angedacht. (21) Nun sollte gelten: Machen, statt streiten! Auf was warten Deutschland, die Bertelsmänner oder die Kultusminister denn noch?

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Quellen

(1) Höffmann, Kommentar, Armutszeugnis, MT, 10.09.2019.

(2) https://amp.handelsblatt.com/finanzen/niedrigzinsen-fruehere-top-notenbanker-kritisieren-oeffentlich-die-politik-der-ezb/25084482.html

(3) https://www.welt.de/politik/deutschland/article201310944/Weltlehrertag-Mit-dem-1-Arbeitsvertrag-direkt-in-die-Arbeitslosigkeit.html

(4)https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Bevoelkerungsvorausberechnung/_inhalt.html

(5) https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/Statistik/Dokumentationen/Dok_213_Vorausberechnung_der_Schueler-und_Absolventen.pdf

(6) https://de.wikipedia.org/wiki/Denkfabrik

(7) https://www.youtube.com/watch?v=kHA6VtA5fsw /ab Minute 56.

(8) https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/brexit-sechs-szenarien-fuer-den-eu-ausstieg-a-1211204.html 

(9) https://www.inforadio.de/programm/schema/sendungen/int/201910/04/375800.html

(10) https://taz.de/Eine-Stiftung-regiert-im-Land/!5137745/

(11) https://cloppenburg.de/familie-soziales/familiengerechte-kommune.php

(12) https://cloppenburg.de/service/aktuelles.php?aid=2533

(13) https://www.kuketz-blog.de/datenhaendler-wir-sind-glaesern-datensammler-teil1/

(14) https://www.kontextwochenzeitung.de/debatte/375/datenkrake-in-der-hosentasche-5138.html

(15) https://www.bueso.de/bertelsmann-motor-agenda-2010-hartz-iv

(16) https://regionalgoslar.de/streik-in-den-asklepios-kliniken-seesen-ausgeweitet/

(17) https://www.welt.de/politik/ausland/article199329622/Migration-Hotspots-auf-den-griechischen-Inseln-melden-Rekordzahlen.html

(18) MT, Auszug, 27.09.2019.

(19) https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Bevoelkerungsvorausberechnung/_inhalt.html

(20) http://www.bmz.de/de/themen/2030_agenda/index.html

(21) https://www.unglobalcompact.org/sdgs

 

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