slogan_bot-b
Leiste-H-01

________________________________________________________________

Der Fall Ortac

Psychogramm der VerhÀltnisse

Wie Claqueure den Ruf der SPD schÀdigen

HFB-01-04-2017

________________________________________________________________

 

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Adem Ortac, dem Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Cloppenburger Stadtrat. Es soll mögliche Asylbewerber betrogen haben, indem er ihnen gefÀlschte Aufnahmebescheide verkauft habe, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Inzwischen ist gegen den Rechtsanwalt ein vorlÀufiges Berufsverbot verhÀngt worden.

 

Ortacs Fall soll nicht schöngeredet werden. Dennoch ist festzustellen, dass sich im konkreten Fall immer seltsamere BlĂŒten entwickeln. War Ortac doch eher eine Notlösung und weniger ein SympathietrĂ€ger im Amt des Fraktionsvorsitzenden. Und haben doch viele der jetzigen SPD-MandatstrĂ€ger die (politische) Arbeit nicht gerade erfunden.

War nicht Ortac der LeistungstrĂ€ger und das neue AushĂ€ngeschild fĂŒr die Cloppenburger SPD? Nun aber strebt der eine oder andere der angeblich erfahrenen Genossen nach Höherem, ohne jemals selbst eine (politische) Leistung erbracht zu haben. Den Verantwortlichen scheint nicht klar zu sein, dass Erfahrung aktuell umso nötiger in der Partei selbst gebraucht wird. FĂŒr eine bessere Außen- und Innendarstellung der Cloppenburger SPD. WĂ€re es nicht dringender, wenn die Genossen gerade das einmal fĂŒr sich diskutierten?

Leider ist das nicht geplant. Hiervon ist man weit entfernt. Als ausbaufĂ€higes Thema sieht man ausschließlich „Ortac“. Ein Thema, welches von den eigenen Defiziten ablenken soll. Somit wird Ortac ĂŒber den staatsanwaltlichen Vorwurf hinaus als PrĂŒgelknabe fĂŒr alle parteiinternen Verfehlungen herhalten mĂŒssen. Zugleich ist er WerbetrĂ€ger fĂŒr die SaubermĂ€nner in der Partei. Die nĂ€mlich können sich ihren eigenen Glanz verpassen, indem sie nun richtig austeilen. Verantwortungs- und rĂŒcksichtslos. Auch gegen die Familie Ortac mit zwei jĂŒngeren Kindern! Eine bessere Außendarstellung wird sich hiernach natĂŒrlich nicht einstellen. Eher das Gegenteil. Das aber scheint egal zu sein.

 

* * *

 

Was aber wird Ortac vorgeworfen? Wie reagieren die SPD-Genossen darauf?

Laut NDR Aktuell stellt sich der Fall (23.03.2017/ 21:45 Uhr) wie folgt dar: (1)

Anmoderation (Thomas Kausch): „Offenbar sind die Genossen von der Nachricht kalt erwischt worden.“

Kommentar (Christina Gerlach): „Niemals haben wir Ortac so etwas zugetraut. Sie sind bitter enttĂ€uscht. Er galt ja auch als HoffnungstrĂ€ger der SPD. Jung,  eloquent. Er war schon mit 33 Kandidat fĂŒr die Landtagswahl in Niedersachsen und er ist einstimmig gewĂ€hlt worden 2014 zum Fraktionsvorsitzenden der SPD in Cloppenburg. Und es ist erstaunlich, dass in diesem kleinen Ort niemand etwas gemerkt hat, keinen Wind bekommen hat von den Ermittlungen. Denn die laufen bereits seit Ende des vergangenen Jahres gegen den Rechtsanwalt. Und es gibt auch ein vorlĂ€ufiges Berufsverbot, was das Amtsgericht verhĂ€ngt hat und dafĂŒr –das kann man sagen- mĂŒssen die Indizien, die Beweise, die bei der Durchsuchung gefunden worden sind, schon sehr, sehr erdrĂŒckend sein.“

Kausch: „Wie ist die Sache jetzt aufgeflogen?“

Gerlach: „Ortac soll ja gefĂ€lschte Papiere ins Ausland verschickt haben, gegen Geld und damit wollten diejenigen, die gezahlt haben, eine Visum fĂŒr Deutschland besorgen. Und das hat nicht geklappt. Darauf haben sie sich beschwert und somit ist die ganze Sache aufgeflogen.“

Erstmals berichtet wurde ĂŒber den Fall Ortac in der Lokalpresse. Auch hier geben sich die Genossen als SaubermĂ€nner aus. Doch zuletzt zeigen sie ihr wahres Gesicht. Es zeigt alles andere als die dick aufgetragene Unschuldsvermutung. Nach und nach kippt die allzu demokratische KonformitĂ€t. Die Kommentatoren erweisen sich mehr und mehr als Wichtigtuer und Quacksalber. Nun ist sicher, dass die Unschuldsvermutung nie ernst gemeint war. Und am Ende nimmt die Öffentlichkeit die Genossen in die Pflicht. Die bisher mittelbar ausgerufene Vorverurteilung wird zum SelbstlĂ€ufer. Ab jetzt trĂ€gt der Populismus die herbeigeredeten FrĂŒchte. (2)

NWZ-Ortac-Entgleisung-nicht-zugetraut-17-01b

Nun erweisen sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Ortac als eine angeblich ĂŒberraschende Nachricht. FĂŒr die Öffentlichkeit, fĂŒr die Ratsmitglieder und fĂŒr die “Parteifreunde” Ortacs. Entgegen allen gegenwĂ€rtigen Bekundungen muss es dem engeren politischen Kreis bereits lange zuvor bekannt gewesen sein, dass gegen Ortac ermittelt wird. Da die besonders eifrigen SPD-Ratsherren regelmĂ€ĂŸig mit Lokalredakteuren in Kontakt stehen, wird auch die Presse selbst nicht erst kĂŒrzlich von den Problemen Ortacs erfahren haben. Informiert von den Parteifreunden, von den Genossen höchstpersönlich. Von den möglichen Mitwissern ganz zu schweigen, die bereits im Vorfeld einiges mehr gewusst haben könnten. Somit verkommen die strapazierten Reaktionen wie das Bedauern, die Überraschungsbekundungen und die Lobeshymnen im Fall Ortac zu populistischen Facetten. Wirklich ernst gemeint waren sie nie. Ist die Unschuldsvermutung etwa ein Fake? Ja, das ist anzunehmen, denn die gibt es im Fall Ortac nicht, die hat es auch nie gegeben.

Da ist der SPD-Unterbezirksvorsitzende Kolde schon ehrlicher. Er verurteilt das mutmaßliche Vergehen Ortacs bereits vor Abschluss der staatsanwaltlichen Ermittlungen. "Ich hĂ€tte ihm die strafrechtlichen Entgleisungen nicht zugetraut", so seine voreilig verfasste Äußerung auf der SPD-Page des Unterbezirks. Dass er die noch schnell nachgeschobene Unschuldsvermutung wirklich ernst meint, ist Ă€ußerst zweifelhaft. (3)

Inzwischen ist Ortac von seinem Amt als Fraktionsvorsitzender zurĂŒckgetreten und die Hochzeit der Claqueure, Quacksalber und SaubermĂ€nner geht erst richtig los. Es herrscht Populismus auf ganzer Ebene. Die Genossen fordern Ortac auf, vom SPD-Ratsmandat zurĂŒckzutreten. Dann wĂ€re er kein Cloppenburger Ratsmitglied mehr. Ortac verweigert den RĂŒcktritt. Das wiederum erzĂŒrnt die Genossen, die keinen Widerspruch dulden.

Warum aber sollte Ortac auch zurĂŒcktreten, wenn die vielen Unschuldsvermutungen der Genossen wirklich ernst gemeint sind? Warum ein RĂŒcktritt, wenn er, Ortac, selbst behauptet, an den Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft sei nichts dran? Fest steht fast nichts, nur eins: Das Durcheinander der Wichtigtuer ist nicht zu ĂŒberbieten.

STrato-Ortac-17-01b

Die lokalen und ĂŒberregionalen Pressemitteilungen zum Fall Ortac hĂ€ufen sich. Hierzu haben die Genossen einen erheblichen Teil beigetragen. Dass diese FrĂŒchte des Populismus dem Ansehen der Cloppenburger SPD nicht dienlich sein werden, dĂŒrfte sich letztendlich bestĂ€tigen. Doch die Genossen dort setzen noch immer auf ein “weiter so”. (4)

Auch die SPD-BezirksfĂŒhrung Weser-Ems wurde eingeschaltet. Vom Vorsitzenden des SPD-Ortsvereins Cloppenburg höchstpersönlich. Der soll nun vorschlagen, wo es mit Ortac langzugehen hat. Von der Anordnung, Parteirechte auszusetzen,  bis hin zum Rauschschmiss aus der Partei sitzt alles drin, so lĂ€sst man lautstark in der die Öffentlichkeit verkĂŒnden. 

Doch die ĂŒbergeordnete SPD-Stelle in Oldenburg hĂ€lt sich vornehmen zurĂŒck. Dort scheint den Verantwortlichen die LautstĂ€rke der Cloppenburger Genossen wenig gelegen zu kommen. Jedenfalls wird in einer ersten Reaktion eine ausfĂŒhrliche BegrĂŒndung vom SPD-Ortsverein Cloppenburg gefordert, warum der SPD-Bezirksvorstand nun gerade im Fall Ortac aktiv werden sollte. Neuerdings beruft sich der SPD-GeschĂ€ftsfĂŒhrer darauf, dass Ortac alleine zu entscheiden habe, ob er sein Ratsmandat abgibt. Zugleich deutet sich an, dass viel Wirbel um Nichts die Nachrichten der letzten Tage bestimmt hat.

Es scheint, als sei den lautstarken Genossen der Wirbel das Hauptargument ihres Handelns und das Nichts das lĂ€stige Beiwerk dazu. Zudem scheint es, als wenn die Genossen in Cloppenburg etwas Grundlegendes vermissen: Keilte die SPD-Fraktion in der vergangenen Periode noch massiv gegen das Kauflandprojekt am Soeste-CarrĂ©, so tut sie das nun öffentlichkeitswirksam gegen eines ihrer eigenen Mitglieder. Was soll man davon halten? Das Armutszeugnis könnte nicht deutlicher ausfallen!

MT-Leserbrief-zum-Fall-Ortac-17-01b

Nach dem demonstrativen Breittreten des Falls Ortac durch die Sozialdemokraten selbst ist die Öffentlichkeit hellhörig geworden. Das Vorurteil ist angekommen. Die Öffentlichkeit nimmt die Genossen in die Pflicht und die bisher öffentlich ausgerufene Vorverurteilung wird zum SelbstlĂ€ufer. Nun trĂ€gt der Populismus die herbeigeredeten FrĂŒchte. (5)

Von dem Sozial der Cloppenburger Sozialdemokraten im Umgang mit den eigenen Leuten also keine Spur. Von der ach so  bezeugten Unschuldsvermutung schon gar nicht. Mittlerweile ist die Hochzeit der Quacksalber, Wichtigtuer und SaubermĂ€nner erst richtig  angebrochen. Sie  setzen alles dran, die Deutungshoheit ĂŒber Anstand, Moral, Gesetz etc. an sich zu reißen, indem Sie Ortac ohne irgendeinen Gerichtsbeschluss an den Pranger stellen. So etwas nennt man in der Regel Rufmord. Die Wichtigtuer haben es immer noch nicht gemerkt, dass es besser wĂ€re, einfach mal den Mund zu halten.

Selbstreflexion oder Einsicht scheinen völlig unbekannt zu sein. Noch immer meinen die lautstarken SPD-WortfĂŒhrer, sich und ihrer

Cloppenburger Partei  einen Gefallen damit zu tun, wenn sie möglichst öffentlichkeitswirksam in Erscheinung treten. Auch wenn Ortac einer von ihnen war und sich mehr dem Populismus und weniger den politischen Erfordernissen verschrieben hatte, so ist dieser Denkansatz falsch und die RealitĂ€t eine andere: In Wirklichkeit schaden die Protagonisten sich und der Cloppenburger SPD nur selbst. Sie zeigen, welche Fratze hinter ihrer selbstgestrickten sozialdemokratischen Maxime steckt. Diese Eigenwilligkeit ist dahingehend entlarvend, dass die Akteure trotz ausgewiesener FraktionsstĂ€rke politisch nichts zu bieten haben. Ihr politisches Verhalten ist schlichtweg dumm.

___________________

Quellen

    (1) NDR Aktuell, [GesprÀchsnotiz], 23.03.2017/ 21:45 Uhr

    (2) NWZ, Entgleisungen nicht zugetraut, 23.03.2017

    (3) SPD, Unterbezirk Cloppenburg, 21.03.2017

    (4) Kollage von Presseberichten aus MT und NWZ, MĂ€rz 2017

    (5) MT, SPD soll sich in aller SchÀrfe distanzieren, 1.04.2017

 

*