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14.06.2024
Wissenschaftliche Untersuchung
der Straßennamen Hanna Reitsch, Werner Mölders, Werner Baumbach und Ernst Udet in der Stadt Cloppenburg
hier: Kurzfassung
Auftraggeber:
Stadt Cloppenburg
Bearbeiter:
Dr. Joachim Tautz, Dr. Mareike Witkowski
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Einleitung / Aufgabenstellung
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Hanna Reitsch
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2
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Ernst Udet
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5
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Werner Mölders
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7
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Werner Baumbach
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9
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Weitere Straßennamen
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12
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Einleitung / Aufgabenstellung
Mit dem Ratsbeschluss vom 25.09.2023 (VL-143/2023) wurde eine Überprüfung der Stadtstraßen Hanna Reitsch, Werner Mölders, Werner Baumbach und Ernst Udet vor dem Hintergrund einer möglichen NS-Vergangenheit beschlossen.
Der genaue Beschluss lautet:
- Der Rat der Stadt Cloppenburg beschließt unter Berücksichtigung der Beratungsergebnisse eine Überprüfung von Namensträgern Cloppenburger Stadtstraßen, sofern die begründete Besorgnis besteht, dass die jeweiligen Namensträger im Verdacht stehen, aktiv mit dem NS- Regime kooperiert und deren Ideologie geteilt zu haben. Die Überprüfung soll wissenschaftlich, ggfs. durch eine Universität sowie der örtlichen Expertisen, begleitet werden. Hierzu wird die Verwaltung beauftragt, entsprechende Expertise einzuholen.
- Die Überprüfung soll insbesondere Hanna Reitsch, Werner Mölders, Werner Baumbach und Ernst Udet umfassen.
- Die Ergebnisse der Überprüfung sollen dem Rat zur weiteren Beratung vorgelegt werden.
Am 13.01.2024 wurde dem wissenschaftlichen Team der Universität Oldenburg, Dr. Mareike Witkowski und Dr. Joachim Tautz (Institut für Geschichte) der Auftrag die oben genannte Überprüfung vorzunehmen.
Die nachfolgende Ausarbeitung stellt dabei eine Kurzform der Ausarbeitung dar. Aufbauend des biographischen Werdegangs folgt eine Zusammenfassung des Wirkens in der Zeit des Nationalsozialismus.
Detaillierte Ausarbeitungen zu den jeweiligen Personen sind den der Ratsinformationsvorlage (VL-92/2024) beigefügten separaten personenbezogenen Dokumenten zu entnehmen.
Ergänzend wurde die Uni Oldenburg darum gebeten weitere Cloppenburger Straßennamen herauszusuchen, die möglicher Weise im Zusammenhang mit dem NS-Regime stehen könnten.
Hanna Reitsch1
Hanna-Reitsch-Weg (Benennung 1991)
* 29. März 1912
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1931
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Abitur
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1931/1932
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Besuch der Kolonialen Frauenschule in Rendsburg
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1932
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Erwerb des Segel- und Motorflugscheins
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1932
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Erster von über 40 Rekorden im Segelflug für Frauen
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1932-1934
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Medizinstudium in Berlin und Kiel ohne Abschluss
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1933
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Beraterin für den Film „Rivalen der Luft“
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1933/1934
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Forschungsexpedition in Brasilien, Argentinien und später noch in etliche weitere Länder
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ab Juni 1934
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Versuchspilotin für die Deutsche Forschungsanstalt für Segel- flug in Griesheim
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1937
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Überquerung der Alpen mit einem Segelflugzeug als erste Frau überhaupt
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1937
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Ernennung zum Flugkapitän durch Hermann Göring
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ab 1938
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Aufstellen diverser Hubschrauber-Rekorde
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1941
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Verleihung des Eisernen Kreuzes II. Klasse
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1942
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Verleihung des Eisernen Kreuzes I. Klasse
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1942
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Schwere Verletzung bei einem Test des Raketenflugzeuges ME- 163
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Ende 1943
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Besuch von Wehrmachtseinheiten an der Ostfront
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Anfang 1944
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Hanna Reitsch schlägt Hitler den Einsatz von „Selbstopfer“- Flugzeugen vor, bei denen der Tod des Piloten in Kauf genom- men werden sollte
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26. April 1945
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Hanna Reitsch fliegt Robert Ritter von Greim in das eingeschlos- sene Berlin, damit dieser als Nachfolger von Hermann Göring durch Hitler vereidigt werden kann
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Mai 1945
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Erweiterter Suizid ihrer Eltern sowie ihrer Schwester und deren Kindern
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Mai 1945 - November
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Kriegsgefangenschaft bei den amerikanischen Alliierten,
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1 Entsprechende Belge finden sich in den Langfassungen.
1947
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während der Gefangenschaft wird sie zu ihrem Aufenthalt im Bunker im April 1945 vernommen, ihr Bericht findet Eingang in das Buch „The Last Days of Hitler“ (1946) von Hugh Trevor- Roper, Reitsch streitet ab, diese Aussagen getroffen zu haben
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1947
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Einstufung als „Nichtbetroffene“ durch die Alliierten
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ab 1954
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Arbeit als Testpilotin bei der Deutschen Versuchsanstalt für Luft- fahrt
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1959
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Reise nach Indien, um dort ein Leistungssegelflugnetz aufzu- bauen
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1961
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Einladung ins Weiße Haus und Treffen mit John F. Kennedy
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1962-1966
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Aufbau einer Segelflugschule in Ghana
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1968
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Gründungsmitglieder der Vereinigung Deutscher Pilotinnen
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1971
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Auszeichnung als „Pilot des Jahres“ der International Order of Characters
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1974
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Aufgabe der deutschen Staatsbürgerschaft und Annahme der ös- terreichischen Staatsbürgerschaft
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24. August 1979
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* 26. April 1898
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1910
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Erste Gleitflugversuche
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1913
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Mittlere Reife am Theresien Gymnasium München
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November 1914
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Meldung als Kriegsfreiwilliger
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April 1915
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Erwerb des Zivilflugscheins
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Juni 1915
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Versetzung zur Fliegerersatztruppe des Heeres
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Oktober 1915
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Einsatz an der Westfront
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24. Dezember 1916
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Verleihung des Eisernen Kreuzes I. Klasse
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22. Januar 1917
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Ernennung zum Leutnant der Reserve
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7. November 1917
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Übernahme des Kommandos der Jagdstaffel 37
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April 1918
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Verleihung des Ordens „Pour la Mérite“
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September 1918
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Ernennung zum Oberleutnant der Reserve
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ab 1918
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Verdienst mit Schauflügen und als Pilot
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1921-1925
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Inhaber der Udet Flugzeugbau GmbH
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1925
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Gründung der Udet-Werbeflug GmbH
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1927
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Gründung der Schleppschrift-GmbH
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ab 1928
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Mitwirkung in zahlreichen Filmen
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1931 und 1933
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Expeditionen nach Afrika und Grönland
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1. Mai 1933
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Eintritt in die NSDAP
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1. Juni 1935
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Oberst in der neu gegründeten Luftwaffe
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9. Juni 1936
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Chef des Technischen Amtes des Reichsluftfahrtministeriums
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1936
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Schauflüge anlässlich der Olympischen Spiele
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1. April 1937
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Ernennung zum Generalmajor
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1. November 1938
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Beförderung zum Generalleutnant
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1. Februar 1939
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Übernahme des Amtes des Generalluftzeugmeisters
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19. Juli 1940
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Beförderung zum Generaloberst
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26. April 1941
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Verleihung der Ehrendoktorwürde anlässlich seines 45. Geburts- tages
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17. November 1941
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Suizid
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* 18. März 1913
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1925-1931
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Mitgliedschaft im Bund Neudeutschland
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1931
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Abitur in Brandenburg
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1931
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Eintritt in die Reichswehr
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1934
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Übertritt zur (damals noch geheimen) Luftwaffe
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1936-1939
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Angehöriger der Legion Condor
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1940-1941
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Kommodore des Jagdgeschwaders 51
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1941
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Beförderung zum Oberst
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1941
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Dienststellung „General der Jagdflieger“
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22. November 1941
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Tod durch Flugzeugabsturz bei Breslau
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28.11.1941
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Beerdigung im Rahmen eines Staatsakts
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Hanna Reitsch war vom Fliegen begeistert. In ihrem Leben erzielte sie zahlreiche Rekorde und brachte es als „Meisterfliegerin“ zu nationalem und internationalem Ruhm. Um ihren Ambiti- onen nachgehen zu können, war sie bereit, sich bedingungslos in das nationalsozialistische Machtgefüge ein- und auch unterzuordnen. Durch ihre Tätigkeit als Versuchspilotin bei der Flugerprobungsstelle der Luftwaffe ab 1937 war sie – wenn auch in ausführender und unterge- ordneter Rolle – an den Kriegsvorbereitungen und ab September 1939 an der Kriegsführung beteiligt. Ende 1943 entwickelte sie die Idee von Selbstopfer-Flügen, vergleichbar mit den ja- panischen Kamikaze-Flügen, die sie im Februar 1944 Adolf Hitler vorstellte. Auch wenn das Projekt nicht umgesetzt wurde, zeigt dies ihre Zustimmung und ihren Einsatz für die militäri- schen Ziele des NS-Regimes. Eine kritische Reflexion ihrer Tätigkeit für das Militär und die daraus resultierenden Folgen für andere Menschen fand von ihr nicht statt.
Neben ihrer Tätigkeit für die Flugerprobungsstelle war Hanna Reitsch immer wieder im Dienst der Propaganda unterwegs und avancierte zum „Inbegriff der nationalsozialistischen Fliegerin“. Hanna Reitsch wurde für Auftritte angefragt, suchte aber auch selbst die Öffentlichkeit und die Nähe zu den Machthabern. Sie lässt sich als „Propagandistin des Dritten Reichs“ einordnen, auch wenn sie kein Mitglied der NSDAP war. Hanna Reitsch verteidigte nach 1945 in ihren Schriften den Nationalsozialismus.
Bis heute variiert die Darstellung von Hanna Reitsch zwischen der Anerkennung ihrer Leistun- gen im Segel- und Motorfliegen und der Verurteilung ihrer auch nach 1945 nicht in Frage ge- stellten Sympathie für das nationalsozialistische System.
Die Benennung des Hanna-Reitsch-Weges in Cloppenburg war bereits 1991 von Kontroversen begleitet, da seitens der SPD und den Grünen Kritik an ihrem Handeln während der NS-Zeit geäußert wurde. Die Benennung erfolgte schließlich mit den Stimmen der CDU und gegen die Stimmen der SPD und Grünen.
Ernst Udet
Udetstraße (Benennung 1965/1966)
Als überaus erfolgreicher Jagdflieger während des Ersten Weltkrieges hatte es Ernst Udet zu großer Popularität gebracht. Für seine Leistungen erhielt Udet den preußischen Orden „Pour le Mérite“. Sein letzter Vorgesetzter im Ersten Weltkrieg war Hermann Göring. Sowohl sein Ruhm als auch seine enge Bekanntschaft mit Göring brachten ihn 1933 schnell in die Nähe des NS-Regimes. Am 1. Mai 1933 trat Udet der NSDAP bei, wobei seine Beweggründe unklar bleiben. Finanziell profitierte er nicht direkt, doch seine Verbindung zu Göring, der die Luft- fahrt förderte, war vorteilhaft. Udet führte Flugeinlagen bei Propagandaveranstaltungen vor und 1935 erschien seine Autobiografie „Mein Fliegerleben“, die sehr erfolgreich war.
Nach seinem Eintritt in die Luftwaffe im Juni 1935 stieg er rasch auf und war für die Forschung und Entwicklung sowie das Beschaffungswesen zuständig. Dadurch war er in die Kriegsvorbe- reitungen und später in den Krieg eng eingebunden. Bald wurde jedoch klar, dass er mit dem Amt überfordert war. Am 17. November 1941 beging er Selbstmord, der offiziell als Unfall getarnt wurde.
Udets politische Haltung bleibt ambivalent. Einerseits war er in das NS-Regime integriert, an- dererseits gibt es Berichte, dass er sich über Nationalsozialisten lustig machte. Öffentlicher Wi- derstand oder Hilfe für Verfolgte sind nicht dokumentiert. Carl Zuckmayer setzte Udet in sei- nem Drama „Des Teufels General“ ein literarisches Denkmal, das nach dem Krieg maßgeblich zu einem positiven Bild von Udet beitrug.
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Werner Mölders
Möldersstraße (Benennung 1965/1966)
Werner Mölders gehörte von 1925 bis 1931 aktiv dem katholischen Bund Neudeutschland an. Das Abitur absolvierte er in Brandenburg und verpflichtete sich dann, im Jahr 1931, bei der Reichswehr. Ursprünglich zur Infanterie gehörig, wechselte er dann zur Pioniertruppe und trat als Leutnant zur 1934 noch geheimen Luftwaffe über. Im Spanischen Bürgerkrieg war er Jagd- flieger Staffelkapitän in der Legion Condor, der deutschen Militäreinheit zur Unterstützung der Franco-Putschisten. Danach war er Gruppenkommandeur eines Jagdfliegergeschwaders. Bis Juli 1941 war Mölders Kommodore des Jagdgeschwaders 51.
Im Spanischen Bürgerkrieg erhielt Mölders das Spanienkreuz in Gold mit Brillanten. Im Mai 1941 wurde ihm das Ritterkreuz verliehen. Nach seinem 100. Luftsieg im Juli erhielt er das Eichenlaub mit Schwertern und Brillanten zum Ritterkreuz und wurde zum Oberst befördert. Im September 1941 wurde er mit der Dienststellung des „Generals der Jagdflieger“ betraut. Auf dem Flug zur Beisetzung des Generalluftzeugmeisters Ernst Udet verunglückte er am 22. No- vember 1941 bei Breslau bei einem Flugzeugunglück tödlich. Eine Woche später wurde Möl- ders in einem feierlichen Staatsakt auf dem Invalidenfriedhof in Berlin beerdigt.
In der Öffentlichkeit stand Mölders erst seit der Luftschlacht um England. Da die Legion Condor geheim agierte, konnten seine militärischen Erfolge während dieser Zeit nicht publiziert werden. „Luftsiege“ von Werner Mölders und seines nach seinem Tod nach ihm benannten
Geschwader wurden regelmäßig in der Presse gemeldet. Im Oktober 1940 bezeichnete man ihn als den „beste(n) Jagdflieger in unserer Zeit“. Die propagandistische Überhöhung fand ihren Gipfel bei der Beerdigung in Anwesenheit Hitlers im November 1941, als man „Abschied von einem Unsterblichen“, dem „unbesiegten Lufthelden“ nahm.
Nach seinem Tod kursierte ein – wie sich herausstellte – fiktiver Brief von Werner Mölders in Deutschland. Darin bekannte sich Mölders zur katholischen Kirche und zeigte sich in einigen Punkten als kritisch gegenüber der nationalsozialistischen Kriegspolitik. Die Geschichtswis- senschaft konnte schließlich, allerdings weit nach dem Kriegsende, beweisen, dass der Brief vom britischen Geheimdienst in Umlauf gebracht worden war. Die Geheime Staatspolizei ver- folgte die Verbreitung des Briefes, der über eine größere Resonanz in der katholischen Bevöl- kerung verfügte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Mölders weiterhin positiv eingeschätzt. Die Bundeswehr taufte 1968 einen Zerstörer auf seinen Namen, eine Luftwaffenkaserne in Visselhövede wurde 1972 nach ihm benannt. Ein Jahr später erhielt das Jagdgeschwader 74 (Neuburg/Donau) seinen Namen. Mittlerweile ist die Bundeswehr davon abgekehrt, die Benennungen wurden wieder rückgängig gemacht. In einem Gutachten wurde festgestellt, dass Mölders im Spanischen Bür- gerkrieg den Tod von Zivilisten „zumindest billigend in Kauf“ nahm. Eine verschiedentlich behauptete Intervention von Mölders zu Gunsten des Kardinals Clemens August von Galen lässt sich nicht belegen. Die älteren Bewertungen müssen mittlerweile als überaus spekulativ zurückgewiesen werden. Die Aussage, dass Mölders praktizierender Katholik war, ohne aller- dings einen oppositionellen Standpunkt einzunehmen, wird in der neuen Forschung nicht in Frage gestellt. Hervorgehoben wird mittlerweile die deutlich sichtbare Einbindung in das nati- onalsozialistische System.
Werner Baumbach
Werner-Baumbach-Straße (Benennung 1970)
* 27. Dezember 1916
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1923-1927
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Besuch der Volksschule
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1927-1935
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Besuch des Staatlichen Realgymnasiums, Abitur
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ab 1932
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Ablegen unterschiedlicher Segelflugscheine
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1. April 1935
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Eintritt in die NSDAP (Mitgliedsnummer 3640869)
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1935/1936
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Reichsarbeitsdienst
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1936
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Eintritt in die Luftwaffe als Fahnenjunker,
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1936-1938
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Besuch der Luftkriegsschule Berlin-Gatow
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1938
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Beförderung zum Leutnant
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ab 1. September 1939
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Einsatz im Krieg
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28. September 1939
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Verleihung des Eisernen Kreuzes II. Klasse
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3. Mai 1940
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Verleihung des Eisernen Kreuzes I. Klasse
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8. Mai 1940
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Verleihung des Ritterkreuzes des Eisernen Kreuzes
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1. Juni 1940
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Beförderung zum Oberleutnant, Ernennung zum Staffelkapitän
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14. Juli 1941
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Verleihung Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes mit Eichenlaub
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16. August 1942
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Verleihung Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes mit Eichenlaub und Schwertern
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April 1943
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Ernennung zum Inspektor und General der Kampfflieger
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Dezember 1942
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Versetzung zum Luftwaffenstab
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15. November 1944
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Beförderung zum Oberstleutnant und zum Kommodore des Kampfgeschwaders 200
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5. Januar 1945
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Beförderung zum Oberst
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23. Mai 1945
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Verhaftung in Flensburg und britische Gefangenschaft
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1948
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Auswanderung nach Argentinien
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20. Oktober 1953
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10. Februar 1954
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Trauerfeier für Werner Baumbach in Cloppenburg
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Werner Baumbach nahm bereits seit 1932 an Segelfliegerkursen teil. Er war Führer der Flieger- HJ in Cloppenburg und Sachbearbeiter für Flugertüchtigung im HJ-Bann 225 Südoldenburg. Zum 1. April 1935 wurde Baumbach noch als Schüler in die NSDAP aufgenommen.
Nach seiner Zeit im Reichsarbeitsdienst trat er im April 1936 als Offiziersanwärter in die Luft- waffe ein. Seit dem Frühjahr 1943 war Baumbach Sonderbeauftragter für „ferngelenkte Kör- per“. Er gehörte zu den internen Kritikern des Oberbefehlshabers der Luftwaffe, Hermann Gö- ring. Die Differenzen beschränkten sich aber auf Fragen der Kriegsführung und waren nie sys- temoppositionell. Gleichzeitig wurde Baumbach in der NS-Propaganda als „der erfolgreichste Kampfflieger der Welt“ dargestellt. Von ihm soll ein „System des Angriffs von Schiffen und Zielen auf dem Festland durch Sturzflug im ganzen Verband“ entwickelt worden sein. Von November 1944 bis Januar 1945 war er mit den Geschäften des Generals der Kampfflieger, einer Luftwaffendienststelle, betraut und wurde im Januar 1945 zum Oberst befördert. Bereits am 1. März 1945 war Baumbach (mittlerweile Kommodore des Kampfgeschwaders 200) durch Führerbefehl mit der Führung des „Brückenbekämpfungverbandes“ beauftragt worden.
Baumbach wurde im Zweiten Weltkrieg auf verschiedenen Kriegsschauplätzen eingesetzt und hoch dekoriert. Bereits im September 1939 erhielt er das Eiserne Kreuz II. Klasse, das Eiserne Kreuz I. Klasse wurde ihm für die Versenkung eines britischen Kreuzers in Norwegen verlie- hen, im Mai 1940 das Ritterkreuz „für die schneidig durchgeführten Angriffsflüge“. Damit galt er als „leuchtendes Vorbild der Nordsee-HJ“. Die Vernichtung von 240.000 BRT Handels- schiffstonnage wurde als „Spitzenleistung“ deklariert, die „einer aus Oldenburgs Flieger- HJ“ vollbracht habe. Die NS-Propaganda, in der Baumbach in den Mittelpunkt gestellt wurde, richtete sich vornehmlich an die Hitler-Jugend.
Verschiedentlich wird Baumbach als wesentliche Person bei der kampflosen Übergabe Ham- burgs gegen Kriegsende genannt. Belegt sind diese Behauptungen nicht. Nach Angaben von Heinrich Ottenjann aus dem Jahr 1955 hat Baumbach ihm am 27. September 1951 einen Brief geschrieben, in dem er behauptete, in „‚den letzten Kriegstagen unter eigener Lebensgefahr in letzter Minute ein schweres Bombardement Cloppenburgs und Vechtas verhindert‘“ zu haben. Er wollte außerdem „‚zweimal während des Krieges Maßnahmen, die Himmler gegen das >schwarze< Südoldenburg befohlen hatte, in persönlicher Rücksprache‘“ abgewendet ha- ben. Die „Oldenburgische Volkszeitung“ bezeichnete ihn deswegen nachträglich als „Retter des Oldenburger Münsterlandes“. Hintergrund soll der „Widerstand der Bevölkerung Südol- denburgs gegen den Nationalsozialismus vor und während des Krieges“ gewesen sein. Für alle diese Behauptungen gibt es keine Belege. Sie gehören höchstwahrscheinlich zu der nach 1945
einsetzenden Legendenbildung.
Nachdem Baumbach aus britischer Kriegsgefangenschaft entlassen wurde, ging er im Mai 1948 nach Argentinien, damals unter der Diktatur General Peróns stehend, wo er Berater der argen- tinischen Luftwaffe „auf dem Gebiet der ferngelenkten Waffe“ war.
In der frühen Bundesrepublik veröffentlichte er mehrere Bücher, in denen er u.a. Kriegserfah- rungen verarbeitete. Baumbach starb am 20. Oktober 1953 bei einem Flugzeugabsturz in Ar- gentinien. Er wurde am 10. Februar 1954 in Cloppenburg unter großer Beteiligung der Öffent- lichkeit, darunter zahlreicher Soldatenbünde, beerdigt.
Weitere Straßennamen
Neben der detaillierten Untersuchung der Straßennamensträger Hanna Reitsch, Ernst Udet , Werner Mölders und Werner Baumbach wurden durch das wissenschaftliche Team der Universität Oldenburg noch weitere mögliche Straßennamensträger im Cloppenburger Stadtgebiet identifiziert, die in Verdacht auf Beziehungen zum NS-Regime stehen könnten.
Bei der Erstellung dieser Liste hat die Uni alle Namensgeber aussortiert, die nicht zwischen 1933-
Widerständler ausschließen ließen. Daraus folgt noch kein zwangsläufiger Verdacht auf eine negative NS-Vergangenheit! Vielmehr müssten die nachfolgenden Namensgeber (wissenschaftlich) untersucht werden. Ebenfalls kann nicht ausgeschlossen werden, dass durch weitere, den Verfassern unbekannte, geschichtliche Literaturquellen, sich zusätzliche Straßennamensträger als verdächtig erweisen könnten. Folglich handelt es sich bei der nachfolgenden Auflistung um keine abschließende Aufzählung.
- August Hinrichs, (1879-1956), August-Hinrichs-Str. (August Hinrichs wurde bei der Untersuchung zu den Oldenburger Straßennamen mituntersucht: https://www.oldenburg.de/fileadmin/oldenburg/Benutzer/Dateien/30_Amt_fuer_Kultur
- _Museen_und_Sport/Dokumentation_Oldenburger_Strassennamen_Endfassung_6.No_. pdf
- Augustin Wibbelt (1862-1947), Augustin-Wibbelt-Str.
- Heinrich Winkler (1884-1967), Bürgermeister-Winkler-Str.
- Bernhard Heukamp (1884-1946), Bürgermeister-Heukamp-Str.
- August Hackmann (1871-1949), Dechant-Hackmann-Str.
- Friedrich Pieper, (1871-1944), Friedrich-Pieper-Str.
- Alois von Hammel (?), Pastor-von-Hammel-Str.
- Laurentius Siemer, (1888-1956), Pater-Laurentius-Str.
- Werner Eckart (Bezug auf den Unternehmer?), (1909-1997), Werner-Eckart-Ring
Udetstraße (Benennung 1965/19661)
Ernst Udet, 26. April 1896 – 17. November 1941 Biografische Skizze
* 26. April 1898
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1910
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Erste Gleitflugversuche
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1913
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Mittlere Reife am Theresien Gymnasium München
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November 1914
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Meldung als Kriegsfreiwilliger
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April 1915
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Erwerb des Zivilflugscheins
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Juni 1915
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Versetzung zur Fliegerersatztruppe des Heeres
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Oktober 1915
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Einsatz an der Westfront
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24. Dezember 1916
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Verleihung des Eisernen Kreuzes I. Klasse
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22. Januar 1917
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Ernennung zum Leutnant der Reserve
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7. November 1917
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Übernahme des Kommandos der Jagdstaffel 37
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April 1918
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Verleihung des Ordens „Pour la Mérite“
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September 1918
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Ernennung zum Oberleutnant der Reserve
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ab 1918
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Verdienst mit Schauflügen und als Pilot
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1921-1925
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Inhaber der Udet Flugzeugbau GmbH
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1925
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Gründung der Udet-Werbeflug GmbH
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1927
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Gründung der Schleppschrift-GmbH
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ab 1928
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Mitwirkung in zahlreichen Filmen
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1931 und 1933
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Expeditionen nach Afrika und Grönland
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1. Mai 1933
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Eintritt in die NSDAP
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1. Juni 1935
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Oberst in der neu gegründeten Luftwaffe
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9. Juni 1936
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Chef des Technischen Amtes des Reichsluftfahrtministeriums
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1936
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Schauflüge anlässlich der Olympischen Spiele
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1. April 1937
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Ernennung zum Generalmajor
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1. November 1938
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Beförderung zum Generalleutnant
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1. Februar 1939
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Übernahme des Amtes des Generalluftzeugmeisters
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19. Juli 1940
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Beförderung zum Generaloberst
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26. April 1941
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Verleihung der Ehrendoktorwürde anlässlich seines 45. Geburts-
tages
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17. November 1941
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Suizid
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* 29. März 1912
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1931
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Abitur
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1931/1932
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Besuch der Kolonialen Frauenschule in Rendsburg
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1932
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Erwerb des Segel- und Motorflugscheins
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1932
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Erster von über 40 Rekorden im Segelflug für Frauen
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1932-1934
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Medizinstudium in Berlin und Kiel ohne Abschluss
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1933
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Beraterin für den Film „Rivalen der Luft“
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1933/1934
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Forschungsexpedition in Brasilien, Argentinien und später noch
in etliche weitere Länder
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ab Juni 1934
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Versuchspilotin für die Deutsche Forschungsanstalt für Segel-
flug in Griesheim
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1937
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Überquerung der Alpen mit einem Segelflugzeug als erste Frau
überhaupt
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1937
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Ernennung zum Flugkapitän durch Hermann Göring
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ab 1938
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Aufstellen diverser Hubschrauber-Rekorde
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1941
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Verleihung des Eisernen Kreuzes II. Klasse
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1942
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Verleihung des Eisernen Kreuzes I. Klasse
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1942
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Schwere Verletzung bei einem Test des Raketenflugzeuges ME-
163
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Ende 1943
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Besuch von Wehrmachtseinheiten an der Ostfront
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Anfang 1944
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Hanna Reitsch schlägt Hitler den Einsatz von „Selbstopfer“-
Flugzeugen vor, bei denen der Tod des Piloten in Kauf genom- men werden sollte
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Mai 1945
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Erweiterter Suizid ihrer Eltern sowie ihrer Schwester und deren
Kindern
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26. April 1946
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Hanna Reitsch fliegt Robert Ritter von Greim in das eingeschlos- sene Berlin, damit dieser als Nachfolger von Hermann Göring
durch Hitler vereidigt werden kann
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Mai 1945 - November 1947
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Kriegsgefangenschaft bei den amerikanischen Alliierten, wäh- rend der Gefangenschaft wird sie zu ihrem Aufenthalt im Bunker im April 1945 vernommen, ihr Bericht findet Eingang in das Buch „The Last Days of Hitler“ (1946) von Hugh Trevor-Roper,
Reitsch streitet ab, diese Aussagen getroffen zu haben
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1947
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Einstufung als „Nichtbetroffene“ durch die Alliierten
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1 Ostermann, Werner u.a.: 100 Jahre Staatsforsten, Staatsforsten 2011, S. 23. Der Bebauungsplan mit den Stra- ßennamen wurde im April 1966 ausgelegt. http://staatsforsten.com/dorfgeschichte/, letzter Zugriff am 13. April 2024.
- Ernst Udet als Generalluftzeugmeister, Bundesarchiv, Bild 146-1984-112-13 / Conrad / CC-BY-SA 3.0
Abstract
Als überaus erfolgreicher Jagdflieger während des Ersten Weltkrieges hatte es Ernst Udet zu großer Popularität gebracht. Sein letzter Vorgesetzter im Ersten Weltkrieg war Hermann Gö- ring. Sowohl sein Ruhm als auch seine enge Bekanntschaft mit Göring brachten ihn 1933 schnell in die Nähe des NS-Regimes. Er übernahm seit dem Machtantritt der NSDAP repräsen- tative Aufgaben und trat am 1. Mai 1933 der Partei bei. Nach seinem Eintritt in die Luftwaffe im Juni 1935 stieg er rasch auf und war für die Forschung und Entwicklung sowie das Beschaf- fungswesen zuständig. Dadurch war er in die Kriegsvorbereitungen und später in den Krieg eng eingebunden. Bald wurde jedoch klar, dass er mit dem Amt überfordert war. Am 17. November 1941 beging er Selbstmord.
Zum Forschungsstand und zur Quellenlage
Über Ernst Udet liegen zwei Biografien vor, die jedoch weitgehend unkritisch mit seiner Person umgehen.2 Sie enthalten aber wichtige Informationen zu seinem Leben. Es fehlt nach wie vor eine quellengesättigte Studie über Ernst Udet, die insbesondere die NS-Zeit in den Blick nimmt.
2 Herlin, Hans: Udet. Eines Mannes Leben und Geschichte seiner Zeit, Hamburg 1958; Ishoven, Armand v.: Ernst Udet. Biographie eines großen Fliegers, Herrsching 1977. Umfangreich und quellengestützt hat sich auch David Irving mit Ernst Udet beschäftigt. Irving, David: Die Tragödie der Deutschen Luftwaffe. Aus den Akten und Erinnerungen des Feldmarschall Milch, Frankfurt a. Main 1971. Irving wandelte sich jedoch seit Mitte der 1970er Jahre zum Geschichtsrevisionisten und Holocaustleugner. Daher wird sein Werk hier nicht herangezo- gen.
Für die vorliegende Ausarbeitung wurden neben der Literatur auch die im Bundesarchiv Berlin vorhandenen Akten zu Ernst Udet ausgewertet. In zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten und populärwissenschaftlichen Medien wird Udet als unpolitischer Mensch dargestellt, der in Tei- len dem NS-System kritisch gegenübergestanden habe und sich nur aufgrund seiner Liebe zur Fliegerei in das System einbinden ließ. Diese Darstellung stützt sich fast ausschließlich auf Aussagen von (zum Teil mit ihm befreundeten) Zeitzeugen und Zeitzeuginnen und müsste durch weitere Quellenrecherche sowie der Auswertung von Privatunterlagen Udets be- oder widerlegt werden.3
In den letzten Jahren Offenbar scheint das Interesse an den Fliegern des Ersten Weltkrieges wieder zugenommen zu haben. So wurden etliche Autobiografien neu aufgelegt, darunter auch 2014 Ernst Udets Werk „Mein Fliegerleben“, das dieser erstmals 1935 veröffentlicht hatte.4
Jagdflieger während des Ersten Weltkrieges
1914 meldete sich Ernst Udet freiwillig zum Krieg. Als einer der wenigen, die 1914 ein eigenes Motorrad besaßen, wurde er als Meldefahrer an der Westfront eingesetzt. Nachdem die Ver- träge mit den freiwilligen Motorradmeldern bald wieder gekündigt wurden, konnte er seinen Traum vom Fliegen verwirklichen. Sein Vater bezahlte ihm die Fliegerschule und er erhielt im April 1915 den Zivilflugschein.5 Im September 1915 trat er als Flugzeugführer seinen Dienst beim Militär an. 1917 wechselte er zum Jagdgeschwader von Manfred von Richthofen, der als
„Roter Baron“ in die Geschichte einging. Im gleichen Jahr erhielt Udet den höchsten preußi- schen Orden „Pour le mérite“. Nach dem Tod von Manfred von Richthofen im April 1918 bei einem Kampfeinsatz wurde Hermann Göring Udets neuer Chef. In Udets Personalakte findet sich eine Beurteilung Görings aus dem Jahr 1918, in der er schrieb: „Vorzüglicher Jagdflieger, dessen grosse Erfolge seinem glänzenden Schneid und Angriffsgeist zu danken sind. In der Luft führt er seine Staffel ausgezeichnet; auch im Innendienst ist alles in bester Ordnung. Vorge- setzten und Untergebenen gegenüber tritt er tadellos auf. In seinen Anschauungen und Standes- ansichten einwandfrei. Bei allen Kameraden beliebt. gez. Göring Ob[erleutnant] und Geschwa- derkommandeur“6 Die Verbindung zu Hermann Göring erwies sich später als bedeutend für Ernst Udet. Nach Manfred von Richthofen war Ernst Udet der Flieger mit den meisten
3 In den Archiven ließ sich kein Nachlass von Ernst Udet finden. Da in den letzten Jahren immer wieder private Unterlagen von Ernst Udet bei Auktionen versteigert wurden, lässt sich vermuten, dass sich der Nachlass in der Familie befindet.
4 Udet, Ernst: Mein Fliegerleben, Berlin 1935. Im Jahr 2013 wurde von dem Werk eine englische Übersetzung mit einem neuen Vorwort von Richard Overy veröffentlicht.
5 Hümmelchen, Gerhard: Generaloberst Ernst Udet, in: Ueberschär, Gerd R. (Hg.): Hitlers militärische Elite, Bd.
1. Von den Anfängen des Regimes bis Kriegsbeginn, Darmstadt 1998, S. 258-264, hier S. 258.
6 Beurteilung über Ernst Udet vom 15. August 1918, Bundesarchiv Berlin, Pers 6 /60, Bl. 117.
Abschüssen im Ersten Weltkrieg und er ging damit in die Militärgeschichte ein.7 Von diesem Ruhm zehrte er sein Leben lang und insbesondere der „Pour le mérite“-Orden öffnete ihm wäh- rend der Zeit des Nationalsozialismus viele Türen.8
Nach dem Ersten Weltkrieg war es für Piloten schwer, Arbeit zu finden, da die militärische Luftfahrt nicht mehr existierte und es in der zivilen Luftfahrt kaum Stellen gab. Zunächst schlug sich Ernst Udet mit Schauflügen durch, bevor er 1921 ein Flugzeugbau-Unternehmen gründete. Das Geschäft gab er mangels Erfolg 1925 auf und konzentrierte sich wieder auf Schauflüge. Während der Weimarer Republik verdiente er seinen Lebensunterhalt mit Flugveranstaltungen, Werbeflügen und Filmaufnahmen.9 In Berichten über ihn findet sich immer wieder der Verweis auf seine Fähigkeit, dass er mit einem Jagdbomber ein Taschentuch vom Boden aufheben konnte.10 Berühmt war er auch für sein ausschweifendes Leben.
Zeit des Nationalsozialismus
Mitgliedschaft in der NSDAP und anderen NS-Organisationen sowie weitere Auszeichnungen Ernst Udet trat am 1. Mai 1933 der NSDAP bei und erhielt die Mitgliedsnummer 2010976.11 Weitere Mitgliedschaften in anderen NS-Organisationen gab es nicht. Seine Motive für den Eintritt in die NSDAP lassen sich heute nicht mehr zweifelsfrei feststellen. Direkte finanzielle Vorteile hatte er nicht. Mit Hermann Göring war ein ihm gut bekannter Fliegerkamerad Teil der neuen Regierung, die versprach, die Luftfahrt voranzutreiben. Am 26. April 1941 erhielt Ernst Udet die Ehrendoktorwürde. Angeregt worden war dies durch Willy Messerschmitt. Für die Ernennung hatten sich Hermann Göring, Rudolf Hess und Adolf Hitler ausgesprochen.12
1933-1935
Bereits zu Beginn der nationalsozialistischen Regierung ließ sich Udet von dieser einspannen. Am propagandistisch inszenierten 1. Mai 1933 zeigte er auf dem Tempelhofer Feld vor etwa 1,5 Millionen Menschen sein Können.13 Bei einem Besuch in den USA im Frühjahr 1933 wurde
7 In seiner Personalakte findet sich eine Liste aller Gefechte, in die er verwickelt war. Auszug aus der Kriegs- rangliste, Bundesarchiv Berlin, Pers 6 /60, Bl. 10-11.
8 Voigt, Immanuel: Stars des Krieges. Eine biografische und erinnerungskulturelle Studie zu den deutschen Luft- streitkräften des Ersten Weltkrieges, Berlin/Boston 2019, S. 10.
9 Hümmelchen, Udet, 1998, S. 259.
10 Bspw. Dokumentation von Guido Knopp „Hitlers Helfer – Ernst Udet, 1998. In der Dokumentation wird eine Kiste mit privaten Unterlagen von Ernst Udet gezeigt, die sich aber in keinem Archiv finden ließ. In der zur Do- kumentation dazugehörigen Veröffentlichung ist ebenfalls kein Verweis auf einen Nachlass zu finden. Vgl.
Knopp, Guido/Dreykluft, Friederike: Der Flieger, in: Knopp, Guido: Hitlers Krieger, München 1998, S. 279-334.
11 Bundesarchiv Berlin, R 9361-VIII Kartei / 23540915; R 9361-IX Kartei / 45361157.
12 Brief des Reichsleiters Martin Bormann an den Chef der Reichskanzler vom 5. März 1941, Bundesarchiv Ber- lin, R 43-II/1151b, Bl. 10.
13 Nachmittags auf dem Tempelhofer Feld, in: Berliner Morgenpost vom 2. Mai 1933.
er von der St. Louis Daily Globe nach den Ausschreitungen gegen die jüdische Bevölkerung gefragt und antwortete: „Es hat einige wenige Fälle gegeben, in denen Juden schlecht behandelt wurden, aber das wird über Gebühr bewertet.“14 Ob Udet dies so sah oder ob er bewusst im Sinne der Nationalsozialisten beschwichtigen wollte, lässt sich nicht sagen.
Nach 1933 erreichte die Fliegerverehrung im Deutschen Reich einen neuen Höhepunkt, wovon auch Udet profitierte. 1935 veröffentlichte er seine Autobiografie „Mein Fliegerlegen“.15 Ge- widmet war das Buch der Jugend, die „einst Richter unserer Taten“16 sein werde. Das Werk, formuliert als Abenteuerbericht, verkaufte sich insgesamt etwa 350.000 Mal und gehörte damit zu den erfolgreichsten Werken auf dem Markt der Fliegerliteratur.17 Es endete mit den Worten:
„Wir sind Soldaten ohne Fahne gewesen. [Gemeint ist die Zeit der Weimarer Republik, M. Witkowski] Wir haben unsere Fahne wieder ausgerollt. Der Führer gab sie uns zurück. Für die alten Soldaten lohnt es sich wieder zu leben.“18
Dienst im Reichsluftfahrtministerium ab 1935
Bis Anfang 1935 verdiente Ernst Udet seinen Lebensunterhalt mit Auftritten. Aufgrund seines fliegerischen Könnens und seiner hohen Popularität wurde er am 1. Juni 1935 bei der Luftwaffe im Technischen Amt angestellt und legte am 7. November 1935 seinen Eid auf Hitler ab.19 Ab Februar 1936 war er als Inspekteur der Jagd- und Sturzkampfflieger tätig. Vier Monate später ernannte Göring ihn zum Chef des Technischen Amtes des Reichsluftfahrtministeriums, wodurch er für die industrielle Flugzeugproduktion, die technischen Weiterentwicklungen und das Beschaffungswesen zuständig war. Bereiche, mit denen er vorher nichts zu tun hatte und die ihn schnell überforderten. In seiner Personalakte liegt ein mit „Geheim!“ gekennzeichnetes Schreiben bereits vom 8. Juni 1935 vor, in dem festgehalten ist, „tauglich für das Heer, untaug- lich für technische Truppen“20. Das Schreiben stammt vom Luftkreisarzt, der offensichtlich nur bedingt von Udets Tauglichkeit überzeug war. Möglicherweise hatten sich dessen Alkohol- und Drogenprobleme herumgesprochen, aber dies lässt sich nicht belegen. Wichtiger als die Ein- schätzung des Arztes war die Beurteilung von Erhard Milch, Staatssekretär der Luftfahrt und
14 Zitiert nach: Ishoven, Armand v.: Ernst Udet. Biographie eines großen Fliegers, Herrsching 1977, S. 291.
15 Udet hatte das Werk nicht selber geschrieben, es wurde von einem Ghostwriter, Paul Karlson, verfasst.
16 Udet, Ernst: Mein Fliegerleben, Berlin 1935, Vorwort.
17 Vgl. Schüler-Springorum, Stefanie: Vom Fliegen und Töten. Militärische Männlichkeit in der deutschen Flie- gerliteratur, in: dies./Hagemann, Karen: Heimat-Front: Militär und Geschlechterverhältnisse im Zeitalter der Weltkriege, Frankfurt/New York 2002. Ernst Udet hatte bereits 1932 ein Buch über seine Expedition nach Af- rika geschrieben: Udet, Ernst: Fremde Vögel über Afrika, Bielefeld/Leipzig 1932.
18 Udet, Ernst: Mein Fliegerleben, Berlin 1935, S. 177.
19 Hümmelchen, Udet, 1998, S. 260.
20 Schreiben des Luftkreisarztes beim Luftkreiskommando II vom 8. Juni 1935, Bundesarchiv Berlin, Pers 6 /60, Bl. 58.
General der Flieger, vom 27. Oktober 1936: „Oberst Udet ist eine einmalige Persönlichkeit, deren Auswirken von entscheidender Bedeutung für die deutsche Luftwaffe sein wird. Guter Kamerad.“21 Göring vertraute ebenfalls seinem früheren Untergebenen und wollte vor allem, dass die Luftwaffe vom Ruhm Udets profitierte.
Ernst Udet erklomm in rascher Folge immer höhere Ränge und war ab dem 1. Februar 1939 Generalluftzeugmeister22. Dabei stand er in steter Konkurrenz zu Erhard Milch, der ihn 1936 noch gelobt hatte, nun aber zunehmend kritisierte. Mit Kriegsbeginn konnte Udet zunächst die Gunst von Hitler und Göring für sich entscheiden. Die Luftwaffe war den Gegnern überlegen, was sich aber in der Folge änderte.23 Am 19. Juli 1940 wurde Udet erneut befördert und hatte nun den Rang eines Generaloberst. Ihm unterstanden 26 Abteilungen und etwa 4.000 Mitarbei- ter.24 Trotz seiner Beförderung wurde immer deutlicher, dass er der Aufgabe nicht gewachsen war und keine organisatorischen Fähigkeiten besaß. Er verlor sich in fliegerischen Details und konnte keinen großen Stab leiten. Erhard Milch, der für das Amt besser geeignet war, machte ihm zunehmend den Posten streitig.
Die bekannteste von Ernst Udet eingeführte Neuerung waren die Sturzkampfbomber (Stukas), die er 1931 erstmals in den USA gesehen hatte.25 Sein Amtsantritt im Luftfahrtministerium ermöglichte es ihm, die Entwicklung dieser Bomber trotz Widerständen voranzutreiben. Für die Stukas wurden die Ju 87 von Junkers genutzt. Ernst Udet sorgte dafür, dass diese zusätzlich mit Jericho-Trompeten ausgestattet wurden, die im Sturzflug den Heulton verstärkten, sodass die Maschinen beim Angriff extrem laut waren. Ernst Udet sah darin einen Beitrag zur psycho- logischen Kriegsführung, da das laute Heulen zusätzlich Angst verbreiten sollte. Die Sturzflüge ermöglichten eine höhere Zielgenauigkeit, bedeuteten aber ein erhebliches Risiko für die Pilo- ten.
Spätestens mit dem Beginn des Russland-Feldzuges im Juni 1941 wurde das Versagen der Luft- waffe und damit auch das von Ernst Udet deutlich. Er musste sich seinem Rivalen Erhard Milch unterstellen und Göring wies im Juli 1941 an, dass er sich „für zumindest 8 Wochen vom Dienst zurückzöge, ärztlich behandeln lasse und erst mal seine Gesundheit wiederherstelle.“26
21 Beurteilung über Ernst Udet vom 27. Oktober 1936, Bundesarchiv Berlin, Pers 6 /60, Bl. 120.
22 Diesen Titel gab es nur während der Zeit des Nationalsozialismus. Die einzigen beiden Träger des Titels wa- ren zunächst Ernst Udet und nach seinem Selbstmord Erhard Milch.
23 Hümmelchen, Udet, 1998, S. 261.
24 Ebd.
25 Er war beeindruckt von diesem neuen Waffentypus und konnte 1933 Hermann Göring, neu ernannter Reichs- kommissar für die Luftfahrt, vom Kauf zweier Maschinen überzeugen. Vgl. Hümmelchen, Udet, 1998, S. 259. 26 Untersuchung aus Anlass des Selbstmordes des Generaloberst Udet aus dem Jahr 1947, Generalluftzeugmeis- ter, Bundesarchiv Berlin, N 179/66. In der Untersuchung wurde auch auf den „starken Alkoholgenuss“ von Udet verwiesen.
Suizid Udets
Mit der Ausweitung des Krieges nahmen die Probleme für Udet immer weiter zu. Er musste sich für fehlenden Nachschub, fehlerhafte Maschinen und Fehlentscheidungen rechtfertigen. Sein Alkoholkonsum sowie die Einnahme von hohen Mengen Pervitin, einem Methampheta- min, setzten ihm stark zu. Am 17. November 1941 beging er Selbstmord, der in der Öffentlich- keit geheim gehalten wurde. Offiziell hieß es, es sei bei einer Flugzeug-Erprobung zu einem schweren Unfall gekommen, bei dem Udet ums Leben gekommen sei. Sein Begräbnis wurde propagandistisch inszeniert.27 Anwesend waren neben Hitler große Teile der NS-Führungsriege. Interne Untersuchungen zeigen jedoch, dass die NS-Führung wusste, dass Ernst Udet sich um- gebracht hatte.28
Politische Einstellung
Die politische Einstellung Udets lässt sich nur schwer nachvollziehen und noch schwerer bele- gen. Er hatte eine herausgehobene Stellung im NS-Regime, zugleich gibt es zahlreiche Aussa- gen, die bezeugen, dass er sich immer wieder über ranghohe Nationalsozialisten lustig gemacht habe. Öffentlichen Protest, Hilfe für Verfolgte oder Formen des Widerstands lassen sich für Ernst Udet nicht finden.
Des Teufels General29
Carl Zuckmayer war mit Ernst Udet befreundet. In seinem zwischen 1943 und 1945 geschrie- benen Stück „Des Teufels General“ setzte er ihm ein literarisches Denkmal in der Figur des Fliegers Harras. In dem Stück geht es um einen Fliegerhelden, der den verbrecherischen Cha- rakter des NS-Regimes erkennt, zunächst aber kein Problem damit hat, sich diesem anzudienen, um seiner Leidenschaft – dem Fliegen – nachgehen zu können. Seine Verachtung macht er durch beißende Kommentare deutlich. Im Verlauf des Stückes gerät der Protagonist Harras in den Verdacht, Flugzeuge zu manipulieren, damit diese nicht im Krieg eingesetzt werden kön- nen. Harras ist unschuldig, wird aber mehr und mehr von seiner Doppelrolle – im Dienst der Luftwaffe und zugleich Kritiker – zerrissen. Dem Konflikt entzieht er sich durch Selbstmord. Die Parallelen zwischen der Figur Harras und Ernst Udet sind unübersehbar, auch wenn Zuck- mayer damit ein falsches und beschönigendes Bild von Udet zeichnet. Das Drama gehörte zu den am häufigsten gespielten Bühnenstücken in der Anfangsphase der Bundesrepublik, und
27 Zeitungsausschnittsammlung, Bundesarchiv Berlin, VBS 292/8030000851.
28 Untersuchung aus Anlass des Selbstmordes des Generaloberst Udet aus dem Jahr 1947, Generalluftzeugmeis- ter, Bundesarchiv Berlin, N 179/66.
29 Vgl. hierzu u.a.: Unterseher, Lutz: Carl Zuckmayer und Ernst Udet – Freundschaft als Missverständnis. Litera- turgeschichte und Nationalsozialismus, Berlin 2021.
Curd Jürgens zog 1955 als Flieger Harras die Massen ins Kino. Das literarische Bild, das Carl Zuckmayer entwarf, hatte großen Einfluss auf das häufig positive Bild, das von Ernst Udet in der Nachkriegszeit vorherrschte.30
Literatur
- Herlin, Hans: Udet. Eines Mannes Leben und Geschichte seiner Zeit, Hamburg 1958.
- Hümmelchen, Gerhard: Generaloberst Ernst Udet, in: Ueberschär, Gerd R. (Hg.): Hit- lers militärische Elite, Bd. 1. Von den Anfängen des Regimes bis Kriegsbeginn, Darm- stadt 1998, S. 258-264.
- Irving, David: Die Tragödie der Deutschen Luftwaffe. Aus den Akten und Erinnerungen des Feldmarschall Milch, Frankfurt a. Main 1971.
- Ishoven, Armand v.: Ernst Udet. Biographie eines großen Fliegers, Herrsching 1977.
- Knopp, Guido/Dreykluft, Friederike: Der Flieger, in: Knopp, Guido: Hitlers Krieger, München 1998, S. 279-334.
- Ostermann, Werner u.a.: 100 Jahre Staatsforsten, Staatsforsten 2011. Rühmann, Heinz: Das war’s, Frankfurt a. Main/Berlin 1982.
- Schüler-Springorum, Stefanie: Vom Fliegen und Töten. Militärische Männlichkeit in der deutschen Fliegerliteratur, in: dies./Hagemann, Karen: Heimat-Front: Militär und Geschlechterverhältnisse im Zeitalter der Weltkriege, Frankfurt/New York 2002, S. 369-394.
- Unterseher, Lutz: Carl Zuckmayer und Ernst Udet – Freundschaft als Missverständnis.
- Literaturgeschichte und Nationalsozialismus, Berlin 2021.
- Voigt, Immanuel: Stars des Krieges. Eine biografische und erinnerungskulturelle Studie zu den deutschen Luftstreitkräften des Ersten Weltkrieges, Berlin/Boston 2019.
Autobiografische Literatur
- Udet, Ernst: Fremde Vögel über Afrika, Bielefeld/Leipzig 1932. Udet, Ernst: Mein Fliegerleben, Berlin 1935.
30 Hierzu hat auch Heinz Rühmann beigetragen, der mit Ernst Udet befreundet war, und ihm in seinen Lebenser- innerungen ein ganzes Kapitel gewidmet hat. Vgl. Rühmann, Heinz: Das war’s, Frankfurt a. Main/Berlin 1982,
S. 95-103.
Bundesarchiv Berlin Personalakte Ernst Udet Pers 6 /60 R 9361-VIII Kartei / 23540915
R 9361-IX Kartei / 45361157 R 43-II/1151b
N 179/66
VBS 292/8030000851
Hanna Reitsch
Hanna-Reitsch-Weg (Benennung 1991)
Hanna Reitsch, 29. März 1912 – 24. August 1979
Biografische Skizz
ab 1954
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Arbeit als Testpilotin bei der „Deutschen Versuchsanstalt für
Luftfahrt“
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1959
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Reise nach Indien, um dort ein Leistungssegelflugnetz aufzu-
bauen
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1961
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Einladung ins Weiße Haus und Treffen mit John F. Kennedy
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1962-1966
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Aufbau einer Segelflugschule in Ghana
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1968
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Gründungsmitglieder der Vereinigung Deutscher Pilotinnen
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1971
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Auszeichnung als „Pilot des Jahres“ der International Order of
Characters
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1974
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Aufgabe der deutschen Staatsbürgerschaft und Annahme der ös-
terreichischen Staatsbürgerschaft
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24. August 1979
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- Hanna Reitsch besucht ihre Heimatstadt Hirschberg im April 1941, Bundesarchiv, Bild 183-B02092 / Schwahn / CC-BY-SA 3.0
Abstract
Hanna Reitsch war vom Fliegen begeistert. In ihrem Leben erzielte sie zahlreiche Rekorde und brachte es als „Meisterfliegerin“ zu nationalem und internationalem Ruhm. Um ihren Ambiti- onen nachgehen zu können, war sie bereit, sich bedingungslos in das nationalsozialistische Machtgefüge ein- und auch unterzuordnen. Durch ihre Tätigkeit als Versuchspilotin bei der Flugerprobungsstelle der Luftwaffe ab 1937 war sie – wenn auch in ausführender und unterge- ordneter Rolle – an den Kriegsvorbereitungen und ab September 1939 an der Kriegsführung
beteiligt. Ende 1943 entwickelte sie die Idee von Selbstopfer-Flügen, vergleichbar mit den ja- panischen Kamikaze-Flügen, die sie im Februar 1944 Adolf Hitler vorstellte. Auch wenn das Projekt nicht umgesetzt wurde, zeigt dies ihre Zustimmung und ihren Einsatz für die militäri- schen Ziele des NS-Regimes. Eine kritische Reflexion über ihre Tätigkeit für das Militär und die daraus resultierenden Folgen für andere Menschen fand nicht statt.
Neben ihrer Tätigkeit für die Flugerprobungsstelle war Hanna Reitsch immer wieder im Dienst der Propaganda unterwegs und avancierte zum „Inbegriff der nationalsozialistischen Fliege- rin“1. Hanna Reitsch wurde für Auftritte angefragt, suchte aber auch selbst die Öffentlichkeit und die Nähe zu den Machthabern. Sie lässt sich als „Propagandistin des Dritten Reichs“ ein- ordnen, auch wenn sie kein Mitglied der NSDAP war. Hanna Reitsch verteidigte nach 1945 in ihren Schriften den Nationalsozialismus. Es lässt sich keine kritische Reflexion oder gar Auf- arbeitung der Zeit erkennen.
Bis heute variiert die Darstellung von Hanna Reitsch zwischen der Anerkennung ihrer Leistun- gen im Segel- und Motorfliegen und der Verurteilung ihrer auch nach 1945 nicht in Frage ge- stellten Sympathie für das nationalsozialistische System.2
Die Benennung des Hanna-Reitsch-Weges in Cloppenburg war bereits 1991 von Kontroversen begleitet, da seitens der SPD und den Grünen Kritik an ihrem Handeln während der NS-Zeit geäußert wurde. Die Benennung erfolgte schließlich mit den Stimmen der CDU und gegen die Stimmen der SPD und Grünen.3
Zum Forschungsstand und zur Quellenlage
Die Rolle von Hanna Reitsch als eine der wenigen oder sogar als einzige Frau in der technischen und militärischen Welt übte auf viele Mit- und Nachlebenden große Faszination aus, was An- lass dazu bot, über sie zu schreiben.4 Im Jahr 1988 veröffentlichte Judy Lomax eine erste Bio- grafie über Hanna Reitsch, die sich stark auf Gespräche mit Zeitzeugen und Zeitzeuginnen so- wie auf die publizierten autobiografischen Texte von Hanna Reitsch stützte. Obwohl Judy Lo- max überzeugend die Begeisterung von Hanna Reitsch für den Nationalsozialismus und für Hitler herausgearbeitet hat, wurden die Zeugen und Zeuginnen sowie die Selbstzeugnisse nicht ausreichend kritisch hinterfragt und als wahre Begebenheiten oder Tatsachen akzeptiert.
1 Zegenhagen, Evelyn: „Schneidige deutsche Mädel“. Fliegerinnen zwischen 1918 und 1945, Göttingen 2007, S. 146.
2 Ritter, Rüdiger: Hanna Reitsch (1912-1979), in: Bahlcke, Joachim (Hg.): Schlesische Lebensbilder, Bd. XIII, hrsg. im Auftrag der Historischen Kommission für Schlesien, Würzburg 2021, S. 371-382, hier S. 371.
3 Vgl. hierzu: Kannen, Irmtraud: Und das soll Demokratie gewesen sein? Konflikte und Harmonie im Gemeinde- rat am Beispiel der Stadt Cloppenburg 1981 bis 1991, Oldenburg 1999, S. 267-269, http://oops.uni-olden- burg.de/679/1/712.pdf, letzter Zugriff am 25. März 2024.
4 Bspw. Lomax, Judy: Hanna Reitsch. Flying for the Fatherland, London 1988.
Weitere Veröffentlichungen bauen in der Folge auf Lomax auf und übernahmen ihre unkriti- sche Haltung.5 Einzig Evelyn Zegenhagen setzte sich kritischer mit Hanna Reitsch auseinan- der.6 Dennoch lässt sich aus der vorhandenen Literatur ein recht umfassendes Bild von Hanna Reitsch und ihrer Rolle im Nationalsozialismus gewinnen.
Hanna Reitsch war eine der prominentesten Frauen während der Zeit des Nationalsozialismus und entsprechend groß ist das Interesse an ihrer Geschichte auch in der populärwissenschaftli- chen Literatur.7 Interessanterweise sind die bislang erschienenen Biografien alle im englisch- sprachigen Raum entstanden.8
Im Deutschen Museum in München befindet sich der Nachlass von Hanna Reitsch, der bislang nur durch eine Liste vorläufig erschlossen ist. Insgesamt umfassen die Akten zu Hanna Reitsch 15 laufende Meter. Eine Durchsicht kann aufgrund des Umfangs leider im Rahmen dieser Aus- arbeitung nicht durchgeführt werden, da eine Sichtung in München mehrere Wochen dauern würde. Da der Nachlass vorab von der Familie gesichtet und nur selektiv übergeben wurde, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass durch eine Auswertung keine Erkenntnisse zutage treten, die das Bild komplett verändern würden.9
Jugend und Ausbildung
Hanna Reitsch wuchs im schlesischen Hirschberg auf und wurde geprägt durch ihre patriotisch gesinnten Eltern sowie ihre religiöse Erziehung. Hirschberg lag im deutsch-polnischen Grenz- gebiet, was ihre nationalistische Einstellung beförderte.10 Nicht weit von ihrem Elternhaus ent- fernt befand sich in Grunau eine Segelflugschule, die früh ihre Begeisterung für das Fliegen weckte. Nach dem Abitur erlaubten und finanzierten ihre Eltern einen Segelflugkurs, in dem sie als einzige Frau unter Männern war – eine Position, die sie die meiste Zeit ihres Lebens beibehielt.11
5 Dies gilt zu großen Teilen für: Piszkiewicz, Dennis: From Nazi Test Pilot to Hitler’s Bunker. The fantastic Flights of Hanna Reitsch, Westport 1997; Mulley, Clare: The Women who flew for Hitler. The true Story of Hit- ler’s Valkyries, New York 2017.
6 Zegenhagen, Fliegerinnen, 2007. Die Monografie setzt sich allerdings nur am Rande mit Hanna Reitsch ausei- nander, enthält aber einige zentrale Erkenntnisse zu ihrer Person. Nach Auskunft des Archivs des Deutschen Mu- seums schreibt Evelyn Crellin (früher Zegenhagen) an einer Biografie über Hanna Reitsch. Evelyn Crellin lehrt in den USA, eine Anfrage nach Hinweisen und ihrer Einschätzung wurde leider nicht beantwortet.
7 Bspw.: Jackson, Sophie: Hitler’s Heroine: Hanna Reitsch, New York 2014; Sigmund, Anna Maria: Hanna Reit- sch. Sie flog für das Dritte Reich, in: dies. Die Frauen der Nazis, Bd. 2, Wien 2000, S. 127-159; Probst, Ernst: Königinnen der Lüfte, Hamburg 2014.
8 Unter anderem: Piszkiewicz, Reitsch, 1997.
9 Auskunft Matthias Röschner (Leiter des Archivs des Deutschen Museums) vom 29. Januar 2024. Matthias Röschner hat darüber hinaus darauf hingewiesen, dass die Handschrift von Hanna Reitsch sehr schwer zu lesen sei. Dies kann durch die Einsicht der Akten, die im Bundesarchiv überliefert sind, bestätigt werden.
10 Zegenhagen, Fliegerinnen, 2007, S. 143.
11 Lomax, Reitsch, 1988, S. 12.
Nach dem Abitur bestanden ihre Eltern auf einer hauswirtschaftlichen Ausbildung, die sie in der Kolonialen Frauenschule in Rendsburg erhielt. 1932 begann sie ihr Medizinstudium, ob- wohl sie am liebsten allein ihrer Leidenschaft, dem Fliegen, nachgegangen wäre. Hanna Reitsch war eine der ganz wenigen Frauen, die Anfang der 1930er Jahre eine C-Lizenz als Fluglehrerin besaßen.12 Dies ermöglichte es ihr, sich nach zwei Jahren von ihrem Medizinstudium zu verab- schieden und sich ganz dem Fliegen widmen zu können. Schnell brach sie erste Rekorde und stellte im Laufe der folgenden Jahrzehnte etliche neue auf, was sie auch in der überregionalen Presse bekannt machte.
Zeit des Nationalsozialismus
Mitgliedschaft in der NSDAP oder anderen NS-Organisationen
Hanna Reitsch war kein Mitglied der NSDAP, und es ist nichts darüber bekannt, dass sie einer der Massenorganisationen angehörte.13 Als Frau wurde ihr der Beitritt zum NS-Fliegerkorps verwehrt.
Testpilotin für die Deutsche Forschungsanstalt für Segelflug (DFS) und für die Flugerpro- bungsstelle für Militärflugmaschinen
Im Juni 1934 erhielt Hanna Reitsch eine Anstellung als Versuchspilotin für die Deutsche For- schungsanstalt für Segelflug (DFS) in der Nähe von Darmstadt. Ihre Arbeit war für die Zeit ungewöhnlich, da es nur wenige Pilotinnen gab, und diese hatten meist kaum Aussicht, dies als Beruf auszuüben. Hanna Reitsch konnte sich immer wieder auf männliche Hilfe stützen. Zu- nächst unterstützte sie Wolfgang Hirth, einer der einflussreichsten Personen in der Segelflug- szene. Später waren es Walter Georgii, Leiter der DSF, Ernst Udet, Chef des Technischen Am- tes im Reichsluftfahrtministerium, und General von Greim, auf die sie zählen konnte.14 Die Hilfe erhielt sie aufgrund ihres Talents, ihrer Kenntnisse, Ausdauer und Stressresistenz. Für ihren Arbeitgeber, die DFS, nahm sie an zahlreichen nationalen und internationalen Wettbe- werben teil und repräsentierte das Unternehmen, aber auch das Deutsche Reich.
Ende 1936 zeigte Hanna Reitsch auf Betreiben von Ernst Udet vor einigen Generälen der Luft- waffe ihre Fähigkeiten. Diese waren daraufhin so überzeugt von ihr, dass sie sich im Reichs- luftfahrtministerium einsetzten, sie zum „Flugkapitän“ zu ernennen, was im Frühjahr 1937 durch Hermann Göring geschah. Dies war eigentlich ein ziviler Titel, den bislang nur Männer
12 Zegenhagen, Fliegerinnen, 2007, S. 370.
13 Beim Bundesarchiv wurde eine entsprechende Anfrage gestellt. Es ist dort aber keine Karte in der Mitglieds- kartei der NSDAP über sie vorhanden.
14 Rieger, Bernhard: Hanna Reitsch (1912-1979): The Global Career of a Nazi Celebrity, in: German History, Vol. 26, No. 3, 2008, S. 383-405, hier S. 388.
trugen und entsprechend groß war die öffentliche Aufmerksamkeit für die Benennung.15 Bei der Verleihung des Titels traf sie zum ersten Mal Adolf Hitler.16 In der Rückschau gab sie an, von ihm nur wenig beeindruckt gewesen zu sein.17
Hanna Reitsch Aufgabe bei der DFS war es, Flugzeuge zu testen und dabei Konstruktionsfehler und Mängel zu finden. Die Flugzeuge wurden bis an ihre Belastungsgrenzen gebracht. Mit den Plänen für den Krieg nahm auch das Flugwesen einen Aufschwung, von dem Hanna Reitsch profitierte. Im Herbst 1937 wechselte sie zur Flugerprobungsstelle für Militärflugmaschinen in Rechlin bei Berlin, veranlasst durch ihren Mentor Ernst Udet. Damit betrat Hanna Reitsch die Welt des Militärs. Seit 1937 trieb Ernst Udet die Entwicklung der Stuckas voran, die durch ihre Fähigkeit zu Sturzflügen Bomben sehr zielgenau abwerfen sollten. Der Beitrag von Hanna Reit- sch bestand darin, durch von ihr durchgeführte Sturzflüge die Technik der Bremsklappen kon- tinuierlich zu verbessern.18 Die Arbeit war mit erheblichen Risiken verbunden. Kurz nach Be- ginn des Zweiten Weltkrieges war die Technik der Sturzflüge so weit entwickelt, dass das Ri- siko eines Absturzes deutlich verringert wurde und die Sturzflüge eine effiziente Möglichkeit darstellten, Bomben möglichst zielgenau abzuwerfen.19
Neben der Erprobung von Sturzflügen war Hanna Reitsch maßgeblich an der Entwicklung von Lastenseglern beteiligt, die zur Beförderung von Menschen und Material vorgesehen waren.20 Darüber hinaus war Hanna Reitsch eine der ersten, die die neu entwickelten Helikopter fliegen konnte. Sie führte unter anderem Charles Lindbergh diese neue Flugmaschine vor.21
Im Herbst 1942 wurde Hanna Reitsch beim Test der Me 163 eingesetzt, einem Flugzeug mit Raketenantrieb, das innerhalb kürzester Zeit hohe Geschwindigkeiten und Höhe erreichte. Da- bei wurde der Brennstoff extrem heiß und es bestand Explosionsgefahr. Am 30. Oktober 1942 überschlug sich die von Hanna Reitsch geflogene Testmaschine bei der Landung und sie wurde schwer verletzt.22 Nach ihrem Absturz erhielt sie als einzige Frau überhaupt das Eiserne Kreuz
I. Klasse. Es dauerte fast ein Jahr, bis sie sich von dem Unfall wieder erholt hatte. Bevor sie ihre Arbeit als Testpilotin fortsetzte, berichtete sie über 2.000 Jugendlichen aus der Hitlerju- gend und dem Bund Deutscher Mädchen über ihre Flüge und ihre Arbeit.23 Bereits zuvor hatte
15 Lomax, Reitsch, 1988, S. 41.
16 Ebd., S. 75. Insgesamt traf Hanna Reitsch drei Mal Hitler.
17 Mulley, Hitler’s Valkyries, 2017, S. 68.
18 Zegenhagen, Fliegerinnen, 2007, S. 143.
19 Kalff, Sabine: Konzentration und Kontrolle. Die Pilotin Hanna Reitsch zwischen Loyolas Geistlichen Übungen und Willenslehren, in: Engelhardt, Nina/Schick, Johannes F. M. (Hg.): Erfinden, Schöpfen, Machen. Körper- und Imaginationstechniken, Bielefeld 2021, S. 281-282.
20 Zegenhagen, Fliegerinnen, 2007, S. 146-147.
21 Mulley, Hitler’s Valkyries, 2017, S. 79.
22 Kalff, Reitsch, 2021, S. 285-286.
23 Lomax, Reitsch, 1988, S. 89.
sie immer wieder auch vor Jugendlichen gesprochen und diese zum „Einsatz für das Vater- land“ aufgerufen.24
Die Entwicklung der Selbstopfer-Flieger
Mit dem Selbstmord von Ernst Udet im Jahr 1941 verlor Hanna Reitsch einen Freund und ihren wichtigsten Förderer. In diese Rolle schlüpfte nun Ritter von Greim. Ende 1943 begleitete Hanna Reitsch ihn an die Ostfront und hatte hier die Aufgabe, die Soldaten mit ihren Berichten aufzuheitern. Nach der Rückkehr von der Front und erschüttert von den Berichten aus Stalin- grad fasste sie erstmals den Gedanken, dass mit Bomben bestückte Selbstopfer-Flieger das Kriegsgeschehen positiv beeinflussen könnten.25 Zum Einsatz sollten bemannte V1-Raketen kommen. Die Piloten hatten den Auftrag, sich selbst mit dem Flugzeug auf das angegebene Ziel zu stürzen. Anfang 1944 schrieb sie ein Konzept zum Einsatz dieser Selbstopfer-Flieger. Die Idee stellte sie am 28. Februar 1944 auch Hitler vor, als dieser sie anlässlich der Verleihung des Eisernen Kreuzes I. Klasse empfing. Hitler reagierte ablehnend. Trotz der ihr entgegengebrach- ten Missbilligung hielt sie an den Überlegungen fest und erhielt die Erlaubnis für die Erpro- bung. 70 Piloten hatten sich für diese Art des Einsatzes freiwillig gemeldet, aber nach der Lan- dung der Alliierten in der Normandie im Sommer 1944 wurden die Erprobungen abgebrochen.
Flug ins ‚Führerhauptquartier‘ am 26. April 1945
Am 26. April 1945 unternahm Hanna Reitsch ihren vermutlich gefährlichsten und folgenreichs- ten Flug.26 Hitler hatte nach der Absetzung von Hermann Göring den Generaloberst Ritter von Greim zu sich ins besetzte Berlin beordert, um diesen zum neuen Oberbefehlshaber der Luft- waffe zu ernennen. Diese existierte zu diesem Zeitpunkt jedoch kaum noch. Hanna Reitsch flog Greim in das heftig umkämpfte und in Teilen schon von der russischen Armee besetzte Berlin. Sie landeten zunächst auf dem noch von den Deutschen gehaltenen Flughafen Gatow. Das Flug- zeug von Greim und Reitsch hatte einige Treffer abbekommen, war jedoch nicht schwer be- schädigt.27 Teile der begleitenden Flugzeuge wurden wesentlich schwerer getroffen. Ab Gatow flogen Greim und Reitsch dann ohne Begleitschutz weiter nach Berlin. Greim hatte das Flug- zeug zunächst selbst geflogen, wurde dann aber beim Landeanflug von einer Kugel in den Fuß getroffen und Hanna Reitsch übernahm und landete das Flugzeug auf der heutigen Straße des
17. Juni. Im Bunker traf sie Hitler und unterhielt sich ansonsten viel mit Magda Goebbels oder
24 Ritter, Reitsch 2021, S. 374.
25 Lomax, Reitsch, 1988, S. 90-98.
26 Vgl. hierzu ausführlich: Mulley, Hitler’s Valkyries, 2017, S. 278-293.
27 Es lässt sich nicht mehr rekonstruieren, ob und wenn wie viele des 40 Flugzeuge umfassenden Begleitkom- mandos abgeschossen wurden.
spielte mit deren sechs Kindern.28 Hanna Reitsch bot Hitler an, ihn aus Berlin auszufliegen, was dieser jedoch ablehnte. Unter Lebensgefahr gelang es Hanna Reitsch und Ritter von Greim auch per Flugzeug wieder aus Berlin herauszukommen. Reitsch flog von Greim weiter nach Plön, damit sich dieser dort mit Dönitz treffen konnte, der mittlerweile Nachfolger Hitlers war. Be- sonders dieser Flug wirkte nach und Hanna Reitsch ging als glühende Verehrerin Hitlers in die Erinnerung ein.
Hanna Reitsch im Dienste der NS-Propaganda
Hanna Reitsch ließ sich in die Propagandamaschinerie der Nationalsozialisten einspannen. Se- gelflugschauen im Ausland, beispielsweise 1935 in Lissabon, sollten die Überlegenheit der Deutschen auf diesem Gebiet beweisen. Hanna Reitsch wurde als mehrfache Rekordhalterin immer wieder für diese Präsentationen angefragt.29 Darüber hinaus spielte es auch eine Rolle, dass eine Frau als Pilotin eine Attraktion war und sie mit ihrem Aussehen – blond und blauäugig
- dem nationalsozialistische Ideal entsprach.30 Bei zahlreichen Besuchen und Auftritten im Aus- land übernahm sie die Rolle einer Botschafterin für Deutschland.31 Auch die neuartigen Heli- kopter wurden bei Flugshows präsentiert, und Hanna Reitsch gehörte zu den ersten Piloten, die diese Technologie vorführten. An einer Flugschau in der Deutschlandhalle 1937 in Berlin nah- men über 40.000 Zuschauer teil. Für die nationalsozialistische Regierung waren solche Vorfüh- rungen nicht nur Demonstrationen deutscher Technik, sondern auch ein Zeichen der vermeint- lichen deutscher Überlegenheit.32
Hanna Reitsch wurde immer wieder von der DSF freigestellt, um im Ausland Forschungsauf- gaben wahrzunehmen oder aber bei Flugshows ihr Können unter Beweis zu stellen. 1938 reiste sie auf Wunsch von Ernst Udet durch die USA. Ein Sturzflug aus 6.000 Meter Höhe bei einer Spitzengeschwindigkeit von 440 km/h bei einer sehr gut besuchten Flugshow in Cleveland machten sie auch international berühmt.33
Politische Haltung
Hanna Reitsch gab in der Rückschau an, ihre Arbeit als politisch neutral und wertfrei verstanden zu haben, und betonte, dass einzig die Fortentwicklung der Technik im Mittelpunkt gestanden
28 Lomax, Reitsch. 1988, S. 112ff.
29 Ebd., S. 30ff.
30 Hanna Reitsch war mit 1,50 m allerdings recht klein.
31 Lomax, Reitsch, 1988, S. 57.
32 Ebd., S. 51ff.
33 Ritter, Reitsch, 2021, S. 374.
habe.34 In ihren Selbstzeugnissen berichtet sie, dass sie wegen der Reichspogromnacht bestürzt gewesen sei und gegenüber Kollegen ihre Kritik kundgetan habe. Hitler, so gibt sie später ihre Überzeugung wieder, könne davon sicher nichts gewusst haben und würde dies strikt ableh- nen.35 Diese vermeintliche Haltung von Hanna Reitsch fand mehrfach Eingang in die Literatur, allerdings lässt sich für diese Darstellung keinerlei Quellenbeleg außer dem Selbstzeugnis von Reitsch finden. Um festzustellen, ob Hanna Reitsch antisemitisches Gedankengut ablehnte oder ob sie dies guthieß, müsste ihr Nachlass durchgesehen werden. Unter Umständen hat sie sich in den zahlreichen überlieferten Briefen hierzu geäußert. Es ist aber auch nicht unwahrschein- lich, dass sie ihre Rolle in der Zeit des Nationalsozialismus annahm, ihrer Leidenschaft dem Fliegen nachging und sich – so wie sie es später geschildert hat – ansonsten nur wenig für die Politik interessierte. Wer sich allerdings für den Nationalsozialismus begeisterte – und dies lässt sich sicher von Hanna Reitsch sagen – nahm den vorherrschenden Antisemitismus immer mit in Kauf.
Unklar bleibt auch eine weitere Episode. Hanna Reitsch gab später an, im Oktober 1944 durch ein alliiertes Flugblatt von den Gaskammern gelesen zu haben. Sie habe daraufhin Heinrich Himmler danach gefragt, der dies als feindliche Propaganda abtat.36 Mit Himmler hatte Reitsch ausgerechnet einen der Vordenker des Genozids an den Juden und Jüdinnen gefragt. Sie selber gab später an, geschockt gewesen zu sein, als sie im Mai 1945 erfuhr, von Himmler belogen worden zu sein.37 Ob sich diese Geschichte so abspielte, lässt sich heute nicht mehr sagen, da hierfür keine Quellen überliefert sind. Im Bundesarchiv ist einzig ein Brief von Hanna Reitsch an Heinrich Himmler zu finden. In diesem dankt sie ihm für seine Rede vom 26. Juli 194438 und bittet um ein „weiteres Exemplar“ für ihren Bruder. Es lässt sich nicht mehr nachvollziehen, um welches Buch oder welche Schrift es sich gehandelt hat.39
34 Zegenhagen, Fliegerinnen, 2007, S. 145.
35 Bspw. Lomax, Reitsch, 1988, S. 60-61 und sich auf Lomax beziehend: Mulley, Hitler’s Valkyries, 2017, S. 102
36 Rieger, Reitsch, 2008, S. 390; Lomax, Reitsch, 1988, S. 102. Die Berichte unterscheiden sich darin, wie Hanna Reitsch an das Flugblatt gekommen sein soll.
37 Rieger, Reitsch, 2008, S. 390.
38 Heinrich Himmler hielt am 26. Juli 1944 eine geheime Rede vor dem Offizierskorps einer Grenadierdivision auf dem Truppenübungsplatz in Bitsch (Elsass). Es ist unklar, ob das Datum stimmt und wenn ja, warum Hanna Reitsch anwesend war. Die Rede ist abgedruckt in: Smith, Bradley F. u.a. (Hg.): Heinrich Himmler. Geheimre- den 1933 bis 1945 und andere Ansprachen, Frankfurt am Main/Berlin/Wien 1974, S. 215-237.
39 Brief von Hanna Reitsch an Heinrich Himmler, ohne Datum, Bundesarchiv Berlin, R 9361-II/1060075. Die geschilderte Episode geht allein auf Selbstzeugnisse von Hanna Reitsch zurück, wurde aber in unterschiedlichen Publikationen immer wieder unhinterfragt aufgegriffen. Bspw.: Jean, Yaron: „Made in Germany“. Hanna Reitsch and the Political Legacy of Motorless Aviation outside Europe, in: Shahar, Galili (Hg.): Deutsche Offi- ziere. Militarismus und die Akteure der Gewalt, Göttingen 2016, S. 201-220, hier S. 211-212.
Verhaftung und Kriegsende
Im Mai 1945 wurde Hanna Reitsch verhaftet und kam in amerikanische Gefangenschaft. Be- sonders interessierten sich die Vernehmer für ihre Zeit im Bunker in Berlin. Zu diesem Zeit- punkt bestand über den Tod von Hitler noch keine Gewissheit, daher waren Reitschts Informa- tionen von großer Bedeutung. Nach 18 Monaten wurde sie aus dem Internierungslager entlas- sen. Ihre Berichte zum Aufenthalt im Bunker in Berlin fanden – deutlich ausgeschmückt – Ein- gang in dem Werk von Trevor Roper „Hitlers letzte Tage“, das sehr populär war und mehrmals neu aufgelegt wurde.40 Die Darstellung von Hanna Reitsch in diesem Werk als fanatische Hitler- Verehrerin prägte das Bild, das in der Bundesrepublik von ihr vorherrschte. Nichtsdestotrotz wurde sie weiterhin als Flugass verehrt.
Die Zeit nach 1945
Hanna Reitsch setzte sich nach 1945 nicht kritisch mit dem Nationalsozialismus auseinander und verteidigte diesen in Teilen. In ihren Erinnerungen zeigt sich eine anhaltende völkisch- nationale Färbung. Ihr Ziel sei es immer gewesen, das Vaterland zu unterstützen. Ihr Agieren in der Zeit bis 1945 und ihre Haltung danach änderten aber nichts daran, dass sie beruflich an ihre Erfolge vor 1945 anknüpfen konnte, allerdings hauptsächlich im Ausland. Ab 1954 war sie wieder als Testpilotin an der neu gegründeten Versuchsanstalt für Luftfahrt in Darmstadt tätig und nahm auch wieder an Wettbewerben teil. Auf persönlichen Wunsch des indischen Premiers Jawaharlal Nehru baute sie dort ab 1959 ein Leistungssegelflugnetz auf. Die Bitte erfolgte auf- grund ihrer Berühmtheit, aber ebenso aufgrund ihres technischen Könnens. Wenige Jahre später errichtete sie ein ähnliches Netz für Ghana. Segelflug galt als prestigeträchtiges Projekt und auf diesem Gebiet waren die Deutschen führend. Insofern war es folgerichtig, eine der Expertinnen auf diesem Gebiet hierfür anzufragen. Darüber hinaus wurde Hanna Reitschs Rolle während der NS-Zeit in diesen vom Geschehen weit entfernt liegenden Ländern als nicht ausschlagge- bend angesehen.41 Aber auch in den USA war sie weiterhin als Flugass hoch angesehen und wurde 1961 von Kennedy ins Weiße Haus eingeladen. Zehn Jahre später erhielt sie in Kanada und den USA den Titel des „Piloten des Jahres“.
40 Vgl. hierzu: Harrison, Edward: Spurensuche. Hugh Trevor-Ropers Sondermission 1945/46 und seine Quellen für „Hitlers letzte Tage“, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte (65), 2017, S. 507-544, hier S. 540-541. Die Berichte von Hanna Reitsch fanden in den Medien insgesamt viel Resonanz. Vgl. bspw.: Work, Robert E.: Last Days in Hitler’s Air Raid Shelter, in: The Public Opinion Quarterly, Vol. 10, No. 4, Winter 1946/1947, S. 565- 581; Shirer, William L.: End of al Berlin Diary, London1947.
41 Ritter, Rüdiger, Reitsch, 2021, S. 376.
Beschluss Hanna-Reitsch-Weg
In Deutschland wurde ihr Handeln erst langsam in der Folge der 68er hinterfragt. So trug sich Hanna Reitsch noch 1973 in das Gästebuch der Stadt Oldenburg ein, als sie dort zu Besuch war.42 Aufgrund der zunehmenden Kritik an ihrer Person gab sie 1974 die deutsche Staatsbür- gerschaft auf und nahm die von Österreich an.
In Cloppenburg wurden im Jahr 1991 mehrere Straßen in einem neuen Wohngebiet nach Flie- gerpersönlichkeiten benannt. Dabei kam es bereits im Vorfeld zu teilweise sehr emotionalen Diskussionen. Von Verwaltungsseite wurde vorgeschlagen, die Straßen nach Zeppelin und Messerschmitt zu benennen. Der Ortsvorsteher (CDU) brachte den Vorschlag „Hanna-Reitsch- Weg“ ein. Begründet wurde dies damit, dass sie eine Meisterin im Kunstfliegen gewesen sei und sich auch des Öfteren in Cloppenburg aufgehalten habe.43 Die SPD wandte sich gegen den Vorschlag mit dem Hinweis, dass Hanna Reitsch eine „hochdekorierte Testpilotin während der NS-Zeit gewesen“44 sei. Die SPD scheiterte mit ihrem Versuch im Verwaltungsausschuss, die- sen Punkt an den Fachausschuss zur Beratung zurückzuverweisen. Nachdem dieser Vorschlag abgewiesen wurde, brachte die SPD den Vorschlag ein, die Straße nach Amalia Erhard zu be- nennen. Diese hatte nach Charles Lindbergh den Atlantik zwei Mal überquert. Mit den Stimmen der CDU und gegen die Stimmen der SPD und der Grünen wurde der Hanna-Reitsch-Weg be- schlossen.
Literatur
- Harrison, Edward: Spurensuche. Hugh Trevor-Ropers Sondermissionen 1945/46 und seine Quelle für „Hitlers letzte Tage“, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Bd. 65, Heft 4, 2017, S. 507-544.
- Jackson, Sophie: Hitler’s Heroine: Hanna Reitsch, New York 2014.
- Jean, Yaron: „Made in Germany“. Hanna Reitsch and the Political Legacy of Motorless Aviation outside Europe, in: Shahar, Galili (Hg.): Deutsche Offiziere. Militarismus und die Akteure der Gewalt, Göttingen 2016, S. 201-220.
- Kalff, Sabine: Konzentration und Kontrolle. Die Pilotin Hanna Reitsch zwischen Loyo- las Geistlichen Übungen und Willenslehren, in: Engelhardt, Nina/Schick, Johannes F.
- M. (Hg.): Erfinden, Schöpfen, Machen. Körper- und Imaginationstechniken, Bielefeld 2021, S. 269-296.
42 Nordwest-Zeitung vom 31. August 1973, S. 22.
43 Hanna Reitsch war vermutlich bei Flugschauen und Wettbewerben auf dem Flugplatz Varrelbusch anwesend.
44 Vgl. zu diesem Vorgang: Kannen, Stadt Cloppenburg, 1999, S. 267-269.
- Kannen, Irmtraud: Und das soll Demokratie gewesen sein? Konflikte und Harmonie im Gemeinderat am Beispiel der Stadt Cloppenburg 1981 bis 1991, Oldenburg 1999, http://oops.uni-oldenburg.de/679/1/712.pdf.
- Kellermann, Katharina: Heroinen der Technik zwischen 1918 und 1945. Selbstinsze- nierung – Funktionalisierung – Einschreibung ins deutsche kulturelle Gedächtnis, Bam- berg 2017.
- Lomax, Judy: Hanna Reitsch: Flying for the Fatherland, London 1988.
- Mulley, Clare: The Women who flew for Hitler. The true Story of Hitler’s Valkyries, New York 2017.
- Piszkiewicz, Dennis: From Nazi Test Pilot to Hitler’s Bunker. The fantastic Flights of Hanna Reitsch, Westport 1997.
- Probst, Ernst: Königinnen der Lüfte, Hamburg 2014.
- Rieger, Bernhard: Hanna Reitsch (1912-1979): The Global Career of a Nazi Celebrity, in: German History, Vol. 26, No. 3, 2008, S. 383-405.
- Ritter, Rüdiger: Hanna Reitsch (1912-1979), in: Bahlcke, Joachim (Hg.): Schlesische Lebensbilder, Bd. XIII, hrsg. im Auftrag der Historischen Kommission für Schlesien, Würzburg 2021, S. 371-382.
- Shirer, William L.: End of al Berlin Diary, London1947.
- Sigmund, Anna Maria: Hanna Reitsch. Sie flog für das Dritte Reich, in: dies. Die Frauen der Nazis, Bd. 2, Wien 2000, S. 127-159.
- Work, Robert E.: Last Days in Hitler’s Air Raid Shelter, in: The Public Opinion Quar- terly, Vol. 10, No. 4, Winter 1946/1947, S. 565-581.
- Zegenhagen, Evelyn: „Schneidige deutsche Mädel“. Fliegerinnen zwischen 1918 und 1945, Göttingen 2007.
Autobiografische Literatur
Reitsch, Hanna: Ich flog für Kwame Nkrumah, München 1968. Reitsch, Hanna: Das Unzerstörbare in meinem Leben, München 1979.
Reitsch, Hanna: Höhen und Tiefen. 1945 bis zur Gegenwart, 2. Aufl., München 1978. Reitsch, Hanna: Fliegen mein Leben, 4. Aufl., München 2001.
Bundesarchiv Berlin
R 9361-II/1060075
Werner Baumbach
Werner-Baumbach-Straße (Benennung 19701)
Werner Baumbach, 27. Dezember 1916 – 20. Oktober 1953 Biografische Skizze
* 27. Dezember 1916
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1923-1927
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Besuch der Volksschule
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1927-1935
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Besuch des Staatlichen Realgymnasiums, Abitur
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ab 1932
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Ablegen unterschiedlicher Segelflugscheine
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1. April 1935
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Eintritt in die NSDAP (Mitgliedsnummer 3640869)
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1935/1936
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Reichsarbeitsdienst
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1936
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Eintritt in die Luftwaffe als Fahnenjunker,
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1936-1938
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Besuch der Luftkriegsschule Berlin-Gatow
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1938
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Beförderung zum Leutnant
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ab 1. September 1939
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Einsatz im Krieg
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28. September 1939
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Verleihung des Eisernen Kreuzes II. Klasse
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3. Mai 1940
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Verleihung des Eisernen Kreuzes I. Klasse
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8. Mai 1940
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Verleihung des Ritterkreuzes des Eisernen Kreuzes
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1. Juni 1940
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Beförderung zum Oberleutnant, Ernennung zum Staffelkapitän
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14. Juli 1941
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Verleihung Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes mit Eichenlaub
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16. August 1942
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Verleihung Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes mit Eichenlaub und
Schwertern
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April 1943
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Ernennung zum Inspektor und General der Kampfflieger
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Dezember 1942
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Versetzung zum Luftwaffenstab
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15. November 1944
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Beförderung zum Oberstleutnant und zum Kommodore des
Kampfgeschwaders 200
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5. Januar 1945
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Beförderung zum Oberst
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23. Mai 1945
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Verhaftung in Flensburg und britische Gefangenschaft
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1948
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Auswanderung nach Argentinien
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20. Oktober 1953
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10. Februar 1954
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Trauerfeier für Werner Baumbach in Cloppenburg
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* 18. März 1913
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1925-1931
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Mitgliedschaft im Bund Neudeutschland
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1931
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Abitur in Brandenburg
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1931
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Eintritt in die Reichswehr
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1934
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Übertritt zur (damals noch geheimen) Luftwaffe
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1936-1939
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Angehöriger der Legion Condor
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1940-1941
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Kommodore des Jagdgeschwaders 51
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1941
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Beförderung zum Oberst
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1941
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Dienststellung „General der Jagdflieger“
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22. November 1941
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Tod durch Flugzeugabsturz bei Breslau
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28.11.1941
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Beerdigung im Rahmen eines Staatsakts
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1 Havermann, Heinrich: Der Kampfflieger Werner Baumbach (1916-1953). Nur ein „unpolitischer Kriegsteilneh- mer“?, in: Zumholz, Maria Anna/Hirschfeld, Michael/Deux, Klaus (Hg.): Biographien und Bilder aus 575 Jahren Cloppenburger Stadtgeschichte, Münster 2011, S. 52-58, hier S. 52.
Forschungsstand und Quellenlage
Bei den biographischen Recherchen zu Werner Baumbach fiel auf, dass in mehreren bisherigen Veröffentlichungen eine außergewöhnlich große Zahl von Behauptungen aufgestellt wurde, die nicht belegt werden. Eine vollständige quellenbasierte Überprüfung dieser Behauptungen hätte ausgedehnte Archivreisen und ausgedehnte Studien erfordert, so dass die vorliegende Ausar- beitung nur Ungereimtheiten aufzeigen kann, die mit relativ schnell zugänglichen Quellen kon- frontiert werden.
Zeit des Nationalsozialismus
1933-1939
Werner Baumbach wurde am 27. Dezember 1916 als Sohn des evangelischen Kirchenrech- nungsführers Wilhelm Baumbach und seiner Ehefrau Emma in Cloppenburg geboren. Hier be- stand er 1935 am Staatlichen Realgymnasium (heute Clemens-August-Gymnasium) sein Abi- tur.2 Bereits seit 1932 nahm er an Segelfliegerkursen teil. Er war Führer der Flieger-HJ in Clop- penburg und Sachbearbeiter für Flugertüchtigung im HJ-Bann 225 Südoldenburg.3 Zum 1. April 1935 wurde Baumbach, noch als Schüler, unter der Mitgliedsnummer 3640869 in die NSDAP aufgenommen. Er gehörte der Ortsgruppe Cloppenburg an.4 Baumbachs NSDAP-Mitgliedskar- teikarte fällt vergleichsweise karg aus. Außer dem Eintritt in Cloppenburg ist nichts weiter Ein- schlägiges dokumentiert. Der Hintergrund ist die Regelung des Wehrgesetzes von 1935, nach dem die Parteimitgliedschaft während der aktiven Dienstzeit ruhte.5 Nachdem er seine Zeit im Reichsarbeitsdienst abgeleistet hatte, trat er im April 1936 als Offiziersanwärter in die Luft- waffe ein.6
Einsatz im Zweiten Weltkrieg
Baumbach wurde im Zweiten Weltkrieg auf verschiedenen Kriegsschauplätzen eingesetzt und hoch dekoriert. Bereits im September 1939 erhielt er das Eiserne Kreuz II. Klasse, das Eiserne Kreuz I. Klasse wurde ihm für die Versenkung eines britischen Kreuzers in Norwegen verlie- hen,7 im Mai 1940 das Ritterkreuz „für die schneidig durchgeführten Angriffsflüge“.8 Damit galt er als „leuchtendes Vorbild der Nordsee-HJ“.9 Die Vernichtung von 240.000
2 Ebd.
3 Oldenburgische Staatszeitung vom 15. Mai 1940.
4 Bundesarchiv Berlin, R 9361-VIII Kartei/1190998 (Zentralkartei); ebd., R 9361-IX Kartei/1791154 (Gaukartei).
5 Reichsgesetzblatt I, 1935, S. 609-614.
6 Havermann, S. 53.
7 Archiv für publizistische Arbeit, 1941: Werner Baumbach, Bundesarchiv Berlin, NS 5-VI/17522 Bl. 32
8 Oldenburger Nachrichten vom 10. und 11. Mai 1940.
9 Oldenburger Nachrichten vom 15. Mai 1940.
Bruttoregistertonnen Handelsschiffstonnage wurde als „Spitzenleistung“ deklariert, die „einer aus Oldenburgs Flieger-HJ“ vollbracht hatte.10 Die NS-Propaganda, in der Baumbach in den Mittelpunkt gestellt wurde, richtete sich vornehmlich an die Hitler-Jugend, so eine Rundfunk- sendung zur „Werbewoche der Luftwaffe“.11 Das Eichenlaub zum Ritterkreuz folgte und darauf der „Ehrenpokal für besonderen Einsatz im Luftkriege“.12 Als er schließlich 1942 die Schwerter zum Eichenlaub erhielt, wurde er in der Presse als das „Vorbild der Nordsee-Hitlerjugend“ ge- nannt, im Folgejahr im Rahmen der Filmschau der Hitler-Jugend „Junges Europa“ als „Vorbild der flugbegeisterten jungen Mannschaft“.13
Seit dem Frühjahr 1943 war Baumbach Sonderbeauftragter für „ferngelenkte Körper“. Er ge- hörte zu den internen Kritikern des Oberbefehlshabers der Luftwaffe, Hermann Göring. Die Differenzen beschränkten sich aber auf Fragen der Kriegsführung und waren nie systemoppo- sitionell.14 Gleichzeitig wurde Baumbach in der NS-Propaganda als „der erfolgreichste Kampf- flieger der Welt“ dargestellt.15 Von ihm soll ein „System des Angriffs von Schiffen und Zielen auf dem Festland durch Sturzflug im ganzen Verband“ entwickelt worden sein.16 Von November 1944 bis Januar 1945 war er mit den Geschäften des Generals der Kampfflieger, einer Luftwaf- fendienststelle, betraut und wurde im Januar 1945 zum Oberst befördert. Am 5. März 1945 erhielt er den Führerauftrag, die „Kampfmittel aller Wehrmachtsteile, der Rüstung und der Wirt- schaft gegen die Oderübergänge der Russen zum Einsatz zu bringen“.17 Bereits am 1. März 1945 war Baumbach, mittlerweile Kommodore des Kampfgeschwaders 200, durch Führerbe- fehl mit der Führung des „Brückenbekämpfungverbandes“ beauftragt worden.18 Verschiedentlich wird Baumbach als wesentliche Person bei der kampflosen Übergabe Ham- burgs gegen Kriegsende genannt.19 Belegt sind diese Behauptungen nicht. In der Literatur zur
10 Oldenburger Nachrichten vom 1. März und 18. April 1941.
11 Oldenburgs HJ hörte Werner Baumbach, in: Oldenburger Nachrichten vom 19. April 1941.
12 Völkischer Beobachter vom 17. und 24. Juli 1941; Oldenburger Nachrichten vom 27. Juni 1941.
13 Oldenburger Nachrichten vom 19. August 1942; Oldenburgische Staatszeitung vom 8. Juli 1943.
14 Boog, Horst: Die deutsche Luftwaffenführung 1933-1945: Führungsprobleme, Spitzengliederung, Generalstabs- ausbildung (Beiträge zur Militär- und Kriegsgeschichte, Bd. 21), Stuttgart 1982, S. 270, 314.
15 Baumbach, Werner: Wir versenkten eine Flotte, in: Berliner Illustrierte Zeitung vom 18. Dezember 1941. Baum- bach, zu diesem Zeitpunkt noch Hauptmann, wird im „Völkischen Beobachter“ vom 24. Juli 1942 als einer der
„erfolgreichen Kampfflieger“ bezeichnet.
16 Baumbachs Angriffstaktik wird noch heute gelehrt, in: Münsterländische Tageszeitung vom 28. Oktober 193.
17 Rosenboom, Heike: Werner Baumbach. Unbewältigtes Kapitel aus Südoldenburgs jüngster Vergangenheit, in: Volkstum und Landschaft (Sonderbeilage der Münsterländischen Tageszeitung), Nr. 129, Oktober 1991, S. 14-16, hier S. 14.
18 Müller, Rolf-Dieter (Hg.): Der Zusammenbruch des Deutschen Reiches 1945, Bd. 10/1: Die militärische Nie- derwerfung der Wehrmacht (Reihe „Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg“ hrsg. vom Militärgeschichtli- chen Forschungsamt) München 2008, S. 609.
19 Havermann, S. 56. Der an dieser Stelle erfolgte Verweis auf Handlungen Albert Speers erhöht die Glaubwürdig- keit nicht, da die mittlerweile erwiesene Legendenbildung um Speer nicht berücksichtig wurde. Zur Literatur vgl. Anm. 22 und 23.
Kapitulation Hamburgs 1945 wird Baumbach nicht erwähnt.20 Nur in Baumbachs Werk „Zu spät?“ findet diese Behauptung Erwähnung.21 Auch in den Aufzeichnungen Karl Kollers (1898- 1951), seit November 1944 Chef des Generalstabs der Luftwaffe, über den letzten Kriegsmonat spielen Baumbach und seine Darstellung der Ereignisse keine Rolle.22
In der Legendenbildung, die von Albert Speer, dem Rüstungsminister und angeblich alten Freund des Luftwaffenoberst, ausging, spielte Baumbach eine wesentliche Rolle. Wurden an- fangs die „Erinnerungen“ Speers in der Geschichtswissenschaft als historische Tatsachen ge- nommen, so ist mittlerweile der fiktive Charakter dieser Aussagen erkannt worden. So wollte Speer auf Vorschlag Baumbachs Himmler, Goebbels, Bormann und weitere NS-Größen im März 1945 entführen.23 Speer und Baumbach sollen ebenfalls eine Flucht nach Grönland ge- plant haben.24
Nach Angaben von Heinrich Ottenjann aus dem Jahr 1955 hat Baumbach ihm am 27. September 1951 einen Brief geschrieben, in dem er behauptete, in „‚den letzten Kriegstagen unter eigener Lebensgefahr in letzter Minute ein schweres Bombardement Cloppenburgs und Vechtas verhin- dert‘“ zu haben. Er wollte außerdem „zweimal während des Krieges Maßnahmen, die Himmler gegen das ‚schwarze‘ Südoldenburg befohlen hatte, in persönlicher Rücksprache“ abgewendet haben.25 Die „Oldenburgische Volkszeitung“ bezeichnete ihn deswegen nachträglich als „Retter des Oldenburger Münsterlandes“ und kannte plötzlich auch andere NSDAP-Pläne, die Südol- denburger Bevölkerung „in andere Gebiete des Reiches“ zu zerstreuen.26 Hintergrund soll der
20 Vgl. Asendorf, Manfred: Karl Kaufmann und Hamburgs langer Weg zur Kapitulation, in: Kriegsende und Be- freiung (Beiträge zur Geschichte der nationalsozialistischen Verfolgung in Norddeutschland, Bd. 2), Bremen 1995,
S. 12-23; Bajohr, Frank: Gauleiter in Hamburg. Zur Person und Tätigkeit Karl Kaufmanns, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Jg. 43, 1995, 2, S. 267-295; Bahnsen, Uwe: Hanseaten unter dem Hakenkreuz. Die Handels- kammer Hamburg und die Kaufmannschaft im Dritten Reich, Kiel 2015, S. 246-269; Meis, Daniel: Karl Kaufmann (1900-1969) und die Ideologie des Nationalsozialismus (Wissenschaftliche Beiträge aus dem Tectum Verlag. Reihe Geschichtswissenschaft, Bd. 55), Baden-Baden 2023, S. 69-76.
21 Baumbach, Werner: Zu spät? Aufstieg und Untergang der deutschen Luftwaffe, 4. Aufl., Stuttgart 1978. S. 286f.
22 Vgl. Koller, Karl: Der letzte Monat. Die Tagebuchaufzeichnungen des ehemaligen Chefs des Generalstabes der deutschen Luftwaffe vom 14. April bis zum 27. Mai 1945, Mannheim 1949.
23 Werner Baumbachs letzter Bericht: „Das ging daneben“, in: Neue Illustrierte vom 14. November 1953; Speer, Albert: Erinnerungen, Frankfurt a.M. 1970, S. 69; Reif ,Adalbert: Albert Speer. Kontroversen um ein deutsches Phänomen, München 1978, S. 90; Brechtken Magnus: Albert Speer. Eine deutsche Karriere, München 2017, S. 304, 312.
24 Speer, S. 496; Sereny, Gitta: Albert Speer. Das Ringen mit der Wahrheit und das deutsche Trauma, München 1997, S. 591.
25 Ottenjann, Heinrich: Werner Baumbach und das Oldenburger Münsterland, in: Heimatkalender für das Olden- burger Münsterland, 1955, S. 144-146, hier S. 146. Der Brief ließ sich bislang in den Unterlagen Heinrich Otten- janns im Archiv des Museumsdorfs Cloppenburg nicht auffinden (Auskunft des Museumsdorfs Cloppenburg). Auch an anderer Stelle waren Recherchen ergebnislos. Die Echtheit des Briefes lässt sich also nicht überprüfen. Die „Nordwest-Zeitung“ veröffentlichte ebenfalls einen Ausschnitt aus diesem Brief in einem Artikel unter der Überschrift „Gestapochef Himmler wollte Südoldenburg vernichten“ (Nordwest-Zeitung vom 16. November 1954). In den „Westfälischen Nachrichten“ vom 17. November 1954 findet sich in einem Artikel unter der Über- schrift „Himmler wollte Städte in Südoldenburg vernichten“.
26 Werner Baumbach rettete das Oldenburger Münsterland vor der Vernichtung, in: Oldenburgische Volkszeitung vom 15. November 1957.
„Widerstand der Bevölkerung Südoldenburgs gegen den Nationalsozialismus vor und während des Krieges“ gewesen sein.27 Für alle diese Behauptungen gibt es keine Belege. Sie gehören höchstwahrscheinlich zu der nach 1945 einsetzenden Legendenbildung, die von der eigenen Beteiligung an der nationalsozialistischen Herrschaft ablenken sollte. Die „Zerstörungen und Lähmungen“, die für den Gau Weser-Ems in Aussicht genommen waren, betrafen Wirtschafts- betriebe, Brücken und nicht ganze Städte.28
Nach 1945
Nachdem Baumbach aus britischer Kriegsgefangenschaft entlassen wurde, ging er im Mai 1948 nach Argentinien,29 wo er Berater der argentinischen Luftwaffe „auf dem Gebiet der fernge- lenkten Waffe“ war. Er wurde mehrfach von dem argentinischen Diktator, General Perón, ge- ehrt.30
In der frühen Bundesrepublik veröffentlichte er mehrere Bücher. Der amerikanische Historiker Bruce Campbell Hopper (1892-1973), Assistenzprofessor an der Harvard University,31 stellte Baumbach für das Buch „Zu spät?“ Dokumente zur Verfügung. Diese Publikation hatte im we- sentlichen Baumbachs Kriegserinnerungen zum Inhalt, in denen er sich kritisch mit der deut- schen Luftwaffenpolitik auseinandersetzte.32 Der ebenfalls nach dem Krieg in Argentinien le- bende Luftwaffen-Oberst Hans-Ulrich Rudel (1916-1982), auch nach 1945 im nationalsozialis- tischen Sinne aktiv, griff Baumbach nach der Veröffentlichung dieses Buches an, er sei „Demo- krat“ geworden.33 Allerdings verblieb auch in diesem Buch die Kritik Baumbachs auf strategi- sche und taktische Fragen der Kriegsführung beschränkt. In einem weiteren Buch, „Zu früh?“, entwickelte er Gedanken zur Wiederbewaffnung der Bundesrepublik und zur Aufstellung einer Europa-Armee.34
Baumbach starb am 20. Oktober 1953 bei einem Flugzeugabsturz in Argentinien. Er wurde am
10. Februar 1954 in Cloppenburg unter großer Beteiligung der Öffentlichkeit, darunter
27 Werner Baumbach rettete Cloppenburg und Vechta, in: Münsterländische Tageszeitung vom 18. November 1954.
28 Schwarzwälder, Herbert: Bremen und Nordwestdeutschland am Kriegsende 1956, Bd. 1: Die Vorbereitung auf den „Endkampf“, Bremen 1972. S. 112-117.
29 Rosenboom, S. 14.
30 Ottenjann, S. 145. Der argentinische Oberst Oneto, der im Dezember 1954 Baumbachs Grab in Cloppenburg besuchte, bezeichnete Baumbachs Tätigkeit in Argentinien als „geheime Arbeit“ (Oberst Oneto besuchte seinen toten Kameraden, in: Nordwest-Zeitung vom 2. Dezember 1954).
31 Hopper kooperierte bis in die Nachkriegszeit mit dem Office of Strategic Studies, dem Nachrichtendienst des United States Department of War (Angaben nach: Yerkey, Gary G.: The Two Wars of Bruce C. Hopper. From WW I Bomber Pilot to WW II Spy, Washington 2021). Nach der Münsterländischen Tageszeitung vom 4. November 1953 (Zur Erinnerung an Werner Baumbach) entstand „Zu spät?“ zum Teil auf Anregung Hoppers.
32 Baumbach, 1978. Einen Auszug, einen Brief an Göring vom 19. Januar 1945 veröffentlichte die Oldenburgische Volkszeitung am 30. Oktober 1953 unter dem Titel „Ein großer Offizier – ein großer Mensch“.
33 Der Spiegel vom 19. Dezember 1950.
34 Zum Tode Werner Baumbachs in Argentinien, in: Oldenburgische Volkszeitung vom 29. Oktober 1953.
zahlreicher Soldatenbünde, beerdigt.35 Die Stadt Oldenburg hatte die Einwohner gebeten, Trau- erflaggen herauszuhängen.36 Pfarrer Fligge attestierte ihm in seinen „Trostworte(n)“ „vaterlän- dische Treue bis zum letzten Atemzug, auch da, wo es sich zum Schutze der ihm anvertrauten Verbände unsinnigen Befehlen zu widersetzen gilt“.37 Der Cloppenburger Bürgermeister Winkler, der neben mehreren ehemaligen Generälen redete, würdigte ihn als „große(n) Sohn unserer Stadt“.38 Generalmajor a.D. Günther Sachs (1903-1962) sprach in seiner Trauerrede davon, er sei „einer unserer Besten“ gewesen und habe „höchstes Ansehen bei Freund und Feind“ gehabt.39 Vor der Beisetzung fand vor dem Cloppenburger Rathaus ein feierlicher Trau- erakt statt, zu dem die Stadt Cloppenburg einlud.40 Zum 10. Jahrestag der Beisetzung wurde ihm wieder mit einer Kranzniederlegung des Luftsportvereins gedacht.41 In Argentinien wurde 1954 ein Ehrenmal für Baumbach unter Beteiligung der deutschen Botschaft errichtet.42 Im De- zember desselben Jahres legte ein Vertreter des argentinischen Verteidigungsministeriums, Oberst Oneto, in Cloppenburg am Grabe Baumbachs unter öffentlicher Beteiligung, u.a. der Stadt Cloppenburg, einen Kranz nieder. Als eine Schülerin dem argentinischen Offizier einen Blumenstrauß als Dank überreichte, wurde Baumbach von ihr als „unser Vorbild“ bezeichnet.43 In der Tat lässt sich die Inszenierung des Begräbnisses als Befriedigung der unmittelbaren Nachkriegszeit interpretieren.44 Angeknüpft werden konnte dabei an die nationalsozialistische Propaganda vom Fliegerhelden, die nunmehr ohne offenen Bezug zum Nationalsozialismus zum Mythos von Pflichterfüllung und Heimatverbundenheit umgedeutet werden konnte. Ein- bezogen wurden dabei nicht belegte Legenden vom Heimatretter und Kritiker des Nationalso- zialismus. Damit wurde die Stimmungslage der frühen 1950er Jahre getroffen.
Literatur
- Asendorf, Manfred: Karl Kaufmann und Hamburgs langer Weg zur Kapitulation, in: Kriegsende und Befreiung (Beiträge zur Geschichte der nationalsozialistischen Verfol- gung in Norddeutschland, Bd. 2), Bremen 1995.
35 „Größtes Ansehen bei Freund und Feind“, in: Münsterländische Tageszeitung vom 6. Februar 1954; Werner Baumbach ruht nun in der Heimaterde, in: Oldenburgische Volkszeitung vom 11. Februar 1954.
36 Münsterländische Tageszeitung vom 3. Februar 1954.
37 Nordwest-Zeitung vom 12. Februar 1954.
38 Werner Baumbach beigesetzt, in: Bremer Nachrichten vom 11. Februar 1954.
39 „Größtes Ansehen bei Freund und Feind“, in: Münsterländische Tageszeitung vom 6. Februar 1954.
40 Einladung der Stadt Cloppenburg (Archiv des Museumsdorfs Cloppenburg, Mappe „Baumbach“).
41 In memoriam Werner Baumbach, in: Oldenburgische Volkszeitung vom 10. Februar 1964.
42 Eingegangen in die Geschichte Argentiniens, in: Nordwest-Zeitung vom 2. November 1954.
43 Kranzniederlegung am Grabe Baumbachs, in: Oldenburgische Volkszeitung vom 1. Dezember 1954; Oberst Oneto ehrte Werner Baumbach, in: Münsterländische Tageszeitung vom Dezember 1954.
44 Gelhaus, Hubert: Zur Person: Oberst Baumbach aus Cloppenburg. Vom Sportflieger zum Wehrmachtshelfen, in: Volkstum und Landschaft vom 18. Dezember 2016.
- Bahnsen, Uwe: Hanseaten unter dem Hakenkreuz. Die Handelskammer Hamburg und die Kaufmannschaft im Dritten Reich, Kiel 2015.
- Bajohr, Frank: Gauleiter in Hamburg. Zur Person und Tätigkeit Karl Kaufmanns, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Jg. 43, 1995, 2, S. 267-295.
- Boog, Horst: Die deutsche Luftwaffenführung 1933-1945: Führungsprobleme, Spitzen- gliederung, Generalstabsausbildung (Beiträge zur Militär- und Kriegsgeschichte, Bd. 21), Stuttgart 1982.
- Gelhaus, Hubert: Zur Person: Oberst Baumbach aus Cloppenburg. Vom Sportflieger zum Wehrmachtshelfen, in: Volkstum und Landschaft vom 18. Dezember 2016.
- Havermann, Heinrich: Der Kampfflieger Werner Baumbach (1916-1953). Nur ein „un- politischer Kriegsteilnehmer“?, in: Zumholz, Maria Anna/Hirschfeld, Michael/Deux, Klaus (Hg.): Biographien und Bilder aus 575 Jahren Cloppenburger Stadtgeschichte, Münster 2011, S. 52-58.
- Meis, Daniel: Karl Kaufmann (1900-1969) und die Ideologie des Nationalsozialismus (Wissenschaftliche Beiträge aus dem Tectum Verlag. Reihe Geschichtswissenschaft, Bd. 55), Baden-Baden 2023.
- Müller, Rolf-Dieter (Hg.): Der Zusammenbruch des Deutschen Reiches 1945, Bd. 10/1: Die militärische Niederwerfung der Wehrmacht (Reihe „Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg“ hrsg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt) München 2008. Ottenjann, Heinrich: Werner Baumbach und das Oldenburger Münsterland, in: Heimat- kalender für das Oldenburger Münsterland, 1955, S. 144-146.
- Reif ,Adalbert: Albert Speer. Kontroversen um ein deutsches Phänomen, München 1978, S. 90; Brechtken Magnus: Albert Speer. Eine deutsche Karriere, München 2017. Rosenboom, Heike: Werner Baumbach. Unbewältigtes Kapitel aus Südoldenburgs jüngster Vergangenheit, in: Volkstum und Landschaft (Sonderbeilage der Münsterländi- schen Tageszeitung), Nr. 129, Oktober 1991, S. 14-16.
- Schwarzwälder, Herbert: Bremen und Nordwestdeutschland am Kriegsende 1956, Bd. 1: Die Vorbereitung auf den „Endkampf“, Bremen 1972.
- Sereny, Gitta: Albert Speer. Das Ringen mit der Wahrheit und das deutsche Trauma, München 1997.
- Yerkey, Gary G.: The Two Wars of Bruce C. Hopper. From WW I Bomber Pilot to WW II Spy, Washington 2021.
- Autobiografische Literatur
- Baumbach, Werner: Wir versenkten eine Flotte, in: Berliner Illustrierte Zeitung vom 18.
- Dezember 1941.
- Baumbach, Werner: Zu spät? Aufstieg und Untergang der deutschen Luftwaffe, 4. Aufl., Stuttgart 1978.
Quellen
- Bundesarchiv Berlin, R 9361-VIII Kartei/1190998 (Zentralkartei); R 9361-IX Kar- tei/1791154 (Gaukartei).
- Reichsgesetzblatt I, 1935, S. 609-614.
- Koller, Karl: Der letzte Monat. Die Tagebuchaufzeichnungen des ehemaligen Chefs des Generalstabes der deutschen Luftwaffe vom 14. April bis zum 27. Mai 1945, Mannheim 1949.
Möldersstraße (Benennung 1965/19661)
Werner Mölders, 18. März 1913 – 22. November 1941
Literatur und Quellenlage
Auf Grund der Literaturlage konnte auf weitergehende archivalische Nachrecherchen verzichtet werden.2 Ausführlich dokumentiert werden musste – neben den biographischen Daten – allerdings die Einbindung von Werner Mölders in die NS-Propaganda, für die aus arbeitsökonomischen Gründen exemplarisch die „Oldenburger Nachrichten“ herangezogen wurden und die Veränderung der historischen Bewertung nach 1945.
Werner Mölders wurde am 18. März 1913 als Sohn des Gymnasiallehrers Victor Mölders (1881-1915) und seiner Frau Annemarie (geb. 1888, Sterbedatum unbekannt) in Gelsenkirchen geboren.
Zeit des Nationalsozialismus
Werner Mölders, bekennender Katholik, gehörte von 1925 bis 1931 aktiv dem katholischen Bund Neudeutschland an.3 Das Abitur absolvierte er in Brandenburg und verpflichtete sich
1 Ostermann, Werner u.a.: 100 Jahre Staatsforsten, Staatsforsten 2011, S. 23. Der Bebauungsplan mit den Straßennamen wurde im April 1966 ausgelegt. http://staatsforsten.com/dorfgeschichte/, letzter Zugriff am 13. April 2024.
2 Horst Boog, Werner Mölders, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 17, 1994, S. 625-626; Kurt Braatz, Werner Mölders. Die Biographie, Moosburg 2008. Die biographischen Daten wurden diesen Veröffentlichungen entnommen. – Die Personalakte von Werner Mölders ist verschollen (Braatz, S. 39).
3 Militärgeschichtliches Forschungsamt, Gutachten zu Oberst Werner Mölders. Von Oberstleutnant Dr. Wolfgang Schmidt, S. 28.
dann, im Jahr 1931, bei der Reichswehr. Ursprünglich zur Infanterie gehörig, wechselte er dann zur Pioniertruppe und trat schließlich 1934 als Leutnant zur damals noch geheimen Luftwaffe über. Im Spanischen Bürgerkrieg war der Jagdflieger Staffelkapitän in der Legion Condor, der deutschen Militäreinheit zur Unterstützung der Franco-Putschisten. Danach war er Gruppenkommandeur eines Jagdfliegergeschwaders. Bis Juli 1941 war Mölders Kommodore des Jagdgeschwaders 51.
Im Spanischen Bürgerkrieg erhielt Mölders das Spanienkreuz in Gold mit Brillanten. Im Mai 1941 wurde ihm das Ritterkreuz verliehen. Nach seinem 100. Luftsieg im Juli erhielt er das Eichenlaub mit Schwertern und Brillanten zum Ritterkreuz und wurde zum Oberst befördert. Im September 1941 wurde er mit der Dienststellung des „Generals der Jagdflieger“ betraut. Auf dem Flug zur Beisetzung des Generalluftzeugmeisters Ernst Udet verunglückte er am 22. November 1941 bei Breslau tödlich. Eine Woche später, am 28. November 1941 wurde Mölders in einem feierlichen Staatsakt auf dem Invalidenfriedhof in Berlin beerdigt.
In der Öffentlichkeit stand Mölders erst seit der Luftschlacht um England. Da die Legion Condor geheim agierte, konnten seine militärischen Erfolge während dieser Zeit nicht publiziert werden. „Luftsiege“ von Werner Mölders und seines nach seinem Tod nach ihm benannten Geschwaders wurden regelmäßig in der Presse gemeldet, von 500 des Geschwaders im September 1940 über 1200 im Juli 1941 bis hin zu 2000 im September 1941.4 Im Oktober 1940 bezeichnete man ihn als den „beste(n) Jagdflieger in unserer Zeit“, der im Juli 1941 bereits 101
„Luftsiege“ für sich verbucht hatte.5 Schon zuvor galt er als „der erfolgreichste Jagdflieger der Legion [Condor]“, an der Westfront, im Frankreich-Feldzug wurde ihm attestiert, er habe seine Siege „in persönlichem schneidigen Einsatz“ errungen.6 Die propagandistische Überhöhung fand ihren Gipfel bei der Beerdigung in Anwesenheit Hitlers im November 1941, als man
„Abschied von einem Unsterblichen“, dem „unbesiegten Lufthelden“ nahm. Reichsmarschall Hermann Göring, Oberbefehlshaber der Luftwaffe, rief ihm am Grab nach: „Dein ganzes Leben war ein Sieg.“7
Nach seinem Tod kursierte ein – wie sich herausstellte – fiktiver Brief von Werner Mölders in Deutschland. Darin bekannte sich Mölders zur katholischen Kirche und zeigte sich in einigen Punkten kritisch gegenüber der nationalsozialistischen Kriegspolitik. Die Geschichtswissenschaft konnte schließlich, allerdings weit nach dem Kriegsende, beweisen, dass der Brief vom britischen Geheimdienst in den Umlauf gebracht worden war. Ein britischer
4 Oldenburger Nachrichten vom 24. September 1940, 22. Juli und 12. September 1941.
5 Oldenburger Nachrichten vom 23. Oktober 1940 und 7. Juli 1941.
6 Oldenburger Nachrichten vom 30. Mai 1940.
7 Oldenburger Nachrichten vom 29. November 1941.
Geheimsender beschuldigte Himmler, Mölders in einem Konzentrationslager ermordet zu haben. Die Geheime Staatspolizei verfolgte die Verbreitung des Briefes, der über eine größere Resonanz in der katholischen Bevölkerung verfügte.8 Die Verbreitung dieser Nachricht gehört zu den im Zweiten Weltkrieg üblichen Propagandanachrichten, die zur Zersetzung der Gegenseite dienen sollten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Mölders weiterhin positiv eingeschätzt.9 Die Bundeswehr taufte 1968 einen Zerstörer auf seinen Namen und eine Luftwaffenkaserne in Visselhövede wurde 1972 nach ihm benannt. Ein Jahr später erhielt das Jagdgeschwader 74 (Neuburg/Donau) seinen Namen. Mittlerweile ist die Bundeswehr davon abgekehrt, die Benennungen wurden rückgängig gemacht. In einem Gutachten wurde festgestellt, dass Mölders im Spanischen Bürgerkrieg den Tod von Zivilisten „zumindest billigend in Kauf“ nahm, ein Aspekt, der in der bis dahin vorherrschenden Beurteilung keine Rolle gespielt hatte.10 Aufmerksam gemacht wurde darauf, dass Mölders nicht in der sog. „Reichsverteidigung“ eingesetzt war, sondern ausschließlich in der Eroberungskriegsführung.11 Die große Medienrepräsentanz findet ihre Erklärung in dem Eintrag des Reichsministers Goebbels in sein Tagebuch nach dem Tod von Mölders: „Mölders ist tatsächlich als eine Idealfigur des kriegerischen Geistes in das Herz des deutschen Volkes eingegangen.“12 Eine verschiedentlich behauptete Intervention von Mölders zugunsten des Kardinals Clemens August von Galen lässt sich nicht belegen.13 Die älteren Bewertungen müssen mittlerweile als überaus spekulativ zurückgewiesen werden. Die Aussage, dass Mölders praktizierender Katholik war, ohne allerdings einen oppositionellen Standpunkt einzunehmen, wird in der neuen Forschung nicht in Frage gestellt. Hervorgehoben wird mittlerweile die deutlich sichtbare Einbindung in das nationalsozialistische System.
Literatur und Quellen
- Boog, Horst: Werner Mölders, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 17, 1994, S. 625- 626.
- Braatz, Kurt: Werner Mölders. Die Biographie, Moosburg 2008.
- Die Tagebücher von Joseph Goebbels, hg. v. Elke Fröhlich, Tl. II, Bd. 2, München 1996.
8 Helmut Witetschek, Der gefälschte und der echte Mölders-Brief, in; Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Jg. 16, 1968, 1, S. 60-65.
9 Vgl. Boog.
10 Militärgeschichtliches Forschungsamt, S. 14.
11 Ebd., S. 18.
12 Die Tagebücher von Joseph Goebbels, hg. v. Elke Fröhlich, Tl. II, Bd. 2, München 1996, S. 390.
13 Militärgeschichtliches Forschungsamt, S. 24.
- Ostermann, Werner u.a.: 100 Jahre Staatsforsten, Staatsforsten 2011.
- Schmidt, Wolfgang (Militärgeschichtliches Forschungsamt): Gutachten zu Oberst Werner Mölders, 2004.
- Witetschek, Helmut: Der gefälschte und der echte Mölders-Brief, in; Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Jg. 16, S. 60-65.
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