GeTi-CLP
Cloppenburger Gelegenheitsticker
Januar bis März 2025
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22.03.2025
Schrecken lassen Robert Berges nicht mehr los
„Als 12-Jähriger erlebte er schwere Bombenangriffe auf die Stadt Cloppenburg (…) [Die] Ereignisse sind bald schon 80 Jahre her“, so heißt es zu Anfang der Berichts der Münsterländischen Tageszeitung am heutigen Tage- Der heute 92-jährige Zahnarzt im Ruhestand berichtet über die Eindrücke eines schrecklichen Krieges, der zuletzt auch Cloppenburg durch ein Bombardement hart getroffen hat. (01)
„Bei sehr vielen dieser Verstorbenen steht als Todesdatum der 10. April 1945. Lange war Cloppenburg weitgehend vom unmittelbaren Kriegsgeschehen verschont geblieben. (…) ‚Jetzt ist es mir noch ein ganz Leichtes, die ganzen Toten nur von der Eschstraße aufzuzählen‘, so Robert Berges. (…) Kurz vor Kriegsende wurde die Stadt dann (…) Ziel eines schweren alliierten Luftangriffs“, heißt es im Schreckens-Artikel der Münsterländischen Tageszeitung.
Der Leser muss kurz innehalten und sich fragen: Hätte die eigentliche Frage des MT-Redakteurs Dickerhoff nach politischer Manier nicht lauten müssen: „Wie haben Sie Cloppenburg am Ende des Zweiten Weltkriegs erlebt“? Müsste Herr Berges aufgrund seiner tiefgreifenden – vielleicht sogar traumatischen - Erlebnisse nicht ein Mann des bedingungslosen Friedens sein? Ein Mann aus dem katholischen Münsterland, in welchem das Wort des Papstes lange gegolten hat? Einem Papst, der der Ukraine vor genau einem Jahr noch den „Mut zur weißen Fahne“ nahelegte, (02) um danach massiv von den Medien und den eigenen Leuten beschimpft zu werden?
Ja, wer Herrn Berges kennt, der darf ihm das – wie vielen honorigen Cloppenburgern auch - wohl unterstellen. Auch wenn die deutsche Bischofskonferenz den Schritt zum Alten Testament zurück in die Zukunft – hin zum bedeutungssinnlichen „Auge um Auge, Zahn um Zahn“- mit ihrer Forderung zu mehr Bomben für die Ukraine – auf Städte wie Cloppenburg, in welchem Land auch immer - befürwortet. (03) Um es kurz zu fassen: Jeder, der die grausamen Ausmaße eines politisch herbeigeführten Krieges, dem i.d.R. eine massive Aufrüstung voranging, direkt erfahren hat, muss von seinen Erlebnissen traumatisch angewidert sein. Das bestätigen die vielen Berichte von Soldaten, die aus den völkerrechtswidrigen Kriegen wie in Vietnam, Irak- oder Afghanistan –verstümmelt oder auch nicht -zurückgekommen sind. Für den Rest ihres Lebens schwer traumatisiert. Eine bereits allgemein bekannte Erfahrung nach Ende des Zweiten Weltkrieges, wodurch ebenso das familiäre Umfeld dieser Opfer stark belastet wurde. (04) Dasselbe gilt für die Zivilbevölkerung - Kinder, Väter, Mütter – ebenfalls. Und das alles nicht nur 80 Jahre rückblickend, sondern aktuell. Man kann es jeden Tag in den Medien erfahren. Dort aber meistens verharmlosend und emotionslos. Besonders dann, wenn eine deutlichere Sprache politisch nicht passt. Man sollte sich schämen!
Herr Berges dürfte im konkreten Zusammenhang seiner eigenen Erlebnisse wohl mehr gesagt haben, als das, was heute aus der Feder von Herrn Dickerhoff zu lesen ist. Eigentlich ist es aber egal, was Herr Berges ergänzend gesagt haben könnte. Denn jeder an seiner Stelle würde erfahrungsgemäß deutlich mehr vom seinen schrecklichen Kriegserlebnissen berichten als es in der Münsterländischen Tageszeitung zu lesen ist. Diesbezüglich ist von politisch geförderten Medien eben nicht alles zu erwarten.
Hier im MT-Artikel heißt es aus der journalistischen Feder: „Doch schon zwei Tage vorher, am 8. April, fielen Bomben auf die Stadt. (…) Dann gab es den ersten Bombenangriff. (…) Der Schock saß tief. Eine halbe Stunde zuvor war er noch an der Eschstraße, wo zahlreiche Menschen bei dem Angriff starben“. Laut Dickerhoff ergänzt Berges seine Eindrücke mit: „Wir hatten unfassbare Angst.“ In dem Artikel heißt aber nicht, dass es britische Bomber waren, die die Menschen töteten. Ebenfalls wird nichts über die verstreuten Leichenteile der Cloppenburger Opfer gesagt; nichts darüber, dass das Nazi-Deutschland bereits militärisch besiegt war, die weitere Angriffe und die damit verbundenen Opfer überflüssig machten. Wodurch sonst sollte sich Berges tiefsitzender Schock denn überzeugend begründen lassen?
Überzeugen? Nein, das ist im besagten Zusammenhang offensichtlich medial nicht gewollt. Andererseits schon: In der heutigen Zeit müssen die Kriege weitergehen bis zum letzten Mann auf allen Seiten, bis zum Endsieg des Guten über das Böse überhaupt. Diesem Widerspruch mag niemand mit gesunden Menschenverstand Glauben schenken. Dass hierbei - außen den wenigen Nutznießern - alle zu Opfern werden, bleibt außen vor. Doch die medial hereinprasselnden Botschaften der Politik sprechen ihre eigene Sprache. Mit der Absicht, prägende Erfahrungen und gesellschaftlich kulturelle Werte und Bildungsideale vergessen zu machen, um ganze Gesellschaften weichzuspülen.
Die neuen Ideale heißen demnach Besinnung auf eine neue Kriegstauglichkeit, (05) Rekrutierung durch Wiederbelebung des Wehrdienstes, (06) Aufrüstung durch gigantisches Geldrucken in namentlicher Form bilanzverzerrender Sondervermögen, (07) Aufbau von Feindbildern (08) durch permanente Akklamation in Richtung östlicher Hemisphäre und nicht zuletzt Bashing derjenigen, die die lautstarke Kriegsrhetorik kritisieren. (09)
Besonders erwähnenswert das Feindbild Trump: Der amerikanische Präsident – wie auch der Papst - strebt den Frieden in der Ukraine an und wird im Zusammenhang der Friedensgespräche mit Präsident Putin quasi als „Idiot“ dargestellt, während die EU erst gar nicht am Friedenstisch geladen ist. Putin und Trump verhandeln über Frieden, während sich Merz auf Krieg einstellt. Wer soll das verstehen?
Das alles macht in Schulen und auf Kinderseiten vieler Tageszeitungen nicht Halt. (10) Woher nehmen die die Kriegsbefürworter eigentlich ihre Sicherheit, dass ein Angriffskrieg unmittelbar bevorsteht? Mit den Folgen, die im Artikel über die Erlebnisse von Herrn Berges wenig genau beschrieben werden? Immerhin gibt es viele Zweifler an dem polit-medialen Dauerbrenner einer angeblich bevorstehenden, rein imperialistischen Angriffs-Absicht der Russischen Föderation. Außer Frage steht jedoch, dass die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands seit einem Jahrzehnt sträflich vernachlässigt wurde. (11) Diese aber mit Hilfe eines gigantischen Sondervermögens durch eine Angriffsfähig zu ersetzen, ist schon ein planwirtschaftlichen Abenteuer. Letzteres kann aufgrund der Kürze der Planungsfrist nur scheitern. Nicht nur die CDU-Basis ist empört darüber. (12) Vor allem ist von Wahlbetrug die Rede.
Eine angeblich rein imperialistischer Angriffs-Absicht Putins in zwei bis fünf Jahren darf erst recht angezweifelt werden. Es sei denn, es werden gewisse „Rote Linien“ überschritten. (13) Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn mögliche Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) seine der Ukraine versprochenen Taurus-Marschflugkörper in Richtung Moskau fliegen lässt, die ihr Ziel innerhalb von nur 5 Minuten erreichen werden! (14) Außer Frage steht, dass die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands seit einem Jahrzehnt sträflich vernachlässigt wurde. Diese aber mit Hilfe eines gigantischen Sondervermögens durch eine Angriffsfähig zu ersetzen, ist schon ein planwirtschaftlichen Abenteuer. Letzteres kann durch Kürze der Planungsfrist nur scheitern.
Die politische Einigkeit hinsichtlich des politischen Aufrüstungsgebarens macht Sorgen. Faktisch befindet sich die EU aber in schwerem Fahrwasser: Ihre Einigkeit ist gespalten, (14) sie ist durch die Machtzentren USA und Russland ausgegrenzt, an den Friedensverhandlungen mit der Ukraine entscheidende Forderungen zu stellen. (15) Darüber hinaus gehen wie in der Türkei tausende Menschen in Rumänien auf die Straße, die gegen die medial unterbelichtete Absetzung und Verhaftung des kürzlich gewählten Präsidenten Călin Georgescu demonstrieren. (16) Den Fall Rumänien sehen Kritiker als eine massive Demokratiekrise der EU. Wie aber ist das Aufrüstungsbestreben nicht nur Deutschlands zu bewerten, wenn der beabsichtigte Friede in der Ukraine demnächst einkehren wird? Maßgeblich initiiert und garantiert durch Trump und Putin? Wo soll der Feind dann versteckt sein?
Und wo ist die Friedensbewegung geblieben, (17) die die lautstarke Kriegsrhetorik zumindest im Bundestag kritisiert? Man mag das BSW mögen oder auch nicht. Ihre zweifelhafte Wahlniederlage mit ca. 9.000 Stimmen unter der 5-Prozenthürde (18) lässt die berechtigte Kritik an der gigantischen Aufrüstung dort zukünftig verstummen.
So melden sich nun die Claqueure, die diesen Abgang feiern. Ein eklatantes Bespiel dafür ist der heutige Meinungskommentar von Werner Kolhoff in der Münsterländischen Tageszeitung mit dem verächtlichen Titel: „Abgang einer linken Ikone“. Eine Meinung eben. Komponiert im verbalakrobatischen Kauderwelsch ohne Hinweise auf die vollständigen Zusammenhänge. Niemand muss ein Freund historischer Vergleiche sein, dennoch drängt sich die Analogie angesichts penetranter Kriegsrhetorik fast schon auf. Aber abgesehen davon, ob ein historischer Vergleich hinkt oder doch nicht, handelt es sich bei dem Beschluss zum Sondervermögen um Kredite, um eine gigantische Aufrüstung zu finanzieren. Wenn man hierbei über „Kriegskredite“ spricht, ist das nicht weit hergeholt. Ob diese mit denen von 1914 zu vergleichen sind, ist kritikwürdig, da die historischen Voraussetzungen damals andere waren. Wenn man aber die Zukunft im Blick hat, sollte man die zu erwartende Schadensbilanz allerdings prognostizieren dürfen. Die wird heftig ausfallen.
Des weiteren moniert Kolhoff: „Von Wagenknechts jetzt endender Parlamentszugehörigkeit bleibt vor allem die Erinnerung daran, dass sie nach der Rede von [Friedensnobelpreisträger] Shimon Peres zum Holocaust-Gedenktag 2010 demonstrativ sitzen blieb, weil der israelische Präsident nach Meinung Wagenknechts „für Krieg verantwortlich‘ sei“. Richtig: Peres erhielt nicht erst 2010, sondern schon 1994 zusammen mit Jassir Arafat und Jitzchak Rabin zu Recht den Friedensnobelpreis für seine Verdienste im Oslo-Friedensprozess.
2012 wurde die EU für ihren Einsatz für Frieden, Versöhnung, Demokratie und Menschenrechte in Europa mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. (19) U.a. dafür, dass sie den EU-Beitritt vieler osteuropäischer Staaten ermöglicht hatte.(…) Die Teilung zwischen Ost und West war nun in weiten Teilen beendet“. Der Fall der Mauer machte es möglich! Verschwiegen aber der verbindliche NATO-Beitritt dieser Staaten und die Politik nach der Maxime „Volk der guten Nachbarn“. (20) Hierbei im Mittelpunkt stehend die diplomatische Orientierung durch den Friedensnobelpreisträger Willy Brandt (SPD) und nachfolgend durch Helmut Kohl (CDU)und vielen anderen, durch deren Einsatz das alles möglich wurde.
Diese diplomatische Orientierung ist der EU heute abhandengekommen. Durch einen abrupten Politikwechsel. Wer also mehr als ein Jahrzehnt zuvor einen Nobelpreis für eine politisch vorbildliche Maxime mit dem ziel der Friedenssicherung erhalten hat, der konterkariert diesen Preis, wenn er diese Maxime nicht mehr erfüllt. Das dürfte nicht nur für die EU gelten, sondern für viele andere Preisträger auch! Warum sollte man eine solche Neuorientierung nicht demonstrativ kritisieren dürfen? Diese wertfreie Logik prädestinierte 1994 nichts und niemanden. In Einzelfällen wohl aber das Gesetz. Das sollte Herr Kolhoff als ehemaliger SPD-Sprecher einfach mal respektieren und nicht durch polemisch rhetorische Verbalspielereien taktisch und perfide ignorieren. Aber eine persönliche Meinung sollte jeder zur Kenntnis nehmen, auch wenn sie noch so schräg ist.
Kolhoff fährt unverhohlen fort: „Unvergessen, wie sie am 18. Februar 2022 bei einer Demonstration in Berlin ausrief: ‚Sicherheit für Russland ist Sicherheit für unser Land`. Und dass es amerikanische ‚Kriegstreiberei‘ sei, zu behaupten, ein russischer Angriff stehe bevor. Wie gesagt, das war vier Tage vor dem Überfall auf die Ukraine“, ergänzt Kolhoff in verblendeter Sichtweise, ohne auf das Taurus-Angebot eines Friedrich Merz (CDU) einzugehen, ohne darauf einzugehen, welche Reaktionen folgen könnten und was Krieg überhaupt bedeutet.
Krieg jedenfalls ist in Detail das, was Herr Berges sehr anschaulich beschreibt. Etwas, was sich keiner wünschen dürfte. Das gilt auch für diejenigen, die heute anscheinend noch genau wissen, niemals die Verlierer sein zu können. Manifestiert durch die Abschaffung der Schuldenbremse. Die Selbstgerechten - die möglichen Opfer selbst - irren, weil sie niemals Zeitzeugen wie Herrn Berges zugehört haben, wobei ihnen das nötige Abstraktionsvermögen zu fehlen scheint.
Im genannten Zusammenhang dieser Abschaffung klingt es zynisch, wenn SPD-Wahlverlierer Bartz behauptet, der Beschluss sei deshalb gefasst, „um Sicherheit und Modernisierung zu gewährleisten – für ein zukunftsfähiges Deutschland. Es geht darum, unseren Kindern und Enkeln ein Land zu hinterlassen, das lebenswert, sicher und funktionierend ist.“ (21)
Nein wirklich? Batz’ Zukunftsorgien sind blanker Euphemismus! Das Land, von dem er spricht, wird zerstört sein, viele der Kinder tot! Vielleicht sollte es nach politischer Manier hier nicht einfach heißen, „wie haben Sie die Woche in Berlin erlebt (?), sondern, wie haben sie Herrn Berges – also Cloppenburg am Ende des Zweiten Weltkriegs – erlebt? Nein, nichts dergleichen? In welcher Welt lebt dieser Mann? Bürgernähe sieht anders aus! Vielleicht sollten der abgestürzte SPD-Kandidat und seine Gesinnungsgenossen mal Herrn Berges besuchen. Danach werden sie hoffentlich wissen, dass Krieg keinesfalls „lebenswert“ und „sicher“ ist, in dieser Hinsicht aber bestens „funktioniert“. Mindestens bis zur letzten Bombe! Jeder kann dabei solange zusehen, bis es ihn selber trifft. Dann gute Nacht.
(01) MT, Dickerhoff, Schrecken lassen Robert Berges nicht mehr los, 22.03.2025.
(02) https://www.tagesschau.de/ausland/europa/papst-ukraine-krieg-100.html
(03) https://www.domradio.de/artikel/katholische-bischoefe-stellen-sich-hinter-waffenhilfe-fuer-ukraine
(04) https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Posttraumatische-Belastungsstoerung-nach-Krieg-und-Flucht,ptbs112.html
(05) https://www.bmvg.de/de/aktuelles/zeitenwende-fordert-kriegstaugliche-streitkraefte-5701638
(06) https://www.bmvg.de/de/neuer-wehrdienst
(07) https://www.deutschlandfunk.de/deutschland-bundeswehr-infrastruktur-schuldenbremse-sondervermoegen-102.html
(08) https://de.wikipedia.org/wiki/Feindbild
(09) https://www.om-online.de/politik/abgang-einer-linken-ikone-710669
(10) https://www.merkur.de/politik/polen-schule-schiessen-pflichtfach-russland-putin-ukraine-krieg-93477660.html
(11) https://www.bundestag.de/webarchiv/textarchiv/2011/33831649_kw12_de_wehrdienst-204958
(12) https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/cdu-partei-friedrich-merz-schuldenbremse-wahlversprechen-100.html
(13) https://www.youtube.com/shorts/U9Neoxj9p5s
(14) https://www.fr.de/politik/russland-aussenminister-lawrow-haelt-merz-fuer-ziemlich-aggressiv-93596634.html
(15) https://www.tagesschau.de/ausland/europa/europa-ukraine-gespraeche-100.html
(16) https://www.tagesschau.de/ausland/europa/rumaenien-georgescu-102.html
(17) https://nie-wieder-krieg.org/2025/03/20/newsletter-03-2025/
(18) https://nie-wieder-krieg.org/2025/03/20/newsletter-03-2025/
(19) https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/bsw-wagenknecht-wahlergebnis-anfechtung-auslandsstimmen
(20) https://www.tagesschau.de/ausland/friedensnobelpreis-eu-ts-102.html
(21) https://willy-brandt.de/willy-brandt/publikationen/ein-volk-der-guten-nachbarn-1966-1974/
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08.03.2025
Kritik an Beschluss zu St. Augustinus
Am vergangenen Mittwochabend fanden sich zahlreiche Gemeindemitglieder im Pfarrheim St. Andreas ein, „um vor allem Erklärungen dafür zu erhalten, warum die Kirche St. Augustinus zur Profanierung vorgeschlagen werden soll“. (01) In dieser Versammlung gab es „nicht nur Zustimmung zu den Entschlüssen“, wie es der Redakteur der Münsterländischen Tageszeitung in seinem heutigen Artikel vermeldet. Einige Versammlungsteilnehmer schienen wohl sehr erbost darüber zu sein. Schließlich ging es ihnen um Heimat. Einer Heimat, die sie offenbar im kommunikativen Umfeld der katholischen Augustinus-Kirche gefunden hatten. Mit der sollte nun Schluss sein. Im schlimmsten Fall nämlich droht die Abrissbirne. Dem angegliederten Pfarrheim am besten auch!
Es zeigte sich die Prophezeiung des Kirchenausschussmitglieds Clemens Wilhelm, dass Zentralismus und eine hierarchische Machtausübung durch die neuen Strukturen gefördert werden: „Man wird im Offizialat immer darauf bedacht sein, die Fäden in der Hand zu halten," meinte Wilhelm damals. (02) Davon schien er sich aber wortlos distanzieren zu wollen. Nunmehr erklärte er, „dass die entsprechende Entscheidung auch bei der Tagung der Gremien nicht kompliziert gewesen sei“. Konkret hieß das: „Das war relativ einfach.“ Und der Kirchausschuss-Vorsitzende der katholischen Kirchengemeinde St. Andreas Cloppenburg, Hermann Schröer, sprang ihm mit den Worten zur Seite. „Wir sind nicht gekommen, um neue Beschlüsse zu fassen, sondern um die gefassten Beschlüsse zu erörtern“! Konkret hieß das: Aus und basta! Soviel zur von Clemens Wilhelm im Jahr 2024 geäußerte Kritik am „Zentralismus“ und der „hierarchischen Machtausübung durch die neuen Strukturen“, der nun die Cloppenburger Augustinus-Kirche zum Opfer fallen solle. „Ohnehin zeigte sich der Kirchenausschussvorsitzende mehrfach sehr deutlich, vielleicht weniger diplomatisch als es sich einige Besucher gewünscht hätten“. Die Amtskirche hatte gesprochen.
„Hermann Schröer und Clemens Wilhelm (…) stellten einführend die einzelnen Beschlüsse nochmals vor, die vor 2 Wochen bei einer Klausurtagung in Lingen gefasst worden waren“. Welche belastbaren Gründe hierfür infrage kamen, um die „relativ einfache Entscheidung“ des Kirchen-Gremiums transparent herüberzubringen, davon keine Rede im vorliegenden Artikel. Man kann nicht erwarten, dass den Lesern der mediale Bericht über Vorstellung der konkreten Beschlüsse trotz einiger Vorberichte noch geläufig ist. (03) Schließlich ging es bei dem Thema Profanierung Cloppenburger Kirchen um notwenige Sanierungsmaßnahmen einer „durchaus teure[n] technische[n] Ausstattung“.
Demnach ging es letztendlich um viel Geld, welches offenbar irgendwo dem „Finanzriesen (…) Großkonzern Kirche“ fehle. (04) Offenbar in der Weise, dass die Finanzierungsgrundlagen der Cloppenburger Gemeinden, St. Augustinus. St-Josef und St. Bernhard, im falschen Kirchen-Topf angesiedelt sind, wobei Investitionen im Ankauf von Ländereien - aber auch Abfindungen an unerwünschtem Klinikpersonal nach „Rausschmiss“ in Millionenhöhe aus einem anderen Kirchen-Topf– (05) mehr Bedeutung zugemessen wird.
Seelsorge in aller Selbstlosigkeit mit dem immer wieder abgehängten unternehmerischen Thema „Finanznot“ zu begründen, ist schon ein derber Widerspruch. Von wegen also die Erkenntnis, „und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat“. (06) Noch Fragen? Nein? Bitte „(…) keinerlei Fragen (…)“ und „keine große Diskussion im Pfarrheim“ hierzu. "Letztlich kann fast alles zentral von Vechta aus entschieden werden", so Amtskirchen-Sprecher Wilhelm im Widerspruch zu seiner Kirchenkritik aus dem Jahre 2024. Genau das bestätigte Pfarrverwalter Kaplan Dr. Lars Schlarmann im Zusammenhang mit einer bisher nicht genannten Information: „Es wird kein Kolumbarium geben. Das hat das Bistum schon klar gesagt.“ Basta!
Kolumbarium? Ein Urnen-Mausoleum in der Augustinus-Kirche? Um Gottes Willen, bloß das nicht im katholischen Cloppenburg nach evangelischen Vorbild. (07) Schließlich bringt das Kolumbarium fortlaufende Unterhaltszahlungen für diese Kirche mit sich. Nach neoliberaler Logik der Krankenhausreform möchte man das schon gar nicht. Schon gar nicht mit Hilfe des Klingelbeutels. Zeigt doch bereits die Liste profanierter Kirchen im Bistum Münster neben dem Kolumbarium in Kamp-Lintfort auch die Möglichkeit eine Labodariums von St. Barbara in Voerde-Möllen, also für einen „Sammlungsort von Steinwerken, etwa Skulpturen, Sarkophage, Epitaphe, Meilensteine, Grabsteine etc., die oft am Ausgrabungsort ausgestellt sind“. (08) Der Cloppenburger Hobby Archäologe Klaus Steinkamp würde sich sicher darüber freuen. (09) Nun ja: Es gibt eine Menge Alternativen mehr. Die „Liste profanierter Kirchen“ möge für diese sprechen.
Die Profanierung einer Kirche gilt nicht als Entweihung, sondern als Entwidmung. (10) Ihre Legitimation entspringt aus dem katholischen Kirchenrecht. „Bis in die Gegenwart finden sich daher stilisierte Akte minimaler Zerstörung in Ritualen zur Kirchenprofanierung wie das Beschädigen des Altarunterbaus mit einem Hammer (…)“ als eine Art „ritueller Zerstörung“ oder inszenierte Entfernung der Heiligkeit als Rechtsakt. „Schon der byzantinische Patriarch Kallinikos verweigerte gegenüber dem Kaiser Justinian II im Jahr 693/94 den Vollzug eines Rituals zur Kirchenprofanierung“. Und mit der Aussage, „Wir haben ein Gebet zur Errichtung einer Kirche“, formulierte er seine Begründung: „Unsere Tradition kennt aber kein Gebet zur Zerstörung einer Kirche“. Das Umdenken im Mittelalter folgerte darauf, „dass mit einem bestimmten Grad der Zerstörung eines Kirchengebäudes (und Altars) dessen Charakter als heiliger Raum getilgt ist“. Diese Ansicht steht bis heute im Einklang mit dem Kirchenrecht. Nunmehr könnte einigen Cloppenburger Kirchen die weniger rituelle Zerstörung durch die Abrissbirne drohen. Angst davor? Nicht nötig! Aber mal ehrlich, so Redakteur Dickerhoff in einem Artikel: „Denn letzten Endes sollte es doch um die Glaubensgemeinschaft gehen, nicht um schnödes Mauerwerk“.
So, so die Glaubensgemeinschaft, die Basis der Kirche will nicht mitziehen. Der persönliche Hinweis, „Ich habe das Gefühl, dass es von langer Hand geplant war, Augustinus zu schließen“, konnte dann auch nicht unbeachtet bleiben. Die Amtskirchen-Sprecher entschärften diese Kritik umgehend ab, verlagerten den konkreten Bezug und bekundeten, „(…) dass die Entscheidung gegen die Augustinus-Kirche keine Entscheidung für St. Josef sei“. Na denn: Mit ihrem Bekenntnis zum neoliberalen Gefüge werden sie auch am Thema St. Josef nicht vorbeikommen. Vorrangig zählt das Geld, nicht die Glaubensgemeinschaft.
„Von langer Hand vorbereitet“ ist keine Einbildung, sondern Realität. Das kann nicht abgestritten werden. Erinnert sei an das Bauprojekt rund um die Andreas-Kirche und die harsche Kritik daran. „Freier Blick bleibt Wunsch“, hieß es vor drei Jahren in der Lokalpresse. (11) Mittlerweile ist die nach dem Abriss verschiedener Kirchengebäude frei sichtbare Kirche wieder ummauert von verschiedenen Neubauten, von denen nur noch eins fehlt, um die Wagenburg zu vervollständigen. „Mit schlappen 13 Millionen Euro nimmt das ‚kleine Dorf‘ rund um das Kirchenschiff langsam Gestalt an“, ließ der Redakteur der Münsterländischen Tageszeitung, Max Meyer, verlauten. „Womöglich weitere Kirchenmitglieder, die ob der protzigen Bauten rund um das Gebäude, in dem Demut gepredigt wird, keine Lust mehr haben auf Scheinheiligkeit. Man kann es ihnen nicht verübeln“. (12)
Zum Thema „Protzbauten“ kann man verschiedener Meinung sein. Doch eins dürfte klar sein: Die Baumaßnahmen rund um die Andreas-Kirche können nur deshalb ihren marktwirtschaftlichen Sinn erfüllen, wenn mehrere Kirchengebäude aufgegeben werden. Diese Grundlage ist mit denjenigen Beschlüssen erfüllt, die nun auf der Versammlung bekannt gegeben wurden. Die aber mussten lange zuvor –„von langer Hand geplant“ - gefasst werden, um die besagen Baumaßnahmen zu legalisieren. Noch Fragen?
„Besonders auffällig [in der Versammlung] waren die vielen jungen Menschen, deren Pullover auch gleich ihre Beweggründe erklärten: Jugend St. Augustinus”. Auch sie sehen sich als Basismitglieder ihrer kirchlichen Heimat beraubt. Gehen diese letztendlich aus Enttäuschung über das Gebaren der katholischen Kirche, dann „verbaut sich [Letztere] die Zukunft“. Dickerhoffs Kritik zum Thema Profanierung, „Es gibt andere Probleme“, will nicht so recht zünden. Es ist zwar richtig, „dass es zu viele Kirchen für zu wenige Gläubige gibt“. Er hat als womöglich erfahrenes Basis-Mitglied der Kirche anscheinend noch nicht mitbekommen, dass die Befindlichkeiten des katholischen Milieus überaus sensibel sind. Hierbei beherrscht nicht die Gesinnung des Mainstreams, das Geld möge alles richten, sondern das Streben – wenn auch nur vordergründig - nach Mitmenschlichkeit im Zeichen der „Liebe Gottes“. Dieses Denken vollzieht sich katholisch unwiderlegbar unter dem „heimatlichen“ Kirchturm, der durch den der Andreas-Kirche niemals ersetzbar ist. Was also [im Fahrwasser der Profanierung] nach einem löblichen Vorhaben klingt, ist in Wahrheit ein weiteres Paradebeispiel, wie schön die Kirche wegen ihrer [Mit]Menschlichkeit Wind von sich macht“. Hierbei setzt sie allerdings auf das falsche Pferd. Dieses nunmehr im Fahrwasser des politischen Mainstreams, des frei-marktwirtschaftlichen Ansatzes, (13) der Befürwortung von Waffenlieferung, (14) der Unterstützung geschlechtlicher Vielfalt (15) oder auch der Schaffung von Feindbildern nach politischen Mustern. (16)
Die kirchliche Umklammerung an den Mainstream ist unverkennbar und zeugt von einer gewissen Überlebensbedrohung. Dass die Institution Kirche hierbei zunehmend ihre neutestamentlichen Grundsätze über den Haufen wirft und ihre eigene Rechtsprechung dem transformatorischen Denken andient, das scheint dieser noch nicht bewusst zu sein. Unter solchen Voraussetzungen wird sie möglicherweise nicht mehr darauf hoffen dürfen, einen besseren Ruf generieren zu können. Der totale Abstieg in der katholischen Enklave Cloppenburg ist nur noch eine Frage der Zeit. St. Andreas, die sich nun hinter einem geschlossenen Ring von Mauern verstecken wird, und ihre Amtskirchen-Sekretäre inkl. der mehr als 87 bisher profanierten Kirchen im Bistum Münster lassen grüßen. (17) “Herr, erbarme dich”, umarme die Heimatlosen!
(01) https://www.om-online.de/om/viel-unverstaendnis-fuer-die-entscheidungen-ueber-die-cloppenburger-kirchen-701563
(02) https://www.om-online.de/om/diese-kirche-scheint-zu-keinen-grundlegenden-veraenderungen-faehig-zu-sein-185432
(03) https://www.om-online.de/om/katholische-gemeinde-stellt-beschluesse-vor-so-geht-es-weiter-mit-den-cloppenburger-kirchen-696221
(04) https://www.wiwo.de/unternehmen/dienstleister/finanz-riese-grosskonzern-kirche/5220262.html
(05) https://www.om-online.de/om/ein-gerichts-drama-zu-weihnachten-182377
(06) 1 Johannes 4:16
(07) https://www.zukunft-kirchen-raeume.de/projekte/kolumbarium-christuskirche/
(08) https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_profanierter_Kirchen_im_Bistum_Mnster
(09) https://www.nwzonline.de/cloppenburg-kreis/hobby-archaeologe-wuenscht-sich-ausstellung-bodenfunde-aus-cloppenburg-verschwinden-im-archiv_a_3,2,3508133899.html
(10) Profanierung
(11) MT, Andreas-Kirche: Freier Blick bleibt Wunsch, 12.03.2022.
(12) https://www.om-online.de/om/ruiniert-die-kirchengemeinde-st-andreas-verbaut-sich-ihre-zukunft-169930
(13) https://www.fr.de/wirtschaft/kapitalismus-oekonomie-katholische-soziallehre-freiheit-glaube-cdu-csu-freier-markt-kaczmarczyk-spd-experte-irre-92556201.html
(14) https://www.kirche-und-leben.de/artikel/deutsche-bischoefe-sagen-ja-zu-waffenlieferungen-in-die-ukraine
(15) https://www.sonntagsblatt.de/artikel/kirche/katholische-jugend-will-gott-kuenftig-als-gott-gendern-zielfuehrend-ist-das-nicht
(16) https://www.domradio.de/artikel/kohlgraf-kritisiert-feindbilder-innerkirchlicher-debatte
(17) https://www.kirche-und-leben.de/im-bistum-muenster-bisher-87-kirchen-profaniert-viele-umnutzungen
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03.03.2025
Balsam für die SPD-Seele
Hamburg hat gewählt. Es gibt Gewinner und Verlierer. Zu den Gewinnern können sich zählen CDU, AfD und Linke, denn sie konnten ihren relativen Stimmenanteil steigern. So gewann die CDU 8 % hinzu. Zu den Verlierern gehören die SPD und Grüne. Ihre relativen Stimmenverluste belaufen sich jeweils auf beachtliche 5,7 %. (01) Nach der Devise „Primus inter pares“ werden die Ergebnisse in der Regel anders konstruiert. Die krachende Wahlniederlage wird als Erfolg verkauft. Wahlsieger des Abends war demnach die SPD mit einem relativen Stimmenanteil von 33,5%, gefolgt von der CDU mit 19,8%, den Grünen mit 18,5 % und der Linken mit 11,2%. Die übrigen Parteien lagen unter 5 %. So weit, so gut!
Wenn nun die MT das Ergebnis der Hamburg-Wahl mit einer gewissen Hurra-Pathetik kommentiert, war das auch nicht anders zu erwarten. (02) Schließlich handelt es sich um eine – wenn auch unausgewogene - persönliche redaktionelle Meinung. Die SPD erscheint quasi in der Rolle des leidenden Opfers, der Wähler mittelbar in der des bösen Täters. Bereits die Headline - „Balsam für die SPD-Seele“ – ist so schräg wie nichts vergleichbar anderes. Und das in mehrfacher Hinsicht!
So z.B. ist „Niendorfs Balsam für die Seele“ nach Firmenangaben „(…) ein stimmungsaufhellendes Öl, das [für die äußere Anwendung] entwickelt wurde, um positive Gedanken zu aktivieren und frische Lebensenergie zu tanken.“ (03) Es mag sein, dass sich hierdurch die Symptome wie „depressive Verstimmungen, Antriebslosigkeit, Abgeschlagenheit oder Burn-out“ lindern lassen.
Dennoch gilt: Symptome haben Ursachen. Der eingeschränkte Blick auf die Symptome garantiert, dass das Geschäftsmodell „Balsam für die Seele“ in vielen Fällen zur Endlosschleife wird. Weil der Balsam nur lindernd, aber nicht heilend wirkt, generiert der Verkauf grandiose Margen. Wer aber – aus welchen Gründen auch immer - nicht zu heilen ist, der hat bereits verloren. Letzteres scheint Herr Hermes in seinem politisch wertenden Statement wohl nicht zu meinen. Er glaubt an das Gute und will es als solches auch verkaufen!
Im „Western von gestern“ fällt ebenfalls der Begriff Balsam. Das aber keineswegs im karnevalistischen, sondern im Kontext eines ausgeklügelten Betrugsfalles durch fiskalische „Fälschungen und Manipulationen“. Es handelt sich um das Insolvenzverfahren der Balsam-AG mit dem Sitz in Steinhagen bei Gütersloh. Die Headline heißt: „Der Balsam-AG-Betrug“! (04) Am Ende beruhte dieser darauf, durch illegale Ausdünnung der Insolvenzmasse Ursachen hinter Symptomen zu verstecken.
Soweit die wirtschaftliche Seite des Balsams, während die politische eine ähnliche ist. Denn die Kombination von „Balsam” und „SPD-Seele“ - wie auch der Seelen der übrigen Parteien - passen nicht zusammen. Genaugenommen handelt es sich hierbei um eine manipulative Formulierung. Es ist korrekt, dass Balsam seelische Symptome mildern kann. Der bekämpft aber keine Ursachen. Da politische Parteien ausschließlich Gemeinschaften sind, die letztendlich knallharte Interessen verfolgen, können sie mitnichten eine Seele haben. Die an der Spitze des Staates stehenden entscheiden über Vieles, u.a. über Krieg und Frieden. Obwohl es stets anderslautend beteuert wird, haben Seele und Moral hierbei keinen Platz. Letztere Überhöhung zeugt vom Wirklichkeitsverlust vieler Polit-Prediger. Die vielen Opfer auf der Welt, Soldaten, Zivilisten und Kinder, sind stille Zeitzeugen dieser Interessendominanz. Zu den öffentlich kritisierten Fakten zählen vor allem rekordverdächtige Kriminalität, unbezahlbare Mieten sowie unkontrollierte Masseneinwanderung.
Im Mittelpunkt stehen Finanzen, Ausrüstungen oder Rohstoffe. Seele und Moral gelten nach der Wahl schon gar nicht mehr, wenn es in einem Leserbrief heißt: „Politische Versprechen zu brechen, gefährdet Demokratie“. Denn Redlichkeit zähle nicht. Daher kämen Monster auch nicht aus dem Nichts, ergänzt der Autor zutreffend. (05)
Wer noch immer blind ist für die Erkenntnis, dass Symptome niemals mit Ursachen verwechselt werden sollten, wird zur späten Stunde des Öfteren zum Himmel schauen und womöglich den verschwörungstheoretischen Mythos der Reichsflugscheiben (06) von SpaceX (07) am Nachthimmel über dem Oldenburger Münsterland beobachten.
Die Behauptung, dass es heute Anzeichen zu 1933 gebe, wobei die Parallelen zu sehen seien, dürfte mittlerweile als abgedroschen und sehr fragwürdig gelten. Die Kritik an der AfD beruht auf einem sehr fragwürdigen Ansatz. (08) Die Wirkung solcher inflationären Ansätze ist verpufft. Die Wahlwerbung für die AfD könnte nicht exzellenter ausfallen. Aber schon ist Abhilfe in Sicht. Denn „(…) mit einem neuen Beratungsangebot will der Bund Menschen unterstützen, die von Verschwörungstheorien betroffen sind. Die bundesweite Anlaufstelle „Beratungskompass Verschwörungsdenken“ ist online und telefonisch erreichbar (…)“, heißt es. (09)
Aber vielleicht setzt das Bundesprogramm „Demokratie Leben“ den Bezug ausschließlich in Richtung „Rechts“, da der „Linksextremismus“ offenbar nicht existiert. Aber egal: Gefährder der Demokratie sollten rechtzeitig erkannt und evtl. auch durch den Blockwart-Zwei-Punkt-Null ermittelt werden. Die Botschaften der abgewählten Ampel in Richtung Öffentlichkeit klingen immer seltsamer!
Durch den Wahlsieg der Hamburger SPD jedenfalls werde kein Politikwechsel eintreten, so Hermes in seinem Kommentar. Das ist nicht ganz so korrekt, wie es klingt! Denn den eigentlichen Wahlsieg haben die Nichtwähler errungen. Bei einer Wahlbeteiligung von 68 % betrüge der offiziell herausgerechnete relative Nichtwähleranteil 32 %. Jedes relative Parteiergebnis wäre demnach um ein Drittel kleiner als offiziell angegeben. In Bezug auf alle Wahlberechtigten hätte die SPD nur 22,3 % aller Stimmen gewonnen. Da für die Hamburger Bürgerschaft die 5 %-Hürde gilt, werden einige Parteien nicht in der Bürgerschaft vertreten sein. Das betrifft auch ihre Wähler, die bereinigt mit 6,5 % beziffert werden. „(...) Verfassungsrichter hatten (...) darauf hingewiesen, dass eine Sperrklausel von fünf Prozent generell nicht mit dem GG Artikel 38, ‘Gleichheit der Wahl’ und Artikel 21, ‘Chancengleichheit der Parteien’ vereinbar ist”. (10) Dies sollte auch für Kommunalwahlen gelten.
Letztere und die Nichtwähler bilden einen Anteil von zusammen 38,5 %. Dieser Anteil ist in der Bürgerschaft nicht vertreten. Das ist bemerkenswert, da diese Menschen aus dem demokratischen Prozess ausgeschlossen sind oder sich als solche fühlen. Dokumentiert dieser Ausschluss in Verbindung mit dem Parlamentarismus eigentlich noch eine „Gelebte Demokratie“? Ob „(…) Der Erfolg der SPD (…) vor allem an der großen Beliebtheit des Ersten Bürgermeisters Peter Tschentscher liegen [dürfte]“, sollte demnach gründlicher hinterfragt werden. Besonders vor dem Hintergrund des Cum-Ex-Skandals insgesamt, (11) an dessen Aufklärung sich weisungsgebundene Staatsanwälte reihenweise die Zähne ausgebissen haben. (12)
Es ist merkwürdig, warum dies alles nicht als demokratisches Problem erkannt wird. Der Hinweis auf das parlamentarische System darf keine Erklärung sein. Es bleibt zu ermitteln, ob und warum so viele Menschen mit der „gelebten Demokratie“ abgeschlossen haben. Hierbei sollte endlich klar sein, worin sich Symptome von Ursachen unterscheiden. Auch wenn sich etwas Unangenehmes offenbaren würde, wäre dieser Weg der einzig richtige! Eine konstruierte Wirklichkeit führt zu nichts.
(01) https://www.faz.net/aktuell/politik/wahl-in-hamburg/ergebnisse-der-hamburg-wahl-2025-spd-mit-abstand-staerkste-kraft-bei-buergerschaftswahl-110330431.html
(02) https://www.om-online.de/politik/peter-tschentscher-bleibt-im-amt-balsam-fuer-die-spd-seele-698074
(03) https://www.greenist.de/loewen-manufactur-niendorfs-balsam-fuer-die-seele.html#:~:text=Niendorfs%20Balsam%20fr%20die%20Seele%20ist%20ein%20stimmungsaufhellendes%20ᅱl%2C%20das,in%20fetten%20ᅱlen%20gelst%20sind
(04) https://www.capital.de/wirtschaft-politik/history-der-balsam-ag-betrug-8217
(05) MT, Leserbrief, VIETS, Politische Versprechen zu brechen, gefährdet Demokratie, 03.03.25. (Dass in der Headline wohl versehentlich von „Verbrechen“ und nicht von „Versprechen“ die Rede ist, spricht Bände“.)
(06) https://www.vdi-nachrichten.com/technik/technikgeschichte/reichsflugscheiben-historiker-entzaubert-den-mythos-der-nazi-ufos/
(07) https://www.spacex.com/
(08) MT, Leserbrief, HÖMMEN, Unsere Demokratie steht unter Schock, 03.03.2025.
(09) MT, Beratung gegen Verschwörung, 28.02.2025.
(10) https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/bvg24-064.html
(11) https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/faq-cum-ex-warburg-100.html
(12) https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Hamburg-Grosser-Andrang-bei-Cum-Ex-Ermittlerin-Brorhilker,cumex584.html
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06.01.2025
Bartz mit Listenplatz 21 „mega motiviert“
„CDU bei Großspenden vorn (…) SPD nicht nur in Umfragen hinter der Union“, heißt es auf Seite 1 der heutigen Ausgabe der Münsterländischen Tageszeitung. Rechts daneben der Vergleich:“ Aussichtsreicher Listenplatz für Bartz (…) Der SPD-Bundestagsabgeordnete hat reelle Chance auf Wiederwahl“. Inhaltlich wird der „(…) CDU mit 5,37 Millionen Euro fast das Zehnfache der Einnahmen der SPD (…)“ zugebilligt. Von wohlhabenden Sponsoren versteht sich, die ihre Interessen nach der Bundestagswahl umgesetzt sehen wollen. Das hat natürlich ein Geschmäckle und stellt die CDU als von Lobbyisten gekaufte Partei in ein schlechtes Licht. Nur im Vergleich zur SPD, versteht sich. Denn Letztere hat nur etwas mehr als 1 Zehntel dieser üppigen Sponsoreneinnahmen zu verbuchen. Das wäre an Bescheidenheit kaum zu überbieten, zumal nicht einmal der absolute Betrag dieses Lobbyisten-Sponsorings an die SPD genannt ist. Die Botschaft also: Hurra, dass es die SPD gibt, „Der SPD-Bundestagsabgeordnete hat reelle Chance auf Wiederwahl“, Hurra, Hurra! Wer aber könnte die Münsterländische Tageszeitung wohl sponsern, um ein solch offensichtliches Nutching zu betreiben?
Dass sich diese „Einnahmen“ der Parteien nur auf das Jahr 2024 von Beträgen über 35.000 Euro beziehen, diese Ungenauigkeiten des MT-Artikels seien geschenkt. Dass das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) innerhalb nur eines knappen Jahres seit ihrer Gründung mit fast sechseinhalb Millionen Euro der Spitzenreiter dieser „Einnahmen“ ist, bleibt unerwähnt. Positiv gesehen hätte das BSW damit einen gewaltigen Vertrauensvorschuss. Denn Wahlkampf ist teuer, sehr teuer! Somit wäre doch interessant zu wissen, welche „Einnahmen“ CDU, SPD oder Grüne seit der vergangenen Bundestagswahl insgesamt (!) für sich generiert haben. Doch das wird den Lesern nicht mitgeteilt. Der isolierte (geframte) Vergleich zwischen CDU und SPD passt eben besser! Hurra den Helden, die so bescheiden sind!
Aber es geht ja um den Verkauf des weiteren Etappenerfolgs für Alexander Bartz: „Bei der Listenaufstellung der Niedersachsen-SPD zur Bundestagswahl steht der SPD-Bundestagsabgeordnete für Cloppenburg-Vechta auf Platz 21 (…) Damit besteht für ihn die reelle Chance, am 23. Februar erneut in den Bundestag zu kommen“, heißt es unhinterfragt in gleich 2 heutigen MT-Artikeln. Fast beiläufig heißt es weiter: „Bei der vergangenen Bundestagswahl im Herbst 2021 hatte Bartz den Listenplatz 25 inne, er war damit der zweite Nachrücker“. Dass mit diesen Zahlen Äpfel mit Pflaumen vermengt werden, soll der Leser nicht merken. Denn im Jahr 2021 wurde die SPD mit nur 27,5 Prozent stärkste Partei im deutschen Bundestag. Bei den aktuellen Umfragen kann sie allerdings nur mit einem deutlich geschrumpften Zustimmungswert aufwarten. Dieser beträgt aktuell 16 Prozent!
Und nun sollte man doch einmal nachgerechnet haben, wie es mit dem vermittelten Bartz-Hurra wirklich aussieht. Setzt man diese 16 Prozent mit den ehemals 27,5 Prozent ins Verhältnis, so ergibt das 0,58 zu 1! Das heißt: Der Zustimmungswert der SPD ist seit der letzten Bundestagswahl im Jahr 2021 um 42 Prozent gesunken. Oder andersherum. Der Zustimmungswert beträgt nur noch 58 Prozent im Vergleich zum Wahljahr 2021. Wenn 2021 in Niedersachen der Listenplatz 23 einen Einzug in den Bundestag ermöglicht hat, wird es im Zusammenhang mit dem aktuellen Stand der Wahlumfrage (16 Prozent) dann erst der Listenplatz 14 von 78 Listenplätzen in Niedersachsen sein! Weil der SPD-Kandidat Bartz kein Direktmandat im schwärzesten Wahlkreis Deutschlands Nr. 32 erringen kann, bleibt er mit seinem Listenplatz 21 auf verlorenem Posten. So verloren, dass er – wie zuvor - niemals den zweiten Nachrücker stellen wird. Auch dieser Zusammenhang wurde in dem vorliegenden Hurra-Artikel nicht recherchiert. Nicht gedeutet zudem der Hinweis: „Der Bundestag wird mit dem neuen Wahlrecht kleiner. Die Zahl der Abgeordneten ist auf 630 beschränkt. Aktuell sind es 736“. Die Chancen für Bartz stehen diesbezüglich also noch einmal um 14,4 Prozent schlechter!
Was die politischen Schwerpunkte des SPD-Kandidaten Bartz betreffen, so bleibt vieles äußerst unterbelichtet. Nun eins ist klar: Gewohntermaßen würde er stets für das stimmen, was die SPD-Fraktion von ihm einfordert. Denn nur das bringt Punkte im SPD-Listenranking. In die Tonne demnach mit Art 38 des Grundgesetztes: „Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“. Dort heißt es aber nicht, sie seien Vertreter ihrer Partei, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrer Fraktion unterworfen.
Nunmehr wird gebilligt, dass wiederum deutsche Panzer gegen Russland rollen, ohne die akute Kriegsgefahr für Deutschland zu erkennen, die letztendlich darauf hinausläuft, als deutscher Bürger mit Stahlhelm und Gewehr Deutschland möglicherweise den Donbass zu verteidigen. Dass die Zahlungen für eben diesen Krieg demnächst nicht mehr von der US-Regierung mitgetragen werden, sondern Europa diese Zahlungen allein übernehmen müsste, wobei Deutschland wie immer der Hauptnettozahler sein wird. Dass es somit kein Wunder ist, wenn die „Rentnerinnen und Rentner (…) im neuen Jahr voraussichtlich 4,1 Milliarden Euro mehr Steuern [zahlen] als 2024“. Bei einer Rente von sage und schreibe 48 Prozent vom errechneten Gehalt der Erwerbsbiographie. Dass die Krankhäuser spätestens in 10 Jahren nach dem unerschütterlichen Prinzip der „freien Marktwirtschaft“ zuhauf geschlossen werden, wobei mittlerweile immer mehr Fachärzte des Cloppenburger Krankenhauses an Auszug aus diesem soeben modernisierten Gebäude denken, um woanders ihren Beruf ausüben zu können.
Also: Danke SPD, danke Herr Bartz! Denn Sie saßen in der letzten Periode nun auch im Bundestag und waren somit Vertreter Ihrer Partei, an Aufträge und Weisungen des Volkes nicht gebunden und nur ihrer Fraktion treu. Und nach diesem Treueprinzip haben Sie nun den Sprung von Listenplatz 25 auf 21 geschafft. Herzlichen Glückwunsch für Ihre „mega Motiviertheit“, würde so mancher Bürger sagen.!
Das alles ist schön und gut. Was aber macht einen guten Politiker wirklich aus? Die Antwort lässt sich in der heutigen Ausgabe der Münsterländischen Tageszeitung einige Seiten weiter auch finden. Wenn auch verklausuliert, lässt sich das anschaulich darstellen. Gefolgt von einem leicht abgeänderten Zitat aus der Kolumne mit dem Titel „Gewählt und gleich überfordert?“ von MT-Redakteur Max Meyer. „Beispiele gibt es dafür zuhauf“, resümiert der Redakteur. Somit auch „(…) In Ämtern, der Politik “(…) und natürlich weit darüber hinaus“. Allerdings verlangt Meyers Hinweis nach einer Konkretisierung, um den Nebel einer solch raffinierten Implikation zu vertreiben. Explizit formuliert - und damit verständlicher - sollte es demnach folgendermaßen lauten:
„Viele Politiker wollen Karriere machen – völlig egal, ob sie die zu erwartenden neuen Aufgaben erfüllen können oder nicht – und ob sie sich darüber im Klaren sind oder nicht. Denn: Ein guter Politiker, fachlich und sozial kompetent, muss nicht zwingend ein gutes Vorbild sein. Und dennoch schaffen es einige Unfähige – manchmal im Alleingang, manchmal gestützt durch sehr fähige Parteifreunde – ihre angestrebte Position zu erreichen. Beispiele gibt es dafür zuhauf. (…) Es tummeln sich die Sprossenspringer, die von Tuten und Blasen keine Ahnung, aber durch ihr selbstsicheres Auftreten bereits die halbe Miete bezahlt haben. Gibt es für solche Typen keine Warnhinweise? Und falls ja: Wieso wehrt sich dann keiner? Oder gibt man sich dem (…) gegebenen Schicksal einfach hin?“ Wäre eine solche Formulierung im Sinne des öffentlich dominierenden Interesses nicht besser gewesen als die versteckte Wahrheit?
Nun denn: Die Situation vor der Bundestagswahl ist so, dass viele Menschen oft nicht wissen, was sie wählen sollen. Sie alle fühlen sich enttäuscht von der Politik der letzten Jahre. Nicht nur von der Ampel. Im Sinkflug die selbsternannten "demokratischen" Parteien, im Steigflug die Alternativen! Im Umgang miteinander zählen die Sachargumente schon lange nicht mehr. Diese wurden ersetzt durch Beschimpfungen übelster Art. Nunmehr bekennen sich die „demokratischen“ Mehrheitsparteien nicht mehr zu Sachthemen, sondern formieren sich zur Selbstverteidigungsfront gegen rechts. Die Anliegen vieler Bürger bleiben zunehmend außen vor, wobei „Falschwähler“ das neudeutsche Feindbild repräsentieren.
Wie steht es dann mit der stets hochgepriesenen Demokratie? Die Politikverdrossenheit nimmt ihren Lauf und dürfte nach österreichischem Vorbild schließlich ein vorläufiges Ende nehmen. Dann, wenn die Brandmauern kippen, wird es die Mehrheit freuen. Ob dann endlich Frieden einkehrt, wird sich zeigen!
https://www.om-online.de/politik/alexander-bartz-hat-aussichtsreichen-spd-listenplatz-zur-bundestagswahl-657555
https://www.om-online.de/politik/wie-die-chancen-fuer-alexander-bartz-auf-ein-erneutes-spd-mandat-stehen-657575
MT (dpa), CDU bei Großspenden vorn, SPD nicht nur in Umfragen hinter der Union, 06.01.2024
https://www.die-debatte.org/nudging-was-steckt-hinter-begriff-nudging/
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/169541/umfrage/parteispenden-nach-parteien/
https://www.bundeswahlleiterin.de/info/presse/mitteilungen/bundestagswahl-2021/52_21_endgueltiges-ergebnis.html
https://www.wahlrecht.de/umfragen/
https://www.spdnds.de/2025/01/04/landesliste-btw-2025/
https://www.tagesschau.de/ausland/usa-ukaine-hilfe-100.html
https://www.dkgev.de/fair/kampagne-2023/protesttag-stoppt-das-krankenhaussterben/
MT, Kolumne. MaxMeyer, Befördert und gleich überfordert? Das muss nicht sein, 06.01.2025
https://www.spiegel.de/ausland/oesterreich-regierungskrise-wird-fpoe-chef-herbert-kickl-jetzt-kanzler-a-9eae4930-a18b-4937-97ce-c4f3d88c3d9e
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03.01.2025
Kinderseite: Wir Menschen werden immer mehr
Wenn es um Einflussnahme geht, dann sind der Deutschen Presse-Agentur (dpa) alle Mittel recht, um einen wahren Sachverhalt dermaßen einzugrenzen, damit er in einem strahlenden Licht erscheint. Schließlich geht es um das „Glück“, welches in jedem Menschen – und vor allem auch in Kindern -innen wohnen sollte. Nach der Vision: „Bis zum Jahr 2030 werdet ihr nichts besitzen und glücklich sein.“ Ob das Glücklichsein dann auch ohne jeglichen Verstand sinnvoll ist, bleibt offen!
Fünf Jahre zuvor, also „Passend zum Start ins neue Jahr [2025] kann es sich also lohnen, einfach mal positiver zu denken“, heißt es in einem Kinderartikel am letzten Tag des alten Jahres. Und das trotz vieler besorgniserregender Ereignisse und Presseberichte in der Welt. Das betrifft u.a. grausige Kriege, das Töten vieler tausend unschuldiger Kinder, verheerende Anschläge mit vielen Toten und massive Aufrüstung durch Kriegsbereitschaft und vor allem das Auf- und Abwerten dieser Ereignisse durch die Taten der Guten und durch die der Bösen. Bestärkt durch das suggestive „Wir“ und die ausgeschlossenen „Anderen“.
Angefeuert durch Politik, Presse und auch Kirche! In den vielen Sonntagsreden, konformen Berichterstattungen der Lokalzeitungen und frommen Sonntagspredigten so mancher christlicher Kirchenfürsten anlässlich der konsumtreibenden Festtage. Von wegen also „Der Friede sei mit Euch“, von wegen also „Positiv Denken“, von wegen also die „Anderen“! Somit soll und muss es heißen: „Wir“, „Wir“ und nochmals „Wir“. Im vorliegenden Kinderartikel ausgedrückt in der Headline „Wir Menschen (…)“! In der Aufmachung einer Nachhilfestunde zum Thema Prozentrechnung. Verhohlen vermengt mit implizit ausgrenzender Mengenlehre. Suggeriert die vermeintlich 99-prozendige Mehrheit des „Wir“ und der Resterampe der verblieben 1-prozentig „Anderen“. Letztendlich der Querulanten, Querdenker, Quertreiber, Idioten, Ratten, Schwurblern Verbrecher, Nazis, Zecken, Rechtsextremen oder Zecken.
Straffrei die Bezeichnungen solange, wie sie aus Richtung Politik kommen. Strafrechtlich verfolgt, sobald sie umgedeutet in Richtung Politik gehen. Eine methodischer Fehlgriff sondergleichen. Eine Nachhilfestunde im Pelz eines strategisch unpädagogischen Konzepts vor der Bundestagswahl 2025, um die frech gefrämte Meinung des angeblich mehrheitlich harmonischen Miteinanders in der ganzen Welt zu verbreiten. Als gäbe es unter den Menschen ausschließlich ein „Wir“, ein „Miteinander“, eine „Achtung“. Doch die Realität sieht ganz anders aus! Wie können „unsere“ Kinder nur so respektlos angelogen werden? Wie können die „anderen“ Kinder nur so respektlos verachtet werden?
Und wen soll es noch wundern, dass demonstrierte Respektlosigkeit diese auch noch fördert. In Straßenschlachten zur Jahreswende 2024-2025. Mit Ausmaßen bürgerkriegsähnlicher Szenen in vielen deutschen Städten. In Berlin, Cloppenburg, woanders. Begleitet von Feuerwerksgeschossen, die professionellen Sprengladungen des Krieges ähnlicher klangen als je zuvor. Stets initiiert von den „Anderen“. Nach dem Motto: „Wir“ – 99 Prozent - tun so etwas niemals!
„(…) längst leben mehr als 8 Milliarden Menschen auf unserem Planeten“, heißt es zu Beginn der Nachhilfestunde in Prozentrechnung. Ergänzend angeführt wird schon zuvor: „Die meisten Personen, die auf der Welt leben, kommen aus Asien (…) Dazu gehören etwa die Länder China und Indien“, so der Kinderartikel, der auf Zahlen der „Deutschen Stiftung Weltbevölkerung“ (DSW), die sich weniger auf eine statistische als vielmehr auf eine politisch orientierte Ausrichtung beruft. Der Schwerpunkt bildet demnach die deutsche Außenpolitik. Derzeit mit allen Fassetten, die die bisherige Ampelregierung bis zur Neuwahl in Februar zu bieten hat. „[Die DSW] arbeitet (…) auch auf politischer Ebene, um mehr finanzielle Mittel im Bereich globale Gesundheit und sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte einzuwerben oder konkrete Verbesserungen weltweit zu erreichen“.
Dass es bei diesen Projekten oft um massive Reibungspunkte geht, bei denen keine Belehrungen –„ehrenwerte Appelle“- angebracht sind, versteht sich von selbst. So gilt z.B. im afrikanischen Uganda „(…) die Todesstrafe für ‚schwere Homosexualität‘ – sexuelle Beziehungen, an denen mit HIV infizierte Personen beteiligt sind“. Das mag man gut finden oder nicht. Deutsche Diplomatie hat das allerdings zunächst zu akzeptieren, so wie sie es für die Giftspritze in den USA praktiziert.
Wenn also die Nichtregierungsorganisation (NGO) „Deutsche Stiftung Weltbevölkerung“ (DSW) „In den vier ostafrikanischen Ländern Äthiopien, Kenia, Tansania und Uganda (…) die DSW zahlreiche Projekte fördert“, dann wohl kaum alle zugleich in den 4 Ländern Ostafrikas. Daher werden wohl kaum in Uganda „Jugendlich im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte (SRGR) zu Jugendberatern und -beraterinnen geschult“. Ob das DSW wirklich in diesen Ländern und den übrigen afrikanischen Ländern mit 18 Prozent der Weltbevölkerung willkommen ist, darf also kritisch gesehen werden.
Ach ja, um die Nachhilfe im Prozentrechnen auch verständlich zu machen, wird die Menge „100“ von der Deutschen Presse-Agentur als genialer „Trick“ verkauft, der genaugenommen nichts anderes als die normierte Grundlage für die Prozentrechnung darstellt. Ein “Trick”, der somit politisch gedeutet werden sollte. Schließlich geht es um Zahlen, die von der Nichtregierungsorganisation DSW kommen! Das vor dem Hintergrund, dass Prozentrechnung erfahrungsgemäß von vielen Jugendlichen und Erwachsen gar nicht erst beherrscht wird. Schon gar nicht, wenn die Rede davon ist, dass „Frauen etwa 2,2 Kinder auf die Welt [bringen]“. Wie die Anzahl von 2,2, Kindern erklärt werden kann, das sollte man Kindern erst einmal erzählen. De Kinderartikel macht das nicht! Selbst in Schulen verzweifelt man an solchen relativen Zahlen mit statistischem Hintergrund. Was soll ein solcher Zahlenbrei in einem Kinderartikel, den die Adressaten überhaupt nicht lesen wollen, weil sie ihn selbst nicht einmal verstehen?
Dienen nicht relative Zahlen oft dazu, etwas positiv darzustellen, was in der Absolutheit gar nicht so positiv erscheint? Z. B. bei Wahlergebnissen, die schöngerechnet werden, indem die Zahl der Nichtwähler, die der ungültigen Stimmen und die der Wähler, die Parteien unter der 5-Prozenthürde gewählt haben, einfach unter den Tisch gekehrt werden, um die Wahlergebnisse der einzelnen Parteien zu 100 Prozent „aufzufrischen“? Ist die Wahl des SPD-Bundestagskandidaten im Wahlbezirk Cloppenburg/Vechta, Alexander Bartz, wirklich mit einem so tollen Ergebnis ausgegangen, wenn nur 45 von 47 Delegierten, also 96 Prozent, für ihn gestimmt haben? Wo waren die übrigen Delegierten, die offenbar nicht zur Delegiertenkonferenz erschienen sind und mit dem relativen Ergebnis (96 Prozent) wiederum unter den Tisch gekehrt werden? Aktuell dann die Frage, wie viele Wissenschaftler es auf der Welt geben muss, die vor mehr als 10 Jahren mit 99 Prozent für den menschengemachten Klimawandel gestimmt haben. Würden die Meldungen darüber mit absoluten Zahlen argumentieren, so wäre das weit wirkungsvoller und vor allem ehrlicher.
Doch man soll den vorliegenden Kinderartikel nicht zu hart kritisieren. Er hat auch positive Seiten. Zum einen weist er auf die auf 8 Milliarden angewachsene Weltbevölkerung hin, in der „Wir“ und die „Anderen“ leben. Dennoch geht er nicht auf die Problematik ein, dass auch die 78 Prozent der „Anderen“ den Wohlstand der nur 22 Prozent des „Wir“ anstreben, wobei es immer wieder zu Verteilungskämpfen, sprich zu Kriegen kommt. Die massiven Flüchtlingswellen sind also bis in alle Zukunft selbsterklärend. Und Hilfe, es “(...) werden immer mehr”! Zum anderen weist diese Art von Artikel mal wieder mittelbar darauf hin, wie schlecht es um die Bildung in den MINT-Fächern ohne die noch so gehypte Digitalisierung im Rahmen des „Wir“ steht. Ein Blick in Richtung Pisa-Studie genügt. Konkret „Warum Schüler in Mathe abstürzen“. Aber „(…) was dagegen helfen kann“, sagt der Artikel nicht! Er will es auch gar nicht! Denn oft schneidet ein Teil der „Anderen“ deutlich besser ab als das „Wir“! Das sollte man als Leser letztendlich verstanden haben!
MT, Kinderseite- Wir Menschen werden immer mehr, 03.01.25.
MT, Kindereite, Nachgedacht, Glücklich, 31.12.2024,
https://www.kettner-edelmetalle.de/news/die-unkontrollierte-macht-von-klaus-schwab-und-dem-weltwirtschaftsforum-03-05-2024
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1493232/umfrage/strafanzeigen-durch-bundesminister-in-deutschland/
https://www.welt.de/vermischtes/article255000750/Berlin-26-Jaehriger-kritisiert-Maenner-fuers-Boellern-und-wird-ins-Gleisbett-gestossen.html
https://www.nwzonline.de/cloppenburg-kreis/braende-und-schlaegerei-silvester-nacht-2024-im-landkreis-cloppenburg-und-vechta_a_4,1,3583017852.html
https://www.dsw.org/weltbevoelkerung/
https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Stiftung_Weltbevlkerung#Politische_Arbeit
https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/baerbock-china-ukraine-russland-100.html
https://www.tagesschau.de/ausland/afrika/uganda-lgbtq-gesetz-100.html
https://www.om-online.de/politik/alexander-bartz-mit-96-prozent-der-stimmen-erneut-bundestagskandidat-der-spd-646381
https://dgvn.de/meldung/8-milliarden-menschen-chancen-und-herausforderungen
https://mintzukunftschaffen.de/
https://www.welt.de/politik/deutschland/plus251496508/Bildungskrise-in-Deutschland-Warum-Schueler-in-Mathe-abstuerzen.html
PISA-Studie 2022 - Statistisches Bundesamt
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