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Blaues vom Himmel

 

Kandidaten für den Landtag

 

Versprochen ist gebrochen

 

HFB-22-09-09

 

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Es ist immer wieder dasselbe: Vor irgendwelchen Wahlen wird versprochen, dass die Nieten sich nur so biegen. Auf den Podiumsdiskussionen der Kandidat*innen in Friesoythe und in Ermke. Besonders herausgekehrt der Kandidat der Münsterländischen Tageszeitung, Jan Oskar Höffmann (SPD). Dargestellt in allzu bekannter Manier der exponierten Medienpräsents in Wort und Bild. „ÜBERPARTEILICHE CHRISTLICHE UNABHÄNGIGE HEIMATZEITUNG“ war einmal.

 

Schwerpunkt hierbei war das Gesundheitssystem im Allgemeinen und das im Landkreis Cloppenburg im Speziellen. Landtagskandidat, Christoph Eilers (CDU), brachte es dann auf den Punkt, was politische Versprechen überhaupt wert sind: Er „warf (…) dem SPD geführten Sozialministerium Wortbruch vor. So habe ihm das Ministerium die Gründung einer Neurologie im Cloppenburger Krankenhaus noch vor der Wahl zugesagt, dann jedoch einen Rückzieher gemacht“. Das den übrigen Kandidaten auf dem Podium, Yilmaz Mutlu (FDP) und Stephan Christ (GRÜNE) das demonstrierte Mitgefühl, verpackt in warmen Worten, nahe war, versteht sich vor einer Wahl aus wahltaktischen Gründen von selbst. Ähnlich in Friesoythe: Dort standen die Landtagskandidat*innen Imke Haake (FDP), Begüm Langefeld (Grüne), Lukas Reinken (CDU) und Pia van de Lageweg (SPD) dem Publikum Rede und Antwort. Hierbei mimten sie die Kumpane der sorgenvollen Mitorganisatoren des fragwürdigen Polittalks. Eine solche politische Weichspülveranstaltung dann noch als „hart aber fair“ zu bezeichnen, ist schon arg danebengegriffen. 

In Friesoythe hatte das „Netzwerk Gesundheit“ in Kooperation mit den OM-Medien eingeladen. Dr. Hannes Dahnke  als Spezialist medizinischer Datenanalysen beschrieb eingangs die prekäre Lage der örtlichen Gesundheitssystems. Der Experte sprach vor allem das Problem der konkurrierenden Krankenhäuser und deren Existenzsorgen an, wobei mit weiteren Schließungen zu rechnen sei. Offenbar meinte er den Neubau der Klinikums in Vechta und die damit verbundene Schließung des Lohner Krankenhauses. So dringend das Anliegen des „Netzwerkes Gesundheit“ auch ist, umso heftiger wird es ins Leere laufen mit den Kandidat*innen, die auf der Podiumsdiskussion das Blaue vom Himmel versprachen.

Denn der Zug der Fusionen und Schließungen im Gesundheitssystem fährt unbehelligt weiter, während die anwesenden Kandidat*innen aller Parteien weiter ihre Absichtserklärungen zur Verbesserung der Umstände verkünden. Dabei sollten sie doch die Zielsetzungen ihrer jeweiligen Partei kennen und nicht etwas versprechen, was diesen zuwiderläuft. Oder ist ihnen nicht bekannt, dass das deutsche Gesundheitswesen strikten Rationalisierungsmaßnahmen unterworfen ist, nach dem in Zukunft immer mehr Krankenhäuser geschlossen werden sollen. Diese unterliegen den strikten, unabänderlichen Parteiprogrammen, die die Kandidat*innen doch mal ehrlich vertreten sollten.

Doch es ist genau das  Gegenteil aus dem Munde der sich ebenfalls sorgenden Landtagskandidat*innen zu hören. Eine solche Zurschaustellung dürfte sich mittlerweile als Zumutung erwiesen haben.  Nicht aber für diejenigen, die die Wahlversprechen der agilen Parteivertreter noch immer ernst nehmen. Denn wer Klinikschließungen und Fallpauschalen immer und immer wieder verteidigt hat, war vor allem die SPD, wobei das Land Niedersachsen unter SPD-Regierungsbeteiligung stets eine der niedrigsten Fallpauschen im gesamten Bundesgebiet vorzuweisen hatte. Das hatte wohl keiner der Kandidat*innen auf dem Schirm.

Bereits „2003 hatte SPD-Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt die sogenannten DRG-Fallpauschalen für Krankenhäuser eingeführt.“ Und die hatten es in sich. Diese waren mit starken wirtschaftlichen Einbußen der Klinken verbunden. So kam es, dass sich der Ausgleich dadurch gestaltete, indem mehr und mehr Operationen durchgeführt wurden, um die wirtschaftlichen Defizite abzufedern. Zum Schlager wurden dann die neuen Hüften. Schließlich wollte man ein wenig mehr Geld verdienen als es die Fallpauschalen vorsahen. Oft zu Lasten der Patient*innen, die mit eher unnötigen Eingriffen und kürzen Krankenhausaufenthalten zu Opfern einer wirtschaftlichen Initiative wurden, wobei der medizinischen Nutzen solcher Aktionen äußerst fragwürdig war. Und neuerdings heißt es: „Damit die Qualität der Behandlungen besser wird, sollen Kliniken schließen. SPD und CDU planen eine Neustrukturierung (…). Von den derzeit 168 Krankenhäusern im Land Niedersachsen könnten in den kommenden zehn Jahren etwa 30 bis 40 wegfallen“. Keiner der Kandidat*innen ist laut Presseberichten auf diesen Sachverhalt eingegangen.

Wenn z.B. Landtagskandidat Höffmann (SPD) in diesem Zusammenhang dann auch noch behauptet, „Es sei immer noch ungeklärt, ob das Cloppenburger Krankenhaus die dringend erforderliche Neurologie erhalte“, dann war das eine dreiste Irreführung der Öffentlichkeit. Das hat der CDU Kandidat Eilers auf der Podiumsdiskussion soeben auch festgestellt. Denn was für die etablierten Parteien inklusiv CDU zählt, ist das Prinzip der Krankenhausfusionen, die doppelte Fachbereiche aus streng wirtschaftlichen Gründen nicht zulässt. 

Eine Neurologie im Cloppenburger Krankenhaus durfte  es nach dem Willen der neoliberalen SPD auch nie geben, was sich Dank Eilers (CDU) Einwand nun auch bewahrheitet hat. Was aber weiterhin unangefochten Priorität hat, ist das Bekenntnis zur Agenda 2010, auf der der Grundsatz fußt, u.a. das Gesundheitssystem dem markwirtschaftlichen Totalitarismus weiter anzupassen. Mit weiteren Verschärfungen: Nämlich durch den Privatisierungswahn und Abbau von Klinikpersonal. Zum Nachteil der Partien*innen, zum Vorteil des finanziellen Profits. Genau diese Grundsätze wollen auch die Niedersächsische SPD und ihre möglichen Koalitionäre weiter verfolgen, unter Berliner Federführung  ihres stark umstrittenen SPD-Gesundheitsministers Karl Lauterbach. Haben die Kandidat*innen das nicht gewusst?

Landtagskandidat Höffmann (SPD) aber verschweigt all diese Zusammenhänge. Die übrigen Kandidat* innen scheinen darüber nichts zu wissen. Also: Selig die Armen im Geiste. Sie werden ihren Wähler*innen nie gerecht werden können. Wenn dann trotzdem die Gesundheitsversorgung medial als Herzensthema eines SPD-Kandidaten  angepriesen wird, dann werden die Leser*innen anschließend wohl nicht mehr wissen, wo oben und unten ist.

Ein weiteres, groß herausgekehrtes Thema war dann auch das Entlastungspaket des Bundes, zu dem nur der SPD-Kandidat laut Pressebericht exklusiv Stellung beziehen konnte. „Das sind konkrete Maßnahmen“, wird er zitiert. Hier muss widersprochen werden: Nein, das sind sie nicht. Sie sind beabsichtigt, aber noch nicht umgesetzt. Die Umsetzung soll erst später erfolgen. Wenn überhaupt. Das ist ein feiner Unterschied, den es zu bedenken gibt nach all den gebrochenen Versprechen der Politik. Eine Politik, die mit 10 Schritten zurück Deutschland ruiniert, um dann einen halben zurück zu rudern, als toll zu verkaufen, das ist schon wahnwitzig.

Darüber aber lachen kann wahrlich keiner. Denn die wirtschaftliche Lage sieht nicht rosig aus. Man vor allen nicht darüber lachen, dass auch dieser Kandidat im Fahrwasser der Regierung ganz Deutschland vor die Wand fahren möchte und das nicht einmal zu merken scheint. Mit einem Entlastungspaket, welches letztendlich auf Steuerzahlerkosten umgesetzt werden soll, ist kein Blumentopf zu gewinnen. Die Werte werden direkt aus der Druckerpresse generiert. Genau das wird der Inflation noch einmal einen deutlichen Schub verpassen. D.h. Schuldenbremse adieu! Aber bekanntlich rechnet man in der Politik anders. Das Einmaleins weicht der Meinung, das alles irgendwie weiterlaufen kann. Immer schneller und intensiver, ohne die Wand im Blick zu haben, auf die alles zusteuert.

Offenbar kam laut Presseberichten, die sich hinter einer Bezahlschranke verbergen, das jeweilige Publikum nicht zu Wort. Ob sich einige Kandidaten durch unbequeme Frage bloßstellen ließen, bleibt den Leser*innen somit verborgen. Zumindest wäre doch mal interessant zu wissen gewesen, wer welchen der Kandidat*innen mit den größten Plakaten und dauernd bevorzugter Medienpräsents eigentlich sponsert. Womöglich mit  mehreren zigtausend Euro.

Darüber hinaus wäre es der Klärung geschuldet, welche politischen Verpflichtungen die Kandidat*innen ihren Sponsoren gegenüber eingegangen sind. Denn im Falle des Sponsorings sind die Kandidat* innen nicht ihren Wähler*innen gegenüber verpflichtet, sondern ihren Sponsoren selbst. Nach erfolgreicher Wahl müssen sie also stets ihrer eigenen Partei und deren Sponsoren dienen und nicht den Wähler*innen. Nein, auf mögliche Fragen oder Hinweise aus dem Publikum gehen die Lokalberichterstattung nicht ein. Auch nicht darauf, wie gut die Wahlveranstaltungen besucht waren. Es musste ja nicht einmal darauf eingegangen werden, dass die Zuhörer überwiegend Parteifreunde waren, die eine Quasiöffentlichkeit simuliert haben.

Spannend wird es am Wahlabend des 9. Oktober 2022, wenn die Wahllokale geschlossen sind und sich das Wahlergebnis allmählich herauskristallisiert. Die größte Fraktion werden erwartungsgemäß die Nichtwähler stellen, denn sie glauben schon lange nicht mehr an die vielen Wahlversprechen, mit denen sich die Kandidat* innen den Wähler* innen immer wieder angebiedert haben. Nein, die Wahlversprechen, seien es auch nur Absichtserklärungen, werden sofort nach der Wahl in die Tonne gekloppt. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

Die Parteien werden sich am Wahlabend vielmehr angesichts  ihrer relativen Stimmergebnisse gebührend selbst feiern. Unter Aussparung des Nichtwähleranteils und der ungültigen Stimmen! Alle werden sich weiterhin für toll halten, geben  Fehler zu und bekunden weiterhin die besten Absichten: Alles könnte verstanden werden als „ …wir „lieben doch alle, alle Menschen“. Ein Zeichen, welches die irreale Weltansicht der politischen Kaste überdeutlich an die Wand malt. Nicht umsonst ist bei der Podiumsdiskussion das politisch hochbrisante Thema Bildung unter den Tisch gefallen. Letzteres scheint die Politik nicht mehr zu kennen. Wo nur noch die Meinung zählt und nicht mehr das Wissen, ist das auch überflüssig geworden. Der politischen Verblödung sein Dank. Die findet demnächst ihre Fortsetzung in Löningen. Mit der erneuten Vorstellung der Kandidaten. Just an dem Tag, an dem die Kirchen in Cloppenburg erneut zu Friedensgebeten aufrufen werden. Die fatalen Widersprüche könnten nicht deutlicher zutage treten.

Es wird kommen wie es kommen musste. Nach dem altbekannten Drehbuch, das  jeder kennen sollte. Am Ende werden die politischen Etiketten verteilt, die auf Inhalte verweisen, die es so in der Praxisnicht geben wird. Darunter fällt auch das stets versprochene menschenwürdige Gesundheitssystem. Wenn sich die meisten der aktiven Wähler*innen anschließend doch getäuscht fühlen, dann haben sie es nicht anders verdient. Von wegen „das Land in guten Händen“.

 

Quellen-BH