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Täter” im Umfeld des Ukraine-Krieges

 

Interview mit Bürgermeister Bastian

 

Diskriminierung und Anfeindung

 

HFB 22-05-06

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Molbergen ist ein Ort im konservativ geprägten Oldenburger Münsterland mit knapp zehntausend Einwohnern. Noch vor dreißig Jahren konnte die CDU dort noch mit über 90 Prozent der abgegebenen Stimmen rechnen, so musste sie 2019 mit der Wahl des in Kasachstan geborenen Bürgermeisters, Witali Bastian (parteilos) eine derbe Niederlage hinnehmen. Bastian konnte sich in der Stichwahl gegen seine Mitkonkurrenten mit 59 Prozent behaupten. Dass die CDU mit 54,3 Prozent der abgegebenen Wählerstimmen dennoch die politische Mehrheit stellen konnte, war unter den genannten Umständen eher zweitrangig. (01) In einem Interview bekam der Molberger Bürgermeister, Witali Bastian die Gelegenheit, sich in einem Podcast der Münsterländischen Tageszeitung zur aktuellen Situation seiner Landsleute im Umfeld des Ukraine-Krieges zu äußern. (02) Hier werden zunächst die dunklen Seiten, mit Begriffen wie z.B. „Täter“, „Parallelgesellschaften oder „Fake-News“, thematisiert, ganz zuletzt erst die hellen, wie z.B. der Hinweis auf die vorbildliche Unterstützung der Ukraineflüchtlinge. Bastian akzeptiert allzu breitwillig die strukturelle Zeitfolge des Interviews. Einen überzeugenden Blick über den Tellerrand wagt er jedoch nicht.

 

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Eine kritische Analyse zum Interview des

Molberger Bürgermeisters mit

detaillierten Anmerkungen im

Umfeld eines drohenden Atomkrieges

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Forschungsergebnisse belegen, dass die Mehrheit der Leser*innen nur das erste Drittel der dargebotenen Informationen zur Kenntnis nehmen, während ihnen die der letzten zwei Drittel weniger bis gar nicht mehr zur Kenntnis gelangen. Die Rangfolge dieser Gesprächsthemen – auffallend viel Dunkles zu Beginn und wenig Helles am Ende - festigt somit die gängigen Klischees über Menschen, die im Mittelpunkt des Interviews stehen. Das wird allzu deutlich durch etwa folgende Struktur:

 

  • Anmoderation: Die Macht makabrer Begriffe und Sprüche
  • Skandal um eine russische Flagge
  • Schlechte Erfahrungen mit Medien
  • „Fake-News“: Desinformation und Manipulation
  • Diskriminierung und Anfeindung
  • Molbergens Willkommenskultur

Die Zuhörer*innen des Podcasts haben sich nun mit dieser Verlaufsstruktur abzufinden, von der sie zu Beginn des Podcasts allerdings noch nichts wissen können. (03) Es öffnet sich nach und nach ein Fragenkatalog mit einer auffälligen Zahl an suggestiven Elementen, die sich in Form versteckter Botschaften zu erkennen geben. Hierbei wird der enge Meinungskorridor über den Ukraine-Krieg zum zentralen Ausgangspunkt erklärt, zu dem sich anscheinend nicht alle Bürger*innen, die in Molbergen leben, bekennen. Genau das problematisiert der Podcast.

So sind die Fragen und Denkanstöße des Moderators auch immer Botschaften, die einen gewissen Absolutheitsanspruch erkennen lassen. Definiert dieser Anspruch doch eine verborgene „absolute Wahrheit“, noch bevor der Gegenüber seine Antwort formuliert hat. Konkret offenbart sich also eine Sprache, die das Denken des Moderators offen zutage fördert über alles das, was dieser nicht allzu offen sagen möchte. Hierbei nimmt er Einfluss in einer Art Ping-Pong-Manier. Vergleichbar mit einem Spieler, der den Ball gegen eine starre Wand schlägt und somit einzig und alleine den Verlauf des Spiels nach dem mechanischen Prinzip „Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel“ gestaltet.

Bürgermeister Bastian selbst übernimmt die ihm zugedachte Rolle dieser starren Wand. Er selbst vermag es nicht, dem Interview eine eigene Note zu geben, korrigiert zwar an manchen Stellen, spielt aber das Frage-Antwort-Spiel zu bereitwillig mit. Folglich antwortet er vornehmlich aus dem subjektiven Verständnis des Moderators, weniger aus der Sicht der vielen Spätaussiedler, die er als Bürgermeister der Gemeinde Molbergen eigentlich vertreten sollte. Mit dieser Haltung folgt er offensichtlich einer suggerierten Mehrheitsmeinung, die er aber innerlich nicht teilt. In diesem Widerspruch gefangen verkennen Bastians Stellungnahmen allzu deutlich, dass das, was die Mehrheit für richtig hält, noch lange nicht richtig sein muss. “Out-of-the-box“ zu reden, scheint ihm wohl nicht zu liegen. Demzufolge wirken Bastians Statements an vielen Stellen nicht gerade überzeugend.

 

Grundlagen der Analyse

Mit den folgenden Ausführungen soll keinesfalls in Zweifel gezogen werden, dass der russische Krieg in der Ukraine, wie auch jegliche kriegerischen Aggressionen in anderen Ländern, als völkerechtwidrig zu werten ist. Es ist ein Krieg, der sofort beendet werden muss, wenn man es denn auf beiden (!) Seiten möchte. Daher gebietet es sich, solange der Kriegszustand u.a. mit weiteren Waffenlieferungen – auch im Namen der katholischen Kirche- (04) befeuert wird, bedingungslos den Ansprüchen der Menschlichkeit zu folgen und den dort lebenden Menschen, wie in den übrigen Kriegsgebieten dieser Erde auch, jegliche Unterstützung zukommen zu lassen. Hierzu zählt, den Flüchtlingen eine sichere Unterbringung in den vielen Zufluchtsorten, auch in Deutschland, zu gewähren. Dass diese verbrieften Menschenrechte den bedrängten Ukrainern zu Gute kommen müssen, ist eine Pflicht, die jedoch für viele Flüchtlinge aus anderen kriegerschütterten Staaten nicht zu gelten scheint.

So findet z.B. im Jemen zeitgleich ein Krieg statt (05) und es „(…) verhungern gerade Millionen Menschen. Da schauen wir nur nicht hin“ (06) und wir sind durch fokussierte Presseberichte in der Weise gesteuert, das viele Leid und Elend, auch als Folge der deutschen Waffenexporte, einfach auszublenden. So findet man den Begriff „Täter“ in Zusammenhängen, die Deutschland und viel andere westlichen Staaten betreffen, nicht. Gibt es etwa doppelte Standards? (07)

Die Not der vom Krieg betroffenen Menschen rechtfertigt diese Exporte noch lange nicht. Sie bieten unterm Strich keine Hilfen und sind vor allem kein vorbildlicher Wert an sich. Die Waffenexporte heizen die Not der Menschen weiter an, sie helfen nicht. Überall auf dieser Welt. Not und Verzweiflung könnten zukünftig auch auf Deutschland zukommen. Auf die, die nun Waffen liefern. Denn ein Land, welches sich als Waffenlieferant am Ukraine-Krieg ausgibt, ist Konfliktpartei und damit am Krieg beteiligt. Genau das könnte fatale Konsequenzen mit sich bringen. Nämlich dann, wenn sich der Krieg auf Europa ausbreitet. Nur weil sich andere westliche Länder sich in puncto Waffenlieferungen gegenseitig überbieten wollen, ist das kein Grund, da mithalten zu wollen. Auch mit Unterstützung der katholischen Kirche nicht.

Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass es im Artikel 1 des Grundgesetzes heißt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“. Zudem heißt es dort in Artikel 3: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“. Das heißt keinesfalls, dass nur alle Deutschen, die auch in Deutschland geboren sind, vor dem Gesetz gleich sind! Weiter heißt es im Absatz 3: „Niemand darf wegen (…) seiner religiösen oder politischen Anschauung benachteiligt oder bevorzugt werden“. Letzteres ist bemerkenswert, da aus der Lokalpolitik immer wieder etwas anderes suggeriert wurde. Subtil versteckt hinter verschiedenen Verwaltungsakten des jeweils amtierenden Rates. (08)

 

Bevölkerungsstruktur und Werte

Um das Interview mit all seinen Facetten zu verstehen, sind also die Umstände zur Kenntnis zu nehmen, die von grundlegender Natur sind. Somit spielt u.a. die historische Bevölkerungsentwicklung in Molbergen eine entscheidende Rolle. Und das auf Grundlage der damit verbundenen Werte und Einstellungen mit Blich auf den Zeitgeist, auf die Religiosität und auf den Gemeinsinn. Hierbei sind zwei z.T. miteinander konkurrierende Volksgruppen zu unterscheiden: Die Alteingesessenen und die Zugezogenen. Und die sprechen oft nicht gut übereinander. Gespräche miteinander sind in der Regel eher selten! So hätte das Interview ein Vermittlungsversuch für ein besseres Miteinander sein können. Doch das war es wohl kaum. Die Struktur des Interviews, die damit bedienten Klischees und zuletzt die allzu zurückhaltenden Statements des Bürgermeisters haben diesem einen Riegel vorgeschoben.

Mehr als jeder zweite in Molbergen kommt aus einer Spätaussiedler-Familie. Viele Mitglieder dieser Familien hielten sich seit ihrer Ankunft vor über 30 Jahren für nicht wirklich willkommen. Ihre Aussage „Dort waren wird die Deutschen, hier sind wir die Russen“, (09) hat seit dem politisch ausgrenzenden Streit um die Einrichtung einer Freichristlichen Bekenntnisschule (10) an Fahrt aufgenommen, im Zusammenhang mit den Corona-kritischen Spaziergängen und den damit verbundenen Hasstiraden ihre Bestätigung erfahren und steht letztendlich seit Beginn des Ukraine-Kriegs am 24 Februar 2022 wie nie zuvor im Zenit des öffentlichen Wahrnehmungsfeldes im erzkatholisch geprägten Milieus des Oldenburger Münsterlandes. Nach dem Interview, welches hier zur Sprache kommt, dürfte sich die Lage im Spannungsfeld der aktuellen Kriegsrhetorik noch einmal verschärft haben. Auch wenn es widersprüchlich erscheinen mag, so zählt zu den aktivsten Spaltern die Lokalpolitik mit rot-grüner Fassade, die mit ihren selbstgerechten Ansprüchen einem ins komplette Gegenteil verdrehten Diversitäts-Anspruch Folge leistet. Umgarnt von einer Aura der Gerechtigkeit, Freiheit und Demokratie.

Inzwischen ist das demokratische Gebot, „Audiatur et altera pars“, zu Deutsch: „Man höre auch die andere Seite“, nicht nur in Kreis Cloppenburg in Vergessenheit geraten. Das Interview bestätigt nun noch einmal allzu deutlich das komplex ausufernde Kommunikationsniveau, welches mit Molbergens Bürgermeister Witali Bastian, einem gebürtigen „Vertreter der anderen Seite“, geführt wird. Als Gemeindeoberhaupt sollte er doch über einen außerordentlichen Erfahrungshorizont, weit über den Tellerrand des heimatlichen Gefüges in Molbergen und Umgebung hinaus, verfügen. Doch diesen Horizont spielt er zu wenig bis gar nicht aus. Das eher fragwürdig wirkende Gespräch wurde am 9. April 2022 als Podcast auf der Onlineseite des traditionell heimatlich verbundenen Nachrichtenportals der Münsterländischen Tageszeitung und Oldenburgischen Volkszeitung veröffentlicht.

 

Die Macht makabrer Begriffe und Sprüche

Eine kritische Analyse, auch zum Interview mit Molbergens Bürgermeister Witali Bastian ist in Anbetracht der ausufernden Diskussion über den Ukraine-Krieg dringend geboten. Die Diskussion ist geprägt vom Kampf über die Deutungshoheit, gespickt mit Kampfbegriffen. Dazu gehören z.B. die machtvollen Begriffe wie „Putin“, „russische Flagge“, „Krim“ und „Reichsbürger“, aber auch ortsbezogene wie z.B. „Parallelgesellschaften“, „Pfingstler“, „Aussiedler“ oder auch „Protestanten“. All diese Begriffe sind aktuell (!) negativ belastet und werden kaum mehr hinterfragt. Ihnen liegen in den öffentlich laustarken Diskussionen keine stichhaltigen Definitionen zugrunde. Sie beruhen auf Annahmen und nicht auf nachweislichen Fakten und äußern sich vorwiegend als unumstößliche Meinungen, die bekanntermaßen keiner Begründung geschuldet sind.

Diese Begriffe stehen nunmehr für alles und nichts, bestimmen aber uneingeschränkt einen engen, aber nach Vorgabe eines stets enger werdenden Meinungskorridors. Einhergehend mit einer scheinbar gefühlten Meinungsfreiheit. Dennoch funktionieren sie ausschließlich als alternativlose Impulsgeber, die eine ungeahnte Macht in sich bergen. Sie stehen quasi für Algorithmen, mit denen nicht mehr nur Maschinen, sondern auch Menschen, oft auch Massen von Menschen, steuerbar sind. Ihre geschickte Verwendung ist der fragwürdige Hintergrund der Anmoderation und des weiteren Gesprächs, an dem sich der stichwortgebende Moderator „gewissenhaft“ orientiert. Womöglich ganz im Sinne seines Auftrags.

So beginnt die Anmoderation des Interviews auch mit dem Hinweis, der auf die „Solidarität für die Ukraine“ abzielt. Die aber wird sofort mit der „Politik Putins“ kombiniert, worauf eine allgemeine Anspielung auf „prorussische Demonstrationen“ folgt. Die ausschließliche „Solidarität für die Ukraine“ ist demnach wieder infrage stellt. Und nun ist der Moderator bei der Zielgruppe, den in Molbergen ansässigen Aussiedlern, angekommen. Zu diesen möchte er Bürgermeister Witali Bastian nun einige, zuvor abgesprochene Fragen stellen. Angekommen über eine Kette von Begriffen, die niemand mehr hinterfragen muss, um damit genau ins vorausbestimmte Fahrwasser des Moderators zu gelangen. Der Schalter ist geswitched.

Zudem beginnt die „absolute Wahrheit“ der Anmoderation genau dort, wo der Ukrainekrieg wie ein Urknall der Weltgeschichte den Startschuss gegeben hat. Dass die Diplomatie zwischen der Nato und Russland versagt haben könnte, (11) dass es bereits im Jahr 1994 Warnungen vor der Osterweiterung der NATO gegeben hat und vor ihren Konsequenzen gewarnt hatte, (12) ist nun keine Diskussionsgrundlage mehr.

Alles das ist ausgeblendet zugunsten geostrategischer Interessen, von denen Deutschland und seine Staatsbürger*innen niemals profitieren können. Nicht nur die deutsche Politik hat vergessen, dass man an den Grenzen einer Atommacht keine Raketen ohne Vorwarnzeit aufstellen darf. Vor diesem Hintergrund wird es abwegig, an das zu denken, was die Alternative sein könnte: Nämlich Frieden im Zusammenhang mit dem Ende des Leides und Elends in der Ukraine und einer drohenden Gasknappheit in Deutschland. (13) Den wirtschaftlichen Absturz Deutschlands stoppend. „Zum Wohle des deutschen Volkes“. (14) Klimapolitisch aus der Zeit gefallen heißt das grün-politische Mantra nunmehr: „Raus aus der Abhängigkeit des sauberen, hinein in die neue Abhängigkeit des schmutzigen Gases“. (15)

Und wer hat es möglich gemacht? Selbstverständlich –und wie soll es auch anders sein – heißt die Antwort: „Putin, der Täter“. Bastian jedoch scheint über all das “Geschwurbel“ nicht im Bilde zu sein und kann im Interview auch nicht mit Kenntnisreichtum punkten. Nichts davon spricht er an!

Er hätte sich darauf berufen können, dass er auf den Erfolg der Diplomatie gesetzt habe. Demzufolge würde es auch keine „pro-russische Demonstrationen“ gegeben haben, die sich dafür stark machten, die russische Invasion in die Ukraine zu verstehen. Dann wäre auch das Hissen der „russischen Flagge“ vor dem Rathaus in Molbergen ausgeblieben oder andernfalls „nur“ als grober Unfug gewertet worden. Nun aber ist es anders gekommen und es gibt „Täter“, die nicht als solche bezeichnet würden, hätten sie dort die ukrainische Flagge gehisst. Bürgermeister Witali Bastian erkennt all diese Alternativen nicht und lässt sich somit vom Moderator, Casjen Duzat, geschickt auf Linie bringen. Nunmehr auf Spur des Meinungskorridors eingenordet erkennt Bastian keinen Unterschied mehr zwischen Fiktion und Realität! Bastian will nur noch eins: Sich und seine Landsleute von den „Tätern“ abgrenzen.

Aber der „Tiefenpsychologe“ Duzat legt noch weiteres drauf: So hätten „mehrere Politikerinnen und Politiker ihre Sorge über die Zunahme von Fake-News und gezielter Manipulation von hier lebenden Aussiedlern“. Bastian akzeptiert die Frage. Wer diese Politiker sind, was sie genau gesagt haben und was diese Politiker genau unter „Fake-News“ verstehen, scheint ihn nicht zu interessieren. Bastian fragt nicht einmal nach, was der Moderator konkret damit meint! Auch hinterfragt er nicht die Anspielung des Moderators, ob es „einen Druckt gibt, sich für die Politik Putins (…) rechtfertigen [zu müssen]“. Nun ist sich Duzat wirklich sicher, dass Bastian seinen Bedingungen Folge leistet und er die Interview-Aufzeichnung womöglich ungeschnitten veröffentlichen kann.

Im Folgenden wird Bastian die z.T. mit Behauptungen gespickten Fragen brav in einem relativ unkritischen Verhaltensmuster beantworten, z.T. sogar in verallgemeinerter Fassung. Auch wenn Bastian als Bürgermeister für alle Molberger sprechen muss, hat er es dennoch zugelassen, dass er sich selbst alle Möglichkeiten zu differenziert kritischen Antworten bereits zu Beginn des Interviews versperrt hat. Bastian ist in seiner pervertierten Rolle zum Opfer einer „gezielten Manipulation“ geworden.

Nun ist er gefangen in einem engen Meinungskorridor, in dem vernunftorientierte Logik nichts und spekulative Meinung alles ist. Vergleichbar mit einem geladenen Kanonenrohr, das nur noch einer Initialzündung bedarf, um das potenzielle Finale des alternativlosen Atomkrieges einzuleiten. Dieser scheint unvorstellbar zu sein für diejenigen, die noch immer Öl ins Feuer gießen. (16) oder erst gar nicht daran glauben. (17) Es geht um den nächsten Akt eines Krieges, der zunächst als Stellvertreterkrieg USA gegen Russland begonnen hat, möglicherweise bereits im Jahre 2019 geplant. (18) Wenn keiner dieser Mächte nachgibt und tatkräftig mithilft, die Eskalationsspirale durch Lieferung von nunmehr „schweren Waffen“ weiter voranzutreiben, dann wird die Konfrontation auf kurz oder lang direkt erfolgen. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Wer dem Dritten Weltkrieg und damit dem Atomkrieg mit apokalyptischen Folgen letztendlich in die Hände spielen will, der muss diesen Meinungskorridor – wie Bastian es artig vormacht – nur bedingungslos akzeptieren. Dann wird auch keiner seiner Mitmenschen der finalen Eskalationsspirale entrinnen können. (19) Nach einem Atomkrieg gibt es keine Gewinner. (20) Bastian ist als bereitwilliges Opfer von Manipulation identifiziert. Mit seinem Gezwitscher wird er die Eier in die Nester legen, die sein Moderator dafür vorgesehen hat. Ein schamanischer Guru hätte das nicht besser hinbekommen.

 

Skandal um eine russische Flagge

Das Hissen der russischen Flagge vor dem Molberger Rathaus hat bekanntermaßen eine Welle der Empörung hervorgerufen. (21) Erwartungsgemäß nennt Bürgermeister Bastian den Vorgang eine „schlimme Aktion“. Sogleich grenzt er diese Aktion ab vor „Leuten, die provozieren und die Gesellschaft strapazieren wollen“. Seiner Meinung nach sei mit der Tat ein Problem geschaffen. Sie sei angezeigt worden. Dennoch hätten die „Täter“ nicht ermittelt werden können. Warum Bastian dann noch darauf hinweisen muss, dass die Aktion nicht durch Gemeindeverwaltung initiiert wurde, bleibt den Zuhörer*innen ein Rätsel. Ebenso ungeklärt bleibt der Begriff „Täter“. Welcher Straftatbestand greift, wird weder vom Moderator noch vom Bürgermeister beschrieben. Schließlich ist die russische Flagge nicht mit der Reichskriegsflagge in Schwarz-Weiß-Rot gleichzusetzen, die nunmehr verboten ist. Interessant wäre auch zu wissen, wie das Hissen einer ukrainischen Flagge vor dem Molberger Rathaus „gewürdigt“ worden wäre. All diese Möglichkeiten wären zunächst juristisch zu bewerten. Der Chef der Molberger Verwaltung aber lässt lieber die Finger von solchen Klarstellungen. Für das Hintergrund-Verständnis seiner Stellungnahme hätte das von Bedeutung sein können. Schließlich ist der Podcast für Zuhörer*innen bestimmt, die informative Substanz über die Täter erwarten. Doch die ist bereits mit der ersten Antwort des Bürgermeisters versägt. Der Sachverhalt bleibt nebulös. Und so soll es im Folgenden auch weitergehen.

Das alles falle auf die „russisch-stämmige Gemeinde“ zurück, bemerkt der Moderator, wobei das ja nichts neues ist! Bastian kann dem nur teilweise zustimmen, da der oder die Täter ja nicht ermittelt seien. Somit wären viele Möglichkeiten offen, von welchen Interessen diese Aktion geleitet sein könnte. Das, was Bastian sagt, ist offenkundig korrekt. Dennoch wehrt er sich nicht vehement genug gegen die subtile Unterstellung, Mitglieder der „russisch-stämmigen Gemeinde“ müssten (unbedingt) zu den Tätern gehören. Hierdurch vergibt Bastian die einmalige Chance, nebulösen Spekulationen nachhaltig (!) entgegenzutreten. Der Vorverurteilung seiner Landsleute bringt er zu wenig entgegen. Zu einem Zeitpunkt, zu dem die Täter nicht einmal ermittelt sind. Die Rollenzuweisung der Sündenböcke bleibt unangetastet! (22) 

Bastian weist erst gar nicht darauf hin, dass in den Medien immer subtiler am Image „der Russen“ gearbeitet wird. Angeheizt durch die entwürdigende Behauptung im öffentliche Rundfunk, dass Russen eigentlich gar keine Europäer seien. Sie hätten zu Gewalt und Tod einen „anderen Bezug“. (23) Selbst vor Kindern macht dieses Bashing nun nicht mehr Halt.

Mit der Behauptung, „sie [die russischen Soldaten], sehen aus wie Menschen, aber es sind blutrünstige, hasserfüllte Monster“, (24) ist mittlerweile die rote Linie des gesellschaftlichen Miteinanders entgültig überschritten. Mehr Unsinn geht nicht! U.a. initiiert von Theresa Schopper (GRÜNE), Ministerin für Kultus, Jugend und Sport der baden-württembergischen Landesregierung, die – wie die übrigen „Brandstifter“ auch – nunmehr unausgesprochen den pauschalisierenden Rassismus mit den Namen Igor Strawinsky, Dmitri Schostakowitsch oder Peter Tschaikowsky sowie Juri Alexejewitsch Gagarin, Dmitri Iwanowitsch Mendelejew oder Lew Landau in Verbindung bringt.

Sollten diese weltberühmten russischen Komponisten und Wissenschaftler nun etwa auch zu den „blutrünstigen, hasserfüllten Monstern“ gehören? Zu solchen Schlussfolgerungen muss Bastian nicht unbedingt kommen. Auch wenn diese Meldungen der Öffentlichkeit z.T. erst nach dem Interview zugänglich waren, so sollte Bastian das bodenlose Niveau des Bashings zuvor bekannt gewesen sein. Ein Beispiel der einer öffentlichen „Anti-Russen-Offensive“ nennt er allerdings nicht. Weiterführende Gegenfragen bleiben aus. Bastian denkt nicht in größeren Zusammenhängen, sondern lässt sich von den simplen Kategorien des Moderators wie Gut und Böse an der Nase herumführen. Dabei grassiert die unüberhörbare Russenphobie doch nicht erst seit gestern. Diese tritt aktuell mit aller Macht zutage, wie es nie für möglich gehalten wurde. Ehemals geschützt durch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Hat Bastian denn noch nicht mitbekommen, dass mit dieser Phobie zudem ungeniert politische Wahlwerbung betrieben wird? Eine Werbung der Selbstgerechten für subjektiv „richtige Standpunkte“, die besonders auf Lokalebene lautstark verkauft werden! Mit moralischer Überlegenheit der Protagonisten selbst und fragwürdiger Unterstützung der Lokalpresse obendrein. Bekanntermaßen wird der Landtag im Oktober 2022 neu bestimmt. 

Auf die Frage nach der Zusammensetzung der Molberger Zuwanderer gibt Bastian allgemeinwissend zu erkennen, dass die „Communty“ zwar miteinander wohne, es aber auch Unterschiede bezüglich der Herkunftsländer und Differenzen gebe. Alles in allem könne man keinesfalls von einer „Parallelgesellschaft“ sprechen, wie sie z.B. die „Reichsbürger“(!) darstellten, die sich „diese Orte unter den Nagel“ (?) rissen. Von der Zuwanderung profitiert hätten vor allem die protestantischen die Kirchen, so Bastian. Hierbei vergisst der Bürgermeister allerdings darauf aufmerksam zu machen, dass die Aussiedler stark zum außerordentlichen Profit der heimischen Wirtschaft beigetragen haben. Zudem gibt es in dieser Community viele handwerklich orientierte Berufe, die gerade in der heutigen Zeit von unschätzbarer wirtschaftlicher Bedeutung sind. Warum erwähnt Bastian diese Fakten nicht?

 

Schlechte Erfahrungen mit Medien

Viele Einwohner*innen im Molbergen trauten den Medien nicht mehr, „weil Angaben verdreht wurden“. Man habe Angst, das alles offen zu sagen und vor allem die Pfingstgemeinde habe man schlechte Erfahrungen mit Medien gemacht, gibt Bastian an dieser Stelle des Interviews in einer zentralen Botschaft zu erkennen. Somit ergänzt er seine Stellungnahme zum „Hissen der russischen Flagge“ und der damit verbundenen Vorverurteilung seiner russischstämmigen Landsleute als Täter. Dass es zu einer solchen Vorverurteilung kommen musste, hatte bereits eine Vorgeschichte, an der sowohl sich die Politik als auch die Medien nicht ganz unbeteiligt fühlen dürften. Obwohl Aufsehen erregende Vorfälle erst gerade passiert, genaue Fakten unbekannt und Täter noch nicht ermittelt waren, wurde nicht selten der voreilige Eindruck erweckt, es könne sich nur wieder die „bösen Russen“ handeln, die dahinter stecken. Das Motto „Meinung ist alles, Wissen ist nichts“, ebnet den Weg zu diesem Feindbild. Dass ein solches Gebaren nicht zur Völkerverständigung beiträgt, sondern eher zur gesellschaftlichen Spaltung, müsste nicht unbedingt erwähnt werden. Aber hier zeigt sich offensichtlich eine Tendenz, die auch im aktuellen Interview gepflegt wird. Schließlich hat der Moderator seinen Stammleser*innen das Klischee zu bestätigen, welches bereits gesellschaftlich fest verankert scheint.

Der Moderator setzt das Interview nun fort und konfrontiert Bastian mit den anklagenden Stichworten „Annexion“ (der Krim), „Einmarsch“ (2014 (!) in den Donbass) und „Butscha“.Hierbei geraten die Fakten völlig aus den Fugen. Bastian aber übernimmt diesen Ball und spielt damit einer politischen Meinung zu, die die „Täter“ bereits kurz nach dem Bekanntwerden der Taten zuodnet. Um sich zu distanzieren, behauptet Bastian allzu selbstsicher, der Krieg der Russen gegen die Ukraine habe bereits 2014 begonnen, aber „anders wie 2014 (25) sterben nun Menschen“. Hierbei verkennt er die vielen Toten, die es bereits 2014 nicht nur auf dem Maidan gegeben hat. (26)  Über Mutmaßungen, wer die Täter dieser Verbrechensind, gab es in der „seriösen“ Presse inzwischen einiges zu lesen. (27) Schlechte Erfahrungen mit diesen Berichterstattungen der Medien können die Konsument*innen also nicht haben.

So war z.B. zu lesen, über das „Versagen der westlichen Diplomatie“, (28) über vergebliche Vermittlungsversuche von Bundeskanzler, Olaf Scholz (SPD), (29), über die gebrochene Vereinbarung Minsk 2, (30) oder über die Ablehnung der britischen Präsidentschaft, den Fall „Butscha“ vor den UN-Sicherheitsrat wirklich aufzuklären. (31) 

Heute allerdings scheint man an einer wirklichen Aufklärung nicht interessiert zu sein. Denn sonst würde man auf die ehemaligen Presseberichte verweisen. Was in den Medien momentan der „absoluten Wahrheit“ zugeordnet wird, ist die politische Meinung, die nicht durch Fakten infrage gestellt werden darf. Genau hierbei machen die Konsument*innen eine schlechte Erfahrung mit den Medien selbst. Denn Meinungen dürften im demokratischen Kontext keinesfalls als unanfechtbar gelten. Was kriegsbedingte Grausamkeiten betrifft, so sind sie auf beiden Seiten der Kriege jedenfalls annähernd gleich verteilt. Wenn nicht, dann kann es auch keine Gräueltat im Gefängnis von Abu Ghraib im Irak gegeben haben. Bekannt ist allerdings das Gegenteil. (32) So viel zur Heuchelei, die mittlerweile tagein tagaus in den hiesigen Medien vermittelt wird. Aber den damit einhergehenden Widersprüchen sieht sich Bastian anscheinend nicht gewachsen.

Bastian jedoch bezieht die „schlechte Erfahrungen“ seiner Landsleute ausschließlich auf das engere Umfeld in der Gemeinde Molbergen. Offensichtlich meint er die öffentliche Meinung über seine Landsleute, die in diesem Kreis keine große Zustimmung finden. Zunächst weist die Anspielung des Moderators vehement zurück, dass es möglicherweise eine gesellschaftliche Spaltung in Molbergen gebe. „Woanders aber wohl“, kontert Bastian. In Molbergen habe kein pro-russischer Autokorso stattgefunden. Die so etwas machten, sei nur eine Minderheit mit russischen Pässen, behauptet Bastian. Wenn also in Molbergen keine Demos für „Putin, stattfänden, sei es „auch gut für uns“, fügt er hinzu. Dass aber teilweise Verständnis für „Putin“ zu verzeichnen wäre, sei seiner Meinung nach geprägt durch verschiedene Medien, denen viele nicht mehr trauten, „weil Angaben verdreht wurden“. Man habe daher Angst, alles offen zu sagen und vor allem die Pfingstgemeinde habe schlechte Erfahrungen mit Medien gemacht, kommentiert Bastian. Dass er hiermit auf den armseligen und menschenverachtenden politischen Streit um die Einrichtung einer freichristlichen Grundschule im Cloppenburger Rat anspielt, dürfte zutreffen. Gleichzeitig wird aber auch deutlich, dass Bastians persönliche Offenheit nur sehr begrenzt ist. Die soeben erhobenen Vorwürfe konkretisiert er nicht weiter. Zudem scheint er in seiner öffentlichen Rolle als Bürgermeister verbergen zu wollen, dass er eigentlich der Gemeinschaft angehört, über die soeben gesprochen wird. Klare, ehrliche und mutige Worte hätten ihm mehr gebracht.

Dass Bastian die mitschwingenden Botschaften in den vom Moderator aufgeführten Begriffe „Annexion“, „Einmarsch“ und „Butscha“ nicht weiter anzweifelt, obwohl es seine Landsleute eigentlich anders sehen, dürfte seiner ängstlichen Zurückhaltung geschuldet sein. Schließlich hat er freiwillig eine politische Rolle übernommen, die ihm zunehmend Stress bereitet. Getrieben durch massive Kritik der örtlichen CDU. (33) Denn dieser hat Bastian das CDU-Bürgermeisteramt abgenommen. (34) In Anbetracht seiner relativ neuen Rolle als Bürgermeister sieht sich Bastian anscheinend nur bedingt in der Lage, dem öffentlichen Meinungsbild zu widersprechen und dies mit ergänzenden Informationen zu belegen. Hat er etwa Angst vor einem drohenden Ende seiner politischen Karriere?

 

„Fake-News“: Desinformation und Manipulation

In der nächsten Runde des Gesprächs rückt das Schlagwort „Fake-News“ in den Mittelpunkt. Der Moderator fragt: „Editha Westmann - NDS Landesbeauftragte für Heimat, Vertriebene und Spätaussiedler - drückt Besorgnis darüber aus, dass es mit Blick auf die Russlanddeutschen eine Zunahme von Fake-News geben könnte. Dass hier eine gezielte Desinformation und Manipulation stattfinden könnte. Wie sehen Sie diese Sorge?“

Bastian antwortet spontan, hinterfragt aber nicht nach der konkreten Bedeutung der Begriffs „Fake-News“, mit dem die Gruppe der Aussiedler in Molbergen sogleich in einen inhaltlichen Zusammenhang gestellt wird, ohne Letzteren zu substanziell begründen. Konkret wird also nicht geklärt, was genau als „Fake“ zu bezeichnen wäre. Nur eine andere Meinung zu haben, kann ja kein „Fake“ sein. Dass aber impliziert die allgemeine und nicht spezifizierte Art der Fragestellung des Moderators in subtiler Art und Weise. Erwartungsgemäß bleibt dann auch Bastian in seiner Antwort sehr allgemein. Diese erweist sich als bezugslos, nichtssagend und bedeutungslos. „Fake-News sind das größte Problem dieses Zeitalters“, zu finden bei den „Kraken, Facebook, Google, Instagram, Tick Tock, Snapchat“, sagt er. „Wir werden mit den zusätzlichen(!) Fake-News bombardiert und über Algorithmen gesteuert“ und es wird „immer mehr werden mit diesen ganzen Fake-News“, fährt Bastian fort und „findet das schlimm, denn die Kinder seien ja noch richtig steuerbar“. Die Zuhörer*innen müssen sich fragen, wo Bastians spezielle Antwort auf die Frage des Moderators ist. Wo bleibt der Einsatz für seine Landsleute, von denen er ja mehrheitlich gewählt wurde?

Moderator Casjen Duzat nimmt Bastians allgemeine Hinweise zur Kenntnis, korrigiert aber, indem er fragt, wie er, Bastian, diese gezielten Manipulationsversuche mit Blick auf die Menschen mit russischen Wurzeln sähe. Der getriebene Bürgermeister akzeptiert kritiklos den Hinweis auf diese „gezielten Manipulationsversuche“ und weist darauf hin, dass „auch hier die Leute ihre Kanäle [hätten], mit denen sie sich informieren“. Weiter sagt er, die Leute würden sich auch auf dem russischen Gegenpart von Facebook, übersetz „In Kontakt“, informieren. Sogleich aber distanziert er sich und ergänzt: „Wir kennen die nicht, weil wir hiermit keine Berührungspunkte haben, aber die russischen Communitys die beschaffen sich die“.

Die Zuhörer*innen sind irritiert. Die Irritation nimmt zu, als dann zu hören ist, dass Bastian zugleich von einer „jungen Dame“ wisse, die immer wieder aus dem Donbass berichtet. Schön, dass Bastian das sagt. Denn somit liest auch er selbst in diesen vom Moderator als „Fake-News“ bezeichneten digitalen Medien und gibt sich möglicherweise als ein „Manipulier“ zu erkennen. Zugleich verrät er damit sein persönliches Vertrauen in diese „alternativen Medien“. Er sagt, dass „diese Leute [dort] auch über verschiedene andere Kanäle die Möglichkeit sehen und finden [werden], die Leute hier zu informieren“. Und die Stichhaltigkeit dieser Informationen scheint Bastian nicht infrage stellen zu wollen. Er bezweifelt vielmehr, ob all diese Informationen als „Fake-News“ zu bezeichnen sind. Obwohl Bastian kritische Ansätze erkennen lässt, ist er keiner weiterführenden Abstraktion und Analyse fähig. Er vermag es nicht, über die Re-Tweets, Likes und Shitstorms hinauszudenken. Um was es wirklich geht, kann er demnach nicht verstanden haben.

"Seit Beginn des klar völkerrechtswidrigen Angriffskriegs auf die Ukraine sind offenkundig auch die Auslandsvertretungen angewiesen, die Fakenews der russischen Staatsführung vermehrt auch selbst zu verbreiten, " stellte vor kurzem noch der GRÜNE Abgeordnete, Konstantin von Notz, gegenüber dem Handelsblatt klar. (35) Das Resümee muss also heißen: „Fake-News“ von allen Seiten, vor denen sich Bastian nun behaupten möchte. Wie sollte es auch anders sein, wenn das erste Opfer (nicht nur) von Kriegen stets die Wahrheit selbst ist? Bastian jedenfalls scheint nach dem Verbleib dieser „Wahrheit“ erst gar nicht zu fragen. Mit seinen langatmigen Statements zu den „Fake-News“, unter Einbeziehung exklusiver Begriffe wie „Neonazis“ oder „Hells Angels“ kann er sich nicht wirklich vor den Algorithmen des Moderators retten. All seine von krampfhafter Zurückhaltung geprägten Aussagen entkräften keinesfalls den subtil unterstellten Vorwurf von den nicht identifizierten „Tätern“, von den vielen „Manipulierten“ durch „Fake News“ und zuletzt von den ausgewiesenen „Bösewichten“ überhaupt mitten im Kreis Cloppenburg. Wieder ein Pluspunkt, über den sich nur Moderator freuen darf.

 

Diskriminierung und Anfeindung

Herr Casjen Duzat, der Moderator, fährt fort und fragt: „Sie sind Bürgermeister einer Gemeinde, die keine russische Partnergemeinde hat. Andere Gemeinden haben welche. Wie stehen Sie dazu, dass diese Brücken nun abgebrochen werden? Oder dass auch russische Produkte aus den Regalen der Supermärkte verschwinden?“

Zunächst wäre der Bürgermeister zur Klärung aufgefordert, warum grade der Ort Molbergen keine „russische Partnergemeinde“ hat, während andere eine haben. Bastian gibt sich betroffen und warnt nun selbst vor Verallgemeinerungen: „Es ist schlimm, was da jetzt passiert. Aber diese Partnerschaften sind über Jahrzehnte aufgebaut worden. Man hat in den meisten Fällen auch viel Geld investiert in diese Regionen. Weil wir hier eine Wirtschaftsregionen sind, wird auch sehr viel mit finanziellen Mitteln, auch in den Partnerstädten ja, gewacht“. Er fügt an, dass nun „dieser Krieg“ herrsche und es könne nicht sein, dass die Leute, die vorher alle gut waren, nun alle böse sind, nur weil Herr Putin böse ist. Sodann bemerkt er, dass man eine solche Partnerschaft auch ruhen lassen könne, falls die für Putin seien. „Aber gleich alle über einen Kamm zu scheren, (…) heißt das nicht, dass die Leute [in den Partnerstädten] alle böse geworden sind“. Der Moderator muss wiederum dem konkreten Bezug nachhelfen und fragt: „Und das Entfernen von russischen Produkten?“ Bastian bezeichnet den angesprochenen Sachverhalt als „ganz schwieriges Thema“ und ergänzt, dass viele Sachen auch in Deutschland hergestellt würden. Somit schade man der eigenen Wirtschaft.

An dieser Stelle hätte Bastian die Möglichkeit gehabt, auf die Folgen der vielen Russland-Sanktionen einzugehen. Denn diese schaden der deutschen Wirtschaft in einem nie dagewesenen Ausmaß selbst. (36) Unbestritten haben unter diesen die Bürger*innen sehr zu leiden haben. Darüber hinaus vermeidet Bastian den Hinweis, dass die Gemeinde Molbergen entscheidend zum wirtschaftlichen Boom des Oldenburger Münsterlandes beiträgt, der nun auch den Bach runter geht. Da gäbe es doch mal etwas Positives über seine Landsleute zu berichten. Doch Bastian bleibt im Fahrwasser des Moderators. Brav und artig kommentiert er weiterhin die negativen Seiten der in den Fragen suggerierten Anspielungen. So auch im Folgenden.

In den Kauver-Märkten (37) habe es Anfeindungen und Sachbeschädigungen gegeben, fährt der Moderator fort und fragt nach der Situation in Molbergen. In Molbergen habe er, Bastian, nichts mitbekommen, kommentiert er die Situation. Er wüsste aber, so fährt er fort, dass es im Landkreis Cloppenburg ein paar Anfeindungen gegenüber russischen Stämmigen gegeben habe. Das habe sich durch „Ankratzen von Autos oder Sachbeschädigung“ geäußert. Er fände das natürlich nicht in Ordnung, beteuert er. Unklar bleibt an Bastians Äußerungen allerdings, ob diese heruntergespielten „paar Anfeindungen“ auch wirklich im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg stehen. Es ist unbestritten, dass sich bereits seit dem Zuzug der Spätaussiedler für über 30 Jahren eine fragile Willkommenskultur breit gemacht hat, die stets ein gewisses Konfliktpotenzial, angeheizt durch Vorurteile, offenbarte. Bastian jedenfalls vermeidet es, dieses nachhaltige Problem als eines der grundlegenden Elemente selbst in den Mittelpunkt des Interviews zu rücken.

 

Molbergens Willkommenskultur

In Minute 25 drückt der Moderator auf´s Tempo und fragt: „Neben Diskriminierung gäbe es auch einen Rechtfertigungsdruck. Dass quasi auf Russlanddeutsche ein besonderer Druck ausgeübt wird, sich jetzt endlich einmal zu positionieren pro Putin, contra Putin? Für oder gegen den Krieg“.

„Dagegen gebe es hier meine klare Positionierung“, bemerkt Bastian und unter nimmt nun „endlich“ den Versuch, das Interview auf einen positiven Aspekt zu konzentrieren. Fast am Ende des Gesprächs, nachdem so viele Negativthemen zu den Aussiedlern in Cloppenburg „abgearbeitet“ wurden. Die Leute seien alle hilfsbereit und unterstützten die Menschen mit Hilfsgütern in und aus den Kriegsgebieten, gibt Bastian zu bedenken. Weiter sagt er, es bestehe kein Zweifel daran, dass auch die Menschen in Molbergen vorbildlich die Hilfen unterstützten. Erst jetzt geling es Bastian, die Negativlastigkeit des Interviews zu korrigieren Er schlussfolgert, dass sich die Leute gegen den Krieg aussprächen, eben weil sie die Hilfen für die Ukraine vorbildlich unterstützen!

Ob das an dieser, eher finalen Stelle des Interviews wirklich überzeugend wirkt, sei dahingestellt. Immerhin fällt auch eine wirklich überzeugende Positionierung „pro Putin, contra Putin“ unter den Tisch. Dagegen hat die Reihenfolge der Fragen nicht nur das negative Meinungsbild gefestigt, sondern die gängigen Vorurteile auch bestätigt. Denn immerhin dürfte der Großteil der Zuhörer nach fast 25 Minuten wohl nur mit geschlossenen Augen bis an diese Stelle des eher ermüdeten Interviews gelangt sein. Sogleich aber fällt Bastian in das Schema zurück, welches ihm der Moderator eigentlich zugewiesen hat. Er bemerkt in Mainstream-Manie über den Ukraine-Krieg: „Natürlich gibt es Meinungen, die sagen, das hätte man verhindern können. Aber es ist so, das was jetzt passiert ist, die Leute nicht gut heißen.“ Die Zuhörer*innen müssen sich fragen, warum Bastian die Vorgeschichte des Krieges, die gescheiterte Diplomatie, nicht aufgreift, die andersherum den Krieg doch nun wirklich hätte vermeiden können. Doch niemals ist es zu spät, darauf hinzuweisen, dass der Krieg in der Ukraine ausschließlich durch Diplomatie auf Augenhöhe beendet werden kann. (38) Ansonsten droht nicht nur der ukrainischen Bevölkerung Ungemach durch weiteres Leid und Elend. Im Worst-Case-Szenario ist der befürchtete Atom-Krieg unvermeidbar. Doch dann wird es keine Gewinner geben. Bastian hätte darauf hinweisen können.

Der Moderator greift das Thema Hilfsbereitschaft nun tiefergehend auf und merkt an: In Molbergen herrsche ein besonderes Engagement bezüglich der Flüchtlingshilfe. „Können sie sagen, was hier gerade so umgesetzt wird?“

Fast am Ende läuft Bastian zur Höchstform auf. Er sagt dass, was ihm bereits seit fast über 27 Minuten auf der Zunge lag. Er beschreibt die Unterstützung seiner Landsleute, indem er die vielfältigen Hilfen detailliert auflistet, diese illustriert und für seine Zuhörer*innen anschaulich macht. Hierbei zählt Bastian die Institutionen auf, die die Hilfen organisieren.

Er nennt den Heimatverein, die katholische und evangelische Kirchengemeinde, die Pfingstgemeinde, und die Christengemeinde „Oase“. Selbst die Größen wie Ludger Möller und Nadja Kurz vergisst er nicht zu erwähnen. Zudem gebe es Informationsabende für Flüchtlinge, aber auch für Hilfswillige, die Hilfskonvois in die Ukraine organisieren. Bastian bemerkt, dass die Bereitschaft, zu helfen, stetig zunimmt wird. Flüchtlinge würden bereitwillig aufgenommen. Einige dieser Haushalte zählten nun bis 20 Personen, fügt Bastian stolz hinzu. (39) Bastian ergänzt: „Die Hilfen kommen meistens von Aussiedlern, die damals auch in Omsk etc. (27:39) gewohnt haben und trotzdem nehmen sie die Ukrainer hier auf. Weil die sich immer noch als Brüder oder als Schwestern sehen, dass die Völker eigentlich ein Volk sind.“

Mit diesem Bekenntnis Bastians und dem sich anschließenden Dank des Moderators endet das 30-minütige Interview.

 

Resümee

Molbergens Bürgermeister; Witali Bastian, hat sich 2019 in mutig die Politik gewagt und wurde dort sogleich als erster Nicht-CDU-Bürgermeister gewählt. Das führende Amt steht in hoher Verantwortung und die politische Prügel der schäumenden Opposition ließ dann auch nicht lange auf sich warten. Das politische Geschäft verlangt daher eine ausdauernde Persönlichkeit, der Bastian zum jetzigen Zeitpunkt in nichts nachsteht. So nahm er auch ohne Bedenken das Angebot der Münsterländischen Tageszeitung an, das Interview über das Thema „Wie gehen Russlanddeutsche mit dem Thema Ukraine-Krieg um?“ zu führen.

Hierbei erwies sich aber, dass politische Ausdauer nicht alles ist. Zu einer überzeugenden Gesprächsführung gehören vielmehr fundierte Informationen, die das komplexe Umfeld eines thematischen Schwerpunktes definieren. Denn, "Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen, und die Zukunft nicht gestalten"! (40) Diese Informationen hat Bastian nicht genutzt. Vielmehr hat sich gezeigt, dass suggestive Fragen dann umso besser „zünden“, je mehr die Vergangenheit ausgeblendet war! Somit konnte ihn der Moderator an der Hand nehmen, ihn von Thema zu Thema führen, wobei er genau die Antworten erhielt, die bereits in den Fragestellungen vorgesehen waren.

Dabei hätte Bastian die Gelegenheit gehabt, vieles richtig zu stellen. Hierzu wäre überordnete Betrachtung hilfreich gewesen, die die Hintergründe im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt zwischen der NATO und Russland nicht ausklammern. (41) Hierzu gehörte vor allem eine schonungslose Ursachenanalyse, der die Molberger Spätaussiedler wohl näher stehen als die Politik hierzulande. Auf diese Besonderheit hätte Bastian aufmerksam machen können. Er hätte ebenso darauf hinweisen können, was der Moderator während des gesamten Interviews unterschlagen hat. Nämlich dass die Ukraine militärisch einen aussichtslosen Kampf gegen die Atom-Macht Russland führt und dass nur Friedensgespräche und keine Waffenlieferungen die Lösung sein können. Aus Rücksicht die Ukrainer, und nicht nur auf die, „(…) weil die sich immer noch als Brüder oder als Schwestern sehen, dass die Völker eigentlich ein Volk sind“. Doch dazu kam es nicht. Schade für seine Landsleute und alle (irgendwie) bedrohten Menschen, die viel Hoffnung in Bastian gesetzt haben.

Dennoch sollte die Qualität des Interviews nicht zu Pessimismus führen. Bastian wird ausreichend Gelegenheit haben, sich im Bürgermeisteramt zu etablieren. 2026 steht seine mögliche Wiederwahl an. Da ist also noch einige Jahre Zeit. Bis dahin kann er zeigen, wo der Hammer wirklich hängt. Denn zu viel Zurückhaltung ist nur Munition für die Opposition. Also, bis dann!

 

Quellen ImB

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