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Lehrer ohne A13/ Schule ohne Noten

 

Der verschwiegene Bildungsnotstand

 

Offenbarungseid der Politik

 

HFB -23-01-27

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Es ist ein lang gehegter Wunsch, besonders von Schülern, so auch von Eltern, dass die Notengebung in Schulen endlich abgeschafft wird. Das ist zwar kein allzu neues Thema, aber die Diskussion über die Abschaffung von Schulnoten hat eine gewisse Brisanz, die ihre öffentliche Aufmerksamkeit kaum verfehlen dürfte.

 

Ein Kommentar von

Dr. Hermann Bergmann

Ehemals Co-Vorsitzender des

Niedersächsischen AfB (SPD-Ausschuss für Bildung)

 

So verkündete die frisch gekürte niedersächsische Kultusministerin, Julia Willie Hamburg (GRÜNE), über die Abschaffung der Schulnoten nachzudenken und den Schulen in dieser Hinsicht einige Freiräume zuzugestehen. (01) Hamburgs neues Schwerpunktthema darf jedoch als Akt bildungspolitischer Hilflosigkeit gelten. Vor dem Hintergrund eines verschwiegenen Bildungsnotstands gäbe es grundlegendere Themen zu behandeln wie z.B. die Lehrerbesoldung nach A13. Somit hieß es u.a.: „Gutes Geld für gute Arbeit – Attraktivität des Lehrkräfteberufs steigern“. (02) Doch diese Maxime wurde kurz nach der Wahl gecancelt. Das Grundvertrauen aller arg strapazierten Lehrkräfte dürfte somit ein weiteres Mal verletzt worden sein. Kein Wunder also , dass dem Lehrermangel als eines der größten Probleme des allgemeinbildenden Schulwesens so kein Ende gesetzt werden kann. (03)

Eine bessere Schule ohne Noten ?

Und nunmehr über die teilweise Aussetzung der Notengebung zu schwadronieren, dieser politische Schachzug ist kein Zufall. Das liegt auf der Hand. Denn noch vor den niedersächsischen Landtagswahlen im Oktober 2022 hatten alle Parteien vollmundige Versprechen abgegeben: Im Bildungsbereich war man sich darüber einig, dass die Lehrer*innen der Sekundastufe 1, das sind die Grund-, Haupt-, Real-und Oberschulen, nach der Wahl mit ihrer bisherigen Bezahlung bessergestellt werden sollten. Ihre Gehaltsstufe A12 sollte auf A13, (04) dem Einstiegsgehalt von Gymnasiallehrer*innen, steigen. (05)

Doch aus der versprochenen Höherstufung wurde nichts. Das verkündete die frisch gekürte Kultusministerin, Quoten-Kandidatin Julia Willie Hamburg (GRÜNE), nach der Wahl. Ein „Höheres Gehalt für Lehrer 2023 ist nicht zu erwarten“, da die Umsetzung hochkomplex sei. (06) Ach was! Was in anderen Bundesländern funktioniert, soll in Niedersachsen nicht gehen? Hamburgs Statement ist ein Schlag ins Gesicht aller Wähler*innen und zugleich eine Respektlosigkeit ohne Maßen, wo sich doch gerade die Sozialdemokraten im Bundestagswahlkampf 2021 noch mit dem „Respekt“ in eigener Sache solidarische erklärt hatten. (07) Und weil sich das rot-grüne Bildungssystem nach dem öffentlichen Statement der Kultusministerin wiederum als Stiefkind der Politik erwiesen hatte, (08) hagelte es deutliche Kritik von Seiten der Lehrerverbände. (09)

 

Vorbilder braucht es nimmer mehr

Einhergehend mit dieser Kritik ist auch die Personalie um Julia Willie Hamburg (GRÜNE) selbst. „Sie studierte ab 2004 Politologie, brach das Studium ab, dann machte sie in der radikalen Grünen Jugend Karriere, 2013 ging es ab in den Landtag.“ Somit ist sie womöglich die erste Kultusministerin, die ohne eine abgeschlossene Berufsausbildung eine Vorbildbildfunktion ausüben muss, der sie aufgrund ihrer Vitae nicht gewachsen scheint.

Eine Leserin der Nordwest-Zeitung schreibt dazu: „Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Niedersachsen hat eine Bildungsministerin, die keinen Studienabschluss und somit keine Berufsausbildung hat. Tolles Vorbild… und diese Dame kümmert sich um die Bildung unserer Kinder. In welchem Beruf darf man das denn, arbeiten ohne Ausbildung. [?] Da fällt einem gar nichts mehr zu ein.“ (10)

In dieselbe Kerbe schlägt der VW-Aufsichtsrat. Er monierte, dass „Sie (…) eine Funktionärin [ist], sie hat nie einen Arbeitsplatz von innen gesehen. Sollten solche Leute so viel politische Verantwortung übernehmen?“ Weiter hießt es: „Frau Hamburg ist erklärte Gegnerin des motorisierten Individualverkehrs, aber nicht nur das, sie kennt sich nachweislich auch in der Wirtschaft überhaupt nicht aus, in der Automobilwirtschaft erst recht nicht. Was hat sie [als hochdotiertes Mitglied] im zweitgrößten Autokonzern der Welt verloren?“ (11)

 

Wahlkampf 2027 hat begonnen

Hamburg (GRÜNE) hat die Nachfolge von Ex-Kultusminister, Grand Hendrik Tonne (SPD), dem ehemalig farblosen Corona-Schulverwalter, angetreten, der nunmehr als Vorsitzender der SPD Niedersachsens in die Fußstapfen der Weil-Nachfolge getreten ist, (12) Mit diesem politischen Schachzug ist der Wahlkampf für das kommende Wahljahr 2027 vorzeitig eingeläutet. Tonne wird wohl der Kandidat der Ost-SPD sein, um der West-SPD, z. Z. vertreten durch den derzeitigen Wirtschaftsminister Olaf Lies, Paroli zu bieten.

Mit diesem verhohlenen Kampf um Polit-Posten wird u.a. deutlich, dass andere Dinge wichtiger sind, so dass zum Thema Bildungspolitik wenig Fortschrittliches zu erwarten war. Eine konstruktive Diskussion über die Zukunft der niedersächsischen Bildungspolitik hat nicht stattgefunden. Dringende Reformen blieben aus. Stattdessen viele Schulausfälle, die wider besseres Wissens hätten vermieden werden können. (13) Und einige pädagogische Fachkräfte fragen sich nun: „Wieso haben wir nicht protestiert? Wo ist die Aufarbeitung?“ (14) Besonders deshalb, weil doch gerade in den Grundschulen die Lerndefizite in Folge dieser Schließungen äußerst gravierend sind.

 

Blendwerk Nebelkerzen

Das Schulsystem ist in einem desolaten Zustand. Korrekturen sind dringend notwendig. Schüler- Eltern-, Personal- und Gewerkschaftsvertreter können nur unzufrieden sein mit diesen eklatanten Versäumnissen, die allzu bekannt sind. Aus diesen Reihen hatte es stets viel Kritik gehagelt. Medial aber wurden diese strikt ausgeblendet. Dass sich Deutschland in einer nie dagewesenen Bildungskrise manövriert hat, scheint den verantwortlichen Politiker*innen und den Redaktionen der öffentlichen Medien außer Reichweite zu liegen.

Aber wenn man aufgrund des Drucks von vielerorts, von außen und innen, in der Politik nicht mehr weiterweiß, muss ein reißerisches Ersatzthema her. Quasi als Blendwerk, als politische Nebelkerze, um von den eigentlichen Problemen abzulenken. Ein Absicht, welche in ihrer Umsetzung zudem nichts kostet, also quasi umsonst ist und den Landeshaushalt nicht weiter belastet. Und das Ersatzthema heißt nun „Schule ohne Noten“. Ein Thema, welches im vergangenen Wahlkampf selbst niemals von Bedeutung war. Deshalb, weil man vor einem Aufkündigen des „Schulfriedens“ keinen Mut hatte, den der . Der “Schulfriede” wurde bereits im Jahr 2017 vom niedersächsischen Ministerpräsidenten, Stephan Weil, mit den Worten verkündet, „Unser Regierungsprogramm ist dieser Schulfrieden.“ (15) Mit Bildungsunwort „Schulfrieden“ wurde jede politische Diskussion über eine fortschrittliche, im höchsten Maße dringend notwendige Bildungspolitik unterbunden. Das Ergebnis sehen wir heute nur allzu deutlich.

Mit der neu entfachten Debatte über Schulnoten wird von den gebrochenen Wahlversprechen und den eklatanten Versäumnissen der SPD und der GRÜNEN, aber auch der Vorgängerregierung von SPD und CDU, abgelenkt. Die Kultusministerien, Julia Willie Hamburg, muss letztendlich ihren Kopf für alles herhalten, wo doch der Ministerpräsident, Stephan Weil (SPD), als Hauptverantwortlicher für die niedersächsische Landesregierung steht. So aber funktioniert Politik, wenn das „Blaue vom Himmel“ zum Farbenprächtigen Grün werden muss. (16) Die „Gemeinde“ folgte diesem politischen Glauben und war still geblieben.

Dass es mit dem Hype zur Abschaffung von Schulnoten nicht wirklich ernst gemeint ist, wird dann auch schnell deutlich: „Es gehe aber ums Ermöglichen, »nicht ums Verordnen oder Abschaffen«, betonte Hamburg: »Über die Umsetzung werden wir mit der Schulpraxis sprechen. Klar ist, dass in den Prüfungsjahrgängen die Noten gebraucht werden.«“ (17) Somit ist klar: Schulnoten werden weiterhin ein fester Bestandteil im Ausleseprozess des allgemeinbildenden Schulsystems sein.

Hierbei bleibt die letzte Konsequenz des angeblich pädagogischen Bildungsschwerpunktes weiterhin auf der Strecke. Auch in Zukunft wird dem preußischen Ausleseprozess von Kindern und Jugendlichen der Vorrang eingeräumt. Im Auftrag der Industrie, die den Ausleseprozess lieber in den Schulen als in Universitäten oder bei sich selbst sehen will. So wird das Zeugnis der allgemeinen (!) Hochschulreife weiterhin mit dem Makel des „Numerus clausus“ verbunden bleiben, wobei den Universitäten und der Industrie der grundlegende Ausleseprozess erspart bleibt. Das Ende des Reifeprozesses von Kindern und Jugendlichen möchte man erst gar nicht abwarten. Die pädagogischen Grundsätze bleiben außen vor.

 

Schule ohne Grundvertrauen

Schulnoten führen besonders im Hinblick auf die zu erwartenden Zeugnisse, besonders gegen Ende der Schulhalbjahre, immer wieder zu Konflikten zwischen Lehrern, Schülern und Eltern. „Vor 40 Jahren gingen Eltern mehrheitlich noch davon aus, dass ein Tadel, ein Verweis, eine schlechte Note schon ihre Berechtigung haben werden. Von diesem Grundvertrauen in die Kompetenz der Lehrkräfte ist wenig übrig geblieben (…) Zu einem großen Teil aber sind es überambitionierte Eltern, die den Beruf unattraktiv machen. Wer auch nur zwei oder drei Lehrkräfte zu seinem Bekanntenkreis zählt, weiß, wie schwierig der Umgang mit den Erziehungsberechtigten heute ist. Nicht zuletzt deren Beschwerde- und Klagewut führen dazu, dass inzwischen keine Zeugnisnote mehr ohne ausführliche schriftliche Begründung für die Akten vergeben werden kann.“ (18)

Hierzu tragen aber auch so manche schwache Schulleitungen sowie obrigkeitshörige Personalräte von Schulen ihr Übriges dazu bei. Letztere ohne ausreichende Kenntnisse über Verwaltungs-, Schul- oder Arbeitsrecht. In der Hoffnung auf mehr Chancen bei einer Beförderung. Somit heizen sie durch ein oft unreflektiertes „Hörensagen“ einige der vielen Konflikte erst richtig ein. Ohne die nötige kritische Distanz zu den eigenen Emotionen. Die völlige Durchdemokratisierung der Schulen macht es möglich, so dass manche Eltern über den Weg von Drohungen mit Gerichten und anderen aufgebauschten Drohkulissen die Zensuren ihrer Kinder indirekt bestimmen (wollen).

Ein solches Verhaltensmuster schlägt auf die Schutzbefohlen selbst zurück. Für viele von ihnen wird Schule zum Feindbild Nummer eins. Ein psychisches Verhaltensmuster, um der Depression über das eigene Versagen und der damit verbundenen Existenzängste aus dem Wege zu gehen. Quasi in Form einer Abwehrhaltung, die die Kriterien der „Psychologie der Verschiebung“ erfüllt. (19) Der Verlust von Autorität des Bildungswesens ist unverkennbar.

Bildung kann nicht mehr so funktionieren, wie sie immer und immer wieder neu von der Politik versucht wird. Und das in experimenteller Manier. Ohne wissenschaftliche Expertisen. Das politische Experiment G9 und G8 und dann wieder G9 spricht vom Niveau so mancher politischen Entscheidungen. Am Ende war der Versuch gescheitert, die Arbeitskräfte schon ein Jahr früher für die Wirtschaft zu rekrutieren. Die Einsparungen durch weniger Schüler*innen im Bildungsbereich mussten zurückgenommen werden. Gesteuert durch Verordnungen und richtungsweisende Konzepte an der Öffentlichkeit vorbei. Ideologische Schönwetterkonzepte verbauen zunehmend den Weg des deutschen Bildungserfolges. Angeführt von politischen Akteuren ohne die nötigen Fachkenntnisse.

 

Notengebung im gesellschaftlichen Kontext

Was aber hat es mit der Notengebung auf sich? Dass den Schüler*innen damit ein gewisser Orientierungsrahmen über ihre aktuellen Leistungen gegeben wird ist, nicht die ganze Wahrheit. Denn Noten haben aus ihrer Historie heraus eine gesellschaftlich- selektive Funktion. Diese wird oft verschleiert und zugleich kritisiert, weil sie den demokratischen Ansprüchen nicht mehr genügt. Die Noten sind Ausdruck von Herausforderungen an einen Staat mit wirtschaftlicher Ausrichtung, der auf Grundlage der „freien Marktwirtschaft“ zu funktionieren hat. Hier zählt nicht das Individuum, so wie es Schule stets suggeriert, sondern die Arbeitskraft. Sie muss funktionieren und hat sich den Vorgaben der „freien Marktwirtschaft“ bedingungslos anzupassen.

Diejenigen, die das nicht können oder wollen, haben bereits verloren. Und diese Verlierer werden immer mehr. U.a. auch dadurch, dass es nach Jahrzehnte langer Arbeit für eine auskömmliche Rente nicht mehr reicht. Nach der Agenda 2010 und einer rot-grünen Regierung wurde die Bundesrepublik zu einem der größten europäischen „Niedriglohnsektoren“ (20) umfunktioniert und machte Deutschland zusammen mit den Billigimporten von Gas und Öl aus Russland und den niedrigen Lohnstückkosten zu einem der aggressivsten Exportländer mit extremen Exportüberschüssen überhaupt, (21) was den Neid, aber auch unbändige Wut der leitragenden Nachbarländer entfachte. Die Leiharbeit hatte Hochkonjunktur. Der deutsche Wirtschaftsabschwung, der im engen Zusammenhang mit dem Russlandsanktionen steht, dürfte die politischen Kritiker freuen.

Fest steht, „der Ukrainekrieg ist nicht nur eine militärische Auseinandersetzung; er ist auch ein Wirtschafts- und ein Informationskrieg“. (22) Im Schatten der Russlandsanktionen hat in Deutschland eine verstärkte Verschiebung von Wohlstand stattgefunden. Die einhergehende Inflation hebt den nimmer enden wollenden Verteilungskampf nunmehr auf „Level XXL“. Und der fängt in der Schule mit dem aggressiven Kampf um die besten Schulnoten an.

Und wo es keinen Schuldigen zu packen gibt, da muss nach dem Ansatz der „Psychologie der Verschiebung“ (23) ein Ersatz her. Das wurde bei den Silvesterkrawallen in vielen Städten Deutschlands nur allzu deutlich. Dabei wurden staatliche Autoritäten massiv angegriffen. (24) Möglicherweise hatte sich ein psychisches Ventil geöffnet, um der aufgestauten Aggression freien Lauf zu lassen. Dass diesem Massenphänomen ein solches Erklärungsmuster zugrunde liegen könnte, das kommt sowohl der Politik als auch den Medien nicht ansatzweise in den Sinn. Dabei steht nicht erst seit kurzem fest, dass im Rahmen des immerwährenden Verteilungskampfes und der nun einhergehenden Rezession und Inflation der Kampf um die besten Arbeitsplätze zunimmt, wobei der Ausleseprozess durch Schulnoten noch mehr Brisanz in Form von Depression und Aggression erfährt. Hierdurch öffnen sich immer wieder „Ventile“ mit unabsehbaren Folgen. Diese gesellschaftlichen Phänomene machen das Schulleben nun wirklich nicht einfacher.

 

Theorie der Schule

Der Bildungstheoretiker Helmut Fend gliedert diese gesellschaftlichen Funktionen der Schule in Qualifikations-, Selektions- und Legitimationsfunktion. (25) Diese Ansicht hat er 1980 in seinem Buch ,,Theorie der Schule” veröffentlicht, welches in der Folgejahren in weiteren überarbeiteten Neuauflagen erschienen ist. (26) So werden nach Fend u.a. „Spielregeln“ hinsichtlich von „Herrschaft und Gehorsam erlernt und akzeptiert“! (27)  Unbestritten hierbei ist die Selektionsfunktion durch die Notengebung selbst. Selektionsfunktion und Notengebung bedienen Hand in Hand ein wirtschaftliches System, welches stets mit dem Mantra der „freien Marktwirtschaft“ in Verbindung gebracht wird. Es ist profitorientiert ausgelegt und belohnt die Gewinner zunehmend im höchsten Maße, während die Verlierer gnadenlos auf der Strecke bleiben. Ausgedrückt in der Formel: „Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer“. (28)

In einer Zeit, in der sich Energie,- Rüstungs- und Pharmakonzerne, aber auch Lebensmittelkonzerne, eine goldene Nase verdienen, (29) während die Masse der Bevölkerung mit der massiven Entwertung ihres sauer verdienten Geldes zu kämpfen hat. Auch „Europas Mittelschicht rutscht Richtung Armut“! (30) Der Verteilungskampf um die besten Plätze in der Gesellschaft ist schon seit Jahren im Gang. Der Run auf die Gymnasien, der Schulform mit dem höchsten Bildungsabschluss, oder auf die privilegierten Privatschulen, deren soziale Abschottung ein bekanntes Phänomen darstellt, (31) ist eines der Symptome, die das allgemeinbildende Schulwesen mehr und mehr belastet. Darauf aber reagiert die Politik eher beschwichtigend als angemessen.

In der „freien Marktwirtschaft“ wird ohne Rücksicht auf Verluste alles, was geht, zu Geld gemacht, so dass mit Recht die Rede sein darf von einem „kapitalistischen System“ oder kurz vom „Kapitalismus“. Wer zu den Gewinnern dieses Systems gehört oder auch nicht, darüber entscheidet u.a. die allgemeinbildende Schule mit Hilfe des selektiven Systems der Notengebung sowohl in ihren öffentlichen, als auch in ihren privaten Einrichtungen. Bei vielen lebenserfahrenen Eltern herrscht Alarmstimmung.

Wenn also die Notengebung in der Schule wirklich abgeschafft werden soll, so müsste zunächst das System im Umfeld der Schule grundlegend reformiert werden. Aber wer will schon den ressourcenträchtigen „Kapitalismus“ abschaffen. Der läuft mittlerweile zur Höchstform auf und zuletzt werden auch Kriege darum geführt, deren Ziele fadenscheinig als demokratie- und friedenserhaltende Maßnahmen ausgewiesen werden. In der Hauptsache geht es um Öl, Gas und seltene Erden. Es geht um Rohstoffe, die vorwiegend u.a. im Irak, (32) Iran, Syrien, Venezuela oder im Kongo (33) oder in Lateinamerika (34) zu finden sind. Die massenhaften Importe dieser nicht wirklich bezahlten Bodenschätze garantieren den ungleich verteilten Wohlstand in den wenigen, aber reichsten Industriestaaten der Welt, wozu auch Deutschland gehört. Der Kapitalismus verbietet jede Alternative. (35)

Somit dürft klar sein, dass die Kultusministerin, Julia Willie Hamburg (GRÜNE), nicht wirklich daran interessiert sein kann, die Notengebung abschaffen zu wollen. An der selektiven Anpassungsbeurteilung von Kindern und Jugendlichen. lässt sie keinen Zweifel. Schließlich muss jeder Ministerposten das aktuelle System bedienen, ansonsten werden die Amtsinhaber*innen kritisiert, diffamiert und schließlich aussortiert. Eine freie persönliche Meinung steht solchen Positionen erst gar nicht zu. Schließlich fordert das marktwirtschaftlich orientierte System stets die „Spielregeln“ hinsichtlich von „Herrschaft und Gehorsam“ ein.

 

Aus Individuen werden Nummern

Nach dem vorliegenden Koalitionsvertrag haben SPD und Grüne in Niedersachsen beschlossen, „es den Schulen zu "ermöglichen, auf die gegenwärtig numerische Notengebung zu verzichten". (36)

Mit dieser Aussage wird offenbar, dass die Politik –wie übrigens erschreckend viele Lehrkräfte auch- die Notengebung überhaupt nicht verstanden hat. Eigentlich ist das hierarchische Notensystem sehr transparent. Dagegen führt z. B. das fortwährende Durcheinander zwischen Qualitäts- und Quantitätsbewertungen zu eklatanten Missverständnissen. Qualitative Leistungsbewertungen mit quantitativen gleichzusetzen, das geht (eigentlich) nicht. Das widerspräche der Bedeutung der Noten. Das Nummerische, das betrifft die Noten 1 bis 6, dient ausschließlich einer qualitativen Zuordnung, einer ausdrücklich transparenten und hierarchischen geordneten Form einer textlichen Ausführung mit verständlichem Charakter. Die ausschließlich qualitativen Größen aber zu quantitativen zu degradieren, um mit diesen z.B. Durchschnittsgrößen zu berechnen, zeigt, wie unkritisch das qualitative Bewertungssystem verbogen wird. Hier werden Äpfel mit Birnen gleichgesetzt. Eine solche Handhabung weist auf eine contra-pädagogische Gewohnheit hin, die bisher wenig bis nie hinterfragt wurde.

Das marktwirtschaftlich orientierte Zeitalter offenbart sich stets als fortschrittlich. Dieser Fortschritt wird in Zahlen ausgedrückt. Wenn es aber im Zeitalter der „freien Marktwirtschaft“ gewollt ist, alles in Zahlen, in statischen Zuordnungen, in mathematischen Wahrscheinlichkeiten und auch in monetären Werten auszudrücken, dann kommt man um die Ausblendung des soeben angedeuteten Widerspruchs nicht herum. Um die qualitativen Eigenschaften aller Individuen für die „freie Marktwirtschaft“ anzupassen, werden sie einfach quantifiziert. Aus Äpfeln werden Birnen. Das führt z.B. dazu, dass mittlerweile jedem Individuum eine seelenlose Steuernummer zugeordnet wird. Ab jetzt sind alle logistischen Schritte über Algorithmen steuerbar. Im Zeitalter der Digitalisierung bedarf es zugleich keiner Individuen mehr. Das ist schließlich der Sinn der „quantifizierten Individualisierung“. Aus den Individuen sind Nummern geworden, die im Zeitalter der digitalisierten Automatisierung ohne weiteres auf Maschinen übertragbar sind. Mensch und Maschine sind zu einer Einheit verschmolzen. Die „freie Marktwirtschaft“ kennt keine Unterschiede. Nicht zwischen Mann und Frau, (37) so auch nicht zwischen Mensch und Maschine.

 

Hinter leistungsbezogenen Zahlen stehen Sätze

Doch mit den Schulnoten es sich noch anders verhalten. So verbergen sich hinter den Zahlen 1 bis 6 nicht nur Ausdrücke von „sehr gut“ bis „ungenügend“, sondern auch wohldefinierende Texte, die verständlich formuliert sind, wenn man sie denn kennen würde. Diese wurden mit dem Beschluss der Kultusministerkonferenz im Jahre 1968 verbindlich festgelegt. (38)

Wer jetzt immer noch meint, Schüler*innen den Hintergrund einer nummerischen Leistungsbeurteilung nicht transparent machen zu können, der sollte daran erinnert werden, dass zumindest Wochen vor den Zeugniskonferenzen –wie auch während des gesamten Schuljahres- Gespräche mit den verantwortlichen Lehrkräften möglich sind. Auf Nachfrage erklären sie, nach welchen Kriterien die nummerische Noten zustande gekommen sind und wie diese die pädagogischen Maßstäbe erfüllen. Darüber hinaus gibt es regelmäßig Sprechtage, bei denen die Fachlehrer*innen den Eltern oder Erzieher*innen den Leistungsstand der Schüler*innen genau erklären können. Diese Gelegenheiten müssen nur wahrgenommen werden.

 

Ein Blick in die Praxis

Im Folgenden mögen einige kurze Beispiele die Transparenz der nummerischen Notengebung verdeutlichen:

M. bekommt im Fach Deutsch ein „sehr gut“, weil die Anforderungen in besonderen Maße erfüllt sind. M. hat sich am Unterricht stets ausdauernd und vorbildlich beteiligt, wobei M. den übrigen Schüler*innen oft voraus war und weiterführende Gedanken mit eingebracht hat. M´s. Klassenarbeiten waren äußerst strukturiert und in besonderem Maße ausführlich und verständlich dargelegt. [Hier folgt eine kurze Auflistung von möglichen Beispielen.] Bei gleichbleibenden Leistungen wird M. auch in Zukunft sehr erfolgreich in der Schule mitarbeiten können.

S. bekommt im Fach Mathematik ein „befriedigend“, weil die Leistung den Anforderungen im Allgemeinen entspricht. S. gibt sich Mühe, doch fehlende Ausdauer mindert die erbrachten Leistungen. [Hier folgt eine kurze Auflistung möglicher Beispiele.] Bei mehr Konzentration im Unterricht sind die Leistungen von S. oft sehr erfreulich. Doch mit mehr Ausdauer und Konzentration könnten deutlich deutlich besser ausfallen, so dass die Aussicht auf eine bessere Note sehr wahrscheinlich ist.

D. hat im Fach Geschichte ein „mangelhaft“ erreicht, weil die Leistungen den Anforderungen nicht entsprechen. So lässt die Mitarbeit im Unterricht stark zu wünschen übrig. [Hier folgt eine kurze Auflistung möglicher Beispiele.] Alles das hat Auswirkungen auf die Klassenarbeiten, die nicht so recht gelingen wollen. D. zeigt jedoch, dass die notwendigen Grundkenntnisse vorhanden sind und die Mängel in absehbarer Zeit behoben werden könnten, so dass mindestens ein „ausreichend“ zu erzielen wäre.

Anzumerken bleibt, das ein „ungenügend“ sich von einem „mangelhaft“ insofern unterscheidet, als dass die Zukunftsprognose nicht mehr positiv ausfällt. Hier heißt es laut KMK von 1968: „(…) die Grundkenntnisse [sind] so lückenhaft (…), dass die Mängel in absehbarer Zeit nicht behoben werden können.“ Letztere Beurteilung auf dem Jahresabschlusszeugnis führt u.a. dazu, dass das Schuljahr wiederholt werden muss.

Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass Schulnoten keine sozialen Beurteilungen darstellen, obwohl sie laut Schulgesetz den pädagogischen Aspekt mit berücksichtigen sollen. Für das individuelle Sozialverhalten gibt es gesonderte Definitionen, die im Übrigen auch min Nummern ausgedrückt werden, um das Sozialverhalten zu beurteilen. Warum es zusätzlich zu den Schulnoten für die einzelnen Fächer dann noch eine allgemeine Note im Leistungsverhalten geben muss, erschließt sich keiner Logik. Die fachlichen Leistungen wurden bereits in den Schulnoten der jeweiligen Fächer berücksichtigt.

Alles in allem muss es für alle Lehrkräfte, aber auch für viele Eltern, befremdlich wirken, wenn über die „Abschaffung von Schulnoten“ schwadroniert wird, die angeblich unverständlich seien. Diese Noten nun durch wertende Texte ersetzen zu lassen, ist in der vorliegend gebotenen Form nichts anderes als Polit-Kitsch und zeugt von Ahnungslosigkeit im höchsten Maße, weil überflüssig. Denn hinter den Nummern, die die Schulnoten klassifizieren, stehen Texte, die unmissverständlich sind. Das konnte soeben demonstriert werden.

 

Konkurrierende Werte

Trotz alledem bleibt die Leistungsbeurteilung von Kindern und Jugendlichen stets problematisch. Das ist besonders dann der Fall, wenn nicht deutlich wird, was außer Anpassung und Gehorsam von ihnen noch erwartet wird. Die Vermittlung von Werten stößt mittlerweile immer heftiger auf Widerstand. In einer Zeit, in der Fleiß, Ausdauer und Respekt immer weniger Anklang in der Gesellschaft finden, gerät die Passung zwischen Schule und Gesellschaft aus den Fugen. Die Zeit hat das bisherige Schulsystem mit ihren neu konstruierten Werten, die Wissenschaftlichkeit, Völkerverständigung und Neutralität zunehmend aushebeln, bereits überholt. Vielleicht dürfte es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis die neu konstruierten Werte zum applaudierten Standardrepertoire des allgemeinbildenden Schulunterrichts werden. Diese würden dort auch dem Dichter Serhij Zhadan einen Platz bieten. Texte wie z. B. „die Russen sind Tiere, Barbaren, Ungeziefer, eine Horde, Verbrecher, Schweine, die in der Hölle braten sollen“. (39) fänden sich dann auch in den vorgeschriebenen Curricula wieder.

Wenn Schule also das allgemeinbildende Schulsystem aus seiner Tradition heraus die klassischen Werte vertritt, die zunehmend in Konkurrenz mit den neukonstruierten Werten stehen, so gibt es ein Problem. Das wird dadurch verschärft, dass die Politik immer weniger Vorbilder für die traditionellen und immer mehr lautstarke Befürworter für die neukonstruierten Werte vorweist. Dieser politische Machtkampf hebelt die Passung zwischen Schule und Gesellschaft gewaltig aus. Wenn also die kulturellen Werte zunehmend mit den neukonstruierten in Konkurrenz treten, so muss sich keiner mehr über die bildungspolitischen Zustände und deren Folgen wundern.

 

Der Mensch lebt, um zu arbeiten

In einer marktwirtschaftlich seelenlosen Zeit, in dem die Elternpaare z.T. mit ihrer ganzen Kraft, Zeit und mit wenig Gehalt in die Arbeitsprozesse der „freien Marktwirtschaft“ eingebunden sind, bleibt die häusliche Erziehung besonders bei den einkommensschwachen Familien außen vor. Erziehung im Sinne der Wertevermittlung findet dann oft nicht mehr statt.

Nach dem marktwirtschaftlichen Ansatz, „der Mensch lebt, um zu arbeiten“, bleibt das Lebensziel stets die Arbeit und nicht der Ruhestand. Mit diesem Ansatz wird die Rente immer geringer ausfallen müssen. Das auch in Form eines im später werdenden Renteneintrittsalters. Immer mehr Menschen müssen sich schon heute auf eine geringe Rente einstellen. (40) Und die wird bekanntermaßen nicht allein durch die Erwerbsbiografie verursacht. Es sind die sich verbreitenden Hungerlöhne, die eine auskömmliche Rente blockieren. Die aktuelle Inflation verschärft die Situation zunehmend.

Das haben auch zunehmend die Erziehungsberechtigten begriffen, die in diesem Fahrwasser schwimmen. Sie denken an ihre Kinder und die sollen es später mal besser haben. Dass sie dann ihre z.T. überforderten Kinder in die Bildungseinrichtung mit dem höchsten Abschluss, also dem Gymnasium, schicken müssen, ist nur allzu verständlich. Schließlich suggeriert das Abitur die besten Chancen im Leben. (41)

Doch der enorme Leistungsdruck, unter dem sehr viele Kinder und Jugendliche leiden, lässt so manche Stilblüten aufkeimen. Um Kinder und Jugendliche vor diesem Druck zu schützen, werden u.a. legale Vorteilsmöglichkeiten gesucht. Hierzu sind aber psychologisch aufwändige Gutachten vorgeschrieben. So manche Kinder und Jugendliche gehen diesen Weg, wenn die Eltern dahinterstehen. Einige Gutachten bestätigen den Verdacht individueller leistungshemmender Einflüsse, andere auch nicht. Sie bestätigen jedenfalls die These, dass „immer mehr Kinder sind an den Gymnasien überfordert“ sind. (42) Damit sind Kinder gemeint, die dem Leistungsdruck nicht mehr standhalten. Um das Unangenehme zu lindern, bedarf es weiterer „Ventile“, die dem Leistungsdruck seine Spitzen nehmen. Den Schutz davon bietet der „Nachteilsausgleich“ (41) oder gar die „sonderpädagogische Förderung“. Letztendlich deshalb, um eine Notengebung zum Besseren zu erreichen. (43)

 

Belastbarkeitsgrenze überschritten

Nicht nur das Gymnasium, sondern auch die übrigen Schulformen des allgemeinbildenden Schulsystems schon sind bei all den Verfahrensvorschriften heillos überfordert. Aufgrund der vielen bürokratischen Monster, - Vorschriften, Verordnungen und demokratischen Verfahren - bleibt das Kernanliegen „Bildung durch Unterricht“ auf der Strecke. Das System leidet u.a. an einem chronischen Lehrermangel - „ An deutschen Schulen fehlen mehr als 12.000 Lehrkräfte“ - (44) und zu große Klassen tragen das Übrige dazu bei. So findet Wissensvermittlung in den Schulen vielerorts nicht mehr statt. Zunehmend stehen Erziehungsaufgaben im Mittelpunkt des allgemeinbildenden Unterrichts, für die in früheren Zeiten die Elternhäuser zuständig waren. Dass somit die Lehrkräfte bis an die Belastungsgrenzen gefordert werden, steht nicht zur Debatte. Der Lehrernachwuchs schmeißt zunehmet das Handtuch. (45)  

Darüber hinaus schwadroniert die Politik zunehmend davon, Migration freizügiger zu gestalten. (46) Dass die Schulen nicht erst jetzt aufgrund der Flüchtlingszuwanderung aus der Ukraine überfordert sind, dürfte klar sein. (47) Nun aber die Migration anzuheizen und die Schulen damit weiter in den Garaus zu treiben, ist unverantwortlich. Die Belastbarkeitsgrenze ist bereits überschritten. Mittlerweile darf von einer Bildungskrise gesprochen werden. (48) Schule kann unter den gegenwärtigen Bedingungen die Bildungsinstitution Schule nicht mehr annähernd das leisten, wofür sie eigentlich vorgesehen ist. Das ist in der Politik noch nicht angekommen. Auch bei den eitlen Vielrednern der Lokalpolitik nicht.

 

Fake News der Wahlprogramme

Die nötigen Lehrkräfte fehlen und in den nächsten Jahren werden es noch mehr sein. (49) Für dringend benötigte Investitionen ist jedoch kein Geld da. Das Land ist hier auf striktem Sparkurs. Nun soll es in Niedersachsen doch kein A13 für Lehrer*innen der Sekundastufe 1 geben, geschweige denn ein milliardenschweres Sondervermögen für Bildung. Ähnlich wie beim Gesundheitssystem hat das Bildungssystem die Regeln des freien Marktes zu erfüllen. D.h. es muss möglich billig funktionieren.

Das betrifft im Übrigen auch die Gehälter der Lehrenden. Somit war die A13-Besoldung für Lehrer*innen der Sekundastufe 1, das sind die Grund-, Haupt-, Real-und Oberschulen, ein populistisches Versprechen. Ähnlich verhält es sich mit dem Versprechen zur „Versorgung von Schülern mit Laptops (…) Diese Haltung ist (…) blamabel und kommt einem Offenbarungseid gleich, im Wahlkampf viel zu vollmundig gewesen zu sein“. (50) Die politisch Verantwortlichen haben keinen Plan, Bildung zukunftsweisend auszurichten. Auf Neudeutsch könnte man sagen, nicht nur die A13-Versprechungen waren Fake-News in den Wahlprogrammen. Die Wähler*innen sind darauf hereingefallen, wobei es keine Rücknahmegarantie für diese Stimmen gibt.

Der Sack ist zu, der Betrug ist perfekt und zur Ablenkung des gebrochenen Wahlversprechens muss ein anderes Thema her. Und zwar so, dass es ein elementares Anliegen breiter Gesellschaftsschichten betrifft, ohne dass irgendwelche Veränderungen in Aussicht gestellt werden. Daher die Anmerkung „freiwillig“! (51) Somit wird sich an dem System der Schulnoten sowie insgesamt am System selbst nichts ändern. Ob in Prozenten oder in Zahlen ausgedrückt: Es wird das bleiben, was der Auslese in jungen Jahren weiterhin dient. Die Unterprivilegierten bleiben auf der Strecke, die privilegierten aus vorwiegend bildungsnahen Familien sind die Gewinner dieses Systems. Der bildungspolitische Offenbarungseid, begleitet von pädagogischen Verdrehungen, könnte nicht deutlicher ausfallen. Gute Nacht Deutschland.

 

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Das Problem der Schule liegt sicher nicht bei der Notengebung. Denn diese ist inflationär geworden und hätte eigentlich ausgedient. Im streng pädagogischen Sinne sowieso. Besonders deshalb, weil offiziell das Interesse am Unterrichtsfach im Mittelpunkt stehen sollte und nicht dessen Benotung.

Mit den bisherigen Reformansätzen aller Kultusminister*innen, die vorwiegend Instruktionen der „freien Marktwirtschaft“ zu bedienen haben, ist keine Besserung des deutschen Bildungssystems zu erwarten. Die übergroßen Klassen und der gravierende Mangel an Lehrpersonal werden bleiben. Schließlich soll eine „unnötige“ Höherverschuldung durch Reformen vermieden werden. Sondervermögen sind undenkbar. Das wird dann in der Bildungspolitik als „solide Haushalsführung“ bezeichnet und am Ende noch mit der Holphrase „Schuldenbremse“ als politisches Eigenlob verwurstet. Die politischen Nebelkerzen wie z.B. „Schule ohne Noten“, „Bezahlung nach A 13“, Versorgung von Laptps“ wie auch „Integration und Inklusion“ sind ausschließlich weitere holphrasige Symptome dieser Reformverweigerung.

Die Bildungspolitik scheint somit vorwiegend auf Hoffnungen und Wünschen zu beruhen, die viele der „Sonntagsreden“ inflationär prägen. Na denn: „Fack ju Göhte“!

 

Quellen-BNS

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