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Stellvertreter des Bürgermeisters

Neuwahl möglicherweise unzulässig

HFB-17-06-23

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In der Ratssitzung am 19. Juni 2016 wurden die drei stellvertretenden Bürgermeister der Stadt Cloppenburg neu gewählt. Angeblich war die Wahl notwendig, weil Ratsherr Christian Albers die SPD-Fraktion im Streit verlassen hatte und mittlerweile sein Mandat als fraktionsloser Abgeordneter wahrnahm.

 

In der Sitzung wurde die engagierte stellvertretende Bürgermeisterin Jutta Klaus (UWG) abgewählt. Die Abwahl wurde  von  der CDU-Fraktion mehr heimlich als offen vorbereitet. Diese Fraktion nämlich sah sich durch die bisherige stellvertretende Bürgermeisterin nicht mehr vertreten. Denn die hatte ihre eigene Meinung.

Ein der CDU genehmerer Kandidat, ohne eigene Meinung, musste her. So wurde der politisch farblose Sozialdemokrat Lothar Bothe (SPD) favorisiert.  Die Abwahl von Jutta Klaus aber hat nicht nur aufgrund der hinterhältigen Art und Weise zur öffentlichen Empörung geführt, sondern auch deswegen, weil die neugewählten stellvertretenden Bürgermeister nun ausschließlich Männer sind.

Allmählich aber kommen Zweifel auf, ob die Neuwahl überhaupt rechtens war.

Grundlage der Neuwahlen war die Neubesetzung des Verwaltungsausschusses, die nach dem Fraktionsaustritt des Ratsherrn Albers angeblich vorgeschrieben waren. Der Verwaltungsausschuss hatte bisher folgende Zusammensetzung:

 

    - CDU: 4 Ausschussmitglieder,

    - SPD: 3 Ausschussmitglieder,

    - UWG/FDP: 2 Ausschussmitglieder,

    - B 90/Die Grünen: 1 Ausschussmitglied,

    - Zentrum/Bürgerbündnis: 1 Ausschussmitglied (Grundmandat)

    - Fraktionslos: BGM Dr. Wiese (Vorsitzender, aber nicht Ausschussmitglied (1))

     

Nach dem Austritt des Ratsherrn Albers hat sich an dieser Zusammensetzung grundsätzlich nichts geändert, obwohl die Berechnungsgrundlage (vgl. VA-Sitze) nun 37 statt 38 Fraktionsmitglieder des Rates zu berücksichtigen hatte.

Wenn sich nichts an der Zusammensetzung geändert hat, warum musste dann über eine Neubesetzung  des Verwaltungsausschusses abgestimmt werden? Diese Frage beschäftigt nun die Kritiker.

Hierzu sagt das Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) in § 71, Abs. 9 auszugsweise folgendes (2):

-         1 Ausschüsse können von der Vertretung jederzeit aufgelöst und neu gebildet werden.

-         2 Ein Ausschuss muss neu besetzt werden, wenn seine Zusammensetzung nicht mehr dem Verhältnis der Stärke der Fraktionen und Gruppen der Vertretung entspricht und ein Antrag auf Neubesetzung gestellt wird.

Vorangestellt sei, dass zur Ratssitzung am 19. Juni 2017 kein fristgerecht eingereichter Antrag vorgelegen hat, der darauf abzielte, den Verwaltungsausschuss aufzulösen. Somit scheidet diese Bestimmung (§ 71, Abs. 9,1) zur Umbesetzung des Verwaltungsausschusses aus. Was ausschließlich greifen könnte, ist die Bestimmung, dass der Ausschuss neu besetzt werden muss, da seine Zusammensetzung nicht mehr dem Verhältnis der Stärke der Fraktionen und Gruppen der Vertretung entspricht (§ 71, Abs. 9,2).

Hierzu wäre ebenfalls ein Antrag fristgerecht einzureichen gewesen. Doch das ist nicht geschehen. Der Bürgermeister der Stadt Cloppenburg, Dr. Wolfgang Wiese (CDU), hat vielmehr in zuvorkommender Art und Weise die Benachrichtigung über den Austritt des Ratsherrn Albers aus der SPD-Fraktion als mittelbaren Antrag zur Umbesetzung des Verwaltungsausschusses interpretiert.

Diese Interpretation ist abenteuerlich und könnte ihm und den Neu- und Wiedergewählten im Verwaltungsausschuss um die Ohren fliegen. Nämlich dann, wenn entweder die Kommunalaufsicht oder das Verwaltungsgericht dieser Interpretation einen Riegel vorschiebt.

Dass aber die Zusammensetzung des Verwaltungsausschusses nicht mehr dem Verhältnis der Stärke der Fraktionen und Gruppen der Vertretung entsprach, ist durch die Neuberechnung widerlegt. Die verhältnismäßige Zusammensetzung ist gleich geblieben. Es wäre ausschließlich die Person Albers (ehemals SPD) gegen ein Fraktionsmitglied der SPD auszutauschen gewesen.

Es ist somit äußerst zweifelhaft, ob NKomVG  Â§ 71, Abs. 9,2 zur Anwendung kommen durfte! Dagegen hätte  NKomVG  Â§ 71, Abs. 9,1 greifen können, wenn hierzu ein Antrag vorgelegen hätte.

Nach den vorliegenden Einschätzungen zur Abwahl der stellvertretenden Bürgermeisterin, Klaus, könnte zumindest ein Formfehler vorliegen, der in der kommenden Ratssitzung unter Anwendung NKomVG  Â§ 71, Abs. 9,1  zu korrigieren wäre.

Die Möglichkeit zur Korrektur des Formfehlers besteht aber nur dann, wenn die Protogonisten sich einer Neuauflage des Schmierentheaters erneut hingeben. Besonders der Austauschkandidat Bothe sollte sich eine erneute Kandidatur gut überlegen. Wäre doch sein Amt als stellvertretender Bürgermeister mit einem chronischen Makel behaftet, der ihm die Missachtung des Gleichstellungsgebotes unterstellt. Doch einen Trophäensammler sollte das nicht weiter stören. Am Ende zählt die Mehrheit und nicht die Qualität. Der Wähler wird´s danken!

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(1)   Vgl. Thiele, Robert; Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz (Kommentar), Kohlhammer Deutscher Gemeinde Verlag, 2011, S. 210.

(2)   Vgl. Thiele, S. 210.

 

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