Und tatsächlich ist das errechnetet Ergebnis der Bertelsmann-Stiftung, 26.300, der angeblich „seriöse“ Wert, der sich durch alle Pressemeldungen zieht. Somit wird die Zahl, 15.300, zum Gegenteil deklariert. Der Leser dieser Botschaft muss sich allerdings fragen, mit welchen Fakten die eine Zahl als seriös, die andere, die kleinere, als unseriös belegt ist. Schwingt da nicht die Einschätzung mit, dass Politik lügt? Was veranlasst den Verfasser des Kommentars eigentlich, einen solchen Eindruck zu vermitteln? Woher nimmt er seine Informationen? Es mag durchaus sein, dass Zahlen immer etwas mit Schönfärberei zu haben, zumal das deutsche Bildungssystem unter akutem Finanzierungsmangel leidet. Das weiß die Politik, das weiß auch Bertelsmann und passt ihre Prognosen diesem Umstand stets an. Einerseits müssen die Protagonisten nicht unbedingt lügen, wenn sie hinter der Glaskugel etwas zu sehen glauben. Anderseits können sie nur das als „Mindeststandards“ verkaufen, was geht. Das aber vollziehen sie mit einer z.T. subtiler „Verkaufsstrategie“, die die Mehrheit der Bürger, ohne darüber aufgeklärt zu sein, nicht mehr durchblicken kann.
Bildungswesen im Sparzwang
Es sind einfach nicht genügend Finanzmittel vorhanden, um Bildung optimal zu gestalten. Das liegt an der Haushaltskonzeption der Bundes, der einzelnen Bundesländer und vor allem an der föderalistischen Struktur. Somit stehen die stets hochgehaltene „Schwarze Null“ und die nunmehr verschwiegene „Schuldenbremse“ für das, was an Investitionen so dringend in Deutschland fehlt. Parallel dazu betreibt die EZB eine Politik fatale Sparpolitik, die die Schere zwischen Arm und Reicher weiter öffnet. Die Kritik daran erfolgt von allen Seiten und wird immer lauter. (2) Was das Bildungswesen betrifft, so wären nach Schätzungen von Experten mehr als 100 Milliarden Euro zu investieren. Dringend! Doch investiert wird woanders, trotz hochgehaltener Sparpolitik. Da z. B. der Rüstungsbetrag des Bundes in den kommenden Jahren auf das 2-Prozent-Bruttoinlandsprodukt pro Haushaltsjahr steigen soll, werden die Mehrausgaben von mindestens 40 Milliarden Euro woanders fehlen. Für Bildung bleibt nicht das, was für allgemeinbildende, beruflich orientierte Schulen und mittlerweile überfüllte Universitäten nötig wäre. Ganz zu schweigen von den Beträgen, die weiteren Bildungseinrichtungen und vor allem Kitas bereits heute fehlen. All das könnte trotz föderalistischer Struktur über Fördermittel beglichen werden. Als Beispiel sei der DigalPakt Schule genannt. Unterm Strich jedoch wird der Rotstift dominieren. Zum Nachteil für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.
In Deutschland ist damit zu rechnen , dass für Bildung immer weniger übrig bleibt. Schließlich soll das Schulwesen finanziell effizient funktionieren. Hierbei ist die „freiwillige“ Mitarbeit aller Lehrkräfte mit eingeplant. Oder es gilt die „finanziell effiziente“ Arbeitslosigkeit „(...) für angestellte Vertretungslehrer, die schon länger im Schuldienst sind. Selbst wenn sie für das folgende Schuljahr schon wieder eine Zusage haben, so entsteht doch oft für die Zeit der Sommerferien eine Lücke, die sie schließen müssen.“ (3)
KMK-Kein völlig anderes Bild
Vor dem Hintergrund der knappen Finanzmittel wagt die KMK eine Prognose, die „überwiegend“ auf Basis der 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung- erstellt wurde. Die Basisdaten selbst sind die aus dem Jahre 2016. Zwar existiert die 14. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, die mit ihren Basisdaten aus dem Jahr 2018 selbstverständlich aktueller ist. Aber „Im Vergleich zu früheren Projektionen ergibt sich kein völlig anderes Bild der demographischen Zukunft Deutschlands“. (4)
Die KMK bezieht sich –so wie es für eine statistische Prognose üblich ist- auf eine „Status-Quo-Rechnung“. Somit wird das hochgerechnet, was die vergangene Entwicklung bisher gezeigt hat. Zugrunde liegen die „tatsächlichen Schülerzahlen des Jahres 2016“. Als spezifische Gesichtspunkte gelten die Eintritts-, Ãœbertritts- und Abgangsquoten aller Schüler*innen an allgemein- und berufsbildenden Schulen. Dieser Ist-Datensatz wird für die Folgejahre fortgeschrieben. Die Basisdaten von 2016 lassen das zu, weil sich mit den neueren Daten –wie bereits erwähnt- kein völlig anderes Bild der Zukunft ergeben hat. Dennoch bestünden Unsicherheiten, denen aber mit ständigen Aktualisierungen in den jeweiligen Bundesländern entgegengewirkt werde, so die KMK.
Mögliche Veränderungen werden von den drei demographischen Komponenten Fertilität (Geburtenrate), Mortalität (Sterblichkeitsrate) und Migration (Zuwanderungsrate) bestimmt, wobei die KMK die Fertilität als wichtigste Komponente überhaupt betrachtet. Somit kommt die Prognose der KMK zu dem Ergebnis, dass im Jahr 2018 720 Tausend Einschulungen als Ist-Wert (?) zu verzeichnen waren und dass bis zum Jahr 2030 „geschätzte“ 588 Tausend Einschulungen zu erwarten seien, wobei Schwankungen nicht ausgeschlossen werden. Zu erwarten sind also sinkende Einschulungszahlen. Das aber erst ab dem Jahr 2024. Denn im Jahr 2020, so ergänzt das Papier der KMK, sei mit einer verstärkten Einschulung von Migrantenkindern zu rechnen! (5)
Mit dieser Prognose, die die zu erwartenden Einschulungszahlen an Grundschulen festlegt, lässt sich nach diversen Korrekturberechnungen das benötigte Lehrpersonal quantitativ erfassen. Hierbei bleibt der “Klassenteiler” unverändert. An Niedersächsischen Grundschulen beträgt er 24. Wenn mehr als 24 Kinder in einer Schulklasse sind, können zwei Klassen daraus gebildet werden. Somit ist von durchschnittlichen Klassengrößen zwischen 18 und 22 Kindern auszugehen.
Ob diese Quote pädagogisch sinnvoll ist, dürfte aufgrund der prognostizierten Migration anzuzweifeln sein. Allein die Sprachförderung müsste personell deutlich aufwändiger gestaltet werden. Das bedeutet: Es besteht ein weitaus höherer Bedarf an Schulpersonal, als es KMK und Bertelsmann prognostizieren. Bereits heute fehlt -neben einer ausreichenden Zahl an Lehrkräften- eine hohe Zahl sozialpädagogischer Mitarbeiter , ohne die eine sinnvolle Sprachförderung an Grundschulen nicht möglich wäre. Doch die Förderung in Kleingruppen, verlangt den Schulträgern deutlich mehr Investitionen für Räume und Ausstattung ab.
Aber wenn die Länder den heutigen Mehrbedarf finanziell nicht einmal decken und die nötigen Investitionen hierfür nicht einmal in Aussicht stellen, kann der ermittelte Personalbedarf –ob der von Bertelsmann oder der der KMK- nur der Notfallplan sein, der den Anspruch auf gute Bildung in der Bildungsrepublik Deutschland zur Farce werden lässt. Auch die freiwilligen finanziellen Ersatzleistungen der Kommunen können nicht darüber hinwegtäuschen. Es ist weder Aufgabe der Kommunen, Personalstellen im Primarbereich zu finanzieren, noch können sie dauerhaft hohe Lohnzahlungen in Aussicht stellen, für die die jeweiligen Bundesländer zuständig sind.
Wie angedeutet, muss die Politik den Sparzwängen Folge leisten, die der EZB, der Schwarzen Null und schließlich der Schuldenbremse, die ab dem Jahr 2020 vor allem die Bundesländer zu beachten haben, geschuldet sind. Auch die Bertelsmann-Studie berücksichtigt –wenn auch mit einem anderen Ansatz als die Studie der KMK- dieses Spardiktat. Wenn die EU-Finanzpolitik keinen Kurswechsel -allen voran die EZB- einleitet, bleiben notwendige Investitionen aus. Hinzu kommt, dass die öffentliche Daseinsfürsorge zusehends heruntergefahren wird, weil angeblich nötige Finanzmittel fehlen.
Angesichts dieser düsteren Aussichten darf die Frage erlaubt sein, für was der Begriff “Verschuldung” steht. Kann dieser sich nur auf die Finanzmittel beziehen, die als Kredite locker gemacht werden müssten, oder auf dringend nötige Maßnahmen, die nicht umgesetzt werden? Fest steht aber schon jetzt: Der Investitionsstau von heute wird zum Gau der Infrastruktur von morgen. Das kann in Zukunft sogar das Bildungswesen zum Erliegen bringen. Doch die Politik gibt sich gelassen. Gespart werde deshalb, um der nachfolgenden Generation nicht alle Chancen zu nehmen. Wo ist da die Logik?
Bertelsmann- Politorgan ohne Mandat
Erste Auswirkungen eines solchen Sparirrsinns zeigt bereits das Gesundheitswesen. Immer mehr ortsansässige Krankenhäuser müssen schließen und sich an gemeinsamen Orten zentralisieren. Das alles hat die Bertelsmann-Stiftung vorgedacht. Diese Stiftung ist der Thinkthank (6) des Deutschen Gesundheitswesens, des deutschen Bildungswesens, der deutschen Politik überhaupt. Dabei hat sie kein Mandat. Sie ist nicht demokratisch legitimiert. Patienten, junge und alte, sowie Schülerinnen und Schüler inklusiv aller Lehrer*innen und pädagogischen Mitarbeiter*innen haben das Nachsehen. Somit werden die Gehälter im Grundschulbereich wohl nie angehoben. Das Etikett A13 mit reduziertem Inhalt wird reichen müssen. Wenn nicht sofort, dann aber später.
Der ehemalige Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, wird zur Rolle der Bertelsmann-Stiftung schon deutlicher: „Bertelsmann betreibt Drehtüren zwischen ihrer Stiftung und Politik. Quer durch alle Parteien. Politik machte dieser Stiftung den Hof. Betreiben Meinungsbildung, eine Manipulation in Deutschland, ohne jede demokratische, ohne jede Pressekontrolle. Schon deshalb, weil die Stiftung bereits einen großen Teil der Medien in der Hand hat. Ohne jede Kontrolle ihrer Finanzausstattung. Die Bertelsmann-Stiftung ist zu 77 Prozent Anteilseigner der Bertelsmann-Medien-Aktie. Das ist qua Schenkung eines Tages in die Wege geleitet worden. Und die Stiftung ist weiterhin gemeinnützig. Die Steuerersparnis betrug somit zwei Milliarden Euro. Seit ca. 1977 haben sie aber, so betont die Stiftung, 800 Millionen für gemeinnützige Zwecke ausgegeben. Somit schuldet die Stiftung nach Meinung vieler Kritiker, dem Gemeinwesen 1,2 Milliarden Euro! (7)
Extremszenarien verzerren das Bild
Szenarien sind Gedankenkonstrukte, die auf Annahmen beruhen. Sie sind wissenschaftlich nicht belegbar und halten somit keiner wissenschaftlichen Prüfung stand. Hierbei handelt es sich in der Regel um abgestufte Zukunftsszenarien, die niederschwellig, mittel und extrem ausfallen. Aktuelle Beispiele sind die Szenarien zum Brexit. (8)
In so mancher Tageszeitung war in den letzten Tagen immer wieder vom bevorstehenden Brexit zu lesen, verkauft als Extremszenario des „britischen Weltuntergangs“. Hierbei stand der Eindruck im Raum, dass das, was dieses Szenario widerspiegelt, die gesicherte Zukunft sei. Bereits im Jahr 2005 konnte dieselbe Masche erfolgreich verbucht werden. Damals ging es bekanntlich um Lohn- und Rentenkürzungen. Von den 11 Szenarien wurde nur das eine Szenario in der Mittelunkt gestellt, welches als Extremszenario ausgewiesen war. „Vordenker“ war die Bertelsmann-Stiftung. Bekannt geworden durch das Mantra „FORDERN UND FÖRDERN“. Mit dieser Strategie des Worst-Case-Szenarios hatte die Rot-Grüne Bundesregierung Erfolg. Die Agenda 2010 mit dem Arbeitstitel Lohn- und Rentenkürzung wurde Realität. Mit all den Folgen, die die SPD noch heute unaufhaltsam in den Abgrund stürzen.
Das Entwickeln von Szenarien dient allein dem Zweck, Handlungsmaßnahmen im Falle eines Falles zur Hand zu haben. Viele davon ruhen auch in den Schubladen der Bundesregierung. Es es handelt sich um Papiere, mit denen man viel Unruhe stiften könnte, wenn die meisten Bürger über den Sinn der Szenarien weiterhin im Unklaren blieben. Anscheinend gehört es zu den täglichen Umgangsformen der Medien, den Teufel an die Wand malen. Das aber ist schierer Populismus. Szenarien haben einen geringen Stellenwert für die Zukunft, denn es handelt sich niemals um wissenschaftlich fundamentierte Visionen.
Gemeinnützigkeit und Geschmäckle
Bertelsmann ist mit dem Beinamen Stiftung bekannt. Stiftungen sind gemeinnützige Vereinigungen. Hierbei werden Gelder in Projekte aus Überschussanteilen investiert, die der Allgemeinheit als Ganzes oder in Teilen nützlich sind. Unter dem Begriff Projekt sind Maßnahmen zu verstehen, die in vielen Bereichen, wie z.B. in sozialen, in infrastrukturellen oder in kulturellen Bereichen greifen können.
Stiftungen verfolgen Ziele, die bei der Gründung in den Präambeln der jeweiligen Institutionen vereinbart und notariell beglaubigt wurden. Dass es hierbei um handfeste Interessen geht, dürfte auch klar sein. Und es ist nicht immer klar, ob die nötige Neutralitätspflicht gewahrt bleibt. Was dem einen gefällt, kann dem anderen ein Dorn im Auge sein. "Es ist gut, da genauer hinzugucken und sich klar zu machen, dass das jetzt nicht ein neutrales Wissenschaftsinstitut ist, sondern, dass da ein bestimmtes politisches Interesse oder ein Weltbild dahinter steht“. (9)
So wird die Allgemeinnützlichkeit so mancher Stiftungen angezweifelt. Die Bertelsmann-Stiftung kam des Öfteren ins Visier von Kritikern. Die vielen gerichtlichen Klagen haben allerdings nicht zum Aus der Stiftung geführt. Ein gravierender Vorwurf lautet, dass die Bertelsmann-Stiftung zu viel Einfluss auf die Politik nimmt. Zweifelsohne schaltet sich Bertelsmann sehr häufig in das Tagesgeschehen ein, und übermittelt der Öffentlichkeit statistisch interpretierte Meinungsbilder, die einen erheblichen Einfluss auf Politik und Öffentlichkeit ausüben.
Ein besonderes Geschmäckle ist deshalb zu verzeichnen, weil hinter dem Management der Stiftung keine gewählten Vertreter des Volkes stehen. Sie sind niemals für irgendetwas gewählt worden, was mit dem Demokratieverständnis vereinbar wäre. Man darf sich daher fragen, mit welchem Recht der Bertelmann-Stiftung ein solch enormer Einfluss auf die Politik zugestanden wird. (10)
Bertelsmann ist aber zugleich ein Unternehmen, welches darauf aus ist, lukrativ zu arbeiten. Eine nicht unbedeutende Einnahmequelle sind die Datensätze, die die Stiftung an Unternehmen liefert. Eine Kommune, die umfangreiche Daten übermittelt, ist die Stadt Cloppenburg. Diese werden regelmäßig und kostenlos an den Verein „Familiengerechte Kommune e.V.“ überstellt. (11)
Dieser Verein ist mit Bertelsmann eng verbandelt. Egal wie gut oder schlecht die Kommune in Sachen Familienpolitik arbeitet, wichtig sind dem Verein ausschließlich die Daten, mit denen sich durch Verkauf derselben hohe Gewinne erzielen lassen. Sodann darf auch die Frage gestellt werden, wozu manche Kommunen –darunter die Kreisstadt Cloppenburg- in Wirklichkeit ausgezeichnet werden. Ist die Politik wirklich so toll, wie es regelmäßig bei der Preisverleihung ausgelobt wird, oder ist es das Ausloben der riesigen Datenmengen aus dem Cloppenburger Rathaus, mit denen sich das Unternehmen eine goldene Nase verdient?
Im Sinne des Datenschutzes wäre zudem von Interesse, ob eine solche exklusiven und wertvollen Informationen von einer steuerfinanzierten Kommune einfach so an die profitorientierte Privatwirtschaft „verschenkt“ werden dürfen, mit deren Daten anschließend lukrative Geschäfte gemacht werden. Es ist unglaublich, mit welcher Naivität Lokalmatadore ihre angeblich politischen Erfolge in der Presse exklusiv feiern lassen, obwohl sie genau das tun –sei es auch noch so vorbildlich- , wozu sie vom Wähler beauftragt wurden.
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