Niveauvoller Unterricht in der Oberstufe des Gymnasiums müsse sorgfältig vorbereitet sein. Das verlange besondere Fachkenntnisse, mit denen sich Lehrer immer wieder neu vertraut machen müssten, um sie dann kompetent weiter vermitteln zu können, führten die Gäste aus. Schließlich wolle man aufs Abitur vorbereiten, das im deutschen Bildungssystem den höchsten Abschluss der allgemeinbildenden Schulen überhaupt darstelle. Wenn eine Klausur eines Fachleistungskurses mehr als zwei Stunden Korrekturzeit benötige, könne man sich ausrechnen, wie viele Stunden die gesamte Korrektur der Kursklausuren ausmache.
Ein Lehrer könne seine Schreibtischarbeit auch mal unterbrechen und z.B. im Garten den Rasen mähen. Doch die Arbeit bliebe und die müsse in den frühen Abendstunden oder sogar in den Nachstunden, an Feiertagen oder in den Ferien zu Ende geführt werden. Das würde aber keiner von den Nachbarn bemerken. Deshalb sei der Ruf der Lehrer nicht besonders gut.
Vergleiche mit anderen Bundesländern seien nicht möglich, so die beiden Pädagogen übereinstimmend. Pausenaufsichten, Klassenlehreraufgaben etc. seien z.B. in der Gesamtzahl der Pflichtstunden mit eingerechnet oder auch nicht. Die tatsächliche Unterrichtsverpflichtung, die auch wirklich vor allen Schülern im Klassenraum stattfinde, könne daher bedeutend geringer ausfallen.
Wie anspruchsvoll der Gymnasiallehrerjob sei, erkenne man z.B. daran, dass die Berufsausbildung erst mit knappen 30 Jahren abgeschlossen sei. Und das erst nach vielen harten Prüfungen! Viele der soeben fertig gewordenen Junglehrer träten dann keine volle Stelle an. Die benötige mit der Vor- und Nachbereitungszeit enorm viele Stunden des Tages. Hinzu kämen Konferenzen, Dienstbesprechungen oder Gesprächstermine mit Eltern der SchülerInnen.
Besonders in den ersten Jahren sei der Beruf des Lehrers sehr anstrengend. Man müsse sich ein sattes Polster erarbeiten. Später, nach Jahren der Berufserfahrung, ließe der Streß nach. Man habe sich an die harten Anforderungen gewöhnt. Alles sei routinemäßiger handhabbar. Doch viele LehrerInnen blieben auch auf der Strecke. Und das in allen Schulformen. Die Härte des Alltagsgeschäftes zerre an ihren Nerven. Ausfälle nach einem Burnout seien keine Seltenheit. Offen darüber geredet werde kaum, führten die beiden Lehrkräfte Brakhage und Bergmann aus.
Kritik ernteten Brakhage und Bergmann jedoch zum Thema “Boykott der Klassenfahrten”. Lehrer machten sich nicht gerade beliebt, wenn sie keine Klassenfahrten mehr durchführen wollten, so die Jusos. Ja, der "Boykott" sei sehr umstritten, weil die Klassenfahrten, so die beiden Gäste, immer zum Schulleben dazu gehörten. Doch Klassenfahrten seien freiwillige Leistungen der Lehrer und nicht Teil der Arbeitszeitverpflichtung. Somit erfolgten Planung, Durchführung und Finanzierung der Klassenfahrten auf private Initiative der Lehrkräfte. Zeit und Kosten würden ihnen nicht zusätzlich verrechnet. Bei einer Klassenfahrt hafteten die Lehrer als Aufsichtspersonen für alles, was passieren könnte! Der “Boykott der Klassenfahrten” sei als Protestreaktion gegen versprochene Zusagen der damaligen Rot-Grünen-Landesregierung zu verstehen, die nun nicht eingehalten würden. Selbst Eltern und Schüler könnten den Zorn der LehrerInnen verstehen und unterstützten den Protest der Pädagogen.
Die Ausführungen der beiden Lehrer haben die anwesenden Jusos zum Nachdenken gebracht. Einfach nur die eine Stunde Mehrarbeit zu sehen und über diese Zahl bereits ein Urteil zu fällen, davon waren die Jugendlichen nun weit entfernt. So fand der Abend einen einvernehmlichen Abschluss. Man ging auseinander, um über vieles noch einmal genau nachzudenken!
Dank für das Interesse der Jusos in Vechta!
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