slogan_bot-b
Leiste-H-01
IBC-Wahl-Logo-16-10cklein

Der demokratische Wert

In Cloppenburg mit den Füssen getreten?

Mein politisches Meinungsbild nach 10 Jahren Ratsarbeit

Deutschland ist ein Land, in dem die parlamentarische Demokratie gilt. Die Parlamente werden für vier oder fünf Jahre gewählt und gestalten in dieser Zeit das öffentliche Leben, mit allen zukünftigen Vor- und Nachteilen für die betroffenen Bürger. Die demokratischen Prozesse gehören zu den grössten Errungenschaften der westlichen Welt.

In Cloppenburg wählen die Bürger alle fünf Jahre den Stadtrat neu. Der Stadtrat ist das Parlament auf lokaler Ebene. Hier werden Entscheidungen getroffen, die dem Wohl der Bürger und der Stadt Cloppenburg dienen sollen. Im Stadtrat vertreten sind verschiedenen Parteien: Z.Zt. sind es die CDU/FDP, die SPD, die Partei Bündnis90/Die Grünen und die UWG. Zur Kommunalwahl 2011 bewerben sich zusätzlich die Zentrumspartei und die Linkspartei. Ob wir dann ein Siebenparteiensystem in Cloppenburg bekommen, bleibt abzuwarten.

Parteien vertreten unterschiedliche Meinungen. Im politischen Alltag des Cloppenburger Rates ist es wichtig, wie die Parteien miteinander umgehen. Die Art des Umganges ist das Zeichen, ob Demokratie so funktioniert, wie sie sich viele Bürger vorstellen.

Es ist allgemein bestätigt, dass Parteien, die über lange Zeiträume die politischen Mehrheiten stellen, ihr Eigenleben entwickeln. Aus Sicht der Bürger verkennen solche Parteien zunehmend die realistischen Verhältnisse. Bürger fühlen sich von den politischen Entscheidungsträgern nicht mehr verstanden. Somit entfernen sich Politik und Bürger voneinander. Kritik, Wut und Politikverdrossenheit sind die Folge.

In Cloppenburg leben die Menschen mit den langjährigen Mehrheitsverhältnissen der CDU und reagieren zunehmend kritischer. Was ist passiert, dass sich immer mehr Menschen von der CDU abwenden, auch die eigenen Mitglieder? Um dieser Frage nachzugehen, müssen drei Aspekte in Betracht gezogen werden:

  • Zunächst ist das Triviale an sich nennen: Die Zeiten haben sich geändert. Unsere Gesellschaft stellt im Gegensatz zu früher andere Werte in den Mittelpunkt des täglichen Lebens. Die historische Konkurrenz zwischen Gauben und Logik ist zu Gunsten der Logik ausgegangen. So ist es kein Wunder, dass die Wissenschaftsgläubigkeit, die Konsumorientierung und der Individualismus mit die höchsten Stellenwerte in unserer Gesellschaft einnehmen. Das mag man gut finden oder auch nicht, dennoch hat die Politik die mehrheitlich allgemeinen Ansichten der Menschen zu respektieren. Unter dem Aspekt der veränderten Zeiten zeigt sich die CDU als eine Partei, die eher zurück blickend immer noch im „Gestern“ lebt und nicht wahrhaben will, dass der Fortschritt Einzug gehalten hat. In den vergangenen fünf Jahren hat die CDU unter diesem rückblickenden Aspekt die Familienpolitik, Bildungspolitik und Energiepolitik gestaltet.
  • Weiter ist anzumerken, dass die Führungsriege der CDU keine andere Meinung als die eigene duldet. Das haben sowohl die Parteien der Opposition als auch fortschrittliche Kräfte in der CDU erfahren müssen. So wurden Tagesordnungspunkte in der letzten Sitzung des Cloppenburger Stadtrates von der CDU abgesetzt. Das betraf z.B. SPD-Anträge, die sich für mehr Bürgermitsprache, für Sozialtarife bei den Eintrittspreisen für das Schwimmbad oder für mehr Öffentlichkeit während der Ausschuss- und Ratssitzungen einsetzten. So herrschte zur allgemeinen Verwunderung auch Übereinstimmung zwischen CDU und Oppositionsparteien in den Ausschüssen, besonders in Teilen der Bildungspolitik. Leider waren die Übereinstimmungen stets an einzelne CDU-Mitglieder gekoppelt. Die CDU kassierte die gemeinsamen Beschlüsse nicht nur im Plenum wieder ein, sondern strafte zudem die CDU-Abweichler zur Kommunalwahl 2011 mit hinteren Listenplätzen ab. Für betroffenen CDU-Abgeordneten bleibt der Wiedereinzug in den Rat der Stadt Cloppenburg somit fraglich! Nach einem älteren Menschenbild hätte man schließlich gehorchen müssen.
  • Anzumerken ist auch, dass die politische Linie der CDU von nur wenigen Personen des inneren Zirkels bestimmt wird. Wie kann es sein, dass der CDU-Fraktionsvorsitzende im Rat der Stadt Cloppenburg gleichzeitig der CDU-Fraktionsvorsitzende des Cloppenburger Kreistages ist? Hat die CDU zu wenige Mitglieder, um politische Schlüsselpositionen auf mehrere Personen zu „verteilen“?

Demokratie lebt doch von der Mitwirkung und Mitsprache vieler. Demokratie lebt von der gestreuten Verteilung von politischen Positionen. Demokratie lebt von der kultivierten Auseinandersetzung zwischen allen Beteiligten, sowohl zwischen den eigenen Mitgliedern, als auch zwischen den Beteiligten anderer Parteien. Demokratie lebt nicht zuletzt von dem ungehinderten Informationsfluss zwischen allen Beteiligten, egal welcher Partei diese angehören!

In den vergangen 10 Jahren, in denen ich als Ratsherr im Rat der Stadt Cloppenburg tätig bin, habe ich viele dieser demokratischen Grundregeln vermisst. Bitter ist, dass dem Missverhältnis zwischen der idealen und praktizierten Demokratie mit formalen Einsprüchen nicht beizukommen ist. So ist es formal bedenklich, Tagesordnungspunkte in Ratssitzungen durch Mehrheitsbeschluss absetzen zu lassen, Gutachten zur Ermittlung der Kostenexplosion bei der Schwimmbadsanierung durch Mehrheitsbeschluss erst gar nicht zuzulassen, einen Antrag zur Aufhebung des Fotografier-Verbots im Rathaus durch Mehrheitsbeschluss von der Tagesordnung zu streichen oder einen Antrag auf mehr Bürgerbeteiligung als Populismus abzutun und ihn ebenfalls nicht zu behandeln. Was die CDU unter Demokratie versteht, ist auch hier aktuell nachzulesen!

Doch mein Gefühl über den Idealwert der Demokratie macht da nicht mit: In Cloppenburg wurde im Umgang zwischen der Mehrheitspartei und den übrigen Interessen die Demokratie nicht selten mit den Füssen getreten. Ich stimme als Ratsmitglied nach 10 Jahren Ratsarbeit der legitimen Frage zu, „Und das soll Demokratie gewesen sein?“, die sich Irmtraut Kannen vor fast 10 Jahren nach ebenfalls zehnjähriger Ratsarbeit in Cloppenburg stellte.

Ich erliege der Vision, alles könne sich am Wahltag des 11. Septembers 2011 schlagartig ändern. Ich meine, Cloppenburg braucht andere Mehrheitsverhältnisse in der Politik.

 

Die Bürger haben die Gelegenheit, dem gewohnten Politikbild in Cloppenburg etwas entgegenzusetzen,

in dem Sie dazu beitragen, Mehrheiten zu ändern.