Realitätsverlust pur
Und einer, der das Spiel vor den Augen der Öffentlichkeit ungeniert mitspielt, ist der SPD-Kandidat des Wahlkreises Cloppenburg-Vechta, Kater. Hierbei scheint er die Linie der Realität weit hinter sich gelassen zu haben. Das Pamphlet, er traue sich ein Direktmandat zu, wird wohl kaum etwas mit einem gesunden Realitätsbewusstsein zu tun haben. Hier wird blanker Unfug verbreitet.
Auch seine weiteren Statements lassen einen Rückkehrwillen auf den Boden der Realität nicht erkennen. Ein alternativ fortschrittliches Wahlprogramm sieht anders aus. Das Anliegen, das sich soziale Gerechtigkeit zum Ziel setzt, bleibt bereits zu Beginn auf der Strecke. Die populistische Nachplapperei wirkt nicht nur wenig überzeugend, sondern entlarvt einen Kandidaten, der die faktischen Zusammenhänge nicht wirklich verstanden hat.
Mainstream als Maß aller Dinge
Am Ende des Artikels wird unterstellt, die Linke sei nicht regierungsfähig. Das zeige sich jeden Tag, betont Kater. Der Leser muss nicht unbedingt ein Anhänger der Linkspartei sein, um zu erkennen, dass gerade die Sozialdemokraten den politischen Stillstand verkünden und nicht die Linkspartei. Das WEITER SO der Sozialdemokraten ist unüberhörbar, auch wenn einige Eckpunkte darüber hinwegtäuschen sollen.
Damit gemeint sind ausschließlich Korrekturen an der Agenda 2010, die die SPD selbst als Regierungspartei, zusammen mit den Grünen, unter dem damaligen Bundeskanzler Gerhardt Schröder (SPD) mit großer Mehrheit beschlossen hatte. Die Agenda gilt und sie ist für SPD, CDU/CSU, Grüne und FDP, aber auch für die AfD, weiterhin das Maß aller Dinge.
Dieses politische Festhalten an dem Mainstream der Agenda bedeutet nichts anderes als ein WEITER SO mit der sozialen Ungerechtigkeit auf dem radikal liberalisierten Arbeitsmarkt. Aber nichtsdestotrotz immer noch als regierungsfähiger Verteidiger der sozialen Gerechtigkeit aufzutreten, haut dem Fass den Boden aus! Mit all den Widersprüchen, die den Bürgern immer deutlicher vor Augen gehalten werden, kann ein Martin Schulz wohl kaum ins Bundeskanzleramt einziehen. Die ständig sinkenden Zustimmungsergebnisse machen das nur zu deutlich. Die Bürger lassen sich nicht für dumm verkaufen.
VOX POPULI ungehört
Ob der Bürger wirklich keine „radikale“ Änderung der politischen Verhältnisse will, sollte mal Herr Kater mal genauer hinterfragen. Wenn es um die Verteilungsfrage des Geldes und somit um die Dinge des täglichen Lebens geht, müsste schon radikal umgesteuert werden. Aber wie Herr Kater schon andeutet: In dieser Angelegenheit wird mit der SPD wohl nicht zu rechnen sein.
Merkel und Co werden erst gar nicht kritisiert. Eher gelobt! Auch zum angeblich grandiosen Wahlsieg gratuliert Schulz dem neuen französischen Staatspräsidenten, Emmanuel Macron, der mit seiner vor gerade mal einem Jahr gegründeten Bewegung „La République en Marche“ Arbeitsmarktpolitische Reformen a la Agenda 2010 in Frankreich durchdrücken will. In einer Zeit des Ausnahmezustandes, womöglich mit Hilfe eines Dekrets. Diese Verneigungen des SPD-Kanzlerkandidaten sind -wenn sie nicht gerade aus Unkenntnis passiert sind- ein Indiz dafür, dass dem Wähler die Fortsetzung der Großen Koalition bereits heute ins Haus steht. Dann aber wird es egal sein, ob der Bürger CDU oder SPD wählt. Die CDU steht für die Konservierung der Zustände. Die SPD schließt sich dem Konservatismus offiziell an, spricht aber immer noch von Gerechtigkeit, die auf diesem Wege wohl kaum erreichbar sein wird. Auch ein noch so verwaschenes SPD-Wahlprogramm wird nicht darüber hinwegtäuschen können.
Altersarmut bleibt
Die Kürzung des umlagefinanzierten Rentenniveaus, die Einführung einer überteuerten Riesterrente und die Neuorientierung an einer für die Arbeitgeber unverbindlichen Betriebsrente sind federführend von der SPD ins Leben gerufen worden.
Nun anzukündigen, das stetige Sinken des prozentualen Rentenniveaus nachhaltig stoppen zu wollen, um damit das Verteilungsproblem zu stoppen, ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten. Jedem sollte klar sein, dass das sich das Rentenniveau an einem prozentualen Beiwert orientiert. Entscheidend für die Höhe der Rente ist am Ende das letzte Einkommen des zukünftigen Rentners. Hatte er zuvor wenig Einkommen, so schmälert der prozentuale Rentenbeiwert die Rente auf weniger als die Hälfte. Nur wenn der Rentner zuvor ein hohes Einkommen hatte, wird die Rente auskömmlich sein, auch wenn sie nur weniger als die Hälfte des zuvor verdienten Einkommens ausmachen würde.
Das prozentuale Rentenniveau in den Mittelpunkt zu stellen, um den Rentnern ein gerechtes Auskommen zu garantieren, ist der falsche Ansatz. Vielmehr sollte es der SPD um Steuerbefreiung der Rentner und um gerechte Löhne der Arbeitnehmer gehen.
Von einer garantiert auskömmlichen Rente kann nur dann gesprochen werden, wenn die erworbenen Ansprüche das zulassen. Letztere werden durch die Löhne bestimmt, die weit über den Mindestlöhnen gelegen haben. Die Renteneinkünfte sollten dann so gestaltet sein, dass nicht noch Steuern fällig werden. Das wäre nur zu gerecht und könnte als zusätzlicher Schutz vor Altersarmut gelten. Denn Steuern wurden bereits von den Arbeitnehmern zu Genüge bezahlt.
Im Ãœbrigen muss die Mehrwertsteuer hinterfragt werden. Mit 19% belastet sie untere Einkommen und niedrige Renten besondes hart.
Gerechte Entlastung gar nicht gewollt
Nun ist aber bekannt, dass gerade die SPD die Billiglöhne nicht „radikal“ abschaffen wird. Im Gegenteil: Die SPD setzt weiterhin auf das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz mit der dazugehörigen prekären Lohngestaltung von Leiharbeit und Werkverträgen. Somit bleiben die Einzahlungen in die Rentenkasse gering. Und weil das so ist, muss der Steuerzahler den Rest über Harz IV etc. finanzieren. Dass dann auch die Steuern zu erhöhen wären, liegt zunächst auf der Hand. Müssten in Anbetracht der überschüssigen Steuereinnahmen, die immer wieder lautstark propagiert werden, Steueranhebungen nicht völlig überflüssig sein?
Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, die mittleren Einkommen zu entlasten. Man sollte aber wissen, dass die versprochene Entlastung relativ ist und das, was wirklich für den Einzelverdiener übrig bleibt, absolut ist. Die geschönten Beispiele im jüngsten Steuerkonzept der SPD können nicht darüber hinwegtäuschen.
Lohndumping gehört zur Liberalisierung des freien Welthandels
Was also bleibt wirklich übrig, wenn die angekündigten Steuerentlastungen greifen? Sind es 10 Euro, 20 Euro oder gar 50 Euro pro Monat? Spätestens nach der Wahl, wenn die Arbeitnehmer merken, dass die Steuerentlastungen doch nicht so üppig ausfallen wie verkündet, dann ist der Sack zu und die SPD könnte den Niedriglohnsektor ohne nennenswerte Widerstände weiter auf ihre Fahnen schreiben. Zur Freude der Industrie. Das wiederum würde dazu führen, dass die Arbeitsmarktgesetzte der Agenda 2010 und die damit verbundenen prekären Lohnstrukturen die ungerechte Verteilung nur noch weiter verschärften. Am Ende wäre die SPD von einer Existenz bedrohender Kritik verschont geblieben und sie könnten die Liberalisierung der freien Märkt unverblümt vorantreiben. Weit über die “Rote Linie” hinaus, die nur Wortgeklingel war. Zum Nachteil vieler Arbeitnehmer. Aalglatt vorbei an der getäuschten Parteibasis.
Hierbei dürften sich die Treiber in der Parteiführung der zunehmend unkritischer werdenden Basis sicher sein und mit Hilfe der CDU, womöglich auch mit der der FDP, die Liberalisierung ohne nennenswerte Widerstände, bis hin zu CETA und TTIP, auf die Spitze treiben. Der fortschreitende Zerfall des sozialen Standards wäre sicher. Solange sich hier nichts ändert, würde ein solches Europa keine Ruhe finden. Auch der Zerfall Europas wäre vorprogrammiert.
SPD ist alles andere als der Anwalt der Arbeitnehmer
Auf den Punkt gebracht, ist die SPD schon lange nicht mehr der Anwalt der Arbeitnehmer. Sie setzt vielmehr auf die freien Märkte wie TTIP oder CETA. Nur weil in einem solchem System die Arbeit garantiert billig ist, bleibt der Profitorientierung Tür und Tor geöffnet. Gerechtigkeit sieht anders aus! Man muss sich dann auch nicht wundern, dass es nur wenige finanzkräftige Arbeitnehmer gibt, die zu einem gerechten Gesundheitswesen beisteuern können.
Steuergerechtigkeit sieht anders aus
Die Steuern nur auf Reiche abwälzen zu wollen, ist reiner Populismus. Der erhoffte Effekt wird jedoch –wenn überhaupt- mäßig ausfallen. Dingender und effizienter wäre es, die vielen legalen Steuerschlupflöcher zu stopfen und mehr Personal bei den Steuerbehörden einzustellen. Ebenso ins Visier der SPD gehörten die vielen Steuervorteile der Besserverdiener und Unternehmer, wovon der Normalverdiener nur träumen kann. Alles andere wäre reine Kosmetik! Aber genau danach sieht es im SPD-Programm aus!
Unter den Teppich gekehrt
Geschickt vermeidet Kater den Hinweis auf die mögliche Autobahnprivatisierung nach dem Prinzip der „Öffentlichen Privaten Partnerschaft” (ÖPP). Bereits der Bundesrechnungshof hat darauf hingewiesen, dass den Steuerzahlern solche Projekte teuer zu stehen kommen.
Im Besonderen fehlt ein Hinweis zum Abgasbetrug der Autohersteller. Während die Kunden in Amerika streng entschädigt werden, müssen sich die in Deutschland mit einem Softwareupdate zufrieden geben, welches die Abgaswerte nicht einmal verbessert.
Im Übrigen besteht in Deutschland keine Möglichkeit, dem Unrecht über Sammelklagen Paroli zu bieten. Diese wurde kurz nach Bekanntwerden des VW-Abgasskandals von Justizminister Heiko Maas (SPD) in den Aktenschrank zurück beordert.
Warum stellt die USA internationale Haftbefehle gegen fünf Topmanager des VW-Konzerns aus und in Deutschland schreitet Justitia, die Gerechtigkeit, überhaupt nicht ein? Eine Staatsaffäre wird regelrecht unter den Teppich gekehrt. Alles das erinnert an Zustände in einer Bananenrepublik, in der die Machthaber Unrecht vor Recht walten lassen.
Themen, die die Wähler am besten nicht diskutieren sollten
Warum eigentlich sollen die Steuern für mehr Bildung oder Gesundheitsvorsorge erhöht werden, wenn zusätzliche Rüstungsausgaben von fast 30 Milliarden Euro geplant sind? Wenn die Steuern denn steigen sollten, dann eher für letztere! Der Bundesrechnungshof hat bereits vor den Folgeausgaben gewarnt.
Warum macht Kater in diesem Zusammenhang nicht mal klar, wie die SPD zur Verteidigungspolitik steht? Müssen wirklich mehr Auslandseinsätze der Bundeswehr auf dem Programm stehen, um vorwiegend strategische Interessen der Nato zu bedienen?
Warum wird nicht gesagt, dass auch innerhalb der SPD die Strukturen der Nato hinterfragt werden, um sie den europäischen Bedürfnissen anzupassen? Warum wird nicht gesagt, dass es viele mahnende Stimmen in der SPD gibt, die Russland für einen wichtigen europäischen Partner halten, ohne den Wohlstand und Frieden in Europa nicht nachhaltig garantiert ist?
Warum befürwortet die SPD die militärischen Übungen vor den Toren Russlands, die nichts anderes als ein bedrohlicher Truppenaufmarsch sind? Ist das nicht ein Zustand wie vor dem ersten Weltkrieg, der jeder Zeit eskalieren könnte? Solch wichtig Themen unter den Tisch zu kehren, ist gefährlich, undemokratisch und ungerecht.
SPD bietet keine wirklichen Alternativen
Kristian Kater hat sich und sein vorläufiges SPD-Wahlprogramm zwar nur ansatzweise vorgestellt, aber es zeigt sich, dass die SPD vieles unter den Teppich kehrt und somit auch mit keinen nennenswerten Alternativen aufwarten kann.
Herr Kater sieht das natürlich anders. Aber nur deshalb, weil er dem Anspruch der Realität nicht mehr genügt. Wenn er suggeriert, Gerechtigkeit vertreten zu wollen, so ist das die glatte Unwahrheit. Es steht fest, dass die SPD auf keinen Fall der Anwalt der Arbeitnehmer ist. Die Arbeiterpartei war gestern, die Wirtschaftspartei ist heute. Nicht Willy Brandt, sondern Gerhard Schröder ist das faktische Aushängeschild der SPD. Dass so etwas Etikettenschwindel pur ist, steht außer Zweifel.
„Wir sollten uns in Grund und Boden schämen“ , so ein veröffentlichter Ausspruch eines hiesigen Sozialdemokraten in führender Position (vgl. QED-Z074). Ja, das Eingeständnis ist korrekt. Das Auftreten des Herrn Kater hat diese Notwendigkeit nur noch einmal bestätigt.
Einsicht? Nein Danke! Und so fährt die SPD für jedermann sichtbar auf das Abstellgleis der Geschichte.
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Quelle:
- MT, Kristian Kater traut sich Direktmandat zu, 15. Juni 2017.
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