Sozialdemokraten ziehen natürlich auch den Schwerpunktbereich „Energie und Umwelt“ in ihre Überlegungen mit ein. Auch sie treten für regenerative Energiepotenziale ein. Mit dieser Betrachtungsweise wird Energie aber nicht billiger, denn die neuen Technologien müssen zunächst einmal finanziert werden. Die Energiekosten werden steigen, da bedeutende und innovative Investitionen nötig sind. Und wenn man die Energiekosten in den Griff bekommen möchte, so wird man nur zusehen können, dass die Preise nicht exorbitant schnell steigen. Eine wirkliche Einsparmöglichkeit gibt es nicht. Anderslautende Pressemitteilungen verkennen die spezielle Situation in Cloppenburg und sind purer Populismus. Die gemeinsame Pressemitteilung im Schulterschluss mit den Grünen und der UWG wurde in der SPD-Fraktion zuvor nicht gebilligt.
Im Übrigen könnten Erzeuger, Betreiber, Investoren oder der Gesetzgeber Einfluss nehmen, um die Kosten für Energie effektiv zu senken. Neben dem Erzeugerpreis bei Strom und der dazugehörigen Konzessionsabgabe z.B. gibt es die Strom- (Öko-)Steuer, die KKW-Umlage, die Umlage nach § 19 StromNEV, die Offshore-Umlage, die EEG-Umlage und vor allem die Umsatzsteuer von 19%. Ob eine solches Umlagen- bzw. Finanzierungsmodell alternativlos ist, sollte doch mal überprüft werden! Vielleicht könnte der Normalverbraucher bei einem alternativen Modell wirkliche Einsparungen verzeichnen. Auf Initiative des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel denkt die Bundespolitik über Alternativen bereits nach. Besonders auf dieser Ebene wäre ein Erfolg dringend erforderlich.
Hintergrund der lohnenden Übernahme der Netze durch die Cloppenburger Kommunen wäre eine Renditeerwartung von 9% für die neuen Eigentümer gewesen. Doch diese Angabe erwies sich als fehlerhaft. Sie gilt nur für Neuanlagen. Bei der Übernahme der EWE-Netze hätten die Gemeinden im Landkreis Cloppenburg Altanlagen bekommen. Die Renditeerwartung hätte also nur 7% betragen. So schreibt es die Bundesnetzagentur vor. Hinzuzufügen bleibt, dass hohe Renditeerwartungen bei der gegenwärtigen Niedrigzinspolitik risikobehaftet bleiben. Nicht selten stehen vor allem Kleinanleger nach einer Zeit voller Hoffnung vor dem Nichts !
Bereits in den Tagen vor der Ratsentscheidung haben mir die Energieunternehmen THÜGA und ENERCON z. T. wiederholt deutlich gemacht, dass ausgehandelte der Kaufpreis derart hoch sei, dass sich ein wirtschaftliches Auskommen nach der Übernahme der Netze in den ersten drei Jahren nicht garantieren ließe. Ob die Stadtwerke Osnabrück, die sich noch zuletzt als Strategischer Partner offenbart hatten, weiterhin Interesse gezeigt hätten, darf bezweifelt werden. Nach unbestätigten Angaben seien auch sie auf dem Rückzug gewesen. Zuletzt wären die ENW ohne Strategischen Partner gewesen und die Suche danach hätte von vorne beginnen müssen. Was es heißen könnte, ohne ausreichende Kompetenzen zu bleiben, weil die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nachweislich fehlte, bescheinigte das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht dem Landkreis Leer am 16.09.2013. Das Bestreben zur Rekommunalisierung wurde untersagt.
Zuletzt habe ich gegen den massiven Druck in der eigenen Fraktion für die Wahrnehmung des Sonderkündigungsrechts gestimmt. Mit einer knappen Mehrheit wurde dann auch das ENW-Modell im Rat der Stadt Cloppenburg abgewählt.
Als Sozialdemokrat habe ich mir meine Entscheidung nicht leicht gemacht. Im Vorfeld hatte ich noch die Unterstützung weiterer SPD-Fraktionskollegen, deren Meinungsbild auch in der zuständigen Verwaltungsausschusssitzung vertreten wurde. Doch die waren am Samstag vor der Ratssitzung plötzlich anderer Meinung. Der Meinungswechsel hatte z.T. fraktionsinterne Gründe. Dabei wollten sie und ich noch in der Woche vor der Ratssitzung über eine Pressemitteilung die sozialdemokratische Ausrichtung vertreten. Der Artikel war bereits fertig und musste nur noch an die Presse weitergeleitet werden. Daraus ist nun nichts geworden. Eine wirklich stichhaltige Begründung für den Meinungsumschwung habe ich von meinen Fraktionskollegen nie gehört. Immerhin hatte jedes Ratsmitglied zwei Jahre Zeit, sich eine eigene Meinung zum Thema „Konzessionsverträge“ bilden zu können.
Erst später erfuhr ich, dass viele Menschen enttäuscht über die Cloppenburger SPD waren. Wie kann man nur die Existenz vieler Familien leichtfertig aufs Spiel setzen, war immer wieder zu hören. Die Menschen konnten das Verhalten der SPD-Fraktion überhaupt nicht verstehen. Sie hätten von der SPD-Fraktion mindestens eine eigenständige Stellungnahme während der entscheidenden Ratssitzung erwartet, so resignierte Meinungen.
SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und UWG haben es mit Vehemenz vermieden, ein Gegengutachten zur Unternehmensberatung GPP erstellen zu lassen. Dass es mit SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und der Gruppe CDU/FW-BFO auch anders gehen kann, zeigt die klare Entscheidung für die EWE in Oldenburg. Zumindest steht fest, dass es in Cloppenburg an einer substantiell korrekten Einwendung gegen die EWE gefehlt hat. Das Gewissen gewählter Ratsmitglieder galt zuletzt als unerwünscht.
Es gibt noch vieles Mehr zu sagen, wie sich meine Entscheidung begründet. Die hier vorliegende Kurzdokumentation soll nur ein Auszug eines Meinungsbildungsprozesses sein, der in der SPD-Fraktion eher rudimentär stattgefunden hat. Auch wurde kein Gegengutachten zur Rekommunalsierung –wie in Oldenburg geschehen- eingefordert. Das war ein Fehler! Leider stand für die Grünen und für Teile der SPD-Fraktion von vornherein fest, dass die EWE das unerwünschte Geschäftsmodell sein sollte. Somit hätte ich für die ENW stimmen müssen. Aber die Ideologie hat sich nicht durchsetzen können.
Mit meinem Abstimmungsverhalten stehe ich nicht im Widerspruch zur Mehrheit der SPD im Landkreis Cloppenburg und in der Stadt Oldenburg. Darüber hinaus stehe ich zu meinem Abstimmungsverhalten und werde auch weiterhin sozialdemokratische Politik im Rat der Stadt Cloppenburg vertreten.
Dr. Hermann Bergmann
(Ratsherr im Rat der Stadt Cloppenburg für alle Cloppenburger Bürger)
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