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Casting der SPD-Bundestagskandidaten

Kater und Drees widersprechen sich

Politische Zusammenhänge ausgeblendet oder nicht bekannt

HFB-16-12-29

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So wie bei der CDU bewerben sich nun zwei neue Kandidaten für den Bundestag. Es sind Paul Dress aus Garrel und Kristian Kater aus Vechta. Ob sie die erfahrene Bundestagsabgeordnete Gabriele Groneberg überhaupt beerben werden, bleibt fraglich. Zuletzt kommt es auf den sicheren Listenplatz an, um in den Bundestag zu kommen.

 

Vorerst aber soll es um politische Inhalte gehen. In denen scheinen sich die Kandidaten vehement zu widersprechen. Dennoch kommen beide nach dem „Casting“ weiter. Wie kann das sein? Haben die Unterstützer die politischen Zusammenhänge nur ausgeblendet oder wollen sie einfach nur „schleimen“, um die eigene politische Karriere nicht zu verbauen? Obwohl es dringend geboten wäre, sind kritische Stimmen jedenfalls nicht zu vernehmen.

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Kater fordert deutliche Senkung der Lohnnebenkosten. Da Lohnnebenkosten immer den Arbeitnehmern zugutekommen, muss ihre Senkung einer Lohnkürzung gleichkommen. Bei dem Statement Katers kann man sich fragen, ob der Mann sich nicht verlaufen hat, weil er eigentlich bei der FDP sein müsste. Doch Entwarnung: Die SPD hat weiterhin Lohkürzungen bis zum Limit „Mindestlohn“ auf dem Schirm.

 

SPD-Politik: Ein Auszug

So wurden in den letzten Jahren die paritätischen Arbeitgeberanteile bei Krankenkassenbeiträgen und Renteneinzahlungen gekürzt. Hinzu kam, dass Gesundheitsleistung und Rentenniveau drastisch eingeschränkt wurden. Letztere auch dadurch, dass nun horrende Provisionen für die privaten Rentenversicherer (Riester) von  den Beitragszahlern, also den Arbeitnehmern, aufzubringen sind. Von der Verlängerung der Lebensarbeit, gleich Rentenkürzung, ganz zu schweigen. Was will Herr Kater da noch durch Lohnnebenkosten einsparen? Vielleicht ist er ein Verfechter, z.B. die Betriebskosten zu Lohnnebenkosten umzugestalten, um die Heizkosten für Büros auf die Beschäftigten selbst abzuwälzen. Den Kürzungsphantasien sind ähnlich wie bei der Leiharbeit keine Grenzen gesetzt.

 

Zerfall der ehemals stolzen SPD schreitet voran

Dieses seit Jahren erprobte Kürzungsprinzip mit immer neuen Kürzungsvarianten folgt der politischen Linie von Gerhard Schröder, deren Anhänger nun von Sigmar Gabriel und der gesamten SPD-Führung repräsentiert werden.  Der politische Ansatz Willy Brandts scheint der SPD inzwischen völlig fremd geworden zu sein. Und es erscheint nicht konsequent, dass der längst abgeschriebene „Willy“ weiterhin das Aushängeschild er SPD ist. Perverser Weise auch bei Ehrungen. Aber das hat System!

Mit „Gerhardt“ kann die SPD schon lange keine Erfolge mehr feiern. Mit „Willy“ schon. So erzielte die SPD 1972 mit 45,8% aller Wählerstimmen ihr bestes Ergebnis nach dem Kriege. Das war in der Zeit zwischen 1969 und 1974, als Willy Brandt Regierungschef einer sozialliberalen Koalition von SPD und FDP war. Doch spätestens mit der Schröderschen Politik setzte der Zerfall der ehemals stolzen Partei ein. Mit Hilfe des zukünftigen Bundespräsidenten Steinmeier! Die Mitgliederzahlen nahmen rapide ab. Bei der Bundestagswahl 2009 brachte es die SPD nur noch auf 23,0%. In den heutigen Umfragen werden Zahlen zwischen 21 und 23 Prozent genannt. Mit Katers versprochenen Kürzungen der Lohnnebenkosten könnte es bei der bevorstehenden Bundestagswahl 2017 zu einem weiteren Desaster für die SPD kommen.  Nämlich dann, wenn zumindest die überzeugten Genossen noch froh sein können, die 20%-Marke überschritten zu haben.

 

Nachrechnen und Analysieren sind nicht ihre Stärken

Gerade weil laut offizieller Parteilinie „Willy out“ und „Gerhardt in“ sein soll, muss Kater auch das Freihandelsabkommen CETA mit Kanada unterstützen. CETA verlangt die Reduzierung des allgemeinen Lohnniveaus. Dasselbe gilt für das geplante TTIP-Abkommen. Und wenn die Löhne für immer mehr Arbeitnehmer nicht mehr reichen, sollte der Steuerzahler einspringen, so Kater. Gleichzeitig strebe er, Kater, an, die Steuern zu senken. Jeder halbwegs kritische Genosse müsste sich nun fragen, von wem Herr Kater in Mathematik unterrichtet wurde. Doch Fehlanzeige: Nachrechnen ist nicht die Stärke vieler Nachwuchsgenossen!

Wahrscheinlich ist ihm z.B. die Aufstockung des Wehr-Etats auf 60 Milliarden Euro entgangen, der –wie viele Dinge auch-  durch den Bundeshaushalt zusätzlich finanziert werden müsste. Abgesehen davon, dass Brandts Leitsatz „Wandel durch Annäherung“ –gemeint war eine friedliche Annäherung ohne Waffen- pervertiert erscheint, wenn man den geballten Truppenaufmarsch der Nato im Osten von Europa zur Kenntnis nimmt. Somit ist auch die Analyse nicht die Stärke vieler Nachwuchsgenossen! Eine eigenständige, alternative Politik der SPD ist in den nächsten Jahren somit nicht zu erwarten.

 

Für dumm verkauft

Egal! Wichtig scheint nur, dass Kater mit seinen Ansichten voll auf Parteilinie ist. Offenbar im Widerspruch zu Drees: Letzterer spricht sich für eine vermehrte Stammbelegschaft in Betrieben aus. Das ist ehrenwert, aber nicht die Parteilinie, sondern „nur“ die Meinung, die Linie der Parteibasis. Dees´ Idee wäre mit höheren Lohnkosten verbunden und stünde im Widerspruch zur Parteilinie Katers, der es bei 70%-Leiharbeit belassen will. Trotz heftigster Kritik engagierter Genossen und gestandener Gewerkschaftsfunktionäre an den prekären Zuständen selbst soll alles so bleiben, wie es ist. Kater und seine Fans scheint das nicht weiter zu stören. Mehr noch: Kater will das Lohndefizit mit der Senkung der Lohnnebenkosten weiter ausgebaut wissen. Casting bestanden, so lautet die Pressemeldung! Wer will hier eigentlich wen für dumm verkaufen?

 

Fata Morgana „Willy“

Da scheint der Kandidat Dress schon genau auf Linie der Parteibasis zu sein. So wie es sich die Mehrheit der Genossen wünscht. Trotz des enormen Widerspruchs zu Kater wäre auch Drees ein willkommener Repräsentant der SPD-Führung. Ob im Bundestag oder sonst wo. Es gilt nämlich, die noch verblieben Genossen permanent ruhig zu stellen. Die Pille, die auch Drees dann zu verteilen hätte, heißt: Aushängeschild „Willy“ hochhalten, links blinken und blitzartig rechts abbiegen, damit letzteres nicht sofort jeder Genosse mitbekommt. So wird der Schar der Gläubigen weiterhin die Fata Morgana „Willy“ vorgegaukelt, obwohl die Fakten eine ganz andere Sprache sprechen. Das scheint z. Zt. noch gut zu funktionieren. Mit Unterstützung des zukünftigen SPD-Bundespräsidenten Steinmeier sowieso.

 

Transparenz und Diskussionen nachhaltig abgeblockt

Ähnlich funktionierte es auch nach dem Inkrafttreten der Agenda 2010 bei mindestens 50% der damaligen Genossen. Der Rest der ehemals Treuen hat dann abgewunken und ist ausgetreten. Dass nach der ersten Austrittswelle nach und nach immer mehr Genossen vom Glauben abfielen, ist die logische Folge einer permanenten Intransparenz der SPD-Führung selbst und der damit abgeblockten Diskussionen über die parteipolitische Ausrichtung. Der Leitsatz Brandts, „Wir wollen mehr Demokratie wagen“, wurde inzwischen sang- und klanglos beerdigt. Die Mitgliederzahlzahlen sanken von 1.022.000 im Jahr 1975 auf 477.037 im Jahr 2015. Das entspricht einem Rückgang um mehr als die Hälfte. Eine Besserung ist nicht in Sicht. Die Schrumpfungstendenz hat auch im Jahr 2016 mit minus 1,3 % ihr Ende noch nicht erreicht!

Einsicht? Fehlanzeige. In den Hinterzimmern gilt immer vehementer: „Willy ist out“. Es lebe die Politik von „Gerhardt“, dem Reformer, der Deutschland zu einem Billiglohnland gemacht hat. Damit dreht man sowohl an der Mitglieder-, als auch an der Wahlerfolgsschraube. Leider jeweils in die falsche Richtung. Scheinbar wider besseren Wissens. Und das schon seit Jahren und unter permanenter Missachtung der Kritik vieler Genossen. Schröders größter Verfechter ist Sigmar Gabriel, von dem die Genossen eigentlich nichts mehr halten, der aber aus Gründen der Solidarität als letztes Aufgebot zu Bundestagswahl 2017 herhalten soll. Trotz anderslautender Pressemeldungen lässt sich den Basisgenossen „rechts außen Schulz“ erst gar nicht verkaufen. Schulz scheint das inzwischen verstanden zu haben und argumentiert mit der freundschaftlichen Verbundenheit (!) zu Gabriel. Fake?

 

Tellerrand versperrt Sicht zum Finale

Den hiesigen Genossen, besonders Drees und Kater, sollte klar sein, dass die Masche der SPD-Führung nicht für immer gut gehen kann. Nicht die Rote-, sondern die Null-Linie wird der Aufschlagspunkt sein. Dennoch erklären sich beide, Drees und Kater, mittelbar bereit, das falsche Spiel gemeinsam vorantreiben zu wollen. Eine wirkliche Alternative zur CDU, FDP oder AfD stellen sie somit nicht dar. Genau das verraten Ihre widersprüchlichen und rudimentären Programmatiken.

Parteiintern scheint ihnen die Täuschung zu gelingen. Der vorliegende Casting-Artikel bestätigt das klar und deutlich. Die Täuschung gelingt nur deshalb, weil viele allzu selbstbewusste Genossen, aber auch viele Entscheidungsträger der SPD nicht einmal von dem Tellerrand wissen, über den sie schauen müssten.

Spätestens nach der Bundestagswahl werden sie ein längst überfälliges Finale erleben. Zu einem Zeitpunkt, an dem sich die Parteiführung wieder mal als ein Opfer der Uneinsichtigkeit anderer oder in angepasster Manier als Opfer eines Cyberangriffes, womöglich russischer Mächte, sieht. Daran wollen Kater und Dress nichts mehr ändern. Das allzu bekannte Drehbuch des Abstreitens, der Nivellierung und des Weiter-So ist bereits geschrieben. Somit wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis es zu einer nachhaltigen Kommandoübergabe in Deutschland kommt.

 

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Quelle: MT vom 28.12.2016

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