Drama der Animositäten in drei Akten
Der erste Akt begann damit, dass Riesenbeck ebenfalls für das Amt des SPD-Kreisvorsitzenden kandidierte. Während der Wahlversammlung zog er urplötzlich seine Kandidatur aus dem Ärmel. Gegen Kolde, der sich zunächst ohne Gegenkandidat wähnte. Dieser sah sich einer unerwarteten Konkurrenz ausgesetzt. Am Ende aber konnte er sich gegen Riesenbeck durchsetzen. Mit einigen Stimmen mehr wurde Kolde dann Nachfolger von Renate Geuter und somit Kreisvorsitzender der SPD. Die angeblich unfaire Gegenkandidatur Riesenbecks aber konnte er nicht ohne weiteres wegstecken. Wenn etwas im Gedächtnis wirklich haften bleibt, dann ist es genau das Abrechnungsdatum.
So kam es zum zweiten Akt, zum Gegenschlag Koldes, als es um den möglichen Landtagskandidaten für den Wahlbezirk Cloppenburg-Süd ging. Hatte sich Kollege Riesenbeck doch schon früh als Kandidatenbewerber präsentiert. Doch dann kam auf Vorschlag Koldes die Gegenspielerin, Mechtild Scharte-Kock, aus Lindern ins Spiel. Sie sollte Riesenbeck Paroli bieten. Nicht so ganz urplötzlich, aber dennoch nach Vorbild des ersten Aktes. Nur mit vertauschten Rollen. Das telefonische Netzwerk wurde initialisiert. Auf Riesenbecks und Koldes Seiten. Im Wahlkreis-Süd, aber auch im Wahlkreis Nord, wurden die Leitungen heiß.
Somit konnte der dritte Akt beginnen, der sich damit befasste, Riesenbeck in dem bevorstehenden Wahlgang auszuschalten. Nach dem Prinzip des Überraschungseffektes. Doch Riesenbeck hatte einen trivialen Vorteil. Er war ein männlicher Bewerber. Ganz im Gegensatz zu Schwarte-Kock.
Wer das nicht ganz nachvollziehen kann, muss auf folgendes hingewiesen werden: Aufgrund eines parteiinternen Statuts der SPD ist es so geregelt, dass jeder zweite Rang der SPD-Landesliste mit einer Frau besetzt sein muss. Schwarte-Kock hätte also deutlich bessere Karten als ihr Kollege Riesenbeck gehabt. Damit wäre ihr ein Erfolg versprechender Listenplatz der Landes-SPD sicherer gewesen, als es einem männlichen Erstbewerber zusteht. Dieser Vorteil aber wäre dann doch zu viel gewesen. Denn das parteiinterne Vorteilsstatut hätte Renate Geuters guten Listenplatz im Wahlkreis Cloppenburg Nord infrage gestellt. Die Chancen der Kandidaten sollten aber landesweit ausgeglichen sein, so der SPD-Parteivorstand. Damit können zwei Kandidatinnen in den Nachbarwahlkreisen Cloppenburg Süd und Cloppenburg Nord niemals gleichrangig bevorteilt werden.
Nunmehr hatte Schwarte-Kock das bisherige Landtagsmitglied Geuter nicht auf ihrer Seite. Als seien die SPD-Statuten in den Wind geschrieben: Von nun an arbeitete das Netzwerk auch im Wahlkreis-Nord gegen Schwarte-Kock. Jetzt zählte das Vorteilsraster der weiblichen Bewerberin im Wahlkreis Süd nicht mehr. Der intime Vorteil war es, ein männlicher Bewerber zu sein. So kam Riesenbeck am Ende doch noch zu dem Titel "Landtagskandidat für den Wahlbezirk Cloppenburg-Süd". Und wenn nur die Anzahl der Stimmen zählt, war es wieder einmal die Demokratie, die zugeschlagen hatte. Gewählt ist gewählt.
Vorhang zu!
Die Prozedur erinnert an die Kandidatenkür von 2013. Damals hatte eine Konkurrentin von SPD-Landtagskandidat Adem Ortac, nur zwei Stimmen bekommen. Unterstützt von den Cloppenburgern Jusos. Sie konnte anschließend einpacken. Auch dieses Ergebnis erfüllte die Auflagen eines Dramas mit einem bewegenden Geschehen und verhängnisvollen Ausgang. Mittlerweile hat sie sich die ehemals so engagierte Genossin aus der aktiven Parteiarbeit verabschiedet.
Am Ende des dritten Aktes müsste vor allem SPD-Kreisvorsitzender Kolde erkannt haben, dass man es gar nicht mag, wenn die eine Marionette eine andere ins Rennen schickt. Aus welchem Grund auch immer. Deutschland gilt zwar als säkularisierter Staat, dennoch war im vorliegenden Fall eine Art „Hand Gottes“ im Spiel. Egal wer sich für diese hält. Herr Kolde sollte nun wissen, wo der Hammer hängt.
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Quellen
MT und NWZ, Kollage, März 2017
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