Kandidat Riesenbeck ist das alles bekannt. Wie im Jahre 2014 als SPD-Bürgermeisterkandidat der Stadt Cloppenburg rechnet er auch gar nicht mit einem Wahlsieg gegen Wimberg. Um nach der abzusehenden Wahlniederlage möglicherweise gut und finanziell ausreichend abgefedert zu sein, kandidiert er gleichzeitig für den Cloppenburger Stadtrat und den Kreisrat des Landkreises Cloppenburg. Gewohntermaßen also für alles, was sich noch anbietet. Mehr Glaubwürdigkeitsverslust geht nun wirklich nicht. Gab sich Riesenbeck als Kandidat zur Wahl des Cloppenburger Bürgermeisters noch betont familiär, so wirkt er nunmehr synthetisch aufgedreht, zerstreut und irrational.
Was beide Kandidaten im Wahlkampf mehr oder weniger gut auszeichnet, ist ihr Wahlprogramm. Das haben sie der Öffentlichkeit u. a. in einer Videobotschaft mitgeteilt. Gemeinsam setzen die Kandidaten jeweils drei politische Schwerpunkte. Im Interview mit MT-Lokalreporter, Oliver Hermes, spricht Wimberg vorzugsweise über eine nachhaltige Wirtschaftlichkeit, die Folgen der staatlich verordneten Corona-Maßnahmen sowie über die zu verbessernde Mobilität im Landkreis. (02)
Riesenbeck dagegen stellt die Themen einer vorrangigen Finanzierung des Museumsdorfs ausschließlich durch den Landkreis, die sozialpolitische Komponente der SPD und der Abschaffung der industriell-monokulturellen Landwirtschaft im Landkreis in den Mittelpunkt seiner Aussagen. Sein bevorzugter Interviewpartner ist MT-Chefredakteur Hubert Kreke, der den SPD-Landratskandidaten aber keineswegs schont. Kreke muss vielmehr –wenn auch widerwillig- nachhaken. Riesenbecks laxe und widersprüchlicher Äußerungen können nämlich nicht einfach so stehenbleiben. Vielmehr sind gewisse Hinweise und Informationen Riesenbecks klarzustellen. (03) Dagegen kann Wimberg seine Statements ohne kritische Zwischenfragen des Lokalreporters, Oliver Hermes, verkünden. Die Unterschiede aber sagen mehr über die Kandidaten selbst aus als über die Lokalreporter.
Wahlwerbung im Hochglanz seiner Taten
Wimberg betont immer wieder die sehr gut aufgestellte Wirtschaft in Landkreis. Das mag stimmen. Er vergisst aber, dass hierfür auch die Niedriglöhne (04) ausschlaggebend sind, wobei die Lohnstückkosten gering ausfallen und daher gute Gewinne in Aussicht stellen. Er spricht nicht über die daraus resultierende Armut und die finanziellen Engpässen, mit denen viele Familien fertig werden müssen. Er spricht nicht über das „Hire & Fire“ der privaten Lohnunternehmen, von denen auch der Landkreis profitiert. Wimberg versucht sich selbst als Premiumwahre zu verkaufen. Seine Hochglanz-Informationen leben allerdings davon, unvollständig zu sein.
Die Wirtschaft im Landkreis ist besonders durch die industrielle Landwirtschaft geprägt. Dass das Umwelt- und Klimaprobleme mit sich bringt, verschweigt Wimberg. Der intensive Mais-Anbau dient den Navarro-Anlagen zur Energiegewinnung. Wertvoller Ackerboden geht für die Produktion von Nahrungsmitteln verloren. Letzte müssen somit über weite Transportwege in den Landkreis Cloppenburg „eingeflogen“ werden. Das ist die aktive Umweltsünde, für die Landrat Wimberg aufgrund seines bedingungslosen Einsatzes für den landwirtschaftlich-industriellen Komplex im Landkreis mitverantwortlich ist. Richtungsweisend versucht der „Anwalt der extensiven Fleischindustrie“, mit dem abgedroschenen Ausdruck „Tierwohlmaßnahmen“ weiterhin zu punkten, ohne das Thema genauer auszuführen.
Leider vergisst Wimberg, wie auch Riesenbeck, die Ikone des Tierwohls, Dr. Hermann Focke, zu nennen. Focke war von 1989 bis 1998 Veterinäramtsleiter in Cloppenburg, der Region mit der höchsten Nutztierdichte Europas. Seine erfolgreichen Enwendungen gegen Missbräuche bescherten ihm die Kaltstellung im Amt. Erst Jahre später, am 30.3.2016, wurde Herrn Dr. Focke der Niedersächsische Verdienstorden am Bande für seine Verdienste um den Tierschutz ausgehändigt. (05) Vor genau diesem Hintergrund ist Wimbergs Einsatz für das Tierwohl zu bewerten. Ob sich seit Fockes Intervention in der hiesigen Landwirtschaft wirklich vieles zum Besseren geändert hat, steht in den Sternen. Das zumindest wird von Tierschutzorganisationen bezweifelt.
Wenn Wimberg die Investitionen in Schule und Bildung mit einem gewissen Schuss Selbstlob anspricht, heißt das noch lange nicht, dass diese Investitionen nun plötzlich ausreichend sein sollen. Das Bildungswesen bleibt weiterhin unterfinanziert. Ein Zustand, der bereits Jahre andauert, weil auch Wimberg in seiner Rolle als Landrat immer wieder die „Schwarze Null“ seines Haushalts favorisiert hat. So hilft auch nicht sein weiteres Eigenlob, die Kreisumlage um 11 Punkte gesenkt zu haben. Die Kreisumlage ist dagegen vorwiegend auf Druck der Bürgermeister gesenkt worden. Wimberg war bis zuletzt gegen diese Senkung. Nun aber kommt sie den 13 Städten und Gemeinden im Landkreis zugute, die ebenfalls für Schulbauten u.v.m. im Bildungsbereich verantwortlich sind.
Die Millionen-Investition in die Berufsbildende Schule BBS Technik am Cappelner Damm ist zwar lobenswert, kommt aber Jahre zu spät. (06) Und das nach jahrelangen Behelfsmaßnahmen in der Berufsausbildung. Z. B. mit „goldenen Eimern“, die die Folgen der undichten Dächer kaschieren sollten.
Wimberg setzt noch einen oben drauf: Mit dem Thema CORONA verstärkt er seinen „Verkaufswert“. Er poliert sich modebewusst im Angesicht seiner angeblich guten politischen Arbeit. Geschickt und medial Werbewirksam hat er die Landesregierung für seine Meinung nach unverständlichen Corona-Maßnahmen kritisiert, die er als Landrat umsetzen musste. Mit dem Finger auf andere zeigen, lenkt davon ab, dass die Umsetzung mancher Corona-Maßnahmen einen gewissen Ermessensspielraum zuließ. Letztere hat er bisher nicht genutzt.
So ist es z. B. ausschließlich dem Wahltag geschuldet, dass gerade an diesem Tag eine abgespeckte Version des Mariä-Geburtsmarktes stattfinden darf. (07) Ansonsten dürfte das öffentliche Volksfest womöglich nicht stattfinden. Die Kommunalaufsicht, dessen oberster Dienstherr der amtierende Landrat höchstpersönlich ist, hätte das letztendlich auch anders regeln können. Die aktuelle Regelung jedenfalls kann der Öffentlichkeit mehr Zufriedenheit bescheren. Das ist gut so!
Die Hauptarbeit, die vielen Coronafälle zu regeln, hatten jedenfalls Bundeswehrangehörige. Vor diesen zeigt sich Wimberg nun allzu gerne in Pose, als hätte er selbst die Hauptlast dieser Arbeit erledigt. Ein Dank an alle Pflegekräfte des Landkreises z.B. kommt ihm nicht über die Lippen. Eine Schande!
beim Thema MOBILITÄT kann Wimberg schon glaubwürdiger glänzen. So sollen Bahnstrecken im Landkreis reaktiviert werden. Warum diese vor Jahren abgebaut wurden, sagt er allerdings nicht. Wimberg setzt auf eine Vernetzung und Optimierung der Mobilität von Schiene und Bus. Wie viel Geld er demnächst dafür übrig haben wird (muss), bleibt sein Geheimnis. In der Regel war es jedoch so, dass ÖPNV-Strukturen finanziell angeschoben wurden, wobei die Investitionen äußerst gering ausvielen. Daher fahren die Menschen in Landkreis Cloppenburg weiterhin mit ihrem eigenen Auto. Sie wollen es vermeiden, beispielsweise mehr als zwei Stunden von Sedelsberg nach Lindern unterwegs zu sein. Das ist nur allzu verständlich!
Sowohl Wimberg als auch Riesenbeck vermeiden es, über den Ausbau der E-233 zu sprechen. Die soll bekanntermaßen zur Autobahn ausgebaut werden. Während die Planungskosten aus dem Ruder laufen und sozialisiert werden, können sich die Investoren freuen. Sie schaffen sich ein lukratives Produkt, mit denen Rentenfonds durch Gebühren finanziert werden sollen. Somit zahlen die zukünftigen Benutzer der neuen Autobahn für ihre Rentenfonds ein und gleichzeitig werden sie für die CO2-Emissionen zur Kasse gebeten. Insgesamt darf das gesamte Unternehmen E-233 als Gewinnspiel für finanzstarke Profiteure betrachtet werden, das nur wenige durchschauen. (08) Die Politik spielt mit!
Wahlwerbung mit verborgener Unentschlossenheit
Riesenbeck und seine SPD dürften somit als Mitläufer im System der CDU gelten. Das auch, wenn der „sozial“-demokratische Kandidat Riesenbeck gezielt andere politische Schwerpunkte projiziert. Eines seiner Hauptanliegen sei somit die „sozialpolitische Komponente“, so Riesenbeck. Diese Komponente aber gilt aus diesem Mund -aus Sicht der Bürger*innen- als desolat bis nicht vorhanden. Die ist in ihren Augen ein Riesenbetrug. Zuletzt war es ausschließlich ein Antrag der GRÜNEN und der UWG, der erstaunlicherweise nicht von der SPD-Fraktion im Landkreis Cloppenburg mitverfasst worden war. Hierbei ging es um die kritische Auseinandersetzung mit den ausgelagerten Arbeitsplätzen der Reinigungskräfte im Kreishaus. Dort arbeiten in der Überzahl Migrantinnen für Hungerlöhne und unter unwürdigen Arbeitsverträgen, die unter die menschenverachtende Kategorie „Hire & Fire“ fallen.
Der Antrag wurde von CDU und einigen Stimmen der SPD mehrheitlich abgelehnt. Vorzugsweise nach dem Motto „Alles ok, es gibt nichts zu korrigieren“. Somit wären Riesenbecks SPD und Wimbergs CDU auf einer Linie: Es lebe das Billiglohnland Deutschland, nach der Schröder-Agenda 2010 eines der führenden Niedriglohnländer in der Europäischen Union. Hurra! Wer will da noch annehmen, dass die SPD insgesamt an sozialer Gerechtigkeit interessiert ist. Würde man die SPD-Mitglieder im Landkreis Cloppenburg über den Fortbestand von Billiglöhnen oder über den Ausbau der E 233 abstimmen lassen, so könnten die zuständigen Fraktionen sowohl im Kreistag als auch im Cloppenburger Stadtrat sofort einpacken. Letztere auch mit ihrer Südtangente.
Zu Anfang des Interviews zieht es Riesenbeck allerdings vor, sich zum Thema MUSEUMSDORF zu äußern. Hierbei geht es ihm um Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit. So fordert er vom Landkreis, dass er mehr Hauptverantwortung für die Finanzierung des Museumsdorfes tragen solle. Er übersieht aber, dass dort jüngst 6 Mio. Euro für Sanierungsmaßnahmen und „Neubauten“ investiert wurden. Er muss sich vom Chefredakteur der MT dann durch den Hinweis korrigieren lassen, dass das Land Niedersachsen für 90 Prozent des investierten Finanzvolumens zuständig sei und diese auch gezahlt habe! Riesenbeck besteht aber weiterhin darauf, dass der Landkreis in Sachen Museumsdorf zukünftig in Vorleistung gehen solle. Ein Gespräch mit Ministerpräsent Weil habe er darüber noch nicht geführt. Dass sich immer wieder Gelegenheiten angeboten haben, darüber zu sprechen, verschweigt Riesenbeck. Was aber sollte er mit Ministerpräsident, Stephan Weil, noch besprechen, wenn das Land Niedersachsen bereits 90 Prozent der Investitionskosten übernimmt? Nicht nur der freundliche Lokalreporter, sondern auch die Bürger*innen sind über Riesenbecks Verworrenheit spätestens an dieser Stelle des Interviews irritiert.
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