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Bürgerschaftswahl Bremen 2023

 

SPD gewinnt-GRÜN verliert

 

Der Anfang vom Ende

 

HFB-23-05-15

Mit Nachtrag vom 18.05.2023

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Die Städte Bremen und Bremerhaven haben ihre Bürgerschaft gewählt. Die SPD ist Gewinner und GRÜNE sind im Vergleich zur Wahl 2019 mit ihren erheblichen Stimmverlusten deutlicher Verlierer. Das grandiose Wahlergebnis der Partei BÜRGER in WUT (BiW) wird medial zum Problem erklärt. Die AfD konnte aus formalrechtlichen Gründen nicht zur Wahl antreten, überlegt aber, verwaltungsrechtlich dagegen vorzugehen. Dass die Partei BiW die Leerstelle der AfD nutzen konnte und nur deswegen eine Vielzahl von Stimmen bekommen hat, ist nicht ganz richtig. Stärkste Partei bilden wieder einmal die Nichtwähler*innen zusammen mit denjenigen, deren Stimmen nicht gereicht haben, um der Partei ihrer Wahl Sitze in der Bürgerschaft zu verschaffen. 463.000 Menschen ab 16 Jahren durften in Bremen und Bremerhaven abstimmen. Die Wahlbeteiligung blieb gering. Bis um 16 Uhr hatten nur 44,9 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben.

 

Nach einer Hochrechnung des Statischen Landesamtes von 12:45 Uhr konnte der SPD-Spitzenkandidat, Andreas Bovenschulte, im Vergleich zur vergangenen Bürgerschaftswahl mit 29,9 Prozentpunkten nun einen deutlichen Vorsprung vor der CDU feiern. Die Christdemokraten kamen diesmal nur auf 25,7 Prozentpunkte. Im Jahr 2019 wurden sie stärkste Partei und erreichten 26,7 Prozentpunkte, während die SPD mit nur 24,9 Prozent kein überzeugendes Wahlergebnis verbuchte. Dennoch konnten die SPD in der Koalition mit GRÜNEN und LINKEN den regierenden Bürgermeister stellen.

Die großen Verlierer sind die GRÜNEN mit nur 11,7 Prozentpunkten. Zuvor waren es 17,4. Nach dem aktuellen Wahl-Flop hat Grünen-Frontfrau Maike Schaefer nun das Handtuch geworfen. Die Partei BÜRGER in WUT (BiW) erreichte aus dem Stand 9,6 Prozentpunkte. Wohl auch deshalb, weil die AfD aus formalen Gründen erst gar nicht zur Bürgerschaftswahl antreten durfte. Zuvor konnte die BiW aufgrund einer Sonderregelung mit nur 2,4 Prozentpunkten den Einzug in die Bremer Volksvertretung feiern. Die Linke hat ihr Ergebnis nicht ausbauen können und erreichte mit 11,2 Prozentpunkten 0,1 Prozentpunkte weniger als zuvor. Ob die FDP letztendlich mit ihrem Ergebnis von vorläufig 5,2 Prozentpunkten bei der Feinauszählung der Wählerstimmen noch um ihren Einzug in die Bürgerschaft fürchten muss, bleibt abzuwarten. Ihr Wahlergebnis hat sich verschlechtert. Bei der Wahl zuvor sicherte sie ihren Einzug in die Bürgerschaft mit 5,7 Prozentpunkten. Ob mögliche AfD-Stimmen die Liberalen jetzt über Wasser gehalten haben, bleibt der Vertraulichkeit überlassen. Alles andere wäre nur peinlich.

Die Wahlbeteiligung war mit geschätzten 50 Prozentpunkten deutlich schwächer als im Jahr 2019 mit 64,1 Prozentpunkten. Damit ergibt sich ein prognostiziertes Wahlergebnis in Nettoform:

 

CDU 12,8% | SPD 15,0% | GRÜNE 5,8% | LINKE 5,6% | FDP 2,6% | BiW 4,8% | Übrige 3,4%

 

Unter Beachtung der Anteile für die „Übrigen“, die nun nicht in der Bürgerschaft vertreten sind und der der geschätzten Nicht-Wähleranteile von ca. 50 Prozentpunkten plus der ungültigen Stimmen, ergibt sich der denkwürdige Anteil derjenigen Bürger*innen, die sich nicht in der Bremer Bürgerschaft vertreten fühlen dürfen. Er beträgt laut Annahme mehr als 53 Prozentpunkte und liegt somit mehrheitlich wiederum im Abseits demokratischer Wertvorstellungen. Dass diese Wählergruppe mehr als die Hälfte der Bürgerschaftssitze einnehmen würde, muss erst gar nicht erwähnt werden. Das zeigt aber, wie dünn die Demokratie gesät ist, wobei die relativen Brutto-Werte aller amtlichen Endergebnisse etwas anderes suggerieren.

Bremen war stets eine SPD-Hochburg. Aber die Wahlergebnisse dort sind nicht repräsentativ für die übrigen Bundesländer. Dass die CDU der SPD die Regierungskoalition ROT-GRÜN-Rot streitig machen würde, war nur eine Hoffnung, die in den neuesten Umfrageergebnissen dem miserablen Abschneiden der Bundespolitik unter ROT-GELB-GRÜN geschuldet war. Die Koalitionspartner GRÜN und GELB in Bremen wurden abgestraft. GRÜN für das vorgeschlagene Heizungswahn-Gesetz im Bund, GELB für den verbalen Zickzackkurs zum selbigen. Zudem war GRÜN der Schreck aller Bremer Pendler geworden. Zwangsweise auf das Lastenfahrrad umsteigen wollten wohl die wenigsten von ihnen. Pünktlich zur Bürgerschaftswahl wurde heimgezahlt. Der politische Pokal für die meisten Minuspunkte ging dann an GRÜN.

Dass die SPD auf Bundesebene, vertreten durch den reumütigen Verteidigungsminister, Boris Pistorius, nun von der Friedenspartei Willy Brandts endgültig zur Kriegspartei mutiert ist, scheint vielen Menschen in Bremen und in der übrigen Republik nicht so recht klar geworden sein. Mit seiner öffentlichen Entschuldigung hat Pistorius die vollständige Abkehr von Willy Brandt als SPD-Ikone vollzogen. Er hat – wie SPD-Bundespräsident Frank Walter Steinmeier u.v.a. auch -  dem Friedens- und Entspannungskurs der Bundesrepublik den Rücken gekehrt. Aus „Nie wieder Krieg“ wurde „Krieg bis zum letzten Ukrainer“. Dennoch gingen die Sozialdemokraten in Bremen als stärkste Partei hervor. Wohl auch deshalb, weil Bovenschulte den grünen Heizungswahn-Entwurf auf schärfste kritisiert hat. Insofern war Bovenschulte vorwiegend der Favorit für die „nicht Allerreichsten“ Anteile in der Wählerschaft.

Der mutmaßlich bildungsferne SPD-Generalsekretär und Verbal-Akrobatiker, Kevin Kühnert, folgerte aus dem Wahlsieg seiner Partei sogleich, dass es gerade die „nicht Allerreichsten“ gewesen seien, die der Bremer SPD das größte Vertrauen geschenkt hätten. Vergessen hierbei die große Anzahl der Nichtwähler*innen und die aus der Vertretung ausgeschlossenen Bremer Bürger*innen in Höhe von mehr als 50 Prozentpunkten. Vergessen auch, dass die Bundes-SPD die Unbezahlbarkeit „von Wandelprozessen - "Stichwort Heizung" - unter ihrem SPD Kanzler, Olaf Scholz, mit zu verantworten hat. Mehr Framing zum Nachteil der verbindlichen Informationspflicht geht nicht.

Auch die durch die Bundes-SPD heraufbeschworene Kriegsgefahr, medial inszeniert durch den Deutschlandbesuch des ukrainischen Staatspräsidenten, Wolodymyr Oleksandrowytsch Selenskyj, war kein Thema. Kein Thema das „Bündnis gegen Waffenlieferungen“ und dem Protest vieler Aachener Bürger*innen mit ihrer Forderung, für sofortige Friedensverhandlungen im Ukraine-Konflikt und bei anderen US-geführten NATO-Operationen einzutreten. Ungeachtet gab sich SPD-Bundeskanzler, Olaf Scholz, als Mann des „Friendly Fire“, als Konjunktur-Treiber der Waffenlobby mit nie dagewesenen Margen. Zum Schrecken des Papstes Franziskus, der dem ukrainischen Präsidenten in der Hochrüstungsdebatte niederschmetternde Parolis gab.

Das Verschweigen anderer Meinungen - außerhalb des Mainstreams - ist zuletzt einer kritiklosen Presse geschuldet, die u.a. diverse Umstände des völkerrechtswidrigen Krieges gegen die Ukraine konsequent ausblendet. Damit befeuert sie zugleich einen gefährlichen Kriegskurs gegen die Mehrheitsmeinung der bundesrepublikanischen Bürger*innen, ohne sich des geostrategischen Blowbacks bewusst zu sein. Der nämlich kann Deutschland schneller ereilen, als es manchem der realitätsfernen Treiber lieb sein dürfte. Zumindest hätte ein wenig mehr mediale Offenheit der Bremer SPD kein so gutes Wahlergebnis eingebracht.

Zu guter Letzt ist der Bremer SPD-Wahlerfolg einer Persönlichkeitswahl geschuldet, die Hinweise auf parteipolitische Ambitionen völlig naiv ausblendet, wobei verkannt wird, dass Parteimitglieder – das gilt auch für gewählte Kandidat*innen - vorwiegend ihrer Partei und nicht vornehmlich ihren Wahl-Bürger*innen verpflichtet sind.

Was die Koalitionsabsichten der Bremer SPD betrifft, so wird sie sich mit allen (!) demokratischen Parteien darüber unterhalten wollen. Welche Parteien, die zur Wahl zugelassen wurden, nicht zu den demokratischen gehören sollen, lässt Bovenschulte offen. Somit wäre auch eine ROT-SCHWARZE Koalition möglich. Sollte Bovenschulte wiederholt die GRÜNEN mit ins Boot holen, wäre in der kommenden Wahlperiode mit einer Kamikaze-Koalition zu rechnen, die der SPD aus den zuvor aufgeführten Gründen nur selbst schaden würde. Denn die Wähler*innen haben mit dieser Konstellation eine dicke Rechnung offen, wie das Bremer Wahlergebnis deutlich zeigt. Der „Anfang vom Ende“ hat Rot – wie es die GRÜNEN soeben erfahren haben - irgendwie noch nicht getroffen. Doch schon bald könnte sich das ändern.

Nach dem Berliner Vorbild wäre eine ROT-SCHWARZE Koalition also gut möglich. Andreas Bovenschulte könnte hierbei als SPD-Regierungschef weiter regieren. Es bleibt also abzuwarten, was nun wirklich passiert. Das amtliche Endergebnis der Bremer Wahl soll am 17. Mai vorliegen.

 

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Nachtrag 18.05.2023

 

Das vorläufige Endergebnis der Bürgerschaftswahl in Bremen steht nun fest. Es lautet:

 

Partei

Brutto

Netto

SPD

29,9%

17,0%

CDU

26,2%

14,9%

GRÜNE

11,9%

6,8%

LINKE

10,9%

6,2%

BIW

9,4%

5,3%

FDP

5,1%

2,9%

Sonstige

6,9%

3,9%

Nichtwähler

0,00%

43,2%

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Wahlbeteiligung lag bei 56,8%.

 

Das Wahlergebnis in Nettoform zeigt deutlich, dass die Stimmen der Nichtwähler und die Stimmen derjenigen, deren gewählte Parteien nicht in der Bremer Bürgerschaft vertreten sind, zusammen 47,1% beträgt.

Das ist bei genauer Betrachtung die Mehrheit. Bei den veröffentlichten Werten (Brutto) bleibt der relative Wert der Nichtwählerstimmen aussen vor. Er wird nicht genannt. Er beträgt 0,00%. Vielmehr werden deren Sitze zusammen mit den “Sonstigen” ohne Kommentar an die Parteien aufgeteilt, die in die Bremer Bürgerschaft einziehen.

Dass über den Demokratie-Begriff mal ein ernstes Wort gesprochen werden muss, liegt auf der Hand. Gerade auch deswegen, um der schleichenden Entpolitisierung der Bürger*innen entgegenzuwirken.

 

https://www.welt.de/politik/deutschland/article245344168/Bremen-Wahl-Vorlaeufiges-Endergebnis-SPD-klar-vorn-Gruene-verlieren-deutlich.html