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Im neuen Glanze

SPD steht fest hinter Agenda 2010

Kratzen ist kein Beweis für Gerechtigkeit

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Seitdem Martin Schulz der neue Kanzlerkandidat ist, steht die SPD im neuen Glanze. Ganze Scharen jubeln ihm zu, ganze Scharen treten neu in die SPD ein! Und obwohl Schulz ausschließlich von einer Verlängerung des Arbeitslosengeldes I für über 50-Jährige sprach, vermittelte er den Eindruck, als wolle er und seine SPD von der gesamten Agenda 2010 abrücken, um endlich Gerechtigkeit walten lassen.

 

So zumindest kam es bei vielen Menschen an und Schulz erntete grandiose Zustimmung damit. Der Jubel der Massen schien einem Messias zu gelten, der soeben auferstanden war und seinen Anhängern zwischen den Zeilen seiner Reden immer wieder versprach, dem Problem der sozialen Ungerechtigkeiten ein für alle Mal einen Riegel vorzuschieben.

 

Schulz hat offenbar zu viel versprochen

Doch nach einem Monat „Schulz“ platzt die Blase und der falsche Eindruck wird vom niedersächsischen Ministerpräsidenten, Stephan Weil,  korrigiert. Offenbar nach einer Präsidiumssitzung der SPD, die diesem falschen Eindruck Paroli bieten musste, um nicht später als Wählerbetrügerin beschimpft zu werden.„Die wichtigen Säulen dieses Konzeptes, die sind völlig unstrittig“, gab Weil unmissverständlich zu erkennen. (1)

Dass die Agenda 2010 nicht nur ein Bündel von Maßnahmen ist, sondern ein systematisch anderer Ansatz, der die Wirtschaft begünstigt und den Sozialstaat in den Schatten stellt, ist vielen Bürgern nicht hinreichend bekannt. Wenn man von der Agenda 2010 wirklich abrücken wollte, wäre es nicht damit getan, z.B. die Zahlung des Arbeitslosengeldes I zu verlängern. Vielmehr müsste sich etwas Grundsätzliches am System ändern.

 

Schulz ist ein vehementer Verfechter der Agenda 2010

Nun aber ist klar, dass Schulz überhaupt nicht daran denkt, der Agenda 2010 abzuschwören. Bisher setzte er auf Suggestion. Dieses Kratzen an der Agenda war reines Symbolgehabe, welches die Begeisterten wohl missverstanden haben.  

Warum sollte Schulz die Agenda 2010 plötzlich abrücken. Ist er doch seit 1999 Mitglied im SPD-Präsidium und immer schon  ein ausgewiesener Verfechter der Agenda 2010. Das hat er als Europaparlamentarier und als SPD-Politiker Jahre zuvor bewiesen. Denn unüberhörbar galt sein stilles politisches Credo: Gerechtigkeit, nein Danke.

Ob es hierbei um die Menschen in Griechenland Spanien oder Portugal ging. Schulz stand verlässlich in der Reihe seine Mitstreiter und forderte angebliche Staatsschulden von den kleinen Leuten ein, die in Wirklichkeit Schulden waren, die  den Banken zugerechnet werden  mussten. Mit der Rettung der Pleite-Banken wurden Anleger und Spekulanten geschont. Die Steuerzahler dagegen wurden belastet, somit auch die kleinen Leute. Kann in diesem Fall von Gerechtigkeit gesprochen werden?

 

Menschverachtende EU-Politik

In Griechenland z.B. ist die Lage aufgrund der EU-Austeritätspolitik derzeit so prekär, dass geforderte Rentenkürzungen nur noch mehr Elend bewirken werden als bisher schon vorhanden. Dort gibt es keine Sozialhilfe und die bereits jetzt karge Rente einer einzelnen Person wird dringend zum Leben ganzer Familie benötigt (2). Über diese Kürzungseffekte berichtet die Presse in der Regel nicht wirklich und es entsteht der falsche Eindruck, die griechischen Renten seien die üppigsten in der Welt. Ein solcher Eindruck lässt sich nur dann vermitteln, wenn unzulässige Vergleiche konstruiert werden, die für viele Menschen nicht prüfbar sind.

 

R2G wird es niemals geben

Nun gab Schulz zunächst öffentlichkeitswirksam zu erkennen, dass er eine 180 Grad Kurve vollziehen werde. Er signalisierte, dass er das, was er bisher zur Agenda 2010 vertreten hat, politisch über den Haufen werfen zu wollen. Wohlgemerkt nach der Wahl, mit der Bitte, ihm Vertrauen zu schenken, um nach der Wahl eine Chance zu haben, die lang ersehnte Gerechtigkeit endlich umzusetzen zu können. Das schließt natürlich aus, bereits vor der Wahl den Beweis für die hierzu nötige Kompetenz erbringen zu müssen. Dabei fiel unter den Tisch, welche Art von Kompetenz Schulz in Hinblick auf die angekündigte Gerechtigkeit bisher vertreten hat.

In Sachen politischer „Gerechtigkeit“ jedenfalls sind Schulz und seine SPD niemals in Vorleistung getreten, obwohl es mehrfach Gelegenheiten hierzu gegeben hatte! Fakt ist, dass Rot-Rot-Grün (R2G) z.Zt. eine Mehrheit im deutschen Bundestag hat. Diese wird aber nicht für das ehrenwerte Ziel genutzt. Auf was wartet die SPD eigentlich, wenn ihr die Gerechtigkeit nun das wichtigste ist?

 

Menschverachtende Auswirkungen in Deutschland

Warum fühlen sich viele Menschen in Deutschland, in Europa, so schlecht von der Politik behandelt? Ist es nicht die Ungerechtigkeit, die durch Privatisierungen des öffentlichen Dienstes, der Renten, des Gesundheitswesen durch Lohnkürzungen und Arbeitszeitverdichtung immer härter zuschlägt? Mit der Agenda 2010 wurde Deutschland zum Billiglohnland überhaupt gemacht. Nicht zuletzt durch die massenhafte Ausdehnung der Leiharbeit, die von der SPD auch gar nicht infrage gestellt wird. Die Beschäftigten im  Bildungssektor, besonders die im Hochschulwesen, und die der Deutschen Post, sowie die der Deutschen Bahn AG können ein Lied davon singen.

Einiges davon ist der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und der alternativlosen Privatisierung geschuldet, mit den Konsequenzen der Leiharbeit, befristeter Arbeitsverträge, Minijobs etc..Missstände, die Schulz als kämpferischer Befürworter der Agenda 2010 stets stillschweigend verteidigt hat und die er nun gemeinsam mit seinen SPD-Freunden gegen die Wirtschafts- und Bankenlobby einfach mal so korrigieren will? Das wird ihm wohl kaum gelingen! Es will es auch gar nicht, wie es vor kurzem deutlich wurde: Die SPD steht fest hinter der Agenda 2010. Müssten sich die treuen Schulz-Anhänger spätestens nicht jetzt betrogen fühlen?

 

Grelle Schulz-Lackierung für Agenda 2010

Wenn Schulz wirklich glaubwürdig sein wollte, müsste er der Agenda 2010 konsequent abschwören, wie es Gesine Schwan (SPD), die ehemaligen Bundespräsidentenkandidatin, gefordert hat. (3) Nicht nur Schulz allein, sondern auch die gesamte SPD-Führung müsste diese Abkehr glaubwürdig unterstützen. Angefangen von Sigmar Gabriel, Hannelore Kraft, aber auch  Frank Walter Steinmeier. Diese Namen stehen bespielhaft für die Politiker, die der Agenda 2010 nun plötzlich auch nicht mehr so gut finden sollen. Das alles konnte man bisher wahrnehmen, bis Stephan Weil die Agenda als einen festen Bestandteil der SPD-Politik verteidigte. Wie muss sich Populist Schulz nach diesem Rüffel eigentlich fühlen? Wie denken seine Anhänger?

Erinnert Schulz nicht auch an den Präsidentschaftswahlkampf in den USA oder der Brexit-Debatte in Großbritannien? Oder glaubt Schulz wirklich, dass er den Wählern bisher  Reinen Wein einschenkt?

Eine konsequente Abkehr von der Agenda 2010 wird es in der SPD unter dem hoch fliegenden Kanzlerkandidaten niemals geben. Das nun steht nach vier Wochen Schulz fest! Was weiterhin möglich scheint, sind Placebos, gefühlte Gerechtigkeitspillen ohne faktische Wirkung, die als Abkehrbeweise von der Agenda 2010 herhalten müssen und fortan Korrekturen genannt werden. Schulz setzt also darauf, die Menschen mit großspurigen Versprechen hinters Licht zu führen, indem er von geplanten Korrekturen spricht, die der Agenda 2010 im Grunde gar nicht schaden, ihr aber eine auffällig grelle Lackierung verpassen.

 

Korrekturen rütteln nicht am System

Zu einem der Placebos zählt der Hinweis, den älteren Arbeitnehmern länger das Arbeitslosengeld I zahlen zu wollen. Man muss sich allerdings fragen, wie lange dieser Betrag gezahlt werden soll, um Ungerechtigkeit effizient vermeiden zu können. Ein 50-jähriger würde zuletzt dennoch in Hartz IV fallen, wenn er nicht schon vorher einen angemessenen Job gefunden hätte. Darüber hinaus ist es kein Geheimnis, dass die Chance auf einen Job für ältere Arbeitnehmer deutlich geringer ausfällt als für jüngere. Hinzu kommt, dass Arbeitslosigkeit schöngerechnet wird (4). Und hiervon profitiert auch Schulz, der somit „seine Agenda“ nicht zu arg zu strapazieren muss. Und er kommt damit offensichtlich an bei den Menschen. In diesem Zusammenhang wird klar, dass über Details der Agenda 2010 wenig bekannt ist. Nicht nur der SPD-Basis, sondern auch vielen (ahnungslosen) Kandidaten für die Bundestags- und Landtagswahl.

Die Schönrechnerei gehört zum Agendaprofil und wird –wie weitere Zusammenhänge, die mit der Agenda 2010 verbunden sind- einfach verschwiegen. Das ist heuchlerisch: Ein um mehrere Monate verlängerter Bezug des Arbeitslosengeldes l löst nicht die Probleme, die mit der Agenda 2010 einhergehen, sondern schiebt sie nur hinaus. Die Altersarmut würde mit dieser Maßnahme schon gar nicht gelindert, denn zuletzt könnten auch keine angemessenen (durch die Agenda 2010 bereits reduzierten!) Rentenansprüche aus ordentlicher Arbeit erworben werden.

Dass das allgemeine Profil der Agenda 2010 nicht nur Altersarmut nach sich zieht, sondern auch die immer weiter aufgehende Schere zwischen Arm und Reich bedient, ist nicht weiter verwunderlich. Ein Ende ist nicht in Sicht, wie die jüngsten Untersuchungen zeigen. (5) Schulz drückt sich davor, das Arbeitslosengeld II ganz abzuschaffen. Einzig und allein seine Abschaffung wäre gerecht.

 

Schulz lobt Merkel für Linkskurs

Wenn Herr Schulz sinngemäß behauptet, die CDU/CSU sei nach links gerückt und  die SPD arbeite deshalb mit einen harmonierenden Koalitionspartner (6) zusammen, den er nicht kritisieren wolle, so soll er doch bedenken, dass die Wähler dann nicht unbedingt die SPD wählen müssten. Damit erklärt er die CDU/CSU hoffähig, die dann auch für Gerechtigkeit in Schulzens Sinne stehen würde. Wieder einmal beweist Schulz, dass er wirklich kein ausgewiesener Wahlstratege ist. Sein übereiltes Statement ist vielmehr eine tiefe Verneigung vor dem politischen Gegner (?) und ein markantes Armutszeugnis! Ein harmonierender Koalitionspartner wäre die Union allenfalls nur dann, wenn sie sich ebenfalls zu Korrekturen an der der Agenda 2010 bekennen würde. Aber das Gegenteil ist der Fall.  Beim Jahresempfang des Wirtschaftsrates der CDU in Stralsund hat sich Merkel sogar eindeutig zur Agenda 2010 bekannt und den Vorstoß von Schulz kritisiert (7).

Schulz selbst kritisiert die Agenda 2010, auch wenn er nur von Korrekturen  redet. Scheinbar mit Erfolg, wie man an der wachsenden Wählerzustimmung sieht. Doch muss er am Ende, wenn es um Inhalte geht, Farbe bekennen und klar machen, dass er der Agenda 2010 niemals abschwören wird. Wenn die jubelnden Anhänger in Schulz die Alternative überhaupt sehen, so werden sie bitter enttäuscht werden. Das System Agenda 2010 bleibt erhalten. Und damit ist sicher, dass dem Sozialabbau keine Alternative entgegengesetzt wird. Weder von Schulz, noch von der SPD!

 

Schwammigkeit als Zeichen für die programmatische Irreführung

Damit seine schwammigen Versprechungen nicht zu früh enttarnt werden,  soll das SPD-Wahlprogramm sehr spät, Anfang Juni 2017, auf einem SPD-Parteitag beschlossen werden. Danach ist erst mal Urlaubszeit und die Menschen werden an etwas anderes denken als an Politik. Ob die Taktik der programmatischen Leere aufgeht, bleibt abzuwarten. Wenn dann nur als Irreführung in Form eines schwammig formulierten Wahlprogramms, in dem markige Parolen nicht fehlen dürften. Doch inzwischen aber glaubt die Mehrheit der Bundesbürger nicht mehr an Schulz. (8)

Sollte Schulz den Wählern aber permanente Dummheit unterstellen, so hat er sich gewaltig getäuscht. Sonntagsumfragen sind nur Momentaufnahmen, die zum weiteren Nachdenken über die Machbarkeit seiner Ankündigungen anregen. (9)  Am Ende werden die treuen Anhänger bitter enttäuscht sein.  

Wenn alles korrekt und ehrlich laufen soll, wird Schulz seine Versprechungen nur mit einem präzisen, aber allgemeinverständlichem Wahlprogramm untermauern können. Es muss unmissverständlich klar werden, dass die Agenda 2010 nicht zur Disposition steht. Selbstverständlich wird auch für Schulz gelten: Es muss glaubhaft drin stehen, was drauf steht. Davon ist er aber  weit entfernt.

 

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Quellen:

(1)  N-TV, Streit um Agenda 2010 : SPD will nicht an den Grundpfeilern rütteln, 26.02.2017

(2)  Tagaris,  Karolina, in Reuters, FEATURE-Nach sieben Jahren Rettung versinkt Griechenland in Armut, 22.02.2017

(3)   Schwan, Gesine, in Zeit-Online,  Umkehren Genossen!, 6.02.2017

(4)  Diekmann, Florian, in Spiegel-Online, Statistiktricks- So wird Arbeitslosigkeit schöngerechnet , 1.03.2017

(5)   Spiegel TV, Neuer Höchststand- Deutschland wird flächendeckend ärmer, 02.03.2017

(6)  Die Freie Welt, Martin Schulz will Merkel im Wahlkampf nicht angreifen, 1.02.2017

(7)  FAZ, Merkel verteidigt Agenda 2010 – und kritisiert Schulz, 25.02.2017

(8)  Focus-Online, Schulz-Hype schon vorbei? 57 Prozent finden sein Versprechen „unglaubwürdig“, 26.02.2017

(9) Focus-Online,  Spitzen-Umfragewerte für die Genossen. Schon einmal erlebte die SPD Höhenflug wie unter Schulz - am Ende gab’s ein Desaster, 28.02.2017  ____________________________________________________