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Und führe uns nicht in Versuchung:

GroKo wider Willen?

Wie die SPD den letzten Funken Glaubwürdigkeit verspielt

HFB-17-12-02

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Als am Abend des 24. Oktober 2017 der Ausgang der Bundestagswahl entschieden war, verkündete der Parteivorsitzende und Kanzlerkandidat der SPD das Nein zur GroKo mit der CDU/CSU. Nein, wir stehen für eine GroKo nicht mehr zur Verfügung, war es nach der Wahlschlappe mit 20,5% der Stimmen aus dem Munde von Martin Schulz zu hören. Nun sind die Verhandlungen zwischen CDU/CSU, der FDP und den Grünen gescheitert und die Botschaft heißt: Ja, wir sind gesprächsbereit für eine GroKo. Frei nach dem quadrophonischen Regelwerk: Zu 100 Prozent gewählt, zu 100 Prozent dagegen, zu 100 Prozent dafür und zu 100 Prozent verloren.

 

Geschwätz von gestern

Die Situation erinnert stark an das Jahr 2013, als die SPD ein Ergebnis von 25,7% der Wählerstimmen eingefahren hatte. Wurde vor der Wahl noch stark gegen die die Bundeskanzlerin, Angela Merkel, polarisiert, so war das nach der Wahl plötzlich ganz anders und man spannte die SPD-Basis ein, die über die GroKo entscheiden sollte. So wurden auf den Regionalkonferenzen zur Überraschung kritischer Genossen 76% der Befürworter einer GroKo gezählt, während Tage zuvor noch ca. 90% dagegen waren.

Die Kritiker haben nur noch den Kopf geschüttelt. Nunmehr hat die Erfahrung gezeigt, dass sie Recht hatten. Als Juniorpartner einer CDU/CDU geführten Regierung konnte die Regierungsmitverantwortung der SPD nicht so richtig zum Zuge kommen. Gedankt hat es der Wähler schließlich mit den bekannten 20,5% zur Bundestagswahl 2017.

 

Das Märchen von der Verantwortung

Im Wahljahr 2017 steht die SPD nun wieder vor der Frage, ob sie nun wieder eine GroKo mit der CDU/CSU bilden sollen. Es regt sich Widerstand bei den Jusos, die das Unternehmen mit einer Online-Petition verhindern wollen. Verantwortung könne auch anders aussehen, als bisher behauptet. Aus den Reihen der CDU/CSU ist allerdings zu hören, dass die SPD die GroKo anstrebe.

Die Bürger reiben sich verwundert die Augen und kommen zu der Ansicht, dass man alles nicht  so ernst nehmen sollte, was von Seiten der SPD-Führung in Berlin gesagt wird. Dass es auch redselige Genossen aus dem Wirtschaftskreis der SPD selbst waren, die diese zustimmende Botschaft gestreut haben, ist wahrscheinlich. Diese angebliche Disziplinlosigkeit zeigt umso mehr, dass der Stuhl des SPD-Vorsitzenden nicht unerheblich am wanken ist.

Doch Martin Schulz hält dagegen und verkündet lautstark, dass man zwar ergebnisoffen verhandeln wolle. Die geplanten Gespräche seien dennoch keine Selbstläufer für eine Neuauflage der GroKo. Man wisse allerdings von der Verantwortung, so seine Beteuerungen.  Hierzu brauche er grünes Licht von seiner gesamten Partei.

Das kommt in der Öffentlichkeit nicht gut an. Aufgrund des wachsenden Vertrauensverlustes wird die SPD mit einem massiven Glaubwürdigkeitsproblem konfrontiert. So wird es jedenfalls auch bei vielen Genossen an der Basis gesehen.

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vgl. Mt vom 29.11.2017

Wenn es um ein Meinungsbild zu einer möglichen großen Koalition in Berlin geht, so ist das Abstimmungsergebnis 50% zu 50% natürlich nicht anzuzweifeln. Dann, wenn fünf Teilnehmer der Versammlung dafür und fünf dagegen stimmen. Repräsentativ wäre das Abstimmungsergebnis aber nur, wenn die Mitglieder, die von solchen Versammlungen und Umfragen nichts mehr halten, ebenfalls gefragt worden wären.

Bereits jetzt ist von Bedingungen die Rede, mit der die SPD in die Verhandlungen gehen will. Wenn man nur 20% hat, kann man auch nur 20% fordern, so die unüberhörbaren Warnungen einiger Christsozialen aus Bayern. Wahrscheinlicher ist daher, dass  allzu „dreiste“ Forderungen der SPD erst gar nicht verhandelt werden müssen. Sind sich die Parteien CDU und SPD doch einig in ihren Grundausrichtungen. Zu gegebenem Anlass kratzt die SPD dann mit Getöse trotzig am Lack der Missstände. Nichts mehr, nichts weniger! The same procedure as every year! Somit ist auch nichts Neues in den nächsten Jahren zu erwarten! Fazit: Stillstand? Ja! Verantwortung? Wenn möglich nicht! Gerechtigkeit? Nicht wirklich!

 

Wiederbelebung des Stillstands

Wenn  also die Verhandlungen über die Bildung einer GroKo abgeschlossen sind, wird der SPD-Vorsitzende, Martin Schulz, kein Problem darin sehen, auch diesmal die Basis zu überzeugen. Koste, was es wolle. Appelle an die Mitglieder scheinen erfahrungsgemäß mehr zu zählen als die Konsequenzen nach einer Zustimmung zur GroKo. Das verkannte Ziel der SPD wäre eigentlich die politische Wiederbelebung des bisherigen Stillstands! Der Zusammenschluss zur GroKo würde nur Merkel, der CDU und CSU als SPD-Steigbügelhalter helfen. Vor dieser Sichtweise möchte die SPD Parteispitze die Basis allerdings nachhaltig „schützen“. Ob es ihr diesmal wieder gelingt, bleibt offen.

 Die Erfahrungen aus den Jahren nach 2013 zeigen das. Auch damals wollte die SPD viel erreichen. Doch im Schwarzen Schatten der Union war Hopfen und Mais verloren. Nun, im Jahr 2017,  sind ohne „Rücksicht“ auf die desolate Vergangenheit und des damit verbundenen Wahldebakels schon wieder Pläne darüber auf dem Tisch, was die Truppe in einer anvisierten Neuauflage der GroKo zusammen mit der CDU/CSU erreichen will. Doch mit dem fortbestehenden Bekenntnis zur Agenda 2010 ist kein glaubwürdiger Wille der SPD zu erkennen. Sie kann schon im Vorfeld nicht überzeugen, da die Gemeinsamkeiten zwischen SPD und CDU/CSU nur zu deutlich werden. Der Stillstand der Republik wäre mit einer Neuauflage der GroKo vorprogrammiert.

  

Nicht wirklich ernst zu nehmen

So wird z.B. die umlagefinanzierte Rente auf keinen Fall rereformiert. Es soll bei den Kürzungen wie bisher bleiben. Nur mit dem Unterschied, die Senkung der Rentenformel einzufrieren. Das würde u.a. den Privatisierungsplan nicht gefährden, der mit der Agenda 2010 einhergeht. Demnach sollen die Bürger vermehrt Riestern. Basta! Das ist teuer, aber nicht besser. Die Altersarmut wird bleiben, wenn nicht steigen.  Nichts also mit konsequenten Rereformen, die den Bürgern besser täten.

Ähnliches träfe auf die Bürgerversicherung zu. Sie wäre so schnell nicht umsetzbar, da die angesparten Beiträge der Privatversicherten nicht einfach gestrichen werden können. Mal abgesehen von einer langen Übergangsfrist würde es so sein, dass die Bürger bei einer Bürgerversicherung am Ende immer weniger Leistungen zu erwarten hätten. Vor allem ältere Mitbürger könnten die Leidtragenden sein, da sie aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus als weniger wert gelten dürften. Einschlägige Äußerungen hierzu sind bekannt. Hierbei dient das britische Gesundheitssystem als Vorbild, welches mit dem Brexit wohl nicht verschwinden wird.

So spricht sich u.a. Jens Spahn (CDU) dafür aus, dass eine Hüftprothese für ältere Versicherte nicht mehr lohnenswert sei. Sein Bundestagskollege und SPD-Gesundheitsexperte Professor Karl Lauterbach, Mitglied im Aufsichtsrat der Röhn-Klinikum-AG, ist da ein wenig zurückhaltender. Er weiß sehr genau, dass das deutsche Gesundheitssystem auf einem „gesunden“ Sparkurs ist und seine Leistungen eher sinken als steigen werden. Da hilft auch nicht, die Notarztversorgung in Löningen aufrecht zu halten. Das wäre nur ein Aufschub. Obwohl sozial-gerecht angedacht, verspricht die Bürgerversicherung am Ende nichts Gutes.

Auch im Streit um die Zustimmung zum Glyphosat darf man nicht übersehen, dass große Teile der SPD-Führungsspitze und der Fraktion das Abstimmungsverhalten von Agrarminister Christian Schmidt (CSU) unterstützt haben. Es spricht einiges dafür, dass zumindest der Wirtschaftsflügel der SPD zuvor über den geplanten Alleingang des CSU-Ministers informiert war.

Nach dem deutschen Ja ist klar, dass das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat noch mindestens fünf Jahre in Europa auf dem Markt bleiben wird. Die Krokodilstränen der SPD-Politiker erscheinen immer unglaubwürdiger. Ein klärendes Gespräch zwischen Agrarminister Schmidt (CSU) und Umweltministerin Hendrix macht den Beschluss nicht rückgängig.

Diese Botschaft ist allenfalls eine Nebelkerze, die den Bürgern geboten wird, um vom allzu desaströsen Politikgebaren abzulenken. Deutlicher können die Überschneidungen mit der CDU nicht ausfallen. Das schon seit dem großkoalitionären Kuschelwahlkampf 2017 zwischen Schulz und Merkel.

 

Protest der Urheber

Wenn dann z.B. die Cloppenburger SPD-Basis noch immer auf die Feiertagsruhe pocht, so scheint ihr diejenigen arbeitsmarktpolitischen Gesetzte unbekannt zu sein, die das alles zulassen. Diese sind durch die Agenda 2010 so gestrickt, dass das möglich ist, was die Urheber selbst kritisieren. Die Aktivisten des Arbeitskreises für Arbeit (AfB) sollten das zu Kenntnis nehmen.  

Die SPD-Parteioberen haben vor kurzem noch einmal bekräftigt, uneingeschränkt zur Agenda-Politik zu stehen. Wie kann es sein, dass die SPD-Parteibasis und deren Aktivisten so unwissend reden, die Zusammenhänge ignorieren und suggerieren, Vion verstoße gegen geltendes Recht?

Es sollte vielmehr darauf hingewiesen werden, dass die Normalisierung der Sonntagsarbeit voranschreitet und das Familienleben enorm belastet. Doch das scheinen die Genossen völlig ausgeblendet zu haben. Sie sollten vielmehr vor dem Cloppenburger Krankenhaus für gerechte Löhne demonstrieren.

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vgl. Mt vom 29.11.2017

Der Wettbewerbsstandort Deutschland mit dem dazugehörigen Profitdenken ist ein Ergebnis der Agendapolitik, die die Rot-Grüne Regierung zwischen den Jahren 2003 und 2005 ins Leben gerufen hat. Nun so zu tun, als habe man mit den Auswirkungen nichts zu tun, ist schon ein starkes Stück. Es ist natürlich korrekt, wenn für die Feiertagsruhe demonstriert wird. Die Genossen aber sollten deutlich mehr reflektieren über das, was sie von sich geben, bevor sie zur Demonstration marschieren und vor Kraft nicht laufen können.

Ähnliches zum klaren Nein, das die mögliche Ansiedlung eines Großschlachthofes im Cloppenburger Raum verhindern soll. Sowohl das Entsendegesetz als auch das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz sind Elemente der Agenda 2010. Somit ist Deutschland ein Billiglohnland, welches den Mindestlohn -auch wenn er auf 12 Euro pro Stunde angehoben würde- durch zu viele Ausnahmeregelungen aushebelt.

Es ist also kein Wunder, wenn Großunternehmen nach Deutschland kommen und an Arbeitslöhnen sparen, um dann mehr oder weniger sorglos im Strom der Billigkonkurrenz mitschwimmen zu können.

  

Die weiteren Aussichten

Es bleibt natürlich abzuwarten, ob die GroKo von den Mitgliedern der SPD mitgetragen wird. Das kategorische Nein, welches direkt nach der Bundestagswahl herausposaunt und nun plötzlich zurückgenommen wurde, führt zu einem existentiellen Glaubwürdigkeitsproblem der SPD. Somit ist wieder einmal eine Rote Linie überschritten, die dem Ansehen der ältesten Partei Deutschland noch mehr Schaden zufügt.  Da das Ãœberschreiten von Roten Linien bereits zum Markenzeichen der SPD geworden ist -zuletzt war es die auf der Delegiertenversammlung in Berlin zum Freihandelsabkommen CETA- stehen die Zeichen entgegen allen Beteuerungen nun doch auf GroKo.

Die Glaubwürdigkeit bleibt auf der Strecke. Das Zeitalter der Sozialdemokratie geht zu Ende, wie man auch in anderen europäischen Staaten feststellen kann. Nun droht ein weiterer Untergang.

Immer noch steht die eine Verantwortung alternativlos im Raum. Wie es scheint, hilft auch Exkollege Steinmeier -heute Bundespräsident- nach, den Mythos der Alternativlosigkeit in Stein zu meißeln. Angespornt von Politgrößen anderer Länder. Der Appell an die Verantwortung, die ausschließlich durch Bildung einer großen Koalition erfüllt scheint, verfehlt seine Wirkung nicht.

Die erstarkende Versuchung widersetzt sich zunehmend der Erleuchtung. Möglicherweise bringen die torkelnden Genossen die „GroKo wider Willen“ nunmehr „selbstlos“ und alle Widersprüche beiseite schiebend auf den abschüssigen Weg. Als geläuterte Seelen, vor Eifer geblendet, verkünden sie dann, bestens mit ihr zu fahren. Immer der Gefahr ausgesetzt, dass die Luft unter 20% gefährlich dünn werden kann.

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